Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Dem betreibenden Gläubiger wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26.6.1992 gegen die Verpflichteten die Exekution zur Hereinbringung von Forderungen von S 971.736 sA und S 200.000 sA durch Pfändung der den Verpflichteten gegen drei Drittschuldner aufgrund bestehender Hausverwalterverträge und eingeräumter Inkassobefugnisse sowie aufgrund bestehender Miet- und Bestandverhältnisse zu den Mietern von Wohnungen in sechs Häusern angeblich zustehenden Forderungen gegen die Hausverwalter aufgrund von vereinnahmten und an die Verpflichteten abzuführenden Bestandzinse und aufgrund angeblich zustehender monatlicher Mietzinsforderungen gegen die namentlich angeführten und als Drittschuldner bezeichneten Mieter, weiters die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen bewilligt und den Drittschuldnern verboten, zur Berichtigung der gepfändeten Forderung oder auf Abschlag dieser Forderung an die verpflichteten Parteien Zahlung zu leisten. Letzteren wurde jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie über das für sie bestellte Pfand und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung untersagt.
Gemäß dem Aktenvermerk des Erstgerichtes vom 26.6.1992 unterliegen die Miet- und Bestandverhältnisse laut telefonischer Auskunft des Betreibendenvertreters nicht dem Mietrechtsgesetz.
Die Drittschuldner Helga R***** und Dipl.Ing.Johann R***** stellten am 28.2.1994 den Antrag gemäß § 294 EO iVm § 39 Abs 1 EO auf Einstellung des Exekutionsverfahrens mit der Begründung, das von ihnen gemietete Geschäftslokal befinde sich in einem Objekt, das den Bestimmungen des MRG unterliegt; nach § 42 Abs 1 MRG sei daher eine Exekution auf diese Mietzinse unzulässig.
Der Betreibende äußerte sich dahin (ON 106), die Drittschuldner seien nicht legitimiert, Einstellungsanträge zu stellen. § 42 Abs 1 MRG sei nicht heranzuziehen; die Sach- und Rechtslage sei geklärt.
Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 15.3.1994 den Einstellungsantrag der Drittschuldner ab. Durch die Rechtskraft des Exekutionsbewilligungsbeschlusses werde eine Gesetzwidrigkeit saniert, die daher nicht zum Anlaß der Einstellung der Exekution genommen werden könne. Die Drittschuldner (oder der Verpflichtete) hätten innerhalb der Rechtsmittelfrist Rekurs gegen die Exekutionbewilligung erheben müssen.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß in Stattgebung des Rekurses der Drittschuldner auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Drittschuldner könne gemäß § 294 Abs 4 EO das Zahlungsverbot mit Rekurs anfechten oder dem Exekutionsgericht anzeigen, daß die Exekutionsführung nach den darüber bestehenden Vorschriften unzulässig sei, wobei für eine derartige Anzeige im Gesetz keine Frist festgesetzt sei; eine solche Anzeige sei nach § 39 Abs 2 Satz 2 EO als Antrag auf Einstellung der Exekution zu behandeln. Die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung hindere nicht die nachträgliche Wahrnehmung von Umständen, die das Bewilligungsgericht unbeachtet gelassen habe und aus denen sich die Unzulässigkeit der Exekution ergebe. Gemäß § 42 Abs 1 MRG könne auf Mietzinse aus Mietverträgen, auf welche die Bestimmungen des MRG Anwendung finden, nur im Wege der Zwangsverwaltung, daher nicht durch Forderungsexekution, Exekution geführt werden. Diese Exekutionsbeschränkung sei nach § 42 Abs 6 MRG in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen. Der betreibende Gläubiger, der auf Mietzinsforderungen Exekution gemäß §§ 294 ff EO führen will, müsse im Exekutionsantrag behaupten, daß auf das Bestandverhältnis das MRG nicht anzuwenden sei. Da diese Angaben im vorliegenden Exekutionsantrag fehlten, wäre dieser schon vom Bewilligungsgericht abzuweisen gewesen. Würden dem Exekutionsgericht, sei es auch von "Dritten", Gründe bekannt, die für die Annahme sprechen, daß ein Einstellungsgrund vorliegen könnte, so habe das Gericht den Sachverhalt entsprechend zu untersuchen und gegebenenfalls das Verfahren einzustellen. Die Drittschuldner hätten vorgebracht, der in Exekution gezogene Mietzins würde von ihnen für die Anmietung eines Geschäftslokals entrichtet, das sich in einem Objekt befinde, das den Bestimmungen des MRG unterliege. Damit werde ein Sachverhalt behauptet, nach dem keiner der in § 1 Abs 2 bis 4 MRG angeführten Ausnahmetatbestände vorliege. Vor der Entscheidung über den Einstellungsantrag werde jedenfalls eine Einvernahme der betreibenden Partei erforderlich sein. Auch den Verpflichteten werde Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten sein, wobei die Durchführung einer Tagsatzung unter Beiziehung beider Parteien und der Antragsteller erforderlich erscheine, die auch zur Beibringung der nötigen Urkunden und andere Beweise aufzufordern wären (§ 55 Abs 2 EO). Das Gericht könne gemäß § 55 Abs 3 EO überdies die ihm notwendig erscheinenden Aufklärungen auch ohne Vermittlung der Parteien einholen und zu diesem Zweck von Amts wegen alle hiezu geeignet erscheinenden Erhebungen pflegen und nach Maßgabe der Vorschriften der ZPO die erforderlichen Bescheinigungen anordnen. Erst nach Klärung der Frage, ob bezüglich des Bestandverhältnisses ein Ausnahmetatbestand gemäß § 1 Abs 2 bis 4 MRG vorliege, werde eine Entscheidung über den Einstellungsantrag der Rekurswerber möglich sein. In diesem Zusammenhang erscheine im Hinblick auf die zahlreichen Hinweise auf § 42 Abs 1 MRG in den übrigen Drittschuldnererklärungen auch eine Erörterung tunlich, ob nicht auch hinsichtlich der weiteren Mietzinsforderungen der Einstellungsgrund des § 39 Abs 1 Z 2 EO vorliege.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der "ordentliche Revisionsrekurs" zulässig sei, weil bisher eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 42 Abs 6 MRG fehle und sich der Oberste Gerichtshof insbesondere mit der Frage, wie die amtswegige Wahrnehmung der Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 1 MRG zu erfolgen habe, noch nicht auseinandergesetzt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der betreibenden Partei ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Nach § 42 Abs 1 Satz 1 MRG kann auf Mietzinse aus Mietverträgen, auf welche die Bestimmungen des MRG Anwendung finden, nur im Wege der Zwangsverwaltung Exekution geführt werden. Nach § 42 Abs 6 MRG ist die Exekutionsbeschränkung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen. Diese Bestimmung verlangt nicht, daß das Bewilligungsgericht investigativ (im Sinn der Untersuchungsmaxime) bei jedem Antrag auf Pfändung von Bestandzinsforderungen zu überprüfen hat, ob das Bestandverhältnis dem MRG unterliege; sie enthebt allerdings den Verpflichteten eines auf die Einstellung der Exekution gerichteten Antrags (Schumacher, Zwangsvollstreckung auf Bestandzinsforderungen, WoBl 1991, 201 [205]). Aus dem Vorliegen einer rechtskräftigen Exekutionsbewilligung folgt nicht, daß die spätere Wahrnehmung der Exekutionsbeschränkung des § 42 MRG unzulässig wäre. Bei Exekutionsbewilligung war überdies keine Prüfung des tatsächlichen Sachverhalts vorzunehmen. Der betreibende Gläubiger hat im Exekutionsantrag bloß zu behaupten, daß auf das Bestandverhältnis die Bestimmungen des MRG nicht anzuwenden seien (MietSlg 39.576; MietSlg 35.455 = RPflSlgE 1984/5).
Schon aus der in § 42 Abs 6 MRG normierten Verpflichtung des Exekutionsgerichtes zur Wahrnehmung der Exekutionsbeschränkung in jeder Lage des Verfahrens folgt, daß auch der Verpflichtete einen begründeten Antrag auf Einstellung der Exekution nach § 39 Abs 1 Z 2 EO stellen kann (vgl Schumacher aaO 202 f). Eine Prüfung, ob die Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 1 MRG der Forderungsexekution entgegensteht, ist - entgegen den Zweifeln von Würth (in Rummel2 Rz 3b zu § 42 MRG), der auf die sonstige Notwendigkeit einer Klagsführung nach §§ 35, 36 EO hinweist - im Exekutionsverfahren durchaus möglich. Das Rekursgericht hat die hiebei unter Anwendung des § 55 EO einzuhaltende Vorgangsweise für den konkreten Fall zutreffend dargelegt.
Hier haben zwei Mieter als Drittschuldner den Antrag auf Einstellung der Exekution gestellt. Die - vom betreibenden Gläubiger bestrittene - Zulässigkeit einer derartigen Antragstellung ergibt sich aus § 294 Abs 4 EO, wonach der Drittschuldner das Zahlungsverbot mit Rekurs anfechten oder dem Erstgericht anzeigen kann, daß die Exekutionsführung nach den darüber bestehenden Vorschriften unzulässig sei; diese Anzeige gilt als Antrag auf Einstellung der Exekution (§ 39 Abs 2 Satz 2 EO). Eine Frist für diese dem Drittschuldner neben dem Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung eingeräumte Anzeige ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Den Überlegungen der betreibenden Partei, die Bestimmungen des § 42 Abs 1, 6 MRG iVm § 39 Abs 1 Z 2 EO seien verfassungsrechtlich bedenklich, kann nicht gefolgt werden. Wie Schumacher (in WoBl 1991, 202) zutreffend mit eingehender Begründung ausführt, liegt der Regelungsgrund des § 42 MRG - wie auch der sehr ähnlichen Vorläuferbestimmung des § 42 MG - in der mietrechtlich gebotenen bestimmungsgemäßen Verwendung der Mietzinse.
Da somit die vom Rekursgericht dem Erstgericht aufgetragenen weiteren Erhebungen zur Prüfung der Zulässigkeit der Exekutionsführung erforderlich sind, war dem unbegründeten Rekurs des betreibenden Gläubigers ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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