OGH 4Ob47/95

OGH4Ob47/9523.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "D*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander und Dr.Martin Piaty, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 470.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 27.Jänner 1995, GZ 4 R 185/94-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 21.Juli 1994, GZ 24 Cg 336/94h-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Entscheidung über die im Rekurs enthaltene Kostenrüge wendet, zurückgewiesen; im übrigen wird ihm nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

I. Die Klägerin ist Verlegerin der Tageszeitungen "Kurier" und "Neue Kronen Zeitung". Die Beklagte ist Medieninhaberin der Tageszeitung "Die Presse".

In den Nummern 8 und 25/94 der Zeitschrift "News" erschien folgendes Inserat der Beklagten:

In diesem bot sie ein "Schnupperabonnement" der "Presse" für drei Monate um nur S 270,- und dazu als Geschenk den (abgebildeten) "Presse"-Sternenschirm an.

Ein gewöhnliches Monatsabonnement der "Presse" kostet S 270.

Der Schirm ist ein Automatikschirm mit Holzgriff; die Bespannung aus blauem Stoff gibt das Sternenfirmament wieder. Eines der durch die Verstrebungen geteilten Felder der Bespannung enthielt unten in weißer Schrift den Aufdruck "Die Presse".

Die Beklagte erwirbt diesen Schirm bei einem Werbemittelunternehmen und zahlt für ein Stück S 124.

Mit der Behauptung, daß dieser Schirm, dessen Verkehrswert mindestens S 400 betrage, nur vordergründig, jedoch zu Unrecht, als Reklamegegenstand konzipiert sei, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, bei der Bestellung eines "Presse"-Abonnements, insbesondere bei der Bestellung eines "Presse"-Schnupper-Abos für drei Monate um S 270 unentgeltliche Zugaben, insbesondere einen "Presse"-Sternenschirm anzukündigen und/oder zu gewähren.

Die Beklagte beantragt die Abweisung de Sicherungsbegehrens. Der "Presse"-Schirm sei ein Reklamegegenstand, könne er doch nicht verwendet werden, ohne daß die Aufmerksamkeit des Betrachters sofort auf das Logo "Die Presse" gelenkt werde. Dieser Schirm eigne sich weder als Geschenk, noch könne er auf dem freien Markt weiter veräußert werden. Sein Verkehrswert sei nicht bestimmbar. Vergleichbare Schirme könne man im Fachhandel um S 135 bis S 139 erwerben. Sein Wert liege somit beträchtlich unter dem Wert der Hauptware, selbst wenn man diesen nur mit S 270 ansetzen wollte. Das Unterlassungsbegehren sei insofern zu weit gefaßt, als es auch den Fall erfasse, daß ein "Presse"-Sternenschirm als Zugabe zu einem Jahres-Abonnement mit dem Gesamtpreis von S 3.230 oder S 2.700 angekündigt oder gewährt würde.

Das Erstgericht untersagte der Beklagten mit einstweiliger Verfügung, bei der Bestellung eines "Presse"-Schnupper-Abos für drei Monate um S 270 unentgeltliche Zugaben, insbesondere einen "Presse"-Sternenschirm anzukündigen und/oder zu gewähren. Als Ausnahme vom Zugabenverbot komme hier nur § 9a Abs 2 Z 3 UWG in Betracht. Reklamegegenstände im Sinne dieser Bestimmung seien ua durch einen Wert gekennzeichnet, der gegenüber der Hauptsache nicht wesentlich ins Gewicht fallen. Der Schirm würde beim Erwerb im Einzelhandel unter Einschluß der Umsatzsteuer mindestens S 200 kosten. Die Wertminderung durch den erkennbaren Reklameaufdruck sei zwar zu berücksichtigen, falle aber nicht so sehr ins Gewicht, da hiedurch der Gebrauchszweck nicht beeinträchtigt werde. Der Wert des Schirmes werde daher für das Provisorialverfahren mit rund der Hälfte des Preises des Hauptgegenstandes anzunehmen sein. Selbst wenn man den üblichen Preis eines Dreimonatsabonnements zugrundelege, der das Dreifache des Schnupperabonnementpreises betrage, würde doch der durch die Zugabe ausgelöste Lockeffekt stärker sein als der mit der Verteilung von Reklamegegenständen verfolgte Werbezweck des Unternehmens. Es liege daher ein Verstoß gegen § 9a UWG vor. Das Verbot sei allerdings auf das Schnupperangebot einzuschränken, weil es sonst zu weit gefaßt wäre.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die von dem Schirm infolge seiner Aufschrift "Die Presse" zweifellos ausgehende Werbewirkung sei nicht dominant und trete gegenüber der Gebrauchsfunktion des Gegenstandes erheblich in den Hintergrund. Der vom Erstgericht hiefür gemachte Abzug von rund S 70 begegne keinen Bedenken. Für die nach der Rechtsprechung maßgebliche Relation dieses Wertes zum Hauptgegenstand sei nicht das Dreimonatsabo von S 810, sondern das mit S 270 angekündigte Schnupper-Abo heranzuziehen.

Demnach betrage das Wertverhältnis von Hauptware zur Zugabe 1 : 2. Damit handle es sich aber nicht mehr um einen vom Zugabenverbot ausgenommenen Reklamegegenstand. Die Kostenrüge des Rekurses sei nicht berechtigt, weil das Erstgericht das Unterlassungsbegehren nicht teilweise abgewiesen, sondern nur das vom Kläger zu allgemein gehaltene Unterlassungsgebot anders gefaßt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar, soweit er sich gegen den Ausspruch in der Hauptsache wendet, zulässig, weil zur Frage, ob bei den hier gegebenen Wertverhältnissen noch von einem Reklamegegenstand gesprochen werden kann, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagte hält daran fest, daß die von ihr in der Form eines Sternenschirmes den Bestellern eines Abonnements angekündigte und gewährte Zugabe nicht unter das Verbot des § 9a Abs 1 Z 1 UWG falle, weil diese in einem Reklamegegenstand im Sinn des § 9a Abs 2 Z 3 UWG bestehe.

§ 9a Abs 2 Z 3 UWG nimmt vom Zugabenverbot des § 9a Abs 1 UWG Reklamegegenstände aus, die als solche durch eine auffallend sichtbare und dauerhafte Bezeichnung des reklametreibenden Unternehmens gekennzeichnet sind. Nach ständiger Rechtsprechung - schon zu § 3 Abs 1 lit b ZugG, welcher die wörtlich gleiche Begriffsbestimmung enthielt - sind Reklamegegenstände im Sinne dieser Gesetzesstelle Gegenstände - in der Regel Gebrauchsgegenstände - , die dadurch der Werbung dienen, daß man sie nicht verwenden kann, ohne daß die Aufmerksamkeit auf die auffallende Bezeichnung des werbenden Unternehmens gelenkt wird (ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille mwN; ÖBl 1992, 56 - Super-T-Shirt; die Reklamebezeichnung muß so deutlich angebracht sein, daß sie auch bei flüchtigem Hinsehen auf den ersten Blick ins Auge fällt (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 133; ÖBl 1992, 56 - Super-T-Shirt mwN); sie macht den Gegenstand zum Werbegegenstand und vermindert damit seinen Verkehrswert (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 1433 Rz 64 zu § 1 dZugV; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille; ÖBl 1992, 56 - Super-T-Shirt; MR 1993, 233 - Radiowecker).

In manchen Entscheidungen wurde die Formulierung gebraucht, daß die Kennzeichnung als Werbegegenstand so auffallend sein müsse, daß man ihn nicht verwenden könne, ohne daß die Aufmerksamkeit des Benützers auf die Bezeichnung des werbenden Unternehmens gelenkt wird (ÖBl 1978, 158 - Sporttasche mwN; MR 1933, 233 - Radiowecker; so schon Schönherr, Zugaben und Rabatte nach österreichischem Recht 20; Hohenecker/Friedl aaO, ebenso Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 77). Soweit die Klägerin unter Hinweis auf diesen Leitsatz damit argumentiert, daß ihr Sternenschirm schon deshalb kein Reklamegegenstand im dargestellten Sinne sei, weil der Benützer des Schirms - bei dessen widmungsgemäßer Verwendung im Regen - den an der Außenseite angebrachten Werbeaufdruck nicht sehen könne, ist ihr freilich nicht zu folgen. Keineswegs ist zu verlangen, daß der Benützer die Bezeichnung des reklametreibenden Unternehmens ununterbrochen sieht; es genügt, wenn ihm diese Bezeichnung ins Auge fällt, sobald er den Gegenstand zur Hand nimmt. Das trifft im Falle des "Presse"-Schirms zu. Überdies müßte es ausreichen, wenn dem Benützer des Gegenstandes bewußt ist, daß die Aufschrift von anderen gesehen wird, daß er also als Reklameträger unterwegs ist.

In aller Regel will ja das reklametreibende Unternehmen mit seiner Reklameaufschrift Werbung bei Dritten machen, so daß gerade die Aufschriften auf typischen Reklamegegenständen - wie Luftballons, Anstecknadeln, aber auch Schirmkappen - weniger deren Benützern als ihrer Umgebung ins Auge fallen.

Die Bezeichnung muß nicht die volle Firma des werbenden Unternehmens tragen; es genügen schlagwortartige Abkürzungen, die im Verkehr als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen gewertet werden (Baumbach/Hefermehl aaO; ebenso die Amtliche Begründung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über das Verbot von Zugaben zu Waren oder Leistungen [Zugabengesetz], PBl 1934,128 ff [130]). Die Aufschrift "Die Presse" ist eindeutig als Bezeichnung der reklametreibenden Beklagten zu verstehen.

Damit ist aber für die Beklagte nichts gewonnen:

Im Gegensatz zu § 1 dZugV - wonach vom Zugabeverbot "Reklamegegenstände von geringem Werte" ausgenommen sind - hat der österreichische Gesetzgeber - wie sich aus der bereits zitierten Amtlichen Begründung (PBl 1934,130) ergibt - (zunächst in § 3 Abs 1 lit b ZugG und nun in § 9a Abs 2 Z 3 UWG) bewußt "von dem Erfordernis der Geringwertigkeit....für Reklamegegenstände abgesehen". Denn, so führt er weiter aus: "Diese Gegenstände, die häufig und sogar in der Regel als Gebrauchsgegenstände verwendbar sind, können nicht als absolut geringwertig bezeichnet werden; eine Verhältnismäßigkeit ihres Wertes etwa zum Werte der Hauptware kann aber schon aus dem Sinn des § 3 Abs 2 heraus, der eine Bindung der Gewährung an bestimmte Mengen- oder Wertvoraussetzungen der Hauptware ausschließt, nicht verlangt werden." (§ 3 Abs 2 ZugG hatte gelautet: "Die Gewährung der im Abs 1 bezeichneten Zugaben ist jedoch verboten, wenn sie vom Abschluß früherer Geschäfte oder von der Erfüllung anderer Bedingungen abhängig gemacht wird.")

Dennoch vertraten Hohenecker/Friedl (aaO) die Auffassung, daß Geringwertigkeit doch mit Rücksicht auf den Zweck der Zugabenbeschränkungen gefordert werden müsse. In der Rechtsprechung findet sich häufig die Formulierung, daß sich das Erfordernis der Geringwertigkeit des Reklamegegenstandes aus der Natur der Zugabe ergebe, welche schon begrifflich voraussetze, daß ihr Wert hinter dem der Hauptware erheblich zurückbleibt (OLG Wien ÖBl 1967,19 - Autosonderpackung; OLG Wien ÖBl 1968, 11 - x - Plattenspieler; OGH ÖBl 1978, 158 - Sporttasche; ÖBl 1980, 106 - Kurier-Wanderkarten; MR 1993, 233 - Radiowecker). Koppensteiner (aaO 77) leitet gleichfalls unter Verwendung der Diktion der genannten Entscheidungen "aus dem Begriff der Zugabe als einer Nebenware und dem Zweck der gesetzlichen Zugabebeschränkungen" ab, daß ihr Wert erheblich unter dem der Hauptleistung liegen müsse.

Wollte man davon ausgehen, daß es Tatbestandsvoraussetzung der Zugabe ist, einen erheblich geringeren Wert als die Hauptware zu haben, dann dürfte eine "Zugabe", die nicht wesentlich weniger wert ist als die Hauptware, nicht mangels Bejahung des Ausnahmetatbestandes nach § 9a Abs 2 Z 3 UWG als unzulässige Zugabe verboten werden; vielmehr wäre dann erst recht der Tatbestand des § 9a Abs 1 UWG (und früher des § 1 ZugG) zu verneinen.

Daß nur solche Reklamegegenstände unter § 9a Abs 2 Z 3 UWG fallen, die erheblich unter dem Wert der Hauptware liegen, ergibt sich in Wahrheit allein aus dem Zweck der Beschränkungen des Zugabeverbotes. Diese Ausnahmen hat der Gesetzgeber erkennbar deshalb gemacht, weil sie wirtschaftlich gerechtfertigt sind (Baumbach/Hefermehl aaO 1432 Rz 62), insbesondere zu den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs nicht in Widerspruch stehen. Die Ausnahmen nach § 9a Abs 2 Z 2, 3 und 4 (= früher § 3 Abs 1 lit a, b und c ZugG) machte der Gesetzgeber - wie sich aus der Amtlichen Begründung (aaO 130) ergibt - , weil "die hier aufgezählten Ausnahmen (Warenproben, Reklamegegenstände, geringfügige Kleinigkeiten)... im allgemeinen als harmlose, einer einwandfreien Kundenwerbung dienende Mittel angesehen werden. Diese Dinge haben regelmäßig für den Zugabenempfänger keinen besonderen Wert, sondern dienen lediglich, wie die Warenproben oder die Reklameartikel, dazu, auf die bemusterte Ware oder die reklametreibende Firma aufmerksam zu machen oder stellen, wie geringwertige Kleinigkeiten, Gefälligkeiten dar, die zB Kindern gewährt werden".

Diese Ausführungen zeigen, daß der Gesetzgeber unter Reklamegegenständen nur solche Dinge verstanden hat, die einen so geringen Verkehrswert haben, daß von ihnen kein beachtlicher wirtschaftlicher Anreiz ausgeht (vgl Baumbach/Hefermehl aaO 1433 Rz 65). Er wollte den in § 1 Abs 2 lit a dZugV gebrauchten Begriff "Reklamegegenstände von geringem Werte" vermeiden, weil er - im Gegensatz zu dem Verständnis in Deutschland (vgl Reimer/Krieger, Zugabe- und Rabattrecht 46 Rz 17 und 51 Rz 18 zu § 1 ZugV; Hoth/Gloy, Zugabe und Rabatt 208 Rz 77 zu § 1 ZugV; Baumbach/Hefermehl aaO und 1434 Rz 68) - keinen Unterschied zwischen dem Bedeutungsgehalt des "geringen Wertes" in diesem Zusammenhang und in Verbindung mit "Kleinigkeiten" gesehen hat. Trotz der anderen sprachlichen Fassung gilt aber auch für Österreich, daß die Reklamegegenstände schon aus ihrem Begriff heraus von geringem Wert sein müssen.

Hingegen scheint die bereits ewähnte Rechtsprechung, daß der Wert des Reklamegegenstandes nicht außer jedem Verhältnis zum Wert der Hauptware stehen darf, ihr Wert vielmehr in jedem Fall erheblich unter jenem der Hauptware liegen müsse (ÖBl 1978, 158 - Sporttasche; ÖBl 1980, 106 - Kurier-Wanderkarten; MR 1993, 233 - Radiowecker ua) auf einen bloßen Wertunterschied zur Hauptware hinzudeuten.

Soweit das diesem Leitsatz zu entnehmen ist, es aber immer nur auf die Wertrelation ankomme, so daß also auch eine absolut wertvolle Zugabe zu einer besonders teuren Ware als Reklamegegenstand in Frage komme, kann diese Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten werden. Auch nach österreichischem Recht gilt - wie sich aus der Absicht des Gesetzgebers und dem offenbaren Gesetzeszweck ergibt - , daß der Reklamegegenstand absolut geringwertig sein muß (so die herrschende Ansicht zum deutschen Recht: BGH GRUR 1957,40,43; Klauer/Seydel, Zugabeverordnung und Rabattgesetz4, 60 Rz 193; Reimer/Krieger aaO 45 Rz 17; Baumbach/Hefermehl aaO 1433 Rz 65 und 1434 Rz 69; aM Tetzner, Recht und Unrecht der Zugabe 40 sowie "Zugaberecht im Umbruch", NJW 1954, 580 [581], der allerdings gleichfalls eine sich prozentuell nach der Hauptware richtende, also in linearer Abhängigkeit von ihrem Wert stehende Errechnung der Geringfügigkeit ablehnt und meint, daß mit steigendem Wert der Hauptware der zulässige Wert der "geringwertigen Zugabe" asymptotisch sinken müsse). An die Geringwertigkeit der Reklamegegenstände ist aber kein so strenger Maßstab wie an die geringwertigen Kleinigkeiten iSd § 9a Abs 2 Z 4 UWG anzulegen, weil bei Reklamegegenständen das Fehlen eines selbständigen Verkehrswertes und der Einfluß des Reklameaufdruckes im Einzelfall noch eine Wertgrenze als zulässig erscheinen lassen können, die höher liegt als die absolute Wertgrenze geringwertiger Kleinigkeiten (BGH GRUR 1957, 40,43; Reimer/Krieger aaO 46 Rz 17). Allgemeingültige Zahlenangaben sind freilich nicht möglich; in begrenztem Rahmen sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (Klauer/Seydel aaO Rz 194; Reimer/Krieger aaO; Baumbach/Hefermehl aaO 1435).

Bei der Beurteilung des Wertes einer Zugabe mit einer Reklameaufschrift im Sinn des § 9a Abs 2 Z 3 UWG ist, ausgehend vom Verkehrswert einer vergleichbaren Ware ohne Werbeaufschrift ein Abzug für die Wertminderung zu machen, die sich durch den Werbeaufdruck ergibt (Hoth/Gloy aaO 215 Rz 81; Baumbach/Hefermehl aaO 1433 Rz 65; Klauer/Seydel aaO Rz 192). Dieser Abzug fällt umso größer aus, je größer die Werbefunktion ist und je mehr die Gebrauchsfunktion in den Hintergrund tritt (Wiltschek, Der Wert von Reklamegegenständen als Zugabe, ÖBl 1994, 147 f [148]).

Der "Presse"-Schirm weist zwar den Hinweis auf die reklametreibende Beklagte auf, ist aber mit Sicherheit - anders als ein Luftballon, eine Anstecknadel o.dgl. - kein "geborener Reklamegegenstand", der primär werben soll und höchstens einen völlig unerheblichen Gebrauchswert hat (Wiltschek aaO); vielmehr wird seine Gebrauchsfunktion nach der Verkehrsauffassung durch die Werbeaufschrift zweifellos kaum gemindert, wird es doch höchstens einem ganz kleinen Kreis von Personen peinlich sein, in der Öffentlichkeit einen Schirm mit einem Hinweis auf die Tageszeitung der Beklagten zu tragen.

Das Interesse potentieller Zeitungsabonnenten am Erwerb des Schirmes übersteigt daher hier die Reklamewirkung, die von der Werbeaufschrift zugunsten der Beklagten ausgeht. Der Schirm ist daher jedenfalls kein Ding, das "für den Zugabenempfänger keinen besonderen Wert" hat (Amtliche Begründung aaO); vielmehr ist er objektiv geeignet, den Kunden in seinem Kaufentschluß zugunsten des Abonnements zu beeinflussen, ist also Werbe- oder Lockmittel, somit eine Zugabe im Sinn des § 9a Abs 1 UWG (ÖBl 1992, 56 - Super-T-Shirt uva).

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen den geltend gemachten Unterlassungsanspruch bejaht.

Dem Revisionsrekurs war somit in der Hauptsache der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO.

II. Nach §§ 78, 402 Abs 4 EO, § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist ein Revisionsrekurs über den Kostenpunkt in jedem Falle - also unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO) unzulässig. Daß die Erledigung der Kostenrüge durch das Gericht zweiter Instanz eine Entscheidung über den Kostenpunkt war, bedarf keiner Begründung.

Der Revisionsrekurs ist daher, soweit er sich gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Kostenrüge der Beklagten wendet, als unzulässig zurückzuweisen.

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