OGH 4Ob1051/95

OGH4Ob1051/9511.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "D*****-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander und Dr.Martin Piaty, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Oscar B***** GmbH & Co KG, 2. Oscar B***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 500.000; Revisionsinteresse S 260.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27.April 1995, GZ 5 R 211/94-27, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zum ersten Alternativbegehren (Zahl der Leserkontakte für Freitag):

Die in der beanstandeten Werbeankündigung genannte Zahl von 303.000 fand sich nicht in der dort als Quelle angeführten MA 1992 als für den Freitag gültige Leserzahl.

Ob die von den Beklagten aufgestellte Behauptung trotzdem zutrifft, steht nicht fest. Die Beweislast für die Unrichtigkeit einer Werbeaussage trifft zwar grundsätzlich den Kläger. Wenn aber der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben, dann hat der Beklagte - nicht nur bei der Alleinstellungswerbung - die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen (MR 1990, 195 - Tanzstudio; WBl 1995, 250 - Persil Megaperls ua).

Da die Erstbeklagte mit einer Behauptung über die Anzahl der Leser ihrer Freitag-Ausgabe an die Öffentlichkeit getreten ist, die keine bloße Wiedergabe einer in der zitierten Mediaanalyse enthaltenen Angabe ist, muß erwartet werden, daß sie vorher entsprechende Erhebungen angestellt hat, die es ihr wesentlich leichter machen, die Richtigkeit ihrer Behauptung zu beweisen als es für die Klägerin wäre, die Unrichtigkeit zu beweisen. Die Beklagten haben aber immer nur darzulegen versucht, daß ihre Behauptung nicht unwahrscheinlich sei; einen Beweis für die Richtigkeit haben sie nicht einmal angetreten.

2. Zum zweiten Alternativbegehren (Gesamtzahl der Leserkontakte):

Daß der Begriff des "Leserkontaktes" allenfalls für Marketing-Fachleute eine klare Bedeutung hat - wie die Beklagten erst im Berufungsverfahren durch Vorlage der Beilagen ./7 und ./8 zu beweisen versuchten -, sagt nichts über das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, also der an der Erlangung eines Arbeitsplatzes oder der Gewinnung eines Arbeitnehmers interessierten Personen. Wenn es auch zutrifft, daß das Grundwort "Kontakte" und nicht "Leser" ist, ändert das nichts daran, daß die beanstandete Werbeaussage über die Gesamtzahl der Leserkontakte - zumindest im Sinn der Unklarheitenregel - dahin verstanden werden kann, daß 719.000 Kontakte mit verschiedenen Lesern stattfinden. Daß das Sprachverständnis von Arbeitnehmern auf Jobsuche oder von Unternehmern in diesem Belang ein anderes wäre als das allgemeine, so daß eine Beurteilung auf Grund der richterlichen Erfahrung unzulässig wäre, trifft nicht zu.

Eine wesentliche Verkennung der Rechtslage, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßte, liegt somit nicht vor.

Stichworte