OGH 13Os23/95(13Os29/95)

OGH13Os23/95(13Os29/95)31.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Svatek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas E***** und Rene S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Andreas E***** und Rene S*****, die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie die Beschwerde des Angeklagten Andreas E***** gegen den gemäß § 494 a StPO gemeinsam mit dem Urteil gefaßten Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Jugendschöffengericht vom 17.November 1994, GZ 14 Vr 257/93-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der beiden Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sowie die Beschwerde des Angeklagten Andreas E***** gegen den gemäß § 494 a StPO gefaßten Beschluß werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den beiden Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Andreas E***** und Rene S***** wurden des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil sie am 30. Juni 1991 in Pyrha im bewußten und gewollten Zusammenwirken Sabine H***** dadurch, daß sie diese zu Boden warfen, sich abwechselnd auf sie knieten, sie an den Schultern und Händen festhielten, im Genitalbereich entkleideten und abwechselnd den Geschlechtsverkehr durchführten, mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt hatten.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten, von Andreas E***** auf die Z 5 a und von Rene S***** auf die Z 1 a, 5, und 5 a jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützt, gehen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Andreas E*****:

Seine Tatsachenrüge muß erfolglos bleiben, weil sie keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen, nämlich auf intersubjektiven Überzeugungswerten fußenden Bedenken gegen die entscheidenden Urteilsannahmen zu erzeugen vermag. Diesem Erfordernis entsprechen weder die Einwände, die Zeugin Sabine H***** habe wegen der ähnlichen Haartracht der Skinheads, wie sie auch der Angeklagte getragen habe, Schwierigkeiten beim Erkennen der Täter gehabt, was sich auch daraus ergebe, daß sie bezüglich der Täterschaft S*****s ihre ursprüngliche Tagebucheintragung berichtigt habe, noch der Hinweis, ein Ortsaugenschein könnte klären, ob überhaupt ein solches Delikt in der Umgebung des Lagerfeuers unbemerkt von den übrigen Personen habe verübt werden können. Vielmehr erschöpfen sich die Beschwerdeeinwände bloß in einer Anfechtung der erstrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Rene S*****:

Der auf die Z 1 a gestützte Einwand dieses Angeklagten, er sei in der Hauptverhandlung vom 17.März 1994 vor dem Schöffengericht in der Zeit von 13.30 Uhr bis 13.48 Uhr nicht durch einen Verteidiger vertreten gewesen, versagt schon deshalb, weil diese Hauptverhandlung wegen Zeitablaufs gemäß § 276 a StPO zur Gänze wiederholt wurde und der Angeklagte in der folgenden, mit Urteil abgeschlossenen Hauptverhandlung vom 17.November 1994 (ON 41) ohnehin durch einen Verteidiger vertreten war.

Die undifferenziert zu den Nichtigkeitsgründen der "Z 5 bzw 5 a" dargelegten Beschwerdeausführungen sind nur insoweit der gesetzlichen Vorschrift einzelner und bestimmter Bezeichnung (§ 285 Abs 1 StPO) entsprechend und damit für eine sachliche Prüfung geeignet, als sie inhaltlich dem einen oder anderen Nichtigkeitsgrund zugeordnet werden können.

Die Mängelrüge (Z 5) weist darauf hin, daß die Tatrichter allgemein ausführten (US 11), daß von Übertreibungen oder Lügengeschichten Heranwachsender - wie sie auch bei Sabine H***** in zurückliegender Zeit vorgekommen sein mögen, auf den konkreten Fall bezogen aber nicht festgestellt werden konnten - "Fabulierungen, Erfindungen und gravierende Falschbeschuldigungen streng zu trennen" seien. Zudem legte das Schöffengericht dar (US 7 f), die Zeugin habe in einem Brief geschrieben, ihr Freund und späterer Ehemann habe in Krems grundlos auf einen Menschen eingetreten, bis er geblutet habe, in einer später folgenden sicherheitsbehördlichen Vernehmung (53) hingegen habe sie diese Behauptungen widerrufen, um den Genannten zu schützen.

Darin liegt aber kein von der Beschwerde behaupteter innerer Widerspruch der Urteilsgründe. Verlangt doch dieser formale Begründungsmangel, daß der Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen mit sich selbst (nicht aber mit einzelnen, ohnehin erörterten Beweisergebnissen) im Widerspruch ist, daß das Urteil verschiedene Tatsachen feststellt, die sich gegenseitig ausschließen oder daß die gezogenen Schlußfolgerungen tatsächlicher Art nach den Denkgesetzen nebeneinander nicht bestehen können (Foregger-Kodek, StPO6 Anm V zu § 281 Abs 1 Z 5 samt Judikaturhinweisen).

Die komplexen Ausführungen zur Mängel- und Tatsachenrüge sind auch in keiner Weise geeignet, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die entscheidenden Feststellungen der Tatrichter hervorzurufen, geschweige denn solche erheblicher Art, wie das die Tatsachenrüge (Z 5 a) verlangt. Finden doch die Urteilsannahmen insbesondere in den seinerzeitigen Angaben von Sabine H***** in Verbindung mit ihren eigenen Tagebucheintragungen eine zureichende Grundlage, die auch nicht durch entsprechende Gegenbeweise in Frage gestellt wird. Dies gilt auch angesichts des Umstandes, daß Sabine H***** in ihrem Tagebuch ursprünglich anstelle des Angeklagten S***** einen anderen Namen für den zweiten Täter eingetragen hatte. Auch der allgemeine Beschwerdehinweis auf eine mögliche Verflechtung der Angaben der Zeugin mit einer wechselnden politischen Anschauung und das angeregte Gutachten eines psychologischen Sachverständigen unter persönlicher Exploration der Zeugin können der Tatsachenrüge nicht zum Erfolg verhelfen. Weitgehend wird - wie schon in der Beschwerde E*****s - auch für den Angeklagten S***** in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft und damit einer gesetzmäßigen Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht entsprochen.

Die jedenfalls unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Die vom Erstangeklagten ungerügt gebliebene Nichtanwendung des § 31 StGB in bezug auf seine vom Bezirksgericht St.Pölten am 17.September 1991 zu 4 U 475/91 verhängte Strafe führt vorliegend zu keinem (von amtswegen aufzugreifenden) Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO, weil die von § 31 StGB normierten Grenzen des Strafrahmens im vorliegenden Fall nicht überschritten wurden (s. Leukauf-Steininger Komm3 § 31 RN 5; Mayerhofer-Rieder StGB4 ENr 81, 86 ff zu § 31; Foregger-Kodek, StPO6 zu § 281 Abs 1 Z 11 StPO; 13 Os 78/91, 11 Os 14/92 uva).

Über die von den Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft erhobenen Berufungen sowie die gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO auch als Beschwerde aufzufassende Berufung des Andreas E***** (s. § 498 Abs 1 StPO), wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden (§ 285 i StPO) und dabei zu berücksichtigen haben, daß für eine Beschlußfassung gemäß § 494 a StPO (mangels vorliegender Voraussetzungen des § 53 StGB) kein Anlaß bestand, vielmehr ein im § 55 StGB beschriebener, gemäß § 495 Abs 2 StPO zu erledigender Fall vorlag.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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