Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.605 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.267,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).
Zu Unrecht wendet sich der Kläger dagegen, daß das Berufungsgericht davon ausging, daß der Betriebsrat mit der Angelegenheit befaßt wurde. Es steht vielmehr fest und wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen, daß am 6.8.1993 ein Gespräch zwischen dem Leiter des Zugrestaurantes und dem Betriebsratsvorsitzenden über die Frage der Entlassung des Klägers stattfand. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes sind daher durch die Feststellungen gedeckt und keineswegs aktenwidrig. Ob es zu der Terminvereinbarung für den 6.8.1993 kam, weil sich der Betriebsratsvorsitzende von sich aus an Vorgesetzten des Klägers wendete oder ob dieser den Kontakt mit dem Betriebsratsvorsitzenden herstellte, ist nicht entscheidend.
Da der Kläger als Kellner eine Arbeitertätigkeit verrichtete (Martinek/Schwarz/Schwarz, Ang7 72 Anm 13) ist die Frage der Berechtigung der ausgesprochenen Entlassung aufgrund § 82 GewO 1895 zu prüfen. Gemäß § 82 lit f 2.Tatbestand liegt ein Entlassungsgrund vor, wenn der Arbeiter seine Pflichten beharrlich vernachlässigt. Der Tatbestand umfaßt jegliche Vernachlässigung der aus dem Arbeitsvertrag geschuldeten Pflichten, insbesondere auch den Verstoß gegen Weisungen des Dienstgebers (Kuderna Entlassungsrecht2 138). Die Dienstverweigerung muß beharrlich erfolgen. Darunter ist die Nachhaltigkeit, Unnachgiebigkeit oder Hartnäckigkeit des Verhaltens zu verstehen. Die Beharrlichkeit kann sich aus der wiederholten Ereignung von Verstößen oder der besonderen Intensität eines Verstoßes ergeben. Die beharrliche Weigerung setzt grundätzlich ein Zuwiderhandeln nach vorangegangener Ermahnung voraus. Die Obliegenheit zur Ermahnung ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit und aus dem Umstand, daß der Dienstnehmer, wenn er einer Weisung zuwiderhandelt, dies nicht unbedingt in böser Absicht tun muß. Eine Ermahnung ist aber dann nicht erforderlich, wenn bereits ein einmaliger Verstoß so schwerwiegend und kraß ist, daß der Dienstnehmer auch ohne Ermahnung diesen Charakter erkennen kann, so daß die Nachhaltigkeit und Unnachgiebigkeit seines auf die Pflichtverletzung gerichteten Verhaltens, also die Beharrlichkeit offen zu Tage treten. Es muß sich um Fälle handeln, in denen die mit der Obliegenheit der Ermahnung verfolgten Zwecke nicht notwendig sind, weil der Dienstnehmer die Bedeutung und das Gewicht seines pflichtwidrigen Verhaltens ohnehin genau kennt und der Verstoß mit Rücksicht auf sein besonderes Gewicht die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ausschließt (Kuderna aaO 115 f mwN; 9 ObA 176/94).
Hier steht fest, daß dem Kläger etwas mehr als ein Jahr vor dem gegenständlichen Vorfall wegen einer gravierenden Beanstandung (es handelte sich auch dabei ua um einen Verstoß gegen das Gebot, Rechnungen auszustellen) rückversetzt wurde. Es handelte sich daher um einen wiederholten Verstoß gegen dieselbe Anordnung des Dienstgebers. Überdies zeigt die Vorgangsweis des Klägers, daß er der ihm bekannten Weisung ganz bewußt zuwiderhandelte. Er hat nämlich nicht etwa die Ausstellung einer Rechnung einfach unterlassen, sondern eine an einem Nebentisch von einem Gast zurückgelassene Rechnung über eine ähnliche Konsumation glattgestrichen und einem anderen Gast anstelle der Ausstellung eines neuen Belegs bei der Verrechnung übergeben. Es handelte sich nicht etwa um eine Nachlässigkeit, sondern um einen vorsätzlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen, die für die beklagte Partei die einzige Möglichkeit bildet, die Umsätze zu kontrollieren. Das Verhalten des Klägers ist daher als beharrliche Pflichtverletzung zu qualifizieren und erfüllt den Entlassungstatbestand nach § 82 lit f GewO 1895.
Die Entlassung ist auch nicht verspätet erfolgt. Der Grundsatz der Unverzüglichkeit des Ausspruches der Entlassung ist ua nach den Erfordernissen des Wirtschaftslebens und den Betriebsverhältnissen zu beurteilen; er darf nicht überspannt werden. Der Vorfall, den die beklagte Partei zum Anlaß für die Entlassung nahm, ereignete sich am 30.7.1993, einem Freitag im Westen Österreichs. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß die hierüber schriftlich abgefaßten Berichte den Vorgesetzten des Klägers frühestens am Beginn der folgenden Woche zur Kenntnis gelangten. Daraufhin wurde der Kläger suspendiert, dh er wurde bei der Diensteinteilung der folgenden Woche nicht mehr berücksichtigt. Diese Suspendierung kam in dem am 4.8.1993 vorliegenden Dienstplan bereits zum Ausdruck. Dadurch, daß der Kläger bis dahin aufgrund des bereits vor dem Vorfall erstellten Dienstplanes weiter seinen Dienst verrichtete, wurde das Entlassungsrecht der beklagten Partei nicht verwirkt; der Kläger konnte hieraus nicht den Schluß ziehen, sein Fehlverhalten vom 30.7.1993 werde ohne Konsequenzen bleiben. Die Entlassung wurde in der Folge wohl erst am 9.8.1993 ausgesprochen, doch darf nicht außer Betracht gelassen werden, daß es sich bei der Entlassung gemäß § 23 des maßgeblichen Kollektivvertrages um eine Disziplinarstrafe handelt, die nur nach Anhörung des Betriebsrates verhängt werden darf (vgl Strasser in Floretta/Spielbüchler/Strasser, ArbR3 II 348; Spielbüchler aaO I 169 f; 9 ObA 201, 202/94 ua). Die durch die notwendige Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat bedingte Verzögerung ist jedoch bei Beurteilung der Frage, ob der notwendige zeitliche Zusammenhang zwischen dem dienstlichen Verstoß und dem Ausspruch der Entlassung gewahrt ist, zu berücksichtigen. Im Hinblick darauf, daß unmittelbar nachdem den dienstlichen Vorgesetzten der Vorfall vom 30.7.1993 bekannt geworden war, am 4.8.1993 eine Terminvereinbarung zur Anhörung des Betriebsrates für den 6.8.1993 getroffen wurde, verstößt der Ausspruch der Entlassung unmittelbar nach dem folgenden Wochenende am 9.8.1993 nicht gegen das Unverzüglichkeitsgebot, dies umsomehr, als der Kläger sich in dieser Zeit auf Urlaub befand und daher mit ihm kein unmittelbarer Kontakt bestand.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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