OGH 6Ob1538/95

OGH6Ob1538/9518.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Schinko und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans S*****, vertreten durch Dr.Eugen Amann, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Schulgesellschaft *****, vertreten durch Dr.Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, Nebenintervenienten auf seiten der beklagten Partei 1.) Dipl.Ing.Franz R*****, vertreten durch Dr.Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Hans H*****, vertreten durch Dr.Heribert Kirchmayer, Rechtsanwalt in Hainburg, wegen S 610.597,60 s.A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1.Dezember 1994, AZ 11 R 66/94(ON 126), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte ließ 1984 in Wien eine Sporthalle ***** errichten und betraute den ersten Nebenintervenienten mit der Planung, Koordinierung und Bauüberwachung. Der Kläger und der zweite Nebenintervenient sollten eine Unterteilungsmöglichkeit der Halle für Kleinveranstaltungen herstellen. Ein Schlossereiunternehmen (der zweite Nebenintervenient) wurde zur Herstellung der Stahlträgerkonstruktion, bestehend aus einem 28 m langen Querträger und einem 26 m langen Längsträger, beauftragt, der Kläger zur Lieferung zweier Vorhänge sowie zweier Elektromotoren und einer Aufziehvorrichtung. Das Schlossereiunternehmen führte die statische Berechnung durch und hatte bis zum 16.11.1984 den Längsträger sowie zwei Elemente des Querträgers mit einer Länge von 13 m mit Spannschlössern an der Hallendecke montiert gehabt. Über Anfrage erklärte der Vertreter des Schlossereiunternehmens dem Kläger, daß eine Montage des 74 kg schweren Motors am noch nicht fertigen Teilstück des Querträgers möglich sei. Der Motor wurde aufgehängt. Bei der Aufhängung der beiden letzten Segmente des Querträgers am 17.11.1984 bog sich eine Öse eines Spannschlosses (und in der Folge weitere Ösen) auf und der Querträger stürzte ab. Ein Arbeiter wurde tödlich verletzt. Es entstanden Sachschäden sowie Folgeschäden aus dem Grund, daß die Halle erst verspätet in Betrieb genommen werden konnte. Hätte das Schlossereiunternehmen (wie vorgesehen) Spannschlösser mit geschlossenen Ösen verwendet, wäre die Tragkonstruktion bei der Montage des Motors am unfertigen Trägerstück nicht abgestürzt (S 12 in ON 117).

Das Berufungsgericht vertrat zur Verschuldensaufteilung nach § 1304 ABGB die Auffassung, daß den Kläger nicht mehr als die zugestandene Quote von einem Achtel treffe. Die Hauptursache am Absturz liege in der Verwendung nicht verschweißter Ösen der Spannschlösser. Der Vorarbeiter des Klägers habe gegenüber dem Schlossereiunternehmen Bedenken gegen die Tragfähigkeit der Aufhängekonstruktion geäußert. Die Verwendung ungenügender Ösen hätte dem Kläger nicht auffallen müssen. Die Beklagte habe das Überwachungsverschulden ihres Architekten sowie das Verschulden des die Aufhängekonstruktion herstellenden Unternehmers zu vertreten.

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachten Gründe zur Zulässigkeit der Revision liegt nicht vor:

Wohl haften mehrere Unternehmer im Zuge ihrer Kooperation für die Verletzung der Warnpflicht auch gegenüber einem sachverständig beratenen Besteller (JBl 1992, 114). Zum bereitgestellten Stoff gehören auch die Vorarbeiten eines anderen Unternehmers, auf dem der Werkunternehmer aufbauen muß (SZ 63/20, 37/163). Den Mangel der für das Gesamtwerk untauglichen Ösen des fachkundigen Vormanns mußte der Kläger aber nicht erkennen. Seine Warnpflicht wäre nur bei offenbaren Mängeln gegeben gewesen (4 Ob 539/94). Die Koordination der Teilleistungen hatte der erste Nebenintervenient den beiden Werkunternehmern überlassen. Jeden traf die Warnpflicht gegenüber dem Besteller nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht. Für Umstände auf seiten des Bestellers oder anderer vor oder neben ihm am Werk arbeitender Unternehmer haftet der Werkunternehmer nur bei einem offenbaren Gefahrenumstand, etwa bei drohender Verletzung einer anerkannten Regel der Technik (SZ 63/20). Eine solche Regel wurde nicht verletzt. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers stellt die Aufhängung eines 74 kg Motors auf einem Teilstück einer Tragkonstruktion, die nach Fertigstellung einer ungleich höheren Belastung standhalten soll, keine offenkundige Gefahr dar. Nicht die Montage des Motors auf dem Teilstück war unfallkausal sondern die falsche Wahl der Ösen der Spannschlösser.

Daß sich der Werkbesteller das Verschulden des Vorunternehmers nicht zurechnen lassen müsse, wenn er sich eines befugten Gewerbsmanns bedient hatte, trifft nicht zu. Der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung SZ 57/16 lag ein anderer Sachverhalt zugrunde, wonach den Besteller als den Eigentümer einer undichten Ölwanne schon die Haftung ohne eigenes Verschulden nach dem Wasserrechtsgesetz traf. Die Vorarbeiten fallen nach ständiger Rechtsprechung in die Sphäre des Bestellers (4 Ob 539/94 mwN; SZ 63/20).

Insoweit der Revisionswerber seine Gegenforderungen auf eine Solidarhaftung mehrerer Schädiger nach § 1302 ABGB ins Treffen führt, ist ihm entgegenzuhalten, daß es hier auf die Gewichtung des Mitverschuldens der Beteiligten nach § 1304 ABGB ankommt. Entscheidend ist die Intensität des Verschuldens der einzelnen Beteiligten. Der geschädigte Besteller hat das in seine Sphäre fallende Verschulden der beiden Nebenintervenienten zu vertreten. Ihm stehen nicht mehrere Schädiger gegenüber, sondern nur der Kläger, dessen Verschulden demjenigen der Nebenintervenienten gegenüberzustellen ist. Die vom Revisionswerber vermißte Gesamtschau durch quotenmäßige Bestimmung der Verschuldensanteile auch der beiden Nebenintervenienten wäre nur bei einer Mehrheit von Schädigern erforderlich, die dem Geschädigten gegenüberstehen, nicht aber in dem Fall, wo die mehreren Schädiger sich auf seiten des Geschädigten finden (vgl dazu Reischauer in Rummel ABGB II2 Rz 6 zu § 1304). Der angeführten Rechtsfrage kommt hier aber schon deswegen keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil der Wunsch des Klägers (im Rahmen der zeitlichen Koordination der Arbeiten), den Motor schon auf dem noch nicht fertigen Teilstück der Tragkonstruktion aufhängen zu dürfen, weder schadenskausal noch rechtswidrig war. Schadenskausal war die mangelhafte Teilkonstruktion infolge Verwendung falscher Ösen und die Genehmigung der Aufhängung durch das Schlossereiunternehmen. Selbst wenn aber die Verletzung einer vertraglichen Pflicht durch den Kläger als schadenskausal feststünde, müßte nach den Feststellungen für den Verschuldensbereich von einem derartig in den Hintergrund tretenden Verschulden des Klägers ausgegangen werden, daß der beklagte Besteller den Schaden allein zu tragen hätte (Reischauer aaO Rz 5 mit Nachweisen aus der Judikatur). Aus diesem Grund kommt auch der weiters relevierten Frage über die Bedeutung der Verträge zwischen den Parteien bzw. zwischen der Beklagten und den beiden Nebenintervenienten, keine entscheidungswesentliche Relevanz zu. Die Gewichtung der Verschuldensanteile des bauausführenden Unternehmens und des bauüberwachenden Architekten ist für deren Haftung gegenüber der Beklagten bedeutsam. Gegenüber dem Kläger hat die Beklagte - wie schon ausgeführt - beide Verschuldensanteile zu vertreten. In ihrer Gewichtung von zusammen sieben Achteln liegt kein Rechtsirrtum.

Zur Relevierung des Punktes 21) der Allgemeinen Bedingungen des

Bauauftrags, wonach der Auftragnehmer bis zur förmlichen Übergabe die

Gefahr von Diebstahl, Beschädigung und Untergang bereits erbrachter

Leistungen trägt, kann auf die zutreffenden Erwägungen der

Vorinstanzen verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Kläger hat sein Unternehmen in eine Gesellschaft mbH eingebracht.

Seine Aktivlegitimation nach § 234 ZPO ist im Revisionsverfahren

nur mehr hinsichtlich des Zinsenanspruchs strittig. Das

Berufungsgericht hat für die Zeit nach dem Unternehmensübergang

(24.11.1986) eine Kreditaufnahme der übernehmenden Gesellschaft mbH

und die dafür bestehende Zinsenlast festgestellt. Die

Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aber schon aus dem Gesetz

selbst. Die veräußerte, in Streit verfangene Sache ist nicht nur die

Werklohnforderung sondern auch unabhängig von der Höhe - der

Anspruch auf Verzugszinsen (§ 912 ABGB). Nach herrschender

Rechtsprechung ist § 234 ZPO im Sinne der sogenannten

Irrelevanztheorie auszulegen (SZ 57/204). Alles Vorbringen, das sich

aus der Veräußerung und der Person des Erwerbers ergibt, bleibt

ausgeschlossen (Rechberger in Rechberger ZPO Rz 4 zu § 234).

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