OGH 5Ob42/95

OGH5Ob42/957.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. wHR Dipl.Ing.Wilfried B*****, Pensionist, *****, 2. Dipl.Ing.Günther S*****, Angestellter, ***** und 3. Ing.Volker S*****, Angestellter, ***** alle vertreten durch Dr.Rainer Schischka, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Mag.Georg A*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Max Urbanek, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses gemäß § 12 Abs 3 (§ 37 Abs 1 Z 8) MRG infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 20.Oktober 1994, GZ R 550/94-45, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Waidhofen an der Ybbs vom 31.Mai 1994, GZ 1 N 51/94w-40, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der antragsabweisende Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Rechtsmittelwerber KR Josef A***** wird mit seinem Revisionsrekurs auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Begründung

Die Antragsteller zusammen und KR Josef A***** sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** W***** mit einem darauf befindlichen Haus. KR Josef A***** hatte drei Geschäftslokale dieses Hauses gemietet und darin ein Handelsgewerbe betrieben.

Mit dem am 4.5.1992 beim Bezirksgericht Waidhofen/Ybbs eingelangten Schriftsatz begehrten die Antragsteller (der Zweit- und Drittantragsteller durch ihren inzwischen verstorbenen Rechtsvorgänger) I.) die Genehmigung von Maßnahmen der Miteigentümerhälfte nach §§ 833 ff ABGB gegenüber KR Josef A***** (mangels dessen Zustimmung zu Maßnahmen nach § 12 Abs 3 MRG [aF]), weil mit diesem eine Einigung zur Mietzinserhöhung gemäß § 12 Abs 3 MRG nicht zu erzielen gewesen sei, und II.) gegenüber der Josef A***** Gesellschaft mbH, in eventu gegenüber Mag.Georg A*****, die Feststellung der Angemessenheit des begehrten, ziffernmäßig genannten Hauptmietzinses nach § 12 Abs 3 MRG, weil eine Unternehmensveräußerung an die GesmbH, in eventu an Mag.Georg A*****, stattgefunden habe.

Das Erstgericht stellte diese Eingabe zur Verbesserung durch Einbringung von zwei getrennten Anträgen zurück, weil die Anträge in zwei verschiedenen Gerichtsabteilungen und in zwei verschiedenen Verfahren zu behandeln seien.

Mit der Antragswiedervorlage (ON 2) regten die Antragsteller an, zuerst das Verfahren nach §§ 833 ff ABGB durchzuführen, weil dieses Voraussetzung dafür sei, daß auf den Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG eingegangen werden könne.

Die Antragsgegner beider Verfahren stellten den Antrag, das Verfahren gemäß § 37 MRG erst nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens gemäß §§ 833 ff ABGB einzuleiten und den Antrag gemäß § 37 MRG sohin zurückzuweisen, weil KR Josef A***** diesem nicht zustimme (ON 8).

Im Verfahren 3 Nc 13/92 des Erstgerichtes (betreffend §§ 833 ff ABGB) wurden die Antragsteller mit Beschluß vom 5.4.1994 gemäß § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG auf den Rechtsweg verwiesen. Dieser Beschluß wurde vom Rekursgericht aufgehoben und dem Erstgericht die Entscheidung über den Antrag auf Regelung gemäß §§ 833 ff ABGB aufgetragen (R 455/94 des Landesgerichtes St.Pölten). Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen (5 Ob 1062/95).

Zuletzt (ON 38) modifizierten die Antragsteller ihren gegen die Josef A***** GesmbH, hilfsweise gegen Mag.Georg A*****, gerichteten Antrag dahingehend, daß festgestellt werde, daß der monatliche an die Miteigentumsgemeinschaft zu entrichtende Hauptmietzins für die drei Geschäftslokale mit S 42.988,--, S 14.114,-- und S 2.007,-- angemessen sei und diese Hauptmietzinsbeträge nach dem Verbraucherpreisindex 1986 (Basis: die für März 1991 verlautbarte Indexzahl) wertzusichern seien. Hilfsweise beantragten sie die Unterbrechung des Verfahrens nach § 37 MRG bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nach §§ 833 ff ABGB.

Das Erstgericht wies den Antrag, es werde festgestellt, daß der monatliche Hauptmietzins dessen Entrichtung an die Miteigentumsgemeinschaft als Vermieter die Antragsteller von Mag.Georg A***** begehren, angemessen sei (Pkt 1.), und den Unterbrechungsantrag (Pkt 2.) ab. Es hat darin, offensichtlich noch bevor es die unterfertigte Urschrift des angefochtenen Sachbeschlusses an die Geschäftsabteilung abgegeben hatte, auf die erklärte Antragsrückziehung (ON 41) gegen die Josef A***** GesmbH Bedacht genommen und daher über den gegen diese GesmbH gerichteten Antrag nicht mehr entschieden.

Das Erstgericht begründete seine Entscheidung damit, die Antragsteller seien als Hälfteeigentümer nicht anspruchsberechtigt und daher auch nicht zur Antragstellung legitimiert. Ihr Antrag sei daher mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen abzuweisen.

Eine Unterbrechung des Verfahrens sei, selbst wenn man eine solche nach § 190 ZPO im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG für zulässig ansehe, nicht zweckmäßig.

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Unterbrechungsantrages, hob jedoch im übrigen den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem auf, unter Abstandnahme des bisher gebrauchten Abweisungsgrundes über den Sachantrag auf Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses nach rechtskräftiger Erledigung des im Verfahren 2 Nc 13/92 des Erstgerichtes gestellten Antrages auf Genehmigung von Maßnahmen der Hälfteeigentümer nach den §§ 833 ff ABGB zu entscheiden und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Nach den Übergangsbestimmungen des 3.WÄG (Artikel II, II.Abschnitt Z 10) seien die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des 3.WÄG (1.3.1994) bei Gericht anhängigen Verfahren nach den bisher in Geltung gestandenen Bestimmungen durchzuführen (also nach § 12 Abs 3 MRG statt nunmehr § 12 a MRG).

Nach den Antragsbehauptungen habe der andere Hälfteeigentümer des Hauses (Josef A*****), dem die Mietrechte an dem Geschäftslokal zugestanden seien, den Antragstellern mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 3.4.1992 mitgeteilt, daß er das Unternehmen seinem Sohn Mag.Georg A***** im Jahr 1990 übergeben habe und dieser ab Oktober 1990 Inhaber des ihm samt den Mietrechten übergebenen Unternehmens sei. Dem Verlangen der Antragsteller als Miteigentümer, der Geltendmachung des angemessenen Mietzinses im Verfahren gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG zuzustimmen, habe Josef A***** nicht entsprochen.

Ob nun der Außerstreitrichter im Verfahren nach §§ 833 ff ABGB (3 Nc 13/92) die von den Antragstellern begehrte Maßnahme genehmige, sei eine Vorfrage, die für die Beurteilung der Antragslegitimation und die Entscheidung über den vorliegenden Sachantrag von rechtserheblicher Bedeutung sei, wobei im Verfahren gemäß §§ 833 ABGB eine rechtsgestaltende Verfügung getroffen werde. Wenn auch eine Unterbrechung des Verfahrens im Sinn der ZPO dem Außerstreitgesetz fremd und ein Innehalten im Sinn des § 127 Abs 1 AußStrG nur unter bestimmten, hier nicht gegebenen Voraussetzungen zulässig sei, so sei es doch dem Außerstreitrichter nicht verwehrt, den Ausgang eines solchen anhängigen Genehmigungsverfahrens ohne förmliche Unterbrechung (durch Innehalten) im wohlverstandenen Interesse der Parteien abzuwarten.

Von besonderer Bedeutung für die Frage der Innehaltung und der Beurteilung des wohl verstandenen Interesses der Parteien sei in diesem Zusammenhang die im § 12 Abs 3 MRG enthaltene Präklusivfrist von sechs Monaten nach dem Mietrechtsübergang, wobei die Frist nach der Rechtsprechung erst ab der unverzüglich zu erstattenden Anzeige zu laufen beginne. Folgte man der Rechtsansicht des Antragsgegners, wonach der Sachantrag mangels einer vorliegenden Zustimmung sämtlicher Miteigentümer sofort hätte abgewiesen werden müssen, so hätte es ein Miteigentümer auf der Vermieterseite, der aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen an einer Hauptmietzinsanhebung nicht interessiert sei, in vielen Fällen in der Hand, die Verfristung eines begründeten Erhöhungsbegehrens der übrigen Miteigentümer und dessen Abweisung herbeizuführen, weil ein Genehmigungsbeschluß im Sinn der §§ 833 ff ABGB nicht immer binnen sechs Monaten ab Kenntnis des Mietrechtsüberganges würde vorliegen können. Allein diese Zweckmäßigkeitsüberlegungen würen für eine Innehaltung des Mietrechtsverfahrens bis zum Abschluß des Genehmigungsverfahrens sprechen.

Eine Unterbrechung des Verfahrens sei gemäß § 37 Abs 3 Z 14 MRG nur in den dort genannten Fällen zulässig, zu denen ein Verfahren gemäß den §§ 833 ff ABGB nicht gehöre. Die Abweisung des Unterbrechungsantrages sei daher zu bestätigen gewesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob ein nicht von sämtlichen Miteigentümern gestellter Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 12 Abs 3 MRG mangels Antragslegitimation sofort abzuweisen oder ob mit dem Verfahren bis zur Entscheidung des von den Antragstellern bereits gemäß § 835 ABGB angerufenen Außerstreitrichters insbesondere im Hinblick auf die sechsmonatige Präklusivfrist des § 12 Abs 3 MRG innezuhalten sei, keine einheitliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners und des Miteigentümers Josef A***** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt, in eventu der Antrag zurückgewiesen werde; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsteller begehren, den Revisionsrekurs des Miteigentümers Josef A***** zurückzuweisen, demjenigen des Antragsgegners nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.

Der Miteigentümer KR Josef A***** kann mit seinem gleichgerichteten Revisionsrekurs auf das Ergebnis der Entscheidung über den Revisionsrekurs des Antragsgegners verwiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

a) Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Die Geltendmachung der Hauptmietzinserhöhung nach dem in diesem Verfahren - wie das Rekursgericht zutreffend ausführte - nach den Übergangsbestimmungen des 3.WÄG noch anzuwendenden § 12 Abs 3 MRG gehört im allgemeinen zur ordentlichen Verwaltung des Hauses, weil es sich dabei um eine Maßnahme handelt, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dient, die sich nach Lauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen kann wird im Interesse aller (oder doch nicht nur einzelner Teilhaber) Miteigentümer liegt (Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 833 ABGB). Es ist nämlich nicht einzusehen, aus welchen Gründen eine solche Erhöhung des Hauptmietzinses im Rahmen der Verwaltungsagenden einen anderen Stellenwert haben sollte als die Maßnahmen des Abschlusses eines Mietvertrages zu ortsüblichen Bedingungen (SZ 59/203 uva), insbesondere zu einem angemessenen wertgesicherten Mietzins samt entsprechendem Betriebskostenanteil (MietSlg 27.077). Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung können nach § 833 ABGB nur von der Mehrheit der Miteigentümer, gerechnet nach Anteilen, gesetzt werden. In besonderen Fällen kann aber auch eine im allgemeinen zum Bereich der ordentlichen Verwaltung gehörende Maßnahme eine wichtige Veränderung darstellen, weil sie im konkreten Fall dem wohlverstandenen Interesse der Minderheit widerspricht (SZ 59/203). In der hier zu beurteilenden Rechtssache kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die eine oder andere Verwaltungsmaßnahme gegeben ist, weil die Geltendmachung der Erhöhung des Hauptmietzinses hier bloß durch die Hälfteeigentümer, also nicht einmal durch die Mehrheit der Vermieter erfolgte, sodaß gemäß § 835 ABGB jedenfalls eine rechtsgestaltende Entscheidung des Außerstreitrichters zur Legitimation der Hälfteeigentümer zur Setzung dieser Verwaltungsmaßnahme erforderlich gewesen wäre. Eine solche Entscheidung wird von den Antragstellern jedoch erst im Verfahren 3 Nc 13/92 des Erstgerichtes angestrebt. Solange diese nicht vorliegt, sind die Antragsteller zur Geltendmachung der Hauptmietzinserhöhung nicht legitimiert. Das von ihnen allein gegenüber dem Antragsgegner gestellte Erhöhungsbegehren, sei es gerichtlich oder vorher außergerichtlich, löst die Rechtsfolgen des § 12 Abs 3 letzter Halbsatz MRG nicht aus, weil es dem anderen Miteigentümer nicht zugerechnet werden kann.

Gemäß § 12 Abs 3 Satz 3 MRG kann das Hauptmietzinserhöhungsbegehren nur innerhalb der Präklusivfrist (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 13 zu § 12 MRG) von sechs Monaten nach Anzeige des alten oder neuen Mieters (MietSlg 41.238) bzw ab früherer verläßlicher Kenntnis des Vermieters vom Rechtsübergang (SZ 62/202) gestellt werden. Diese Frist ist bereits abgelaufen, weil nach der Aktenlage die Tatsache der Unternehmensveräußerung (ON 1 und 41) allen Miteigentümern, auch den Antragstellern, schon länger als sechs Monate bekannt ist. Dem Antragsgegner gegenüber kann daher seitens der Vermieter ein wirksames (rechtsgestaltendes) Begehren auf Hauptmietzinserhöhung nicht mehr abgegeben werden. Dies hat zur Folge, daß der Feststellungsantrag der Antragsteller schon aus diesem Grund abzuweisen ist.

Zutreffend wies das Rekursgericht darauf hin, daß der andere Interessen verfolgende Hälfteeigentümer es in der Hand haben kann, durch Verweigerung der Zustimmung und Verzögerung des Verfahrens nach § 835 ABGB eine Mietzinserhöhung nach § 12 Abs 3 MRG zu vereiteln. Dies ist aber bloß eine Folge des Umstandes, daß die Geltendmachung der Hauptmietzinserhöhung von einer Willensbildung (im Regelfall zumindest) der Mehrheit der Miteigentümer abhängt. Aus welchen Gründen immer diese nicht rechtzeitig erfolgt, kann die Rechtsstellung des Mieters ebensowenig beeinflussen, wie wenn ein Alleineigentümer - wiederum aus welchen Gründen immer - an der rechtzeitigen, das heißt innerhalb der genannten Präklusivfrist gelegenen, Entschlußfassung gehindert ist. Über allfällige Schadenersatzansprüche der Antragsteller gegen den anderen Hälfteeigentümer wegen seines Verhaltens, durch das eine Geltendmachung der Hauptmietzinserhöhung gegenüber dem Unternehmenswerber verhindert wurde, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

Es war daher der antragsabweisende Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

b) Zum Revisionsrekurs des Miteigentümers KR Josef A*****:

Durch die Abweisung des Antrages der Antragsteller ist der Revisionsrekurs des Miteigentümers KR Josef A*****, da er gleichgerichtete Interessen wie der Antragsgegner vertritt, gegenstandslos geworden. Es bedarf daher keiner Prüfung mehr, ob KR Josef A***** zur Erhebung des Revisionsrekurses überhaupt legitimiert gewesen wäre. Er ist vielmehr auf die ergangene Sachentscheidung zu verweisen.

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