OGH 14Os57/95

OGH14Os57/9513.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Juni 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Radichevich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther R***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 30.November 1994, GZ 8 Vr 2.199/94-28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Günther R***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG, des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Als Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG liegt ihm zur Last, am 10.Juli 1993 im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit dem gesondert abgeurteilten Dieter M***** den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 15,7 Gramm Heroin (Reingehalt 3,68 +/- 0,17 Gramm), aus der Schweiz aus- und nach Österreich eingeführt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Der Sache nach nur diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, der keine Berechtigung zukommt.

Gegen die Urteilsannahme, er habe den zum Ankauf des Suchtgiftes bestimmten Betrag von 3.000 S dem Dieter M***** bereits am Grazer Hauptbahnhof ausgehändigt, wendet der Beschwerdeführer ein (Z 5), es sei dabei seine Verantwortung unerörtert geblieben, wonach diese Geldübergabe erst auf der Fahrt nach Zürich stattgefunden habe.

Dieser Einwand ist schon deshalb nicht zielführend, weil es nicht auf den Zeitpunkt oder den Ort der Geldübergabe, sondern auf deren Zweck ankommt. Diese allein relevante Tatsache aber hat das Erstgericht mit den für glaubwürdig erachteten Angaben des Dieter M***** und der geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers vor dem Untersuchungsrichter formell einwandfrei begründet, wobei es insbesondere auch den Vorsatz des Angeklagten festgestellt hat (US 10), an der Einfuhr einer großen Heroinmenge mitzuwirken.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist verfehlt.

Ihr ist zwar einzuräumen, daß das Gericht die Mitwirkung des Angeklagten an der Beschaffung des Suchtgiftes rechtsirrtümlich als Ausführungstäterschaft nach § 12 erster Fall StGB beurteilt hat, was hier ein Tätigwerden bei der Verbringung des Heroins über die Staatsgrenze erfordert hätte (Kodek SGG Anm 5.1.2. zu § 12). Derartige Ausführungshandlungen hat der Angeklagte nicht vorgenommen, weil die Beförderung des Suchtgiftes von Dieter M***** allein durchgeführt wurde. Das in der Bereitstellung eines Geldbetrages zur Suchtgiftbeschaffung und in der Begleitung des Suchtgifttransporteurs bestehende Verhalten des Beschwerdeführers wäre daher richtig als Tatbeitrag nach § 12 dritter Fall StGB zu beurteilen gewesen.

Dem steht auch nicht entgegen, daß der vom Angeklagten zur Verfügung gestellte Betrag von 3.000 S für sich allein zum Erwerb einer großen Menge Heroin nicht ausgereicht hätte. Auch durch die Teilfinanzierung des Ankaufs der (in seinen Vorsatz aufgenommenen) großen Menge Suchtgift hat er einen kausalen Tatbeitrag geleistet, ohne den das Suchtgiftverbrechen nicht so geschehen wäre, wie es sich tatsächlich ereignet hat.

Da nach den Urteilsfeststellungen somit alle rechtlichen Kriterien eines sonstigen Tatbeitrages im Sinne des dritten Falles des § 12 StGB erfüllt sind, gereicht dem Beschwerdeführer die Fehlbeurteilung seines Tatverhaltens als Ausführungstäterschaft anstatt als Beitragstäterschaft wegen der rechtlichen Gleichwertigkeit dieser Täterschaftsformen nicht zum Nachteil.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen als erschwerend; als mildernd die Unbescholtenheit des Angeklagten, und daß er am Suchtgiftverbrechen nur in untergeordneter Weise beteiligt war. Es verhängte nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, wovon es gemäß § 43 a Abs 3 StGB einen Teil von acht Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Die auf eine Herabsetzung und gänzliche bedingte Nachsicht der Strafe gerichtete Berufung des Angeklagten ist unbegründet.

Daß sich der Berufungswerber während der Zeit der Anhängigkeit des Strafverfahrens (seit 1993) wohlverhalten hat, ist kein Milderungsgrund. Ebensowenig kann ihm zugutegehalten werden, daß "kein Schaden herbeigeführt" worden ist. Dieser Umstand ist schon in der Verurteilung bloß wegen Beteiligung an der Aus- und Einfuhr mitberücksichtigt. Wäre das Suchtgift tatsächlich in Verkehr gesetzt oder dem Eigenverbrauch zugeführt worden, träfe den Angeklagten vielmehr ein erhöhter Schuldvorwurf. Das Strafausmaß ist insbesondere auch wegen des Zusammentreffens des Suchtgiftverbrechens mit dem Verbrechen der Verleumdung nicht überhöht.

Einer bedingten Nachsicht der ganzen Strafe stehen wegen der Suchtgiftneigung des Angeklagten (US 4), der besonders gefährlichen Art des importierten Suchtgiftes und der mit gezielten Suchtgiftbeschaffungsfahrten ins Ausland verbundenen reiflichen Überlegung der Tat spezial- und generalpräventive Gründe entgegen.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

Abschließend ist noch anzumerken, daß dem Erstgericht insoferne ein Mißgriff unterlaufen ist, als es die Vorhaft nur auf den unbedingten Teil der Freiheitsstrafe angerechnet hat. Eine Vorhaftanrechnung gemäß § 38 StGB hat auf die Strafe unabhängig davon zu erfolgen, ob und in welchem Umfang deren bedingte Nachsicht gemäß §§ 43, 43 a StGB gewährt wird (vgl Mayerhofer-Rieder StGB4 E 25 ff zu § 38). Dieser den Angeklagten benachteiligende Fehler wird vom Vorsitzenden gemäß § 400 Abs 2 StPO zu korrigieren sein. Weil diese als Verfahrensvereinfachung gedachte Vorschrift nicht danach unterscheidet, ob die unterbliebene oder fehlerhafte Anrechnung einer Vorhaft auf einem rechtlichen oder tatsächlichen Versehen beruht, liegt insoweit der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO nicht vor.

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