OGH 8Ob16/95

OGH8Ob16/9524.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz F*****, vertreten durch Dr.Guido Held, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Antonino R*****, vertreten durch Dr.Harold Schmid, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 1,000.000,- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 17.Jänner 1995, GZ 1 R 233/94-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17.August 1994, GZ 11 Cg 167/93i-22, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit S 22.725,60 (darin S 3.787,60) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile und Adriano A***** kennen einander seit langer Zeit. Sie sind im Viehhandel tätig gewesen.

Am 31.1.1990 hat der Beklagte, ein gebürtiger Italiener, eine Schuldurkunde unterfertigt, worin er bestätigt, S 1,000.000,- vom Kläger bar zugezählt erhalten zu haben und sich zur Rückzahlung bis spätestens 31.1.1991 verpflichtet. Danach sollte der Darlehensbetrag ab Fertigung der Schuldurkunde mit jährlich 10 % verzinst und die Zinsens sollten anteilig monatlich im vorhinein zur Zahlung fällig sein. Diese Schuldurkunde hatte ein vom Kläger beigezogener Notar auftrags des Klägers verfaßt, nachdem ihm dieser erklärt hatte, daß ihm der Beklagte S 1,000.000,- schulde, die in einem Jahr zurückgezahlt werden sollten. Anläßlich eines Gesprächs der Streitteile in der Notariatskanzlei am 26.1.1990 kamen die Streitteile überein, daß eine notarielle Schuldurkunde zu teuer käme und eine teilweise Besicherung dadurch stattfinden sollte, daß der Beklagte zwei Ranganmerkungsanträge für die beabsichtigte Veräußerung seiner Liegenschaft unterfertigt, was auch geschehen ist. Überdies unterschrieb der Beklagte das nun streitgegenständliche Wechselformular.

Am 30.1.1990 übergab der Kläger im Hause und im Beisein des Beklagten an Adriano A***** S 1,000.000,-. Erkärungen über den Grund der Geldübergabe, Rückzahlungsmodalitäten oder Haftungen wurden dabei nicht abgegeben. Der Kläger unterfertigte in der Folge zahlreiche Zahlungsbestätigungen, worin er jeweils bestätigte, von Adriano A***** S 12.750,- erhalten zu haben.

Im Herbst 1990 erfuhr der Sohn des Beklagten, daß sein Vater für den an Adriano A***** übergebenen Betrag für ein Jahr gutgestanden sei. Er verfaßte daraufhin die Bestätigung Beilage ./I, datiert mit 4.12.1990. In dieser nimmt der Kläger mit Wirkung vom 1.2.1991 die Löschung des Wechsels und des Schuldscheines zur Kenntnis und bestätigt, daß die weitere Zinsenvereinbarung bzw. Zahlung nur zwischen A***** und ihm getätigt wird, sowie daß er von diesem S 25.500,- erhalten hat. Diese Urkunde wurde von Adriano A***** anläßlich ihrer Errichtung in Italien und vom Kläger anläßlich der nächsten Zinsenzahlung unterfertigt, nachdem ihm der Beklagte die Urkunde und einen Betrag von S 25.500,- mitgebracht hatte.

Mit Wechselzahlungsauftrag vom 12.5.1993 verpflichtete das Erstgericht den Beklagten auf Grund des von ihm als Aussteller gefertigten Wechsels, der im Formularvordruck die nicht verbesserte Zahlungsanweisung "Zahlen Sie", aber keinen Bezogenen enthält, die Wechselsumme von S 1,000.000,- samt 6 % Zinsen seit Fälligkeitstag 1.2.1991 zu bezahlen.

Der Beklagte erhob rechtzeitig Einwendungen und brachte vor, daß er das Wechselformular nur als Aussteller gefertigt, den Wechsel jedoch niemals selbst angenommen habe und daß dieser daher ungültig sei. Aus dem der Wechselausstellung zugrundeliegenden Geschäft könne er auch nicht zur Zahlung herangezogen werden, habe er doch lediglich für die Zeit bis 31.1.1991 die Haftung für ein vom Kläger an A***** oder dessen Firma zugezähltes Darlehen von S 1,000.000,- übernommen.

Hierauf replizierte der Kläger, es handle sich um einen gültigen Eigenwechsel des Beklagten, durch den dieser das zugezählte Darlehen in Höhe von S 1,500.000,- teilweise sichern sollte. Der Beklagte sei nicht Bürge, sondern Kreditnehmer gewesen. Auf dieses Grundgeschäft werde das Klagebegehren auch gestützt.

Das Erstgericht hob den Wechselzahlungszahlungsauftrag auf und wies das Klagebegehren ab. Es verneinte das Vorliegen eines gültigen Wechsels im Sinne des Art 75 WG. Ein Darlehensgeschäft zwischen den Streitteilen sei nicht zustandegekommen. Der Kläger habe überdies gegenüber dem Beklagten durch Fertigung der Beilage ./I sowohl auf Forderungen aus dem Kausalgeschäft wie aus dem Wechsel verzichtet.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung und ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zu. Es teilte die Meinung des Erstgerichts über die Ungültigkeit des Wechsels. Das Wechselverfahren sei ohne Klagsänderung auf den wechselmäßigen Anspruch beschränkt. Der Kläger könne daher den Anspruch ohne Klagsänderung nicht auf das Grundgeschäft stützen. Ihm stehe nur die Replik auf die Einwendungen des Beklagten zu, die mit dem Erstgericht als berechtigt anzusehen seien.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, sie wegen Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zuzulassen. Er macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, die Entscheidung im Sinn der Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zu Recht verweist der Kläger darauf, daß keine ausreichende

oberstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliegt, ob ein Wechsel, der

eine Zahlungsanweisung ("Zahlen Sie"), aber keinen Bezogenen enthält,

als eigener Wechsel gültig ist. Die einzige auffindbare Entscheidung

stammt aus dem Jahr 1874 (GH 1874, 413), in der ein solcher Wechsel

als gültiger Eigenwechsel angesehen worden ist. Die Frage ist daher neuerlich einer Prüfung zu unterziehen.

Nach Art 75 Z 2 WG ist ein unbedingtes Zahlungsversprechen

("Zahle ich") notwendiger Bestandteil eines eigenen Wechsels, dessen

Fehlen die Ungültigkeit des Wechsels zur Folge hat (Art 76 WG).

Analog bestimmt Art 1 Z 2 und 3 WG, daß ein gezogener Wechsel

eine unbedingte Zahlungsanweisung ("Zahlen Sie") und den Namen

dessen, der zahlen soll (Bezogenen) bei sonstiger Ungültigkeit des

Wechsels nach Art 2 WG zu enthalten hat.

Im vorliegenden Fall mangelt es für einen gültigen gezogenen Wechsel

am Namen des Bezogenen; für einen gültigen eigenen Wechsel fehlt das

unbedingte Zahlungsversprechen (so auch Wagner, Wechsel und Prozeß

58). Aus der nunmehrigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zum

umgekehrten Fall - versehentlicher Gebrauch des

Zahlungsversprechens ("Zahle ich") statt der Zahlungsanweisung

("Zahlen Sie") im Wechseltext eines gezogenen Wechsels - (EvBl

1953, 273; SZ 35/121) ist nämlich folgerichtig abzuleiten, daß der

vorliegende Wechsel mit einer Zahlungsanweisung anstatt eines Zahlungsversprechens als eigener Wechsel ungültig ist; die für den umgekehrten Fall in den genannten Entscheidungen angeführten Gründe treffen auch hier zu.

Hat der Kläger den von ihm behaupteten Wechselanspruch in der besonderen Verfahrensart des Wechselmandatsverfahrens geltend gemacht und einen Wechselzahlungsauftrag gegen den Beklagten erwirkt, ist in dem über die Einwendungen der beklagten Partei durchzuführenden Verfahren nur über die Berechtigung des Wechselzahlungsauftrages zu entscheiden. Eine Verbindung von Wechselansprüchen mit anderen nicht im Wechselmandatsverfahren geltend zu machenden Ansprüchen ist im Rahmen der Wechselmandatsklage unmöglich (SZ 59/211; 5 Ob 580/82; 8 Ob 636/92; ÖBA 1994, 315; Fasching, Komm IV 597). Die hilfsweise Geltendmachung eines Anspruches aus dem Grundgeschäft neben dem aufrechterhaltenen Begehren auf Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages ist daher unzulässig.

Dem Kläger ist es daher verwehrt, auf das Kausalgeschäft zurückzugreifen, sodaß es dahingestellt bleiben kann, ob er die Echtheit der Verzichtsurkunde Beilage ./I in prozessual beachtlicher Form bestritten hat und daher Beweise über die Echtheit der Verzichtsurkunde aufzunehmen gewesen wären.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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