OGH 10ObS88/95

OGH10ObS88/959.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Felix Joklik (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Liedlbauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Auguste K*****, Pensionistin und Studentin, ***** vertreten durch Dr.Armenak Utudjian, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr.Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wegen vorzeitiger Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Dezember 1994, GZ 33 Rs 119/94-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 8.Juni 1994, GZ 6 Cgs 35/94v-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, daß die Klägerin keine Ersatzzeiten nach § 227 Abs 1 Z 1 ASVG erworben hat, ist richtig, weshalb es ausreicht, auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend sei den Revisionsausführungen der Klägerin folgendes entgegengehalten:

Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung sind nur dann Ersatzzeiten, sofern "nach dem Verlassen der Schule bzw der Beendigung der Ausbildung" eine sonstige Versicherungszeit vorliegt. Bereits in den Materialien zur Stammfassung des ASVG (599 Blg NR 7. GP, 71) wurde darauf hingewiesen, daß diese Ersatzzeitenanrechnung diejenigen Versicherten, bei denen infolge erweiterter Schulbildung der Eintritt in das Erwerbsleben und damit auch der Beginn der Versicherung hinausgeschoben wird, einigermaßen für den daraus resultierenden Verlust an Beitragszeiten schadlos halten soll. Nach dem Gesetzeswortlaut ist freilich nicht erforderlich, daß das vorgesehene Bildungsziel erreicht oder das Studium auf die in der Studienordnung vorgesehenen Art beendet wurde; gefordert wird lediglich, daß während der Schul- oder Hochschulzeit keine Pflichtbeitragszeiten erworben wurden und eine sonstige Versicherungszeit der Schul- oder Hochschulzeit nachfolgt (so auch die E des VwGH vom 30.11.1993, Zl 92/08/0205, die im übrigen nicht die Anrechnung von Ersatzzeiten, sondern den Einkauf von Versicherungszeiten betrifft). Die Gesetzeswendung, daß die sonstige Versicherungszeit nach dem Verlassen der (Hoch-)Schule vorliegen muß, stellt aber jedenfalls auf die zeitliche Aufeinanderfolge von (Hoch-)Schulbesuch und sonstiger Versicherungszeit ab.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten davon auszugehen, daß die Klägerin ihr Studium an der Universität Wien sowohl am Stichtag als auch bei Schluß der Verhandlung weiterhin betrieb, weshalb schon

begrifflich dieser Studienzeit - mochte das Studium abgeschlossen

sein oder nicht - keine sonstigen Versicherungszeiten nachfolgen

konnten. Ob eine nicht zu tolerierende Umgehungshandlung vorläge, wenn ein Student wiederholt exmatrikulierte und immatrikulierte, braucht hier nicht beantwortet zu werden, weil die Klägerin dies nicht getan hat: Sie hat die Hochschule niemals "verlassen" und ihre Ausbildung nicht "beendet". Unter Bedachtnahme auf den oben erwähnten Gesetzeszweck der Anrechnung von Ersatzzeiten nach § 227 Abs 1 Z 1 ASVG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Gesetzesstelle etwa aus dem Grund der Gleichheitswidrigkeit oder Unsachlichkeit. Der Senat sieht sich nicht veranlaßt, im Sinne der Anregung der Revisionswerberin einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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