OGH 11Os15/95

OGH11Os15/959.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst G***** und andere wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Elisabeth F***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20.Oktober 1994, GZ 12 e Vr 7229/93-292, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Raunig, der Angeklagten und des Verteidigers Dr.Ainedter zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Jahre herabgesetzt und davon ein Strafteil von 2 (zwei) Jahren gemäß § 43 a Abs 4 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen rechtskräftigen Freispruch des Allan N***** enthält - wurde Elisabeth F***** des im Zusammenwirken mit den insoweit bereits rechtskräftig abgeurteilten Horst G*****, Josef K***** und Josef W***** (ON 253 und 261 a) begangenen Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB (A/II/1.-4.) schuldig erkannt.

Darnach haben (soweit dies im vorliegenden Rechtsmittelverfahren von Bedeutung ist)

(zu A/II) Horst G***** und Elisabeth F***** in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Josef K***** und Josef W***** als Mittäter (§ 12 StGB) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Horst G***** überdies in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, versucht, verfügungsberechtigten Personen durch die Vorlage eines falschen Aktienzertifikates über 2,200.000 Aktien zu je 25 Pence von British Gas mit der Nr 1198432, lautend auf die L***** GesmbH, zur Zuzählung eines Kredites von jeweils mindestens 50 Mio Schilling, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen zu verleiten, welche die Darlehensgeber an ihrem Vermögen schädigen sollten, und zwar

1. Ende Jänner 1993 Verfügungsberechtigte der V***** Privatbank AG;

2. am 5.Februar 1993 Verfügungsberechtigte der V*****bank Graz bzw der Ö***** AG;

3. im April 1993 unbekannt gebliebene, durch Rechtsanwalt Stathis S***** vertretene Darlehensgeber;

4. Ende Mai und am 2.Juni 1993 unter Benützung des abgesondert verfolgten Samir F***** als "Werkzeug" Verfügungsberechtigte der Bank für Handel und Effekten.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider haftet dem bekämpften Urteil ein formeller Begründungsmangel in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht an.

Abgesehen davon, daß die Unterscheidung des Erstgerichtes zu den objektiven Tatbestandserfordernissen, wonach zwei Urkunden, und zwar "das sogenannte Original" und eine Fotokopie des als Täuschungsmittel zum Einsatz gekommenen (nachgemachten) Aktienzertifikates (US 21 bis 23, 25) durch die Verfahrensergebnisse indiziert ist (zum "Original":

Guzzi 143 V, Kiss 147 VI, Waschak 211 VI, Oberhummer 491 f VI, Mappe zu ON 49 F, 9 und 15 und Verantwortung der Beschwerdeführerin 333 VI) und das Erstgericht - was die Beschwerde übergeht - unmißverständlich feststellte, "daß sämtliche im Zusammenhang mit dem Aktienzertifikat verwendeten Falschurkunden von der Beschwerdeführerin verfertigt wurden" (US 38 iVm 21 Mitte, 26 f, 33, 35), stellt selbst die Verwendung einer - wenngleich unbeglaubigten - (Foto-)Kopie eine im Sinn des § 147 Abs 1 Z 1 StGB qualifikationsbegründende Sonderform der Benützung des kopierten Falsifikates selbst dar (Leukauf-Steininger Komm3 § 147 RN 10).

Auch mit der Behauptung, das Schöffengericht habe "sich bemüßigt gefühlt", im Fall der Beschwerdeführerin die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen (bloß) aus der geplanten Aufteilung der erwarteten Darlehensvaluta (für die - von der Rüge ebenfalls übergangen - keinerlei Verwendungszweck projektiert war - US 33 iVm 133, 149, 151, 171, 194 VI) zu begründen, setzt sich die Beschwerde ferner über die von den Tatrichtern dazu angeführten weiteren Beweisergebnisse (Überlassung der genannten von ihr hergestellten und eine nicht existente Firma als Berechtigte ausweisenden Falsifikate ohne Sicherheiten an die anderen Tatbeteiligten, Herstellung eines fingierten, eine Verfügungsermächtigung einer nicht existenten Firma "Brooklands Ltd" über das Aktienzertifikat beinhaltenden Schreibens vom 28.April 1993, von der Angeklagten eingeholte lückenlose Informationen über die im Zusammenhang mit den inkriminierten Betrugsversuchen gesetzten Aktivitäten - US 26 f, 29, 33 bis 35, 37, 40 f, 42 f) hinweg und erweist sich somit in diesem Umfang einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich. Gleiches gilt für die darüber hinausgehenden Ausführungen zur Kenntnis der Angeklagten vom Erscheinungsbild britischer Aktienzertifikate, zu deren Überprüfbarkeit im Inland, zur mangelnden Berechtigung der Beschwerdeführerin aus dem Aktienzertifikat und zur behaupteten mangelhaften Beherrschung der englischen Sprache, deren Kenntnis, ebenso wie spezifische berufliche Erfahrung, im Gegensatz zu einer entsprechenden Vorlage, zur Herstellung von Falsifikaten, der Beschwerde zuwider, nicht erforderlich ist, die sich nach Inhalt und Zielsetzung in Wahrheit bloß im Versuch einer (hier) unzulässigen Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung erschöpfen.

Zu Unrecht behauptet die Angeklagte ferner, daß die Urteilsannahmen über die mit dem fingierten Schreiben der (nicht existierenden) Firma Brooklands Ltd vom 28.April 1993 (US 26) verfolgten Zielen mit einem "unlösbaren" Widerspruch behaftet wären. Werden doch die (nach Lage des Falles unzweifelhaft auf das Schuldspruchfaktum A/II/3 beschränkte) Täuschung gutgläubiger Darlehensgeber über die Unechtheit des tatgegenständlichen Aktienzertifikates und die vom Mitangeklagten Horst G***** angestrebte Verschleierung seiner Tatbeteiligung als gleichwertige Zielsetzung bezeichnet (US 27 und 35); demgegenüber ist - entgegen dem insoweit nicht aktenkonformen Beschwerdevorbringen - in keiner der erwähnten Urteilspassagen von einem ausschließlichen Verwendungszweck dieses Schreibens die Rede.

Aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a, sachlich auch Z 10) versagt. Einzuräumen ist der Beschwerde zwar, daß das Schöffengericht die festgestellten Tathandlungen der Angeklagten, bestehend in der Bereitstellung des nachgemachten englischen Aktienzertifikates, in der Herstellung einer Kopie und in der Mitwirkung an der Herstellung des fingierten Schreibens der Firma Brooklands Ltd vom 28.April 1993 sowie in einer die Tatbeiträge der übrigen Angeklagten koordinierenden Tätigkeit, zu Unrecht als unmittelbare (Mit-)Täterschaft nach § 12 erster Fall StGB beurteilte. Mittäterschaft setzt nämlich voraus, daß jede der mehreren im bewußten und gewollten Zusammenwirken agierenden Personen Ausführungshandlungen setzt, also selbst an der Tatausführung mitwirkt (Leukauf-Steininger Komm2 § 12 RN 10), das heißt beim Betrug dem Tatopfer gegenüber durch eigene Täuschungshandlungen unmittelbar in Erscheinung tritt, was in bezug auf die Angeklagte aber hier nicht zutrifft. Daß deren Tatverhalten demnach rechtsrichtig als Tatbeteiligung nach § 12 dritter Fall StGB zu beurteilen gewesen wäre, ist aber im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit sämtlicher Begehungsweisen des § 12 StGB und die ausreichende Umschreibung des Beteiligungsanteiles der Angeklagten in sachverhaltsmäßiger Hinsicht ohne Belang (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 ENr 53, 55, 56).

Eine dem Gesetz entsprechende Darstellung verfehlt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) aber auch, soweit damit das Vorliegen eines Feststellungsmangels zur subjektiven Tatseite behauptet wird. Die Angeklagte vermißt darin Feststellungen darüber, ob ihr Vorsatz bereits im Zeitpunkt der Erbringung ihres Tatbeitrages, der nach ihrer Auffassung zudem nur in der Zurverfügungstellung des nachgemachten Aktienzertifikates bestanden hätte, bloß auf die Förderung einer Täuschungshandlung, oder auch auf deren mehrfache Wiederholung für den Fall des Ausbleibens des betrügerischen Taterfolges gerichtet gewesen wäre.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist nach den maßgeblichen Urteilsfeststellungen der Tatbeitrag der Angeklagten - auch in subjektiver Hinsicht - keineswegs auf die Überlassung des Falsifikates eines Aktienzertifikates für eine einzige Tathandlung beschränkt gewesen. Vielmehr konstatierte das Erstgericht ausdrücklich, daß die - von Anfang an kontinuierlich mit Betrugsvorsatz handelnde - Angeklagte im Hinblick auf die angestrebte Krediterlangung am Tatgeschehen äußerst interessiert war, mit den übrigen Tatbeteiligten laufend Kontakt hielt, immer wieder (vor allem telefonisch) den aktuellen Stand der Tatausführung abfragte, damit über die einzelnen Betrugshandlungen stets im voraus informiert war, im Falle des Betrugsversuches zum Nachteil der V*****bank Graz bzw der ö***** AG auch noch an der Herstellung des fingierten Bestätigungsschreibens der Brooklands Ltd mitwirkte und demzufolge sämtliche hier aktuellen Tathandlungen in voller Kenntnis des jeweiligen dolosen Vorhabens ihrer Komplizen durch die bewußte Belassung der Falsifikate in deren Händen vorsätzlich förderte (US 21, 26 f, 29 f, 33 f, 37 bis 39 und 45). Diese unmißverständlichen Uretilsfeststellungen, die für eine bloß nachträgliche Billigung der Beitragshandlungen durch die Angeklagte (dolus superveniens; vgl hiezu Leukauf-Steininger aaO, § 5 RN 22) keinen Raum lassen, weshalb es auch ohne Bedeutung ist, ob die Angeklagte alle vorliegenden Betrugshandlungen schon von Anfang an gewollt oder ihren jeweiligen Tatentschluß erst von Fall zu Fall gefaßt hat, übergeht die Beschwerde, die solcherart nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gelangt.

In der Strafzumessungsrüge (Z 11) bekämpft die Angeklagte zunächst die Heranziehung des Erschwerungsgrundes des beabsichtigten hohen Schadens von "rund 200 Mio Schilling" als rechtsfehlerhaft. Nach den bezughabenden Urteilsfeststellungen haben die Angeklagte und die übrigen Tatbeteiligten (vgl hiezu auch die Schuldsprüche gegen Josef K***** und Josef W*****, ON 253 und 261 a) lediglich die einmalige Erlangung eins Lombardkredites in der Höhe von 50 Mio Schilling angestrebt, indem sie ihre Betrugshandlungen stets erst nach dem Scheitern des jeweils vorangegangenen Tatversuches fortsetzten. Demzufolge liegt ihnen zur Last, die Vollendung einer einzigen Betrugstat in vier Angriffen versucht zu haben (US 22 bis 30). Da damit der angestrebte Betrugsschaden von 50 Mio Schilling aber nur einen der jeweils nacheinander (erfolglos) in Anspruch genommenen Kreditgeber treffen konnte, kann von einem tätergewollten "Gesamtschaden von 200 Mio Schilling" nicht gesprochen werden (Leukauf-Steininger aaO § 28 RN 60). Der Beschwerde zuwider wurde jedoch dadurch keine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 (zweiter Fall) StPO bewirkt. Aus diesem Anwendungsfall kann nur die rechtsfehlerhafte Beurteilung von Strafzumessungstatsachen bekämpft werden, nicht aber die Feststellung des Strafzumessungssachverhaltes (vgl EvBl 1988/115; Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 11 E 5 mwN; E Steininger, Handbuch, RN 29, S 213; Foregger-Kodek, StPO6, S 406).

Erfolglos bleiben muß die Beschwerde aber auch, soweit die Angeklagte damit bemängelt, daß das Schöffengericht "die skrupellos vorgeplante und von ihr realisierte Belastung des an ihrer Straftat völlig unbeteiligten Allan N*****" bei der Strafbemessung als Erschwerungsgrund herangezogen hat (Z 11 zweiter Fall). Denn nur die unzutreffende Heranziehung eines für die Strafzumessungsschuld irrelevanten Umstandes bewirkt den relevierten Nichtigkeitsgrund, nicht aber auch schon die irrige Einordnung eines für die Strafbemessung relevanten Umstandes als besonderen Strafzumessungsgrund (Leukauf-Steininger aaO § 32 RN 18).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Tatwiederholungen, den hohen beabsichtigten Schaden von rund 200 Mio S sowie die Belastung des Allan N*****, dessen nahezu siebenmonatigen Freiheitsentzug sie zu verantworten habe, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel sowie die Tatsache, daß die Tat beim Versuch blieb.

Der eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren (zumindest teil-)bedingte Nachsicht anstrebenden Berufung kommt Berechtigung zu.

Zu den darin abermals relevierten Fragen der Schadenshöhe, der außertatbestandsmäßigen Folgen sowie der Tatverwirklichung in vier Angriffen ist auf das zur Strafbemessungsrüge bereits Gesagte zu verweisen. Diese hier ins Gewicht fallende Korrektur der Erschwerungsgründe läßt in Verbindung mit den vorliegenden Milderungsumständen und der Tatsache, daß die 57jährige Angeklagte (erstmals) für einen Zeitraum von mehr als 5 Monaten das Haftübel erfahren hat - aber auch unter Bedachtnahme auf die über die Tatbeteiligten verhängten Sanktionen - sowohl eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß als auch die bedingte Nachsicht eines Teiles davon zu. Dem (weiteren) Begehren um gänzliche Nachsicht der Freiheitsstrafe ist damit der Boden entzogen (§ 43 Abs 1 StGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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