OGH 12Os63/95

OGH12Os63/951.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Juni 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Eckert als Schriftführer, in der Strafvollzugssache betreffend Karl Otto P*****, AZ 14 BE 72/89 des Landesgerichtes Korneuburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Vollzugsgericht vom 10.Oktober 1994, GZ 14 BE 72/89-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, und des Verteidigers Dr.Nachtnebel, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg vom 10.Oktober 1994, GZ 14 BE 72/89-18, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 48 Abs 3 StGB sowie in dem im XX.Hauptstück der StPO verankerten Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieser Beschluß aufgehoben und der ihm zugrunde liegende Antrag der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Karl Otto P***** wurde in der Strafvollzugssache AZ 14 BE 72/89 des Landesgerichtes Korneuburg mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 9.Mai 1989, AZ 25 Bs 189/89, mit Wirkung vom 24.Mai 1989 aus dem Vollzug der mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 31. Mai 1988, GZ 4 a Vr 1166/88-31, verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt entlassen (Strafrest: 8 Monate).

Diese Probezeit wurde im Verfahren zu AZ 4 a E Vr 8861/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (im Zusammenhang mit einer Nachverurteilung des Karl Otto P***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB) auf fünf Jahre verlängert.

Mit dem in gekürzter Form (§§ 458 Abs 3, 488 Z 7 StPO) ausgefertigten Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.Juli 1994, GZ 4 a E Vr 7465/94-49, wurde Karl Otto P***** wegen der am 20.Juli 1993 und 8.November 1993, sohin innerhalb der (verlängerten) Probezeit begangenen Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten verurteilt. Gleichzeitig erging der gleichfalls in Rechtskraft erwachsene Beschluß auf Widerruf gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO ua der zu 14 BE 72/89 des Landesgerichtes Korneuburg ausgesprochenen bedingten Entlassung (145). Eine Verständigung dieses von der bezeichneten Entscheidung betroffenen Vollzugsgerichtes, die der Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am 17. August 1994 im Akt 4 a E Vr 7465/94 offensichtlich verfügt hat ("Lit-F 138 abfertigen", 152), ist im Akt des Vollzugsgerichtes 14 BE 72/89 nicht ersichtlich.

In Unkenntnis des Widerrufsbeschlusses des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.Juli 1994 hat das Landesgericht Korneuburg mit Beschluß vom 10.Oktober 1994, GZ 14 BE 72/89-18, die bedingte Entlassung des Karl Otto P***** für endgültig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die vorbezeichnete Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg vom 10. Oktober 1994 steht, wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Dieser - nach § 48 Abs 3 StGB nur für den Fall des Unterbleibens des Widerrufs vorgesehene - (Feststellungs-)Beschluß über die Endgültigkeit der bedingten Entlassung konnte weder den schon zuvor durch das zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien wirksam beschlossenen Widerruf der bedingten Entlassung des Karl Otto P***** beseitigen (res iudicata) noch sonst für den Genannten irgendwelche Rechtsfolgen erzeugen, weil die rechtslogische Grundvoraussetzung endgültiger Strafnachsicht bereits mit der vorausgegangenen Widerrufsentscheidung aus dem Rechtsbestand eliminiert worden war. Die konstitutive Wirkung des Widerrufsbeschlusses blieb hievon daher unberührt. Da somit der Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg über die Endgültigkeit der bedingten Entlassung für den Verurteilten keinerlei Rechtswirkungen entfaltete, war er durch Aufhebung zu beseitigen.

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