OGH 6Ob25/95

OGH6Ob25/9522.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Firmenbuchanfallsache der Gebrüder K***** Kommandit-Erwerbsgesellschaft mit dem Sitz in Pörtschach, infolge Revisionsrekurses von Dr.Peter K*****, Sibylle K*****, Peter K*****, Ida Maria K*****, Josef K***** und Sibylle Maria K*****, alle ***** alle vertreten durch Dr.Peter Kisler, DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 6.September 1994, AZ 1 R 170/94(ON 5), womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Klagenfurt vom 19.August 1994, GZ 5 Fr 1775/94x-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Firmenbuchsache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung über den Eintragungsantrag nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zurückverwiesen.

Text

Begründung

Mit Anmeldung vom 22.7.1994 gaben die Antragsteller bekannt, daß sie sich unter der Voraussetzung der Eintragung im Firmenbuch zu einer Kommanditerwerbsgesellschaft mit dem Sitz in P*****, zusammengeschlossen haben. Die aus den beiden Eltern und deren vier Kindern bestehende Gesellschaft werde keinen Gewerbebetrieb im Sinne der Gewerbeordnung oder des Einkommensteuerrechtes unterhalten,. sondern diene ausschließlich dem Erwerb und der Verwaltung von Liegenschaften, Liegenschaftsanteilen und sonstigen Vermögenswerten, wie insbesondere Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sowie in Form von echten stillen Gesellschaften, sie sei eine reine Familienvermögensverwaltungsgesellschaft. Der gewählte Name "Gebrüder K*****" mit dem gesetzlich geforderten Zusatz "Kommandit-Erwerbsgesellschaft" gehe auf eine langdauernde Familientradition zurück und sei gesetzlich zulässig. Da die jüngste, am 23.5.1977 geborene Tochter des Erstantragstellers noch nicht großjährig sei, könne sie derzeit noch nicht, wie die bereits volljährigen Kinder, die Stellung einer persönlich haftenden Gesellschafterin einnehmen. Ihr Vater habe ihr daher die Kommanditeinlage von S 1.000 geschenkt, diese für sie in die Gesellschaftskasse eingezahlt, so daß die Minderjährige noch keinerlei Haftungsgefahren laufe und daher eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung zum Eintritt in die Gesellschaft nicht erforderlich sei.

Die Antragsteller beantragten, folgende Eintragungen vorzunehmen:

Firma: Gebrüder K***** Kommandit-Erwerbsgesellschaft

Rechtsform: Kommandit-Erwerbsgesellschaft

Sitz: *****

Für die Zustellung maßgebliche Anschrift: *****

Geschäftszweig. Erwerb von Liegenschaften und Beteiligungen

Tag des Beginnes: Tag der Eintragung im Firmenbuch

Persönlich haftende Gesellschafter:

a) Dr.Peter K*****, geboren 13.10.1927

b) Sibylle K*****, geboren 9.12.1942

c) Peter K*****, geboren 29.12.1968

d) Ida Maria K*****, geboren 12.11.1969

e) Josef K*****, geboren 15.2.1973

Kommanditgesellschafter:

f) Sibylle Maria K*****, geboren 23.5.1977

Vermögenseinlage S 1.000

Vertretungsbefugnis: Die persönlich haftenden Gesellschafter Dr.Peter K*****, geboren 13.10.1927, und Sibylle K*****, geboren 9.12.1952, vertreten die Gesellschaft je selbständig.

Beginn der Vertretungsbefugnis: mit Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch.

Die Gesellschafter Peter K*****, geboren 29.12.1968, Ida Maria K*****, geboren 12.11.1969 und Josef K*****, geboren 15.2.1973, sind von der Vertretung ausgeschlossen.

Die Angabe des Tages des Abschlusses des Gessellschaftsvertrages wurde im Rekurs durch Vorlage der Mantelurkunde des Notariatsaktes mit 22.7.1994 nachgetragen. Dieser Nachtrag erst im Rechtsmittelverfahren ist zulässig, weil die Rechtsmittelerledigung in diesem Umfang in einem Verfahrensergänzungsauftrag durch Erteilung eines Verbesserungsauftrages bestehen müßte.

Das Erstgericht lehnte den Eintragungsantrag ab. Es führte aus, nach § 4 Abs 1 EGG seien auf eingetragene Erwerbsgesellschaften die Vorschriften des HGB und der 4.Einführungsverordnung zum HGB über die OHG und die KG sowie, unter Bedachtnahme auf die §§ 2 und 6 die für diese Gesellschaften geltenden Vorschriften über die Firma anzuwenden.

Nach § 19 Abs 2 HGB habe die Firma einer KG den Namen wenigstens eines persönlich haftenden Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz zu enthalten. Die Firma der KEG habe nach § 2 Abs 1 EGG die Bezeichnung "Kommandit-Erwerbsgesellschaft" zu enthalten, die mit "KEG" abgekürzt werden dürfe. Daneben seien auch die firmenrechtlichen Vorschriften des § 18 Abs 2 HGB zu beachten. Der Firma dürfe kein Zusatz beigefügt werden, der eine Täuschung über die Art und den Umfang des Geschäftes oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeiführe.

Im vorliegenden Fall hätten die Gesellschafter eine Namensfirma gewählt und dieser Firma den Zusatz "Gebrüder" hinzugefügt. An der Erwerbsgesellschaft seien nicht nur die Gebrüder Peter und Josef K*****, sondern auch deren Schwester Ida Maria sowie die Eltern Dr.Peter und Sibylle K***** als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt. Da nicht sämtliche persönlich haftenden Gesellschafter Brüder seien, sei die Hinzufügung des Zusatzes "Gebrüder" nicht zulässig. Dieser Zusatz sei - auf eine Absicht komme es nicht an - zur Täuschung geeignet, weil außer den beiden Brüdern noch andere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden seien und man überdies bei Betrachtung des Firmenwortlautes "Gebrüder K***** KEG" die Vertretungsbefugnis der Gesellschaft durch wenigstens einen der Brüder assoziiere, beide Brüder jedoch nach der Anmeldung von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen seien.

Gemäß § 154 Abs 3 ABGB bedürfe der Eintritt der Minderjährigen in die Gesellschaft überdies einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung. Diese sei der Anmeldung nicht beigeschlossen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller keine Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte weiters aus, wenn auch der Zusatz "Gebrüder" im Firmenwortlaut geeignet sei, den notwendigen Hinweis auf das Gesellschaftsverhältnis zu erfüllen und insoweit der Wahrheit entspreche, also zwei Brüder persönlich haftende Gesellschafter seien, und nicht alle persönlich haftenden Gesellschafter zwingend in der Firma aufscheinen müßten, so bestehe doch die Gefahr, daß der Zusatz "Gebrüder bzw Brüder" täuschungsfähig gebraucht werde, wenn auch andere Verwandte, noch dazu tatsächlich allein geschäftsführungsbefugte Gesellschafter seien. Nach dem Gesetz solle im Interesse der Firmenwahrheit erreicht werden, daß die verantwortlichen Firmeninhaber bereits aus der Firma ersichtlich seien.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige, wegen der vorliegenden Einzelfallproblematik der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage der Bildung einer Firma mit dem Wortlaut "Gebrüder K.", wenn außer Brüdern noch weitere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden sind, fehlt. Das Rechtsmittel ist auch im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt:

Nach § 4 Abs 1 EGG sind auf eingetragene Erwerbsgesellschaften die Vorschriften des HGB und der 4.EV zum HGB über die offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft sowie - unter Bedachtnahme auf die §§ 2 und 6 - die für diese Gesellschaften geltenden Vorschriften über die Firma anzuwenden. Die Firma der KEG hat daher jedenfalls die Bezeichnung "Kommandit-Erwerbsgesellschaft" zu enthalten, wobei die Bezeichnung mit "KEG" abgekürzt werden darf.

Während die Firma einer OHG nach § 19 Abs 1 HGB den Namen wenigstens eines der Gesellschafter mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz oder die Namen aller Gesellschaften zu enthalten hat, muß die Firma einer KG den Namen wenigstens eines persönlichen Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz enthalten (§ 19 Abs 2 HGB), die Namen von Kommanditisten dürfen in der Firma einer KG nicht (und zwar auch nicht mittelbar) aufscheinen.

Das Täuschungsverbot des § 18 Abs 2 HGB, das sich mit Zusätzen zum Firmenkern der ursprünglichen Firma eines Einzelkaufmannes befaßt, gilt nach ständiger Rechtsprechung und Lehre auch für Gesellschaftsfirmen, und zwar nicht nur in bezug auf Zusätze, sondern auch für den Firmenkern (Schumacher in Straube HGB2 Rz 7 zu § 18 mwN). Da das HGB, anders als das EGG sowohl für die Gesellschaftsform der OHG als auch jene der KG keinen rechtsformspezifischen Firmenzusatz fordert, muß aber bei der Beurteilung der Täuschungsfähigkeit die Differenzierung zwischen Firmenkern und Firmenzusatz Bedacht genommen werden. So wurde in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (AC 1893) und in der deutschen Lehre (Schleglberger5 Rz 5 zu § 19; Hüffer in Großkommentar4 Anm 25 zu § 19), auf welche sich die Entscheidungen der Vorinstanzen stützten, die Bildung der Firma einer Offenen Handelsgesellschaft mit dem Firmenwortlaut "Gebrüder A" als dem gesetzlichen Gebot der Firmenwahrheit widersprechend und als täuschungsfähig angesehen, wenn nicht alle Gesellschafter Brüder waren. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß das Wort "Gebrüder" bei der Bildung der Firma einer OHG als einziger das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses andeutender Firmenzusatz gebraucht wurde, der den mit dem tatsächlichen Verhältnis nicht übereinstimmenden Schluß nahelegte, daß alle Gesellschafter Brüder seien.

Die Firma einer Kommanditgesellschaft kann mit dem Namen eines persönlich haftenden Gesellschafters, mit dem Namen mehrerer Gesellschafter, deren Auswahl beliebig ist oder den Namen aller persönlich haftenden Gesellschafter gebildet werden. In allen Fällen muß aber ein Zusatz beigefügt werden, der ein Gesellschaftsverhältnis andeutet. Auch bei Vorhandensein von mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern können daher nur einer, zwei oder mehrere von allen in den Firmenkern aufgenommen werden, weil die Firma der KG keinen Aufschluß über die Zahl der persönlich haftenden Gesellschafter geben muß. Eine Firmenfassung, die die Zahl der Gesellschafter erkennen läßt, ist nicht erforderlich, die Fassung muß nur der wahren Sachlage entsprechen (vgl Hüffer aaO Anm 31 zu § 19; Heymann HGB Rz 15 und 16 zu § 19).

Aus dem von den Antragstellern gewählten Firmenwortlaut Gebrüder K***** Kommandit-Erwerbsgesellschaft kann daher von den durch die Firma angesprochenen Verkehrskreisen entnommen werden, daß an der in der Rechtsnorm einer KEG betriebenen Gesellschaft - zumindest - zwei persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind, die Brüder sind. Dies aber entspricht der Wahrheit und bedeutet keine Irreführung. Über die tatsächliche Anzahl der (weiteren) persönlich haftenden Gesellschafter gibt der Firmenwortlaut keinen Aufschluß, dies ist aber, wie oben ausgeführt, nach dem Gesetz auch nicht erforderlich. Das Gesetz verlangt auch nicht, daß die im Firmenwortlaut angeführten persönlich haftenden Gesellschafter vertretungsbefugt sein müssen. Auch der Name eines oder mehrerer von der Geschäftsführung ausgeschlossener, geschäftsunfähiger oder beschränkt geschäftsfähiger Gesellschafter kann in den Firmenwortlaut aufgenommen werden. Über die tatsächliche Zahl der Gesellschaft und deren Geschäftsführungsbefugnis können Geschäftspartner des Unternehmens nur durch Einsicht in das Firmenbuch Aufschluß erlangen.

Der von den Antragstellern beantragte Firmenwortlaut könnte daher ohne Verstoß gegen § 18 Abs 2 HGB in das Firmenbuch eingetragen werden.

Zuvor wird aber ein Verbesserungsverfahren, auf welches die Antragsteller bis zur Klärung der Zulässigkeit des Firmenwortlautes ausdrücklich verzichtet haben, durchzuführen sein.

Zutreffend haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß nach § 154 Abs 3 ABGB Vertretungshandlungen und Einwilligungen der Eltern in Vermögensangelegenheiten von Minderjährigen der Genehmigung des Gerichtes bedürfen, soferne die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbereich gehört. Dazu zählt nach dem Gesetz auch der Eintritt in eine Gesellschaft. Das Gesetz schreibt hiefür die gerichtliche Genehmigung zwingend vor. Alle Ausführungen der Rechtsmittelwerber, daß das abzuschließende Rechtsgeschäft, der Eintritt der Minderjährigen in die Kommandit-Erwerbsgesellschaft als Kommanditistin mit einem ihr vom Vater geschenkten Geschäftsanteil, für die Minderjährige mit keinerlei Nachteil verbunden sei und in den Rahmen des § 151(2) ABGB falle, konnten vom Firmenbuchgericht nicht beurteilt werden, weil der Gesellschaftsvertrag nicht vorgelegt wurde. Es ist daher, abgesehen von allfälligen Haftungen nach steuerrechtlichen Vorschriften, schon deshalb nicht überprüfbar, ob durch dessen Bestimmungen die Befriedigung der Lebensbedürfnisse der Minderjährigen gefährdet werden. Das nicht belegte Vorbringen der Rechtsmittelwerber kann daher nur dazu dienen, daß nach Prüfung durch das Pflegschaftsgericht die erforderliche Genehmigung unter Bedachtnahme auf den Kollisionsfall erteilt oder die Entbehrlichkeit einer solchen Genehmigung bestätigt wird. Insoweit bedarf daher das Eintragungsverfahren in das Firmenbuch noch der Verbesserung durch einen Auftrag an die Einschreiter zur Beibringung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung hinsichtlich der minderjährigen Kommanditistin.

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