OGH 13Os84/95(13Os86/95)

OGH13Os84/95(13Os86/95)12.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juli 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wlattnig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christopher K***** wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 21.März 1995, GZ 4 Vr 1379/94-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Februar 1979 geborene (zur Tatzeit 15jährige) Christopher K***** des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 6.Mai 1994 (in zwei Angriffen) mit der am 21.August 1980 geborenen unmündigen Jacqueline D***** den außerehelichen Beischlaf unternahm.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom in der Hauptverhandlung voll geständigen Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Den Erwägungen zur Mängelrüge (Z 5) sei vorangestellt, daß Einwände solcher Art nur dann im Nichtigkeitsverfahren beachtlich sind, wenn sie entscheidende Tatsachenfeststellungen betreffen, also jene, die auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß üben (EvBl 1972/17). Dies ist bei keinem der zu dem bezeichneten Nichtigkeitsgrund relevierten Umstände der Fall. Das Erstgericht hat die für die Ahndung von Jugendstraftaten maßgebliche besondere Strafbemessungsnorm (§ 5 Z 4 JGG) ausdrücklich angewendet (US 2). Daß es im Rahmen der Erwägungen zur bedingten Strafnachsicht "eine gewisse Jugendlichkeit des Angeklagten" in den Kreis seiner Überlegungen einbezog, vermag einen formellen Begründungsmangel nicht herzustellen. Dies umsoweniger, als es sich mit dem tatsächlichen Reifungs- und Sozialisierungsgrad des Angeklagten (insbesondere auf Grundlage des eingeholten psychiatrischen Gutachtens) ausführlich auseinandersetzte (US 12 bis 14).

Im Sinne der geltend gemachten Nichtigkeit kann auch kein Widerspruch darin erblickt werden, daß sich das Schöffengericht ausgehend vom vollen, reumütigen Geständnis des Angeklagten (US 10, siehe S 172) seiner Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung nachkommend in der weiteren Folge mit dessen Äußerungen beschäftigte, die allenfalls (wie auch die Beschwerdeausführungen deutlich zeigen) als Einschränkung dieses Geständnisses angesehen werden könnten, im übrigen Beweisverfahren aber nach Ansicht der Tatrichter keine Stütze fanden (vgl US 10 ff).

Auch mit der Frage einer allfälligen Alkoholisierung hat sich das Schöffengericht in diesem Zusammenhang auseinandergesetzt und im Wege freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) die einschränkungslose Schuldfähigkeit des Angeklagten angenommen (US 12).

Daß der Angeklagte die Situation des (alkoholisierten) Tatopfers ausnützte, ist ebenso entscheidungsirrelevant (siehe oben) wie die von der Beschwerde lediglich "illustrativ" (S 219) angeführten Umstände des Zusammenlebens des Angeklagten mit seiner Familie. Insgesamt vermag die Mängelrüge somit formale Begründungsfehler des Urteils nicht aufzuzeigen.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) beruft sich auf die schon zur Mängelrüge relevierten Umstände, vermag damit aber weder aus den Akten hervorkommende Anhaltspunkte zu liefern, die erhebliche Bedenken gegen die Feststellungsgrundlagen entscheidender Tatsachen wecken könnten, noch schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen. Auch sie befaßt sich, wie schon zum Teil die Mängelrüge, mit Überlegungen zum Ergebnis der Beweiswertabwägung des Erstgerichtes, ohne jedoch erhebliche Bedenken an den Feststellungen aus den Akten dartun zu können.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11) geht ins Leere. Die im Zuge der Ausführungen zu anderen Nichtigkeitsgründen erfolgte Darstellung von Umständen, die allenfalls auf die Beurteilung der Straffrage von Einfluß sein könnten, berühren nicht jene Momente, die der Gesetzgeber mit Nichtigkeitssanktion bedroht. Daß das Erstgericht seine Strafbefugnis überschritten hätte (Z 11 erster Fall), wird weder von der Beschwerde behauptet noch kann dies aus dem bekämpften Urteil abgeleitet werden. Dem Erstgericht ist auch keine unrichtige Beurteilung von für die Strafbemessung entscheidenden Tatsachen (Z 11 zweiter Fall) unterlaufen. Die Beschwerde vermag in diesem Zusammenhang ebensowenig die Heranziehung von für die Strafbemessung irrelevanten Umständen aufzuzeigen, sondern bezieht sich ausschließlich auf die Feststellung des Strafzumessungssachverhaltes, die ebenso der Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen ist (vgl Foregger-Kodek, StPO6, § 281 Erl V zu Z 11 zweiter Fall).

Durch die bloße Einbeziehung des Schuldspruches zu 4 E Vr 3365/94 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz und den nachträglichen Ausspruch der Strafe gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO (§§ 15, 16 JGG) wurde keine Nichtigkeit des (gesamten) Strafausspruches bewirkt. Dieser ist auch nicht deshalb mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet, weil im vorangegangenen Verfahren (nicht nur zulässigerweise das Urteil gemäß § 458 Abs 3 StPO, sondern) entgegen § 32 Abs 3 JGG (auch) das Protokoll durch einen Vermerk gemäß § 458 Abs 2 StPO ersetzt wurde (s ON 18). Da im vorliegenden, angefochtenen Urteil im übrigen auf die Strafzumessungsgründe des seinerzeitigen Verfahrens Bedacht genommen wurde (US 15), erweist sich auch die Rüge nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO als unberechtigt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit insgesamt als offenbar unbegründet schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung und die zugleich ausdrücklich erhobene (nicht näher ausgeführte) Beschwerde folgt.

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