OGH 8Ob23/95

OGH8Ob23/9513.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Langer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Konkurseröffnungssache über das Vermögen der Herlinde J*****, vertreten durch Dr.Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, infolge Revisionsrekurses der antragstellenden Gläubigerin Beatrix K*****, vertreten durch Dr.Johann Quendler und Dr.Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 21.April 1995, GZ 3 R 61/95-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20. März 1995, GZ 40 S 205/95b-1, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Konkurseröffnungssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist die Mutter der Antragsgegnerin. Sie übergab dieser aufgrund eines Schenkungsvertrages im Jahre 1982 eine wertvolle Liegenschaft. Im Jahre 1991 widerrief die Antragstellerin die Schenkung wegen groben Undanks der Tochter. Mit rechtskräftigem Urteil wurde die Antragsgegnerin im Jahre 1994 zur Zahlung eines etwa dem Wert der Liegenschaft entsprechenden Betrages von S 20,000.000 sA verurteilt. Mit Beschluß vom 28.4.1994 wurde der Antragstellerin zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung gegen die nunmehrige Antragsgegnerin die Exekution durch Zwangsversteigerung der im einzelnen bezeichneten Liegenschaften, durch Verkauf der gepfändeten Fahrnisse, durch Pfändung und Überweisung einer Reihe von Kaufpreis- und Entlohnungsforderungen, durch Pfändung und Verkauf näher bezeichneter Geschäftsanteile und durch Pfändung und Zwangsverwaltung der aus einem Jagdpachtvertrag zu erzielenden Erlöse bewilligt.

Schließlich begehrte die Antragstellerin am 16.1.1995 die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen ihrer Tochter. Sie nahm Bezug auf ihre oben bezeichnete Forderung und behauptete die Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin, das Vorliegen einer Gläubigermehrheit sowie - hilfsweise - das Vorliegen eines Anfechtungstatbestandes iSd § 31 Abs 1 Z 2 KO. Zur Zahlungsunfähigkeit brachte sie vor, daß diese wegen Nichtzahlung ihrer Forderung und wegen bisheriger Ergebnislosigkeit der Exekutionsverfahren anzunehmen sei. Unter Bezugnahme auf den Grundbuchsauszug hinsichtlich der geschenkten Liegenschaft behauptete sie zur geforderten Gläubigermehrheit, daß zumindest ein weiterer Gläubiger vorhanden sei. Zugunsten einer Bank sei nämlich ob dem Realvermögen der Antragsgegnerin eine Höchstbetragshypothek von S 53,000.000 einverleibt. Der Anfechtungsanspruch sei gegeben, weil ihre Tochter die ihr geschenkte Liegenschaft bereits im Zustand der Zahlungsunfähigkeit im Herbst 1994 um S 20,000.000 verkauft und hiedurch im Hinblick auf den Verkehrswert der Liegenschaft von S 25,000.000 den Befriedigungsfonds der Gläubiger um mindestens S 5,000.000 gekürzt habe.

Die Antragsgegnerin bestritt die Behauptung ihrer Zahlungsunfähigkeit, den Anfechtungsanspruch und das Vorliegen einer Gläubigermehrheit mangels Vorliegens einer anderen fälligen Forderung. Im Hinblick auf die vor mehr als 60 Tagen an ihrem gesamten inländischen Vermögen durch Exekution zur Befriedigung begründeten Absonderungsrechte der Antragstellerin käme eine kridamäßige Verwertung nicht in Betracht, sodaß der Konkurseröffnungsantrag auch deshalb unbegründet sei. Er sei jedoch als offenbar mißbräuchlich gestellt bereits gemäß § 70 Abs 2 KO abzuweisen.

Das Erstgericht eröffnete den Konkurs über das Vermögen der Antragsgegnerin. Es nahm deren Zahlungsunfähigkeit infolge Nichtbedienung der offenen Forderung der Antragstellerin trotz Exekutionsführung und das Vorhandensein eines weiteren Gläubigers als erwiesen an; das genüge; dessen Forderung müsse weder fällig sein noch müsse er "andrängen".

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses der Antragsgegnerin den Beschluß dahingehend ab, daß es den Konkurseröffnungsantrag abwies; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs mangels einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei und führte aus: Der Konkurseröffnungsantrag eines Gläubigers, sei sofort und ohne die sonst notwendigen Stellungnahmen und Vernehmungen abzuweisen, wenn der Antragsteller nicht alle für die Eröffnung des Konkursverfahrens erforderlichen Rechtsschutzvoraussetzungen behaupte oder bescheinige. Aus dem Tatsachenvorbringen und den vorgelegten Bescheinigungen lasse sich weder die Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin noch das Vorhandensein eines weiteren Gläubigers ableiten. Hiebei ging es davon aus, daß inhaltliche Mängel eines Schriftsatzes im Sinne sachlich unrichtiger oder unschlüssiger Ausführungen der Verbesserung nicht zugänglich seien, sodaß das Erstgericht den Antrag mangels schlüssiger Behauptung und Glaubhaftmachung der Konkursvoraussetzungen der Gläubigermehrheit und Zahlungsunfähigkeit gemäß § 70 Abs 2 ZPO hätte sofort abweisen müssen. Deshalb habe das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß in eine Antragsabweisung abzuändern, ohne daß auf die Ergebnisse des vom Erstgericht eingeleiteten Verfahrens Bedacht zu nehmen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, der zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt ist.

Ob die Konkursvoraussetzungen in concreto gegeben sind, betrifft zwar einen Einzelfall, den aber das Rekursgericht insofern nicht im Rahmen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst hat, als es unter Bezugnahme auf die E SZ 64/45 = EvBl 1991/144 meinte, ein Konkurseröffnungsantrag sei einer Verbesserung nicht zugänglich; deshalb wäre der Antrag, wenn es an notwendigen Behauptungen und Bescheinigungen im Konkurseröffnungsantrag fehle, gemäß § 70 Abs 2 KO sofort und ohne die sonst notwendigen Stellungnahmen und Vernehmungen abzuweisen gewesen, sodaß auf die Ergebnisse des vom Erstgericht eingeleiteten Verfahrens nicht Bedacht zu nehmen gewesen sei.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Antragstellerin eine Konkursforderung und die Gläubigermehrheit bzw einen Anfechtungsanspruch glaubhaft gemacht hat, ist im Rechtsmittelverfahren im Hinblick auf § 176 Abs 2 KO die Sachlage im Zeitpunkt der Beschlußfassung in erster Instanz und die Bescheinigungslage im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel maßgebend (5 Ob 321/85). Zwar wird grundsätzlich durch das Vorbringen im Konkursantrag der Kreis abgesteckt, innerhalb dessen das Gericht von Amts wegen den Tatbestand zu klären hat und es muß eine "erste Glaubhaftmachung" bereits im Konkurseröffnungsantrag enthalten sein; jedoch ist die Vernehmung des Antragstellers insbesondere dann geboten, wenn sein Vorbringen in der ersten Eingabe nicht in jeder Hinsicht als ausreichend angesehen werden kann (RZ 1978/102). Das ist hier der Fall; die antragstellende Gläubigerin hat durchaus Konkretes vorgebracht und Bescheinigungsmittel angeboten, von einem offenbar unbegründeten oder offenbar mißbräuchlich gestellten Konskurseröffnungsantrags, der die sofortige Abweisung des Antrages rechtfertigen würde (so SZ 64/45), kann hier keine Rede sein. Liegt ein solcher Fall nicht vor, ist das Verfahren zur Wahrung des rechtlichen Gehörs durch Vernehmung des Antragstellers und des Antragsgegners zu ergänzen (JBl 1969, 508); insbesondere ist der Antragsgegner auch zur Frage der Zahlungsunfähigkeit zu vernehmen und sind allfällige Gegenbescheinigungsmittel aufzunehmen, wenn sein Liegenschaftsvermögen die vorhandenen Passiven offensichtlich überwiegt (OLG Innsbruck EvBl 1986/80), was hier durchaus der Fall sein könnte.

Das Rekursgericht war daher nicht berechtigt, den Beschluß nur aufgrund des Antrages auf Konkurseröffnung und der dort bezogenen Bescheinigungsmittel in Antragsabweisung abzuändern, ohne auf die Ergebnisse des vom Erstgericht eingeleiteten Verfahrens Bedacht zu nehmen.

Da die zur Beurteilung der Frage des Vorliegens der Konkurseröffnungsvoraussetzungen notwendigen Umstände noch nicht hinreichend geklärt sind, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und es ist dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Ergänzung des Verfahrens aufzutragen, wobei dieses im Sinn der Ausführungen des Rekursgerichtes darauf Bedacht zu nehmen hat, daß allein die Nichtbegleichung einer offenen fälligen Forderung durch die Antragsgegnerin nicht die Zahlungsunfähigkeit indiziert; zur Überwindung der Nachlässigkeit des Schuldners oder seines Zahlungsunwillens dient nämlich nicht das Konkursverfahren, sondern das Exekutionsverfahren (1 Ob 542/54). Sollte sich die Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der neuerlichen Beschlußfassung in erster Instanz nicht glaubhaft machen lassen, wäre der Konkurseröffnungsantrag abzuweisen, weil die Erfordernisse der Zahlungsunfähigkeit und das Vorliegen einer anderen Konkursforderung bzw eines Anfechtungsanspruches kumulativ vorliegen müssen (§ 70 Abs 1 iVm § 72 Abs 1 KO).

Hingegen wäre der Konkurseröffnungsantrag nicht schon deshalb wegen Mißbrauchs abzuweisen, weil die Antragstellerin auch Absonderungsberechtigte ist, selbst wenn ihre Forderung im Pfand volle Deckung fände (SZ 17/24; ÖBA 1987, 185 uva).

Stichworte