OGH 6Ob533/95

OGH6Ob533/9518.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Schinko und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****vermittlungs-GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Margit Kaufmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** Elektrounternehmer, ***** vertreten durch Dr.Thomas Schreiner, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wegen S 51.292,01 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24.November 1994, AZ 1 R 260/94 (ON 29), womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8.Juni 1994, GZ 38 Cg 305/93-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt eine sogenannte Gegengeschäftsvermittlung. Ihre auftraggebenden Vertragspartner ***** bieten im Geschäftsverkehr Waren und Dienstleistungen an, die innerhalb des Teilnehmerkreises nicht bar bezahlt, sondern auf dem von der Klägerin für jeden Teilnehmer geführten Wertkonto verrechnet werden. Leistungen der Teilnehmer an andere führen im Wege der Verrechnung zu einem Buchgeldanspruch, bezogene Waren oder Leistungen zu einer Belastung des Wertkontos, das auch einen Debetsaldo aufweisen kann. Die Rechtsbeziehung der Mitglieder des Verrechnungssystems untereinander sowie die Rechtsbeziehung der einzelnen Teilnehmer zur Klägerin sind in dem mit der Klägerin abgeschlossenen, formularartig gestalteten "Vermittlungsauftrag" geregelt. Dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen (Beil.A) sehen hinsichtlich des von der Klägerin geführten Wertkontos der einzelnen Teilnehmer u.a. folgendes vor:

"3.3.1. Jedes Mitglied stimmt jeder Belastung bzw. Gutschrift auf seinem Wertkonto mittels eines ordnungsgemäß durch beide Seiten ausgefüllten Formulars unwiderruflich zu. Ausdrücklich vereinbart ist, daß die Kontobewegungen, nämlich die Belastung des Käuferkontos sowie Gutschrift des Buchungsbetrages auf dem Verkäuferkonto an zahlungsstatt erfolgen, und den Geschäftsfall quittieren.

3.3.2. Jedes Mitglied darf auf seinem Wertkonto einen beliebig hohen Guthabenstand ansammeln und über diesen im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von ***** auch im Gegengeschäftsverkehr frei verfügen, eine Barauszahlung kann nicht begehrt werden.

3.3.3. Ein Debetsaldo wird in der Regel durch Gutschrift aus Gegengeschäften auf dem Wertkonto wieder ausgeglichen. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, so hat das Mitglied den Debetsaldo binnen neun Monaten ab erfolgter Buchung (Fälligkeit) durch Zahlung an ***** auszugleichen.

Das im Debet befindliche Mitglied anerkennt die Rechtsverbindlichkeit des Wertkontos und die Richtigkeit desselben mangels Widerspruch und verpflichtet sich hiermit ausdrücklich gegenüber *****, den Debetsaldo nach Fälligkeit unverzüglich durch Zahlung auszugleichen. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche erklären die übrigen Mitglieder, insbesondere die letzten Vertragspartner des im Debet befindlichen Mitgliedes, ***** zu ermächtigen, die Forderungen in ihren Namen geltend zu machen und zu betreiben und bieten zu diesem Zwecke ***** die Zession allfälliger Forderungen gegenüber dem säumigen Mitglied an. ***** behält sich die Annahme dieser Zession für den Bedarfsfall ausdrücklich vor."

Die Kündigung des Vermittlungsauftrages ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie folgt geregelt:

"5.1. Jedes Mitglied kann die Teilnahme an der *****-Gegengeschäftsvermittlung ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer nur vierzehntägigen Kündigungsfrist (Aufgabedatum des Poststempels) mittels eingeschriebenem Brief jeweils zum Monatsletzten beenden. Ein Guthaben auf dem Wertkonto des kündigenden Mitgliedes soll jedoch zuvor durch Gegengeschäfte mit den Mitgliedern der ***** aufgebraucht, bzw. muß ein Debetsaldo durch unverzügliche Zahlung ausgeglichen werden.

Ausdrücklich untersagt ist den Mitgliedern die Übertragung von Wertkontensalden an andere Mitglieder oder fremde Personen sowie andere Verfügungen zum Nachteil von ***** oder Mitgliedern, so beispielsweise auch die Verfügung durch Zessionen.

***** kann den Vermittlungsauftrag wie das Mitglied unter Einhaltung der oben angeführten Fristen/Termine aufkündigen. In diesem Fall hat das Mitglied ein allfälliges Guthaben auf dem Wertkonto durch Gegengeschäfte mit *****-Mitgliedern aufzubrauchen (Punkt 3.3.2.), bzw. einen allfälligen Debetsaldo binnen 9 Monaten ab erfolgter Buchung durch Zahlung an ***** auszugleichen (Punkt 3.3.3.).

5.2. Ferner hat ***** das Recht, aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist vom Vertrag zurückzutreten. Als wichtiger Grund gilt insbesonders:

Die fristlose Beendigung der Vereinbarung zur Vermittlung von Gegengeschäften bewirkt die sofortige Fälligkeit des auf dem Wertkonto ausgewiesenen Debet-Saldos des ausscheidenden Mitgliedes und ist der offene Saldo unverzüglich durch Zahlung an ***** auszugleichen."

Der Beklagte war aufgrund des Vermittlungsauftrages vom 18.12.1985 Vertragspartner der Klägerin und Teilnehmer an dem von ihr organisierten Gegengeschäftsverrechnungssystem. Er kündigte das Vertragsverhältnis zum 31.12.1989 auf.

Mit ihrer am 22.1.1991 eingelangten Klage begehrt die Klägerin gestützt auf die AGB des Vermittlungsauftrages vom 18.12.1985 die Bezahlung von S 51.292,01 sA. Auf dem Wertkonto des Beklagten habe zum Aufkündigungszeitpunkt ein offener Saldo in dieser Höhe bestanden (ON 3).

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Seit Anfang 1989 habe die Klägerin dem Beklagten keine Geschäftsgelegenheiten mehr vermittelt. Er habe daher keine Gegenleistungen mehr erbringen können. Er sei nach wie vor bereit, den aushaftenden Saldo durch Leistungen, nicht aber durch Barzahlung abzudecken. Die Klägerin mache einen Anspruch der übrigen Mitglieder des Gegengeschäftsteilnehmerkreises geltend. Diese Mitglieder hätten jedoch keinen Barzahlungsanspruch, sodaß ein solcher auch nicht auf die Klägerin im Wege einer Blankozession übergehen hätte können. Schließlich habe die Klägerin das Zessionsanbot auch gar nicht angenommen.

Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht der Klage statt (ON 16). Der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht statt. Das angefochtene Urteil wurde zur Verfahrensergänzung aufgehoben. Es sei zu klären, ob das in P.3.3.3. der AGB eingeräumte Zessionsanbot von der Klägerin wirksam angenommen worden sei. Davon hänge die Aktivlegitimation der Klägerin ab (ON 21).

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage ab (ON 24). Es verwies auf die im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen (S.3 bis 5 in ON 16) und ergänzte diese durch die auszugsweise Wiedergabe des P.3 der AGB. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Klägerin die behauptete Annahme der angebotenen Zession durch eines der Mitglieder des Teilnehmerkreises darauf gestützt habe, daß sie die Forderung dieses Mitglieds gegen den Beklagten am jeweiligen Mitgliedskonto vermerkt habe. Nach Ansicht des Erstgerichtes habe die Klägerin damit nur ihre Verpflichtung zur Verrechnung der zwischen den Mitgliedern erbrachten Leistungen bzw. bezogenen Waren auf deren Wertkonten erfüllt. Mangels Annahme der angebotenen Zession sei die Klägerin nicht aktiv klagslegitimiert.

Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht nicht statt. Es vertrat weiterhin die schon im ersten Rechtsgang dem Erstgericht überbundene Rechtsansicht über die Notwendigkeit des Vorliegens einer Annahme des Zessionsanbotes zur Begründung der Aktivlegitimation der Klägerin und teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, daß eine solche Zessionsannahme nicht erfolgt sei. Der Klägerin stehe auch kein eigener "Kontoglattstellungsanspruch" zu. Zwar sei der Klägerin im Vermittlungsauftrag ein Ausgleichsanspruch durch Zahlung des Debetsaldos eingeräumt worden, dieser Vertragspunkt sei aber als sittenwidrig anzusehen, weil der Vertrag keinerlei Hinweis enthalte, daß die Klägerin im Falle eines nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr durch Verrechnung ausgleichbaren Guthabens des ausgeschiedenen Mitglieds verpflichtet wäre, das durch Zahlung an sie vertragsgemäß einbringlich gemachte Guthaben an das berechtigte Mitglied abzuführen. Ohne ausdrückliche Anführung einer solchen Verpflichtung könne eine Rückzahlungspflicht der Klägerin an das oder die berechtigten Mitglieder nicht unterstellt werden. Das krasse Mißverhältnis zwischen dem Nutzen der Klägerin, der ein vertraglicher Zahlungsanspruch zuerkannt werde, und der Belastung des betroffenen Mitglieds, dem auch im Falle eines vorhandenen Guthabens bei einem Ausscheiden kein Anspruch auf Barzahlung zustehe, erscheine sittenwidrig.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu. Der Oberste Gerichtshof habe sich zu den im Zusammenhang mit vermittelten Gegengeschäften zu lösenden Rechtsfrage eines Kontoglattstellungsanspruchs erst einmal auseinandergesetzt.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem Grund des § 502 Abs.2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens hatte die Klägerin die Klagsforderung dahin aufgeschlüsselt, daß diese aus einer Kapitalsforderung von S 45.502,47 und kapitalisierten Zinsen, nämlich 11 % Zinsen aus S 45.502,47 seit 16.2.1990 bis zum Tag der Klagseinbringung bestehe (S.4 zu ON 15). Gemäß § 54 Abs.2 JN bleiben bei der Wertberechnung des Streitgegenstandes Zinsen unberücksichtigt. Dies gilt auch für den (hier vorliegenden) Fall, daß die Zinsen als kapitalisierter Betrag geltend gemacht werden (6 Ob 847/82; 3 Ob 566/92; Mayr in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 54 JN). Anders könnte der Fall liegen, wenn eine kontokorrentmäßige Verzinsung vereinbart worden wäre. Darauf hat sich die Klägerin aber nicht berufen. Eine kontokorrentmäßige Verzinsung des Debetsaldos des Beklagten ergibt sich auch nicht aus dem Vermittlungsauftrag.

Da der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, S 50.000,-- nicht übersteigt, ist die Revision gemäß § 502 Abs.2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Kosten für die Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil der Beklagte auf den Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen hat (Kodek in Rechberger ZPO Rz 5 zu § 507 mwN).

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