OGH 4Ob1598/95

OGH4Ob1598/9511.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermine A*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Broesigke und Dr.Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Mag.Pia R*****, vertreten durch Dr.Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 22.März 1995, GZ 40 R 174/95-19, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagten ist darin zuzustimmen, daß - soweit ersichtlich - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehlt, welcher Zeitpunkt für das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG maßgeblich ist. Zum Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4, erster Fall, MRG hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß auf den Zeitpunkt der Weitergabe des Mietgegenstandes abzustellen ist, bei der Beurteilung der - von diesem Zeitpunkt aus zu erstellenden - Zukunftsprognose aber auch Umstände zu berücksichtigen sind, die für das Gericht erst nach der Zustellung der Aufkündigung abschließend beurteilbar geworden sind (MietSlg 36.407, 37.421, 39.435/49; EvBl 1991/26 = WoBl 1991/88). Ob - wie das Berufungsgericht meint - der für den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG maßgebliche Zeitpunkt derjenige ist, mit dem die regelmäßige Benützung aufgegeben wurde, oder doch jener der Zustellung der Aufkündigung, der nach mehreren Entscheidungen für alle Kündigungsgründe (auch für den Fall der Weitergabe eines Bestandobjektes nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG) maßgebend sein soll (RZ 1990/82 mwN; Würth in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 33 MRG), und ob bei diesem Kündigungsgrund eine Zukunftsprognose anzustellen ist, bei welcher auf die bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung eingetretenen Umstände Bedacht zu nehmen ist (Würth aaO; LGZ Wien MietSlg 35.390, 37.467), braucht aber hier nicht beurteilt zu werden, weil die Entscheidung von der Lösung dieser Rechtsfrage nicht abhängt:

Wollte man gleich dem Berufungsgericht den Zeitpunkt als maßgebend ansehen, ab dem die Beklagte die Wohnung nicht mehr benützt hat (also Sommer 1990), dann ist - selbst unter Bedachtnahme auf die spätere Entwicklung - der Kündigungsgrund zu bejahen, weil zu dieser Zeit ein dringender Bedarf der Beklagten oder ihres (bis zu diesem Zeitpunkt nach § 14 Abs 3 MRG eintrittsberechtigten) Ehegatten in keiner Weise konkret absehbar war.

Das gleiche gilt auch für den Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung (28.Oktober 1993), zu dem nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen gleichfalls weder eine Rückkehr der Beklagten selbst noch ihres Ehegatten, der damals noch sein Probejahr am Gymnasium Oberpullendorf machte, absehbar war (S. 45).

Wollte man aber auf den Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (24.11.1994) abstellen, so würde auch das zu keinem für die Beklagte günstigeren Ergebnis führen. Daß sie persönlich die Wohnung mit Sicherheit in naher Zukunft benötigen werde - woraus sich ihr schutzwürdiges Interesse ergäbe (MietSlg 41.348 mwN; 42.338) - steht auch für diesen Zeitpunkt nicht fest. Ihr Ehegatte aber, der damals (seit September 1994: S. 43) die Wohnung regelmäßig benützte, war zu diesem Zeitpunkt nicht eintrittsberechtigt im Sinn des § 14 Abs 3

MRG.

§ 30 Abs 2 Z 6 MRG verweist nämlich ebenso wie § 30 Abs 2 Z 4 und 5 MRG auf § 14 Abs 3 MRG, der den Personenkreis bestimmt, welcher nach dem Tod des Hauptmieters in den Mietvertrag eintritt (§ 14 Abs 2 MRG). Diese Verweisung bedeutet aber nicht, daß das Eintrittsrecht infolge des Todes des Hauptmieters bereits aktuell geworden sein muß.

§ 30 Abs 2 Z 6 MRG setzt vielmehr im Gegensatz zu § 30 Abs 2 Z 5 MRG voraus, daß der Mieter noch am Leben ist. Durch die Zitierung des § 14 Abs 3 MRG auch in § 30 Abs 2 Z 6 MRG soll nur der Personenkreis der Eintrittsberechtigten in gleicher Weise wie in § 30 Abs 2 Z 5 MRG bestimmt werden. Es kommt daher, wenn es an einem dringenden Wohnbedürfnis des Mieters im Sinn des § 30 Abs 2 Z 6 MRG fehlt, auf das dringende Wohnbedürfnis einer der Personen an, denen im Falle des Ablebens des Mieters das Eintrittsrecht zustünde (MietSlg 35.361; Würth aaO Rz 27 zu § 30 MRG). Damit muß die betreffende Person nicht nur dem in § 14 Abs 3 MRG genannten Personenkreis angehören, sondern im maßgeblichen Zeitpunkt mit dem Mieter im gemeinsamen Haushalt in der Wohnung gelebt haben (Würth aaO). Das trifft aber für den Ehemann der Beklagten nicht zu. Einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten führt aber die Beklagte in der Mietwohnung schon seit Sommer 1990 nicht mehr, so daß auch im Todesfalle der Beklagten eine Sonderrechtsnachfolge ihres Ehegatten im Sinn des § 14 Abs 2 MRG nicht in Frage käme.

Stichworte