Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte mit der am 29.9.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage von der beklagten Partei "Republik Österreich - Österreichische Bundesbahnen" die Zahlung von S 6,426.169,55 als aushaftenden Werklohn.
Die beklagte Republik wandte ein, seit 1.1.1993 seien die Österreichischen Bundesbahnen gemäß § 1 Abs 1 BundesbahnG eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und nicht mehr Zweig der Betriebsverwaltung des Bundes, es fehle daher an der passiven Klagslegitimation. Allfällige Ansprüche seien überdies verjährt.
Einen noch im November 1993 überreichten Schriftsatz und die -
vorsichtshalber, ohne Zustellung der Klage und Aufforderung zur
Klagebeantwortung - erstattete Klagebeantwortung der
"Österreichischen Bundesbahnen", die auf ihre seit 1.1.1993 bestehende eigene Rechtspersönlichkeit und darauf hinwiesen, mit dem Kläger kein Vertragsverhältnis zu haben, wies das Erstgericht zurück.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 1.Juni 1994 brachte der Kläger daraufhin ergänzend vor, § 17 BundesbahnG, in welchem eine Gesamtrechtsnachfolge der neuen Gesellschaft statuiert werde, sei erst am 1.1.1994 in Kraft getreten, die Republik zum Zeitpunkt der Klagseinbringung daher passivlegitimiert gewesen. Die im Gesetz normierte Gesamtrechtsnachfolge bedinge allenfalls einen Parteienwechsel. Falls ein solcher nicht von Amts wegen vorzunehmen sei, werde der Antrag gestellt, den Parteienwechsel auf die Gesellschaft "Österreichische Bundesbahnen" vorzunehmen.
Das Erstgericht wies diesen Antrag und die Klage gegen die Republik ab.
Es führte aus, gemäß § 1 Abs 1 des BundesbahnG sei der als Zweig
der Betriebsverwaltung des Bundes gebildete Wirtschaftskörper
"Österreichische Bundesbahnen" eine Gesellschaft mit eigener
Rechtspersönlichkeit. Diese Bestimmung sei nach § 25 Abs 1 leg.
cit. am 1.1.1993, somit vor Klagseinbringung in Kraft getreten. Der
beklagten Republik fehle daher die Passivlegitimation. Daran ändere
auch nichts, daß § 17 BundesbahnG, welcher die Vermögensübertragung
auf die neue Gesellschaft regle, erst am 1.1.1994 in Kraft getreten
sei. Entscheidend für die Legitimation sei das Datum der Entstehung
der Rechtspersönlichkeit der neuen Gesellschaft. Darauf, ob diese zu
jenem Zeitpunkt auch Vermögen gehabt habe, komme es nicht an, die
Österreichischen Bundesbahnen hätten ab 1.1.1993 selbst Vermögen
bilden können. § 17 BundesbahnG stelle ausdrücklich auf das
"bisher im Eigentum des Bundes gestandene, den Wirtschaftskörper
"Österreichische Bundesbahnen" gewidmete Vermögen" ab. Eine
Richtigstellung der Parteibezeichnung nach § 235 Abs 5 ZPO komme
nicht in Betracht, weil diese ausgeschlossen sei, wenn der Kläger ein anderes Rechtssubjekt geklagt habe, als er wollte. Ein Parteiwechsel um den es hier gehe sei aber grundsätzlich unzulässig.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge, hob den Beschluß
auf und trug dem Erstgericht ein Vorgehen nach § 155 ZPO auf. Als
Berufungsgericht gab es der Berufung Folge und verwies die
Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das
Erstgericht zurück. Auszugehen sei davon, daß § 17 BundesbahnG eine
Gesamtrechtsnachfolge normiere, die nach dessen § 25 mit 1.1.1994
in Kraft getreten sei. Daß die Österreichischen Bundesbahnen seit
1.1.1993 bereits eigene Rechtspersönlichkeit aufgewiesen hätten, sei
unbeachtlich, weil die Werklohnforderung, die der Kläger gegen die
Republik Österreich - Österreichische Bundesbahnen geltend mache
und auch die vom Kläger erbrachten Leistungen unbestritten auf eine
Zeit zurückgingen, da eine Gesellschaft mit eigener
Rechtspersönlichkeit noch nicht existent gewesen sei. Es komme daher
auf die in § 17 BundesbahnG angeordnete Gesamtrechtsnachfolge der
Verbindlichkeiten an, die erst nach Klagseinbringung eingetreten sei.
Diese "partielle Gesamtrechtsnachfolge" während des Prozesses führe
zu einem Parteiwechsel ex lege. Es sei daher analog § 157 ZPO zu
entscheiden und davon auszugehen, daß die Österreichischen
Bundesbahnen zufolge Gesamtrechtsnachfolge Partei dieses Verfahrens
seien. Selbst für den Fall einer Klagseinbringung erst nach bereits
erfolgter Universalsukzession bestünde die Möglichkeit, eine
Richtigstellung der Parteibezeichnung nach § 235 Abs 5 ZPO
vorzunehmen, weil jeden Zweifel ausschließend die Österreichischen
Bundesbahnen vom Kläger in Anspruch genommen werden wollten
(sollten). Das Erstgericht werde daher nach § 155 Abs 4 ZPO
analog § 157 ZPO vorzugehen haben. Aus denselben Erwägungen sei
auch das klagsabweisende Urteil aufzuheben.
Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage der Gesamtrechtsnachfolge der Österreichischen Bundesbahnen, soweit überblickbar, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege und der Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommen könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 27.10.1993, 6 Ob
627/93 (JBl 1994, 626 = RdW 1994, 145 = ecolex 1994, 94) zur
Frage der Auswirkungen einer "partiellen Gesamtrechtsnachfolge" im
Sinne der §§ 61 a, 61 b VAG und anderer neuerer Gesetze auf die
Parteifähigkeit im Zivilprozeß Stellung genommen: Bleibt ein
Rechtssubjekt bestehen, von dem ein Teil seines Vermögens nach
Eintritt der Streitanhängigkeit kraft gesetzlicher Anordnung im Wege
der Gesamtrechtsnachfolge auf ein anderes Rechtssubjekt übergeht, so
müßte eine Lösung, daß zwar die Sachlegitimation auf den
Rechtsnachfolger übergehe, der Rechtsvorgänger aber Partei des
anhängigen Verfahrens bliebe, dazu führen, daß die übertragende
Partei in Aktivprozessen der Einrede der mangelnden Aktivlegitimation
ausgesetzt wäre, während sie in Passivprozessen (wie im vorliegenden
Fall) nur die Einrede der mangelnden Passivlegitimation erheben
müßte, um eine Klagsabweisung zu erreichen, bei einer neuerlich notwendigen Klage gegen den Gesamtrechtsnachfolger die Forderung in vielen Fällen aber schon verjährt wäre.
Der erkennende Senat hat daher die auch von Rechberger-Oberhammer:
Gesamtrechtsnachfolge während des Zivilprozesses in ecolex 1993,
513 vertretene Ansicht geteilt, daß zwar nach dem herrschenden
formellen Parteibegriff im streitigen Verfahren Parteien des
Zivilprozesses jene Personen seien sollen, die entweder einen
Rechtsschutzantrag stellen (Kläger) oder in diesem Antrag als Gegner
bezeichnet werden (Beklagter) und nicht etwa die tatsächlichen
Prätendenten des streitigen Rechtsstreites, diese Frage aber vom
Einfluß einer Gesamtrechtsnachfolge auf den anhängigen Zivilprozeß zu
trennen ist. Die Rechtsprechung hat schon bisher über den in § 155
ZPO hinaus geregelten Fall des Todes einer Partei, unter welchem wohl
nur eine natürliche Person zu verstehen ist, ausgesprochen, daß §
155 Abs 1 ZPO auch für den Fall des Unterganges einer juristischen
Person gilt und eine Änderung der Parteibezeichnung nur dann
ausgeschlossen ist, wenn im Berichtigungsweg (§ 235 ZPO) ein
bestehendes Rechtssubjekt gegen ein anderes bestehendes, nicht
geklagtes Rechtssubjekt ausgetauscht werden soll, dies aber bei einer
Gesamtrechtsnachfolge nicht zutrifft (1 Ob 750/79; GesRZ 1981, 178
ua). Daß der Gesamtrechtsnachfolger einer juristischen Person Partei
aller jener Verfahren wird, deren Partei sein Rechtsvorgänger war und
daß er von der Rechtskraft aller für oder gegen seinen
Rechtsvorgänger ergangenen Entscheidungen erfaßt wird, folgt somit
aus der Natur der Gesamtrechtsnachfolge und ist kein Problem der
bloßen Sachlegitimation. Dies gilt gleichermaßen für alle Fälle einer
durch Gesetz normierten nur partiellen Gesamtrechtsnachfolge, die in
den letzten Jahren immer häufiger vorkommt (vgl § 61 a VAG, § 8 a
KWG, § 1 Abs 2 Z 2 SpaltG). Ebenso wie in diesen Bestimmungen
normiert § 17 Abs 1 BundesbahnG, daß das bisher im Eigentum des
Bundes gestandene, den Betriebskörper "Österreichische Bundesbahnen"
gewidmete Vermögen einschließlich der Forderungen und
Verbindlichkeiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in das Eigentum
der Gesellschaft "Österreichische Bundesbahnen" übergeht. Der
Gesamtrechtsnachfolge unterliegt aber auch eine Verfahrensstellung in
einem anhängigen Senatsverfahren.
Die Republik ist daher hinsichtlich des gesamten in die Gesellschaft
Österreichische Bundesbahnen eingebrachten Vermögens mit dem Tag des
Inkrafttretens der Gesamtrechtsnachfolge, somit am 1.1.1994 (§ 25
Abs 1 BundesbahnG) aus dem bis dahin bestandenen
Prozeßrechtsverhältnis ausgeschieden. Die Aufträge des Berufungsgerichtes an das Erstgericht sowie die Aufhebung von dessen Urteil erfolgten daher zu Recht.
Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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