OGH 4Ob48/95

OGH4Ob48/9513.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Jörg H*****, vertreten durch Dr.Wilfried Haslauer und andere Rechtsanwälte in Salzburg, 2. Ing.Karl M***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Stefan Prokop, Rechtsanwalt in Perchtoldsdorf, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 500.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 3.April 1995, GZ 12 R 4/95-14, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 22.Dezember 1994, GZ 9 Cg 296/94-4, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes liegen die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht vor:

Die Frage, wie ein fachunkundiger Verbraucher die beanstandete Werbung auffaßt und ob sie demnach geeignet ist, irrige Vorstellungen über die Brandschutz- oder Brandwiderstandsfähigkeit der "Ökoplusplatte" hervorzurufen, ist nicht von Bedeutung. Nicht nur die Beklagten haben nämlich behauptet, daß die beanstandeten Werbeschriften sich allein an "verständige Kreise wie Architekten, Zimmermeister und Baumeister" (S. 13) bzw an "Professionisten, welche auf Grund ihrer eingeschlägigen Ausbildung und Berufserfahrung mit den Rechtsnormen hinsichtlich des Brandschutzes von Gebäuden und der technischen Ausführung vertraut sind" (S. 21) gerichtet gewesen seien; vielmehr hat die Klägerin selbst vorgebracht, daß das "Trockenbaujournal", dessen Werbeaussagen sie wörtlich in ihr Verbotsbegehren aufgenommen hat, kostenlos an die im einzelnen aufgezählten Fachleute verteilt würde (S. 3). Daß die Beklagten den Werbeprospekt Verbrauchern zukommen ließen, hat die Klägerin nicht behauptet. Sie hat vielmehr offenbar selbst nur Fachkreise als die von der beanstandeten Werbung der Beklagten angesprochene und in Irrtum geführte Verkehrskreise im Auge, begehrt sie doch zur Aufklärung dieser Personen die Urteilsveröffentlichung nur in Fachzeitschriften für Bauunternehmer oder Bauhandwerker (S. 8). Auf eine mögliche Irreführung von Verbrauchern ist daher nicht von Amts wegen einzugehen.

Maßgebend für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der beanstandeten Werbebehauptung ist daher allein die Verkehrsauffassung dieser Fachkreise (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 796 Rz 31; SZ 59/101 = ÖBl 1987, 78 - Wärmeabgabetabellen; 4 Ob 39/95).

Nach ständiger Rechtsprechung wird zwar die Beurteilung der Wirkung einer Reklame auf die angesprochenen Verkehrskreise als Rechtsfrage angesehen, doch hat dies nur zu gelten, wenn dazu die Erfahrungssätze des täglichen Lebens genügen (ÖBl 1979, 73 - Der Kleinste bei Preisen; ÖBl 1985, 105 - C & A mwN; 4 Ob 39/95). Wo hingegen dem Richter die erforderliche Erfahrung fehlt, sieht es die Rechtsprechung als notwendig an, daß zur Beurteilung der Frage, welche Wirkung eine bestimmte Werbung auf die interessierten Verkehrskreise hat, Beweise aufgenommen werden (ÖBl 1974, 82 - Molkerei-Einmalpackungen; ÖBl 1985, 105 - C & A; SZ 59/101 = ÖBl 1987, 78 - Wärmeabgabetabellen; im gleichen Sinne BGH GRUR 1986, 676 - Bekleidungswerke mwN).

Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht als letzte Tatsacheninstanz auf Grund des vom Erstbeklagten vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing.Wolfgang Habian (Beilage ./2) als bescheinigt angenommen, daß der Fachmann, an den sich die beanstandete Werbung richtet, keiner Fehlvorstellung unterliegen könne; vielmehr verstehe er - in Kenntnis, daß die Brandsicherheit nur in Kombination mit einem bestimmten Unterbau erreichbar ist - die Werbebotschaft dahin, daß er bei der "Ökoplusplatte" den Vorteil darin habe, daß hier schon eine Platte zur Erreichung eines bestimmten Brandwiderstandes genüge. Dieser Vorteil treffe aber tatsächlich zu.

Da sohin - für den Obersten Gerichtshof bindende - Tatsachenfeststellungen über die Verkehrsauffassung der Fachkreise vorliegen, ist keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen.

Auch die Werbeeaussage: "F 90 bei Trennwand - Brandschutzklasse F 90 mit einer Lage 15 mm Ökoplusplatte" kann auf Grund der Feststellungen des Rekursgerichtes nicht als irreführend angesehen werden, weil die vom angesprochenen Fachpublikum allein als wesentlich angesehene Botschaft zutrifft und der Umstand, daß gerade der im Werbeprospekt angeführte Prüfbericht F 447/91 im Hinblick auf die Beschaffenheit des dort untersuchten Prüfkörpers mit einer Holzriegelkonstruktion nur eine Brandwiderstandsklasse F 60 ausgewiesen und hinzugefügt hat, daß die geprüfte Innenwand den Anforderungen bezüglich der Temperatur, des Raumabschlusses sowie des Kugelschlagversuches bis zu einer Brandwiderstandsdauer von 90 Minuten erfüllt hat, deshalb ohne Bedeutung ist, weil dem Publikum die Maßgeblichkeit der übrigen Bauteile bewußt ist und bei Verwendung einer Metallunterkonstruktion ohnehin die Brandwiderstandsklasse F 90 gegeben ist.

Da somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zu lösen ist, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO. Da die Beklagten auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen haben, dienten ihre Revisionsrekursbeantwortungen nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RZ 1977/134; EvBl 1986/128 uva).

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