Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Beklagten leasten bei der Klägerin am 30.9.1991 für die Dauer von 48 Monaten einen PKW. Der Zweitbeklagte war vom 3.9. bis 31.12.1991 Geschäftsführer der erstbeklagten Partei, der Drittbeklagte deren Gesellschafter. Versicherungsnehmerin ist die erstbeklagte Partei, auf die der PKW zugelassen ist. Die Versicherung ist zugunsten der klagenden Partei vinkuliert. Die Prämien wurden von der Leasinggeberin bezahlt und den beklagten Parteien mit der Leasingrate zur Zahlung vorgeschrieben.
Der Leasingvertrag enthält folgende für den Rechtsstreit maßgebliche Bestimmungen:
„7. Versicherung und Schadensabwicklung.
a) ..... Die Kaskoversicherung ist zugunsten des Leasinggebers zu vinkulieren. ....
b) ..... Der Leasingnehmer ist mit der Eindeckung der Versicherungen durch den Leasinggeber bei einer Versicherungsanstalt dessen Wahl im Namen und auf Rechnung des Leasingnehmers einverstanden. ....
d) Der Leasingnehmer tritt alle Ansprüche auf Versicherungsleistung an den Leasinggeber ab.
e) .... Der Leasinggeber entscheidet im Einzelfall, ob er die Schadensgutmachung gegenüber Dritten und der Kaskoversicherungsanstalt selbst durchsetzt oder dem Leasingnehmer überläßt. Für den ersten Fall hat der Leasingnehmer eine etwa erforderliche Vollmacht auszustellen. ...
11. Gefahrentragung
b) Der Leasingnehmer trägt alle das Leasingobjekt betreffende Risken, insbesondere die Gefahr für ..... Diebstahl, ... . Er haftet dem Leasinggeber für alle versicherungsmäßig nicht gedeckten Ausfälle. ...
12. Vorzeitige Vertragsauflösung
Der Leasinggeber kann den Leasingvertrag durch schriftliche Erklärung fristlos auflösen, wenn
..... c) ein Ereignis laut Punkt 11 eintritt ... .
16. Ansprüche bei vorzeitiger Vertragsauflösung
a) Wird der Leasingvertrag gemäß Punkt 11 oder vom Leasinggeber gemäß Punkt 12 vorzeitig aufgelöst, hat der Leasinggeber neben den Ansprüchen auf Benützungsentzug und Rückstellung sowie sonstigen Ansprüchen aus diesem Vertrag noch einen Schadenersatzanspruch, der die Leasingentgelte für die Zeit zwischen Vertragsauflösung und ursprünglich vereinbartem Vertragsende bzw Ende des Kündigungsverzichtes des Leasingnehmers, abgezinst mit der bei Vertragsauflösung geltenden Bankrate der Österreichischen Nationalbank zuzüglich Restwert und Umsatzsteuer umfaßt und sofort fällig ist. Diese Forderung verringert sich um einen allfälligen, um alle Verwertungskosten gekürzten Verwertungserlös für das Leasingobjekt und etwaige Versicherungsleistungen. Weitergehende Schadenersatzansprüche werden durch die vorstehende Regelung nicht berührt.
b) Der Leasinggeber ist berechtigt, anstelle der Schadenersatzforderung laut Punkt 16 a) eine Konventionalstrafe, die die Summe aller Leasingentgelte für die Zeit zwischen Vertragsauflösung und ursprünglich vereinbartem Vertragsende (...) umfaßt, zu verlangen. Ein darüber hinausgehender Schaden ist dem Leasinggeber zu ersetzen.“
Im Dezember 1991 schied der Zweitbeklagte als Geschäftsführer der erstbeklagten Partei aus und wollte das Fahrzeug in sein neu gegründetes Unternehmen übernehmen. Die klagende Partei lehnte die Übertragung des Leasingvertrags auf dieses Unternehmen jedoch ab. Ohne daß eine Ummeldung (Zulassung bzw Versicherung) erfolgte, benützte der Zweitbeklagte das Fahrzeug weiter und bezahlte auch die Leasingraten. Zwischen 4. und 5.2.1992 wurde das Leasingfahrzeug von unbekannten Tätern gestohlen. Der Zweitbeklagte erstattete diesbezüglich Anzeige. Der Schadenseintritt wurde dem Versicherer sowohl vom Zweitbeklagten wie auch von der klagenden Partei gemeldet. Der aus der Versicherung zu leistende Ersatzbetrag betrage vereinbarungsgemäß 100 % des Neuwerts des Fahrzeugs. Die Klägerin übermittelte dem Versicherer kein ziffernmäßig bestimmtes Anspruchsschreiben. Der Versicherer war trotz mehrfacher Urgenzen seitens der Klägerin bislang zur Zahlung der Versicherungssumme nicht bereit. Am 8.6.1993 verweigerte er die Zahlung mit der Begründung, daß kein Beweis für den Eintritt des Versicherungsfalls erbracht worden sei, und verwies auf ein gegen den Zweitbeklagten anhängiges Strafverfahren. Dieses war aber bereits beendet, weil die Anzeige gegen den Zweitbeklagten nach Durchführung von Erhebungen wegen des Verdachts des versuchten Betrugs am 11.12.1992 zurückgelegt worden war. Am 12.12.1992 löste die klagende Partei den Leasingvertrag gemäß dessen Punkt 12 auf und stellte der erstbeklagten Partei den Klagsbetrag in Rechnung.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die klagende Partei auf Grund des Leasingvertrags von den Beklagten aus dem Titel des vertraglichen und gesetzlichen Nichterfüllungsschadens (§ 921 ABGB) den Klagsbetrag. Gegen die erstbeklagte Partei und den Drittbeklagten wurde das Verfahren mangels Zustellmöglichkeit nicht fortgesetzt. Der Zweitbeklagte wendete ein, daß der durch den Diebstahl entstandene Schaden versicherungsmäßig gedeckt sei; die klagende Partei habe es unterlassen, der Versicherung vereinbarungsgemäß Rechnung zu legen. Der Zweitbeklagte hafte lediglich für alle versicherungsmäßig nicht gedeckten Ausfälle.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen den Zweitbeklagten mit Teilurteil ab. Der in Punkt 16 lit a der Vertragsbedingungen des Leasingvertrags angeführte Schadenersatzanspruch stelle eine Konventionalstrafe dar, die nur bei Verschulden verfalle. Die klagende Partei habe gar nicht behauptet, daß den Leasingnehmer am Abhandenkommen des Fahrzeugs ein Verschulden treffe, im Verfahren hätten sich hiefür auch keine Anhaltspunkte ergeben. Demnach hafte der Zweitbeklagte mangels Verschuldens nicht für den Klagsbetrag. Im übrigen sei die klagende Partei verpflichtet, die aus dem Versicherungsvertrag zustehenden Ansprüche gegenüber dem Versicherer durchzusetzen, weil ihr die Versicherungsleistungen abgetreten worden seien und der Zweitbeklagte mangels Versicherungsnehmereigenschaft keine Möglichkeit zur Durchsetzung dieser Ansprüche habe. Da die klagende Partei gegen den Versicherer nicht vorgegangen sei, sei das Klagebegehren nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es sei bedeutungslos, ob man den in Punkt 16 lit a der Vertragsbedingungen des Leasingvertrags vereinbarten Schadenersatzanspruch als Konventionalstrafe werte, denn jede Schadenersatzforderung setze schuldhaftes Verhalten des Schädigers voraus. Für ein solches Verhalten des Zweitbeklagten als Voraussetzung der geltend gemachten Konventionalstrafe bzw Schadenersatzforderung fehlten jegliche Klagsbehauptungen, und auch den Feststellungen seien Anhaltspunkte in dieser Richtung nicht zu entnehmen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die klagende Partei hat ausdrücklich den Ersatz des Nichterfüllungsschadens gemäß § 921 ABGB geltend gemacht. Dessen Berechnung und Höhe ergibt sich aus Punkt 16 der Leasingbedingungen. Jeder Anspruch auf Schadenersatz ist grundsätzlich vom Verschulden abhängig, auch der pauschalierte in Form einer Vertragsstrafe (ecolex 1995, 49; WBl 1987, 341; SZ 54/4; SZ 52/83 uva; Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 9 zu § 1336; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 14 zu § 1336). Allerdings kann die Vertragsstrafe (ebenso wie der zu entrichtende Schadenersatz) auch für den Fall der unverschuldeten Nichterfüllung vereinbart werden (1 Ob 12/87; SZ 54/4; Harrer aaO Rz 15; Reischauer aaO), wofür aber die klagende Partei beweispflichtig wäre (6 Ob 798/83). Eine derartige Vereinbarung wurde von den Vorinstanzen richtigerweise verneint, weil zwar Punkt 11 der Leasingbedingungen zufolge der Leasingnehmer das Diebstahlsrisiko trägt und bei Diebstahl gemäß Punkt 12 der Bedingungen die vorzeitige Auflösung des Vertrags vorgenommen werden kann, die Berechnung der „versicherungsmäßig nicht gedeckten Ausfälle“ (Punkt 11 lit b der Leasingbedingungen) aber in Punkt 16 der Leasingbedingungen geregelt ist: Daß die Parteien ihre Vereinbarung als verschuldensunabhängige Konventionalstrafe mit garantieähnlicher Funktion verstanden hätten, hat die klagende Partei gar nicht behauptet, die Auslegung könnte solches aber auch gar nicht ergeben. Auch wäre im Zweifel von verschuldensabhängigem Schadenersatz (Konventionalstrafe) auszugehen (vgl 6 Ob 798/83).
Ob der eingeklagte Schadenersatz als Konventionalstrafe zu qualifizieren ist (so WBl 1987, 93; SZ 56/62; Miet 35.156), ist ohne Belang, weil er in jedem Fall ein Verschulden des Schädigers voraussetzt. Die Frage, ob die klagende Partei eine Vertragsstrafe geltend gemacht hat, wäre nur für das richterliche Mäßigungsrecht (§ 1336 Abs 2 ABGB) von Bedeutung. Der Beklagte, den die klagende Partei in der Klageschrift als Kaufmann bezeichnete, hat dies nie bestritten. Die von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes - was zu vermuten ist (§ 344 Abs 1 HGB) - versprochene Vertragsstrafe kann aber nicht gemäßigt werden (§ 348 HGB), es sei denn, er wäre nur Minderkaufmann (§ 351 HGB). Aber auch diese Eigenschaft hat der Beklagte weder behauptet noch bewiesen (6 Ob 622,623/79). Im übrigen wäre es auch an ihm gelegen, darzutun, daß die vereinbarte Konventionalstrafe unbillig hoch sei (JBl 1992, 663 ua), vor allem, daß sie den Betrag des wirklichen Schadens übersteige (SZ 54/4 uva).
Verkannt hat das Berufungsgericht die Behauptungslast in bezug auf das Verschulden des Beklagten am Diebstahl des Leasinggegenstands. Begehrte die klagende Partei auf § 921 ABGB gestützten Schadenersatz, hat sie damit wohl auch das diesem Anspruch vorausgesetzte Verschulden des Beklagten behauptet und damit diesen angesichts der zwischen ihnen bestehenden vertraglichen Beziehungen auf den ihm gemäß § 1298 ABGB aufgebürdeten Entlastungsbeweis verwiesen. Im übrigen trifft den Schädiger bei Verletzung vertraglicher Pflichten sowohl die Behauptungs- als auch die Beweispflicht, daß ein Verschulden und damit ein Haftungsgrund nicht vorliege (SZ 54/4 mwN ua). Das gilt auch für die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten (JBl 1991, 453 uva).
Nun hat sich der Zweitbeklagte vertraglich verpflichtet, (pauschalierten) Schadenersatz auch im Falle des Diebstahls des geleasten Fahrzeugs zu leisten. Im vorliegenden Verfahren hat er nie die Behauptung aufgestellt, alles unternommen zu haben, um den Fahrzeugdiebstahl zu verhindern, den Beweis für sein mangelndes Verschulden hat er nicht angetreten. Der Umstand, daß das wider den Zweitbeklagten eingeleitete Strafverfahren mit Einstellung endete, besagt keinesfalls, daß er alles unternommen habe, um den erfolgten Diebstahl hintanzuhalten, vielmehr wird hiedurch nur dokumentiert, daß eine strafrechtliche Verfolgung des Zweitbeklagten wegen des Fahrzeugdiebstahls nicht stattfindet. In Anbetracht der Beweislastumkehr im Sinn des § 1298 ABGB hätte der Zweitbeklagte aber konkrete Behauptungen im oben aufgezeigten Sinn aufstellen und den Nachweis für diese Behauptungen antreten müssen.
Was die Ansicht des Zweitbeklagten betrifft, die klagende Partei müsse den eingetretenen Schaden gegenüber dem Versicherer geltend machen, ehe sie gegen den Zweitbeklagten vorgeht, ist auszuführen:
In Punkt 11 der Leasingbedingungen ist generell die Gefahrtragung geregelt: Der Leasingnehmer habe dem Leasinggeber für alle versicherungsmäßig nicht gedeckten Ausfälle einzustehen. In Punkt 16 der Vertragsbedingungen sind die ((Schadenersatz-)Ansprüche bei vorzeitiger Vertragsauflösung festgehalten. Aus Punkt 11 läßt sich nicht ableiten, daß der Leasinggeber den Leasingnehmer auf den vertraglich festgeschriebenen Schadenersatz nur dann in Anspruch nehmen könne, wenn und insoweit seine Klageführung gegen den Versicherer erfolglos ist. Der in Punkt 11 genannte „Ausfall“ ist aber bereits eingetreten, weil sich der Versicherer - ob nun zu Recht oder nicht, muß hier nicht geprüft werden - weigert, Leistungen an die klagende Partei zu erbringen.
Zur Höhe des von der klagenden Partei geltend gemachten Schadens haben die Vorinstanzen auf Grund unrichtiger Rechtsansicht keine Feststellungen getroffen. Diese wird das Gericht erster Instanz im fortgesetzten Verfahren nachzuholen haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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