OGH 3Ob2/95(3Ob3/05, 3Ob1006/95)

OGH3Ob2/95(3Ob3/05, 3Ob1006/95)14.6.1995

Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Kellner, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien

1. Firma K*****, vertreten durch Dr.Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, und 2.L*****, vertreten durch Dr.Günter Philipp, Rechtsanwalt in Mattersburg, und anderer betreibender Parteien wider die verpflichteten Parteien 1.Franz K*****, und 2.Adelheid K*****, wegen

S 20.387,50 sowie S 390.381,70 je sA und anderer Forderungen, infolge Revisionsrekurses der Pfandgläubigerin Österreichische L*****, vertreten durch Dr.Edwin Morent, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 5. Dezember 1994, GZ R 282-284/94-66, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Oberwart vom 22.August 1984, GZ E 10/82-58, bestätigt wurde und der gegen die Beschlüsse dieses Gerichtes vom 4. Mai 1983, E 10/82-39, und vom 16.August 1983, E 10/82-47, erhobene Rekurs zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Oberwart vom 4.5.1983, E 10/82-39, und gegen die Bestätigung des Beschlusses dieses Gerichtes vom 22.8.1984, E 10/82-58, richtet.

2. Im übrigen, also soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Oberwart vom 16.8.1983, E 10/82-47, richtet, wird ihm nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Am 6.4.1983 wurde eine den Verpflichteten gehörende Liegenschaft um das Meistbot von S 840.000 zugeschlagen. Auf den dem Erstverpflichteten zugeschriebenen Hälfteanteil war aufgrund eines am 19.2.1982 beim Erstgericht eingelangten Exekutionsantrags das Pfandrecht für die Forderung von S 46.037,01 samt 12 % Zinsen seit 21.8.1980 und die Kosten von S 2.078,68 und S 1.793,14 zugunsten der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin eingetragen. Diese wurde jedoch weder vom Versteigerungstermin verständigt, noch wurden ihr die Ladung zur Meistbotsverteilungstagsatzung und der Meistbotsverteilungsbeschluß vom 16.8.1983 zugestellt. Dasselbe gilt für den Beschluß des Erstgerichtes vom 22.8.1984, mit dem gemäß § 237 EO bücherliche Einverleibungen und Löschungen, darunter die Einverleibung der Löschung des Pfandrechts der Revisionsrekurswerberin, bewilligt wurden.

In einem am 2.11.1994 beim Erstgericht eingelangten Rekurs erklärte die nunmehrige Revisionsrekurswerberin, alle im Exekutionsverfahren ergangenen Beschlüsse, insbesondere die Beschlüsse über die Erteilung des Zuschlags, die Verteilung des Meistbots und die Bewilligung der bücherlichen Einverleibungen und Löschungen, anzufechten. Sie machte geltend, daß sie von den Vorgängen des Versteigerungsverfahrens zu Unrecht nicht verständigt worden sei.

Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück, soweit er sich gegen den Beschluß über die Erteilung des Zuschlags und die Verteilung des Meistbots richtete, und gab ihm nicht Folge, soweit damit der Beschluß über die bücherlichen Einverleibungen und Löschungen bekämpft wurde. Es sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand bei der Zurückweisung des Rekurses gegen die Zuschlagserteilung S 50.000 übersteigt und im übrigen diesen Betrag nicht übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen die Zuschlagserteilung nicht zulässig sei und im übrigen der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist. Der Rekurs gegen die Zuschlagserteilung sei nach Ablauf der im § 187 Abs 1 letzter Satz EO bestimmten Frist und daher verspätet erhoben worden. Der Rekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß sei im Sinn der Entscheidung RPflE 1975/175 unzulässig, weil das Verteilungsverfahren bereits beendet sei. Für den Beschluß über die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erstehers und die Löschung der auf der versteigerten Liegenschaften haftenden Lasten sei die Anhörung der Hypothekargläubiger gemäß § 237 Abs 2 EO nicht zwingend vorgesehen, weshalb die allein geltend gemachte Nichtigkeit nicht vorliege.

Der von der Rekurswerberin gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig, soweit er sich gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes über den Rekurs gegen die Zuschlagserteilung und die Bewilligung der bücherlichen Einverleibungen und Löschungen richtet; im übrigen ist er zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Revisionsrekurs, soweit damit die Zurückweisung des Rekurses gegen die Zuschlagserteilung bekämpft wird:

Anders als beim Rekurs des Erstehers und des Verpflichteten, in welchen Fällen für den Wert des Entscheidungsgegenstandes die Höhe des Meistbots maßgebend ist (RZ 1988/18), richtet sich beim Rekurs des Hypothekargläubigers (oder des betreibenden Gläubigers) der Wert des Entscheidungsgegenstandes in erster Linie nach der Höhe seiner Forderung, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes in diesen Fällen nur dafür Bedeutung hat, ob diese Forderung aus dem Meistbot berichtigt werden kann oder nicht, nach der Höhe des Meistbots daher nur dann, wenn die Forderung geringer als das Meistbot ist. Der Ausspruch des Rekursgerichtes über den Wert des Entscheidungsgegenstandes war daher übeflüssig und bindet deshalb den Obersten Gerichtshof nicht (EF 34.438; EvBl 1972/260 uva). Wie sich aus der erst jüngst ergangenen Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 10.5.1995, 3 Ob1013/95, ergibt, haben in den angeführten Fällen bei der Ermittlung des Wertes des Entscheidungsgegenstandes gemäß § 54 Abs 2 JN die Nebengebühren unberücksichtigt zu bleiben. Da die pfandrrechtlich sichergestellte Forderung der Revisionsrekurswerberin an Kapital S 50.000 nicht übersteigt, ist ihr Revisionsrekurs in dem erörterten Punkt gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig.

2. Zum Revisionsrekurs, soweit damit die Zurückweisung des Rekurses gegen die Verteilung des Meistbotes bekämpft wird:

Ein verstärkter Senat des Obersten Gerichtshofs hat in der bereits erwähnten Entscheidung vom 10.5.1995, 3 Ob 1013/95, in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung folgenden Rechtssatz beschlossen:

"Im Meistbotsverteilungsverfahren nach Zwangsversteigerung einer Liegenschaft ist Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichtes der mit einem bestimmten Geldbetrag behauptete Teilnahmeanspruch des auf das Meistbot Verwiesenen. Geht es um den Rang von Zinsen, ist § 54 Abs 2 JN nicht anzuwenden, Zinsenbeträge sind vielmehr Teil des Entscheidungsgegenstandes."

Selbst wenn man nur die bis zum Zuschlagstag und nicht auch die später aufgelaufenen Zinsen, deren Zuweisung gemäß § 217 Abs 1 Z 2 EO in Betracht käme, berücksichtigt, ergibt sich ein Betrag von über S 12.000, weshalb der Entscheidungsgegenstand jedenfalls S 50.000 übersteigt und sich deshalb die Zulässigkeit des Rekurses nach § 528 Abs 1 ZPO richtet (vgl JBl 1994,264). Nach dieser Gesetzesstelle ist der Revisionsrekurs aber zulässig, weil eine uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt.

In der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung RPflE 1975/175 hat der Oberste Gerichtshof den Standpunkt vertreten, daß ein Verteilungsverfahren nach Ausfolgung der Verteilungsmasse auch dann beendet und ein Rekurs daher unzulässig sei, wenn ein nach § 209 Abs 2 EO Teilnahmeberechtigter zur Verteilungstagsatzung nicht geladen und ihm daher auch der Verteilungsbeschluß nicht zugestellt wurde. Dem auf diese Weise im Verteilungsverfahren Übergangenen stehe nur die Möglichkeit offen, sein besseres Recht gegen den im Verteilungsverfahren (zum Nachteil des Übergangenen) Bevorzugten im Rechtsweg geltend zu machen. Es sei ausgeschlossen, nach Durchführung und Beendigung eines Verteilungsverfahrens (Verteilung und Ausfolgung des Verteilungserlöses) den rechtswidrigerweise verteilten Erlös einem Zuweisungsgläubiger wieder abzuverlangen und sodann neuerlich zu verteilen. In einer späteren Entscheidung (RZ 1991/14) hat der Oberste Gerichtshof aber ausgesprochen, daß auch dann, wenn das Erstgericht unter Verletzung der Vorschrift des § 236 Abs 1 EO das Meistbot schon vor Eintritt der Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses ausgefolgt hat, der Verteilungsbeschluß von der Rechtsmittelinstanz abgeändert werden könne. Es könne nicht gesagt werden, daß in einem solchen Fall die Beschwer für die Überprüfung eines unrichtigen Verteilungsbeschlusses erster Instanz weggefallen sei; denn die Parteien hätten ein Recht auf eine über die richtige Verteilung des Meistbots absprechende Entscheidung.

Der erkennende Senat vermag sich der in der jüngeren Entscheidung vertretenen Ansicht nicht anzuschließen.

Gegenstand des Meistbotsverteilungsbeschlusses ist die Verteilung der im § 215 EO umschriebenen Verteilungsmasse, die, wie sich aus § 236 EO ergibt, zur Ausfolgung oder zinstragenden Anlegung der zugewiesenen Beträge führt. Ist beides nicht mehr möglich, weil die Verteilungsmasse bereits ausgefolgt wurde, besteht auch kein Grund mehr, den Verteilungsbeschluß zu ändern, zumal eine Änderung der bereits ausgeführten Auszahlungsanordnung nicht mehr in Betracht kommt. Die in RZ 1991/14 ins Treffen geführte Möglichkeit, daß ein Gläubiger den aus der Verteilungsmasse ausgefolgten Betrag zwecks Vermeidung eines Rechtsstreits wieder zurückzahlen werde, mag theoretisch bestehen. Solange nicht feststeht, ob dies der Fall sein wird, kann aber eine solche Möglichkeit ein Rechtsschutzinteresse nicht begründen. Die in der Entscheidung noch vertretene Ansicht, die Parteien hätten ein Recht auf eine über die richtige Verteilung des Meistbots absprechende Entscheidung, wird nicht näher begründet und es läßt sich dafür eine gesetzliche Grundlage auch nicht finden. Es hat daher bei der in der Entscheidung RPflE 1975/175 ausgesprochenen Meinung zu verbleiben, daß nach Ausfolgung der Verteilungsmasse der Rekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO und auf den Gründen des PlP JB 201 = GlUNF 6281.

3. Zum Revisionsrekurs, soweit damit die Bestätigung des Beschlusses über die bücherlichen Einverleibungen und Löschungen bekämpft wird:

In diesem Punkt ist der Revisionsrekurs gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 und darüber hinaus auch nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle unzulässig, weil, wie schon dargestellt wurde, § 54 Abs 2 JN hier anzuwenden ist und daher die Nebengebühren bei der Ermittlung des Wertes des Entscheidungsgegenstandes nicht zu berücksichtigen sind.

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