OGH 12Os29/95

OGH12Os29/954.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohrböck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Albert D* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und 3 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.November 1994, GZ 2 b Vr 8692/94‑50, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein, des Angeklagten Albert D* und des Verteidigers Dr.Soyer, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0120OS00000.9500011.0504.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Jahre erhöht.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Albert D* wurde mit dem angefochtenen Urteil ‑ das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 StGB enthält ‑ (I) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 ("zweiter" ‑ richtig: erster) Fall StGB und (II) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Demnach hat er in Wien

(I) am 6.August 1994 Nicoletta I* durch die Äußerung, "fünf Freunde werden Gruppensex mit ihr betreiben", sohin durch (eine gegen sie gerichtete) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, sowie durch Gewalt, indem er sie festhielt und auf das Bett drückte, zur Duldung des Beischlafes genötigt, wobei die Tat (weil das fliehende Opfer aus dem Fenster der im 3.Stock gelegenen Wohnung sprang) eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine Wirbelfraktur, Brüche beider Fersenbeine und beider Unterschenkel, zur Folge hatte;

(II) ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 7.August 1994 eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den für Gerhard H* ausgestellten Führerschein, mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, daß diese vom Genannten zum Beweis seiner Lenkerberechtigung gebraucht werde.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen zum Verbrechen der Vergewaltigung (US 6 bis 10) nahm die in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebende rumänische Staatsangehörige Nicoletta I* im Frühjahr 1994 mit dem damals als Vermittler von "Artisten" auftretenden Angeklagten aufgrund eines in einer rumänischen Zeitung erschienenen Inserates zur Anwerbung von Fotomodellen in Österreich brieflich Kontakt auf. Nachdem ihr in der Folge von einer mit dem Beschwerdeführer näher bekannten Rumänin mehrfach ‑ fälschlich ‑ lukrative Erwerbsmöglichkeiten als Fotomodell und die Benützung einer eigenen Wohnung in Aussicht gestellt worden waren, reiste Nicoletta I* am 4.August 1994 nach Wien. Schon in der Nacht zum 5.August 1994 versuchte der Angeklagte (erfolglos), sich der Frau sexuell zu nähern. Aus diesem Grund und weil ihre beruflichen Erwartungen nicht erfüllt wurden, beschloß Nicoletta I*, möglichst rasch in ihre Heimat zurückzukehren. In der Nacht zum 6.August 1994 nötigte der alkoholisierte, jedoch nicht volltrunkene Angeklagte die ihm körperlich unterlegene, durch seine wiederholten Belästigungen verängstigte und depressiv gestimmte Frau ‑ die zunächst vergeblich versucht hatte, die im dritten Stock des Hauses Schüttelstraße 19, 1020 Wien, gelegene (versperrte) Wohnung zu verlassen ‑ durch die mittels Abhebens des Telefonhörers unterstrichene (verbale) Drohung, er werde fünf Freunde holen, die mit ihr "Gruppensex betreiben" würden, zunächst ‑ um letztlich die Duldung eines Geschlechtsverkehrs zu erreichen ‑ zum Ablegen der Kleider. Anschließend stieß er sie auf das Bett, hielt sie im Halsbereich fest und vollzog an der Frau ‑ nachdem er gegen ihren Willen einen Vibrator in ihre Scheide eingeführt hatte ‑ den Beischlaf. Sodann führte er einen (weiteren) Vibrator in den Anus des Opfers ein, welches dabei heftige Schmerzen zu ertragen hatte. Aus ihrer großen Angst aufgrund der bis dahin erlittenen und der verbalen Androhung weiterer Tathandlungen sowie im Bestreben, der für sie unerträglichen Situation ein Ende zu bereiten, sprang Nicoletta I*, während sich der Angeklagte kurz von ihr abwandte, aus dem unmittelbar neben dem Bett befindlichen geöffneten Fenster in die Tiefe. Durch den Aufprall erlitt sie die oben bezeichneten, schweren Verletzungen.

Der Schöffensenat gelangte (unter ersichtlich irriger Deliktsbenennung als "zweiter" Fall des § 201 Abs 3 StGB) zur Annahme der Qualifikation nach dem ersten Fall des § 201 Abs 3 StGB aufgrund der Erwägung, für den Angeklagten sei unter den gegebenen Umständen vorhersehbar gewesen, daß die ‑ auf ihn schon vor der Tat verängstigt und traurig wirkende ‑ verzweifelte Frau unter dem Eindruck der an ihr verübten schweren Gewalttat die in Rede stehende selbstschädigende Reaktion setzen werde (US 15 iVm US 8).

Zum Urkundendelikt (II) konstatierte das Erstgericht, daß der Nichtigkeitswerber den gegenständlichen ‑ im Rahmen der Hausdurchsuchung in seiner Wohnung am 7.August 1994 sichergestellten ‑ Führerschein, der dem Berechtigten Gerhard H* bereits im Jahre 1979 gestohlen worden war, schon längere Zeit mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz in seiner Wohnung aufbewahrt hatte (US 11, 14).

 

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die den Schuldspruch wegen Vergewaltigung betreffenden Mängel‑ (Z 5) und Tatsachenrügen (Z 5 a) richten sich gegen die Urteilsfeststellungen zur Problematik der tataktuellen Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten.

Dem Vorbringen zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 5) zuwider sind den in diesem Zusammenhang punktuell ins Treffen geführten Beweisdetails ‑ einzelnen Passagen der Verantwortung des Angeklagten über das Vorliegen einer "starken" Alkoholisierung (AS 145 b in ON 7/I) bzw über seine (bloß auf "80 % bis 90 %") eingeschränkte Erinnerungsfähigkeit (AS 353 ganz unten f/I) sowie den Angaben der Zeugin Nicoletta I* über den (ungefähren) Zeitraum der Konsumation der alkoholischen Getränke (AS 375/I) ‑ keine erörterungsbedürftigen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß eine alkoholbedingte psychische Beeinträchtigung seiner Willensbefähigung im relevanten Ausmaß vorgelegen wäre. Der Sache nach läuft die Beschwerdeargumentation nur auf den Versuch hinaus, Varianten eines im Vergleich zur erstgerichtlichen für den Angeklagten günstigeren Beweiswürdigung zu relevieren. Demgegenüber hat das Erstgericht nach Maßgabe denklogisch nachvollziehbarer Schlußfolgerungen aus der Gesamtheit der Verfahrensresultate, vor allem aufgrund der von keinem Erinnerungsverlust gekennzeichneten Wiedergabefähigkeit des Angeklagten auch in bezug auf Einzelheiten der Ereignisse dessen Zurechnungsfähigkeit mit mängelfreier Begründung bejaht (US 8).

Die erneut aus der Sicht reduzierter Dispositionsfähigkeit die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers bezweifelnde Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag aus den bereits dargelegten Erwägungen sowie unter Berücksichtigung des im Zusammenhang zielgerichteten Vorgehens des Angeklagten vor, während und nach der Tat (US 8 ff) keine Bedenken (geschweige denn solche erheblichen Grades) gegen die Richtigkeit der insoweit dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Abgesehen davon, daß sich Albert D* nie auf das Vorliegen einer den Verlust seiner Entscheidungsfähigkeit bewirkenden vollen Berauschung zur Tatzeit berufen hat (AS 95 ff, 115 ff in ON 7/I; AS 343 ff/I), ist im übrigen dann, wenn ‑ wie vorliegend ‑ eine exakte Rekonstruktion der Trinkmenge und ‑zeit nicht verläßlich vorgenommen werden kann, die Vernehmung eines medizinischen Sachverständigen zum Grad der Alkoholbeeinträchtigung nicht zielführend (vgl Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 281 Abs 1 Z 4 E 75 swN), sodaß die Pflicht des Gerichtes zu amtswegiger Wahrheitsforschung durch die Unterlassung der Einholung einer gerichtsärztlichen Expertise zu dieser Tatfrage nicht verletzt werden konnte.

Ebensowenig ergeben sich bei Prüfung der Akten an Hand des (weiteren) Vorbringens zur Tatsachenrüge gravierende Bedenken gegen die Feststellungen, auf welche sich die Annahme (subjektiver) Vorhersehbarkeit der selbstschädigenden Reaktion des Opfers gründet. Zielen die diesbezüglichen Argumente doch schon nach ihrer Formulierung ‑ wonach diese Reaktion "nicht zwingend nachvollziehbar", dem Tatverhalten "inadäquat" sei und eine äußerlich nicht erkennbare endogene Motivation (Selbstmordneigung) indiziere, bloß darauf ab, die tatrichterliche Beweiswürdigung in Frage zu stellen und so der eigenen Verantwortungslinie zum Durchbruch zu verhelfen.

Soweit der Angeklagte im Rahmen des Vorbringens zu diesem Nichtigkeitsgrund schließlich die Auseinandersetzung mit bestimmten Einzelheiten seiner leugnenden Darstellung unter Bezugnahme auf erst mit der Rechtsmittelschrift (und daher verspätet) vorgelegte ‑ angeblich seine physische Impotenz bescheinigende ‑ Beweismittel (21/II) vermißt, kritisiert er erneut lediglich die ‑ wie dargelegt nachvollziehbar und mängelfrei ‑ für die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der ihn belastenden Opferangaben tragfähigen Erwägungen des Erstgerichtes.

Im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die ihm angelastete Qualifikation des (richtig:) ersten Falles des § 201 Abs 3 StGB mit der Begründung, daß ihm die schwere Folge (§ 84 Abs 1 StGB) mangels objektiver Vorhersehbarkeit sowie mangels entsprechenden Risikozusammenhanges zu Unrecht zugerechnet, ferner der Einfluß seiner Alkoholbeeinträchtigung (auf die subjektive Vorhersehbarkeit) nicht in Rechnung gestellt worden sei.

Ob der Täter einen strafsatzerhöhenden Erfolg herbeigeführt hat und daher von der schwereren Strafe getroffen wird (§ 7 Abs 2 StGB), ist nach den Kriterien des § 6 StGB zu prüfen. Hiebei kommt der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit der qualifizierenden Folge sowie deren Zurechenbarkeit besondere Bedeutung zu.

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider hat das Schöffengericht jedoch sämtliche Fahrlässigkeitserfordernisse in bezug auf die schwere Tatfolge (implizit) rechtsrichtig angenommen.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist das Zurechnungserfordernis des Adäquanzzusammenhanges (= objektive Vorhersehbarkeit) dann zu bejahen, wenn der konkrete Kausalverlauf (samt dem eingetretenen Erfolg) nicht völlig außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, wobei der Ablauf des Geschehens nicht in allen Einzelheiten vorhersehbar zu sein braucht (vgl swN Kienapfel AT5 Z 25 RN 28). Die (generelle) objektive Vorhersehbarkeit entfällt daher lediglich bei Fallkonstellationen mit einem gänzlich außerhalb des Rahmens der gewöhnlichen Erfahrung liegenden ‑ atypischen ‑ Kausalverlauf, der sich geradezu als eine schicksalshafte Verkettung unglücklicher Umstände darstellt (Kienapfel AT5 Z 25 RN 29 ff, BT I3 § 80 RN 105 ff; Leukauf‑Steininger StGB3 Vorbem § 1 RN 33; Burgstaller in WK § 6 Rz 63; Triffterer AT2 149).

Unter den festgestellten Modalitäten kann das durch die massiven (wenn auch zunächst ohne unmittelbare Verletzungsfolgen gebliebenen) Aggressionsakte des Angeklagten ausgelöste Folgeereignis (als mit dem Primärereignis in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Geschehen) nicht als völlig atypisch und geradezu ungewöhnlich angesehen werden: Daß das Opfer einer schmerzhaften und länger andauernden Vergewaltigung nach erfolglosem Fluchtversuch aus der versperrten Wohnung in Panik gerät und aus Furcht vor weiteren körperlichen Attacken des Täters (und vor dessen "Freunden", deren Herbeiholung ausdrücklich in Aussicht gestellt worden war), spontan jede - auch eine selbstschädigende ‑ Möglichkeit wahrnimmt, um der als unerträglich empfundenen Extremsituation zu entkommen (im konkreten Fall durch einen Sprung aus dem neben dem Bett befindlichen, geöffneten Wohnungsfenster) und hiedurch schwere Verletzungen erleidet, liegt daher durchaus innerhalb des Adäquanzzusammenhanges.

Aber auch das weitere Zurechnungserfordernis des Risikozusammenhanges wurde vom Erstgericht im Ergebnis zutreffend bejaht. Bei (hier aktueller) nachträglicher Eigenverwirklichung der risikoerhöhenden Verletzungsbedingungen durch das Opfer selbst haftet der Erstverursacher für die zwischen Tat und (End‑)Erfolg gelegene (Rettungs‑)Handlung des Opfers (nur) dann nicht, wenn dieses im Bewußtsein seiner eigenverantwortlichen Gefährdung eine Maßnahme setzt, die für jeden vernünftigen Menschen unter den gegebenen Umständen schlechthin unbegreiflich ist und die schwere Folge sonst wahrscheinlch nicht eingetreten wäre (Kienapfel BT I3 § 80 RN 98 ff; Leukauf‑Steininger aaO RN 35 ff).

Die hier in Rede stehende für den schweren Verletzungserfolg ursächliche Fluchtreaktion liegt bei Berücksichtigung der sie auslösenden Begleitumstände nicht in einem solchen Maße außerhalb der gewöhnlichen Lebenserfahrung, daß sie für jeden vernünftig denkenden Menschen schlechthin unbegreiflich gewesen und damit nicht mehr innerhalb des Risikozusammenhanges gestanden wäre (vgl dazu ZVR 1992/14; SSt 51/25). Daß im konkreten Fall Erwägungen zum (grundsätzlich anerkannten ‑ vgl Kienapfel aaO RN 98 c, 100; ähnlich auch ZVR 1992/14) Autonomieprinzip schon deshalb nicht greifen, weil es bei einer durch die Straftat ausgelösten Panikreaktion am für eine ausschließlich eigenverantwortliche Handlung erforderlichen vollen Bewußtsein in bezug auf das Verletzungsrisiko mangelt.

Der normative Konnex zwischen dem schuldhaften Primärverhalten des Angeklagten und dem eingetretenen schweren Erfolg wurde vom Erstgericht sohin zu Recht bejaht.

Soweit der Angeklagte hinsichtlich der subjektiven Vorhersehbarkeit der Tatfolge die Berücksichtigung seiner Alkoholbeeinträchtigung vermißt, entfernt sich sein Vorbringen vom maßgeblichen Urteilssachverhalt, aus dem eine erhebliche Beeinträchtigung ‑ welche auch der Konsum von ‑ maximal ‑ neun sog. "Gspritzten" (innerhalb drei Stunden) keineswegs in einem relevanten Ausmaß nach sich ziehen muß ‑ nicht hervorgeht (US 8 iVm US 15); diese Rüge entbehrt daher der prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Davon abgesehen ist die Fahrlässigkeitsschuld schwerpunktmäßig nach dem Potential an Fähigkeiten zu beurteilen, über das der Täter in nüchternem Zustand verfügt (Mayerhofer‑Rieder4 ENr 145, Leukauf‑Steininger RN 19; jeweils zu § 6 StGB).

Die abschließende Behauptung, daß der "Suicidcharakter" des Sprunges des Opfers aus dem Fenster für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbar gewesen sei, orientiert sich erneut nicht am gesamten Tatsachensubstrat des bekämpften Schuldspruchs, wonach sich das selbstschädigende Folgeverhalten des Opfers nicht als autonom motivierter Selbstmordversuch, sondern als eine Panikhandlung in einem durch die Tat bewirkten (Ausnahme‑)Zustand darstellt, bei der die Frau den Tod "in Kauf nahm", ihn aber keineswegs suchte (insbesondere US 10, 12).

Der Schuldspruch des Angeklagten nach § 201 Abs 3 erster Fall StGB erweist sich somit als rechtlich einwandfrei.

Der letztlich in bezug auf das Schuldspruchfaktum II (Vergehen der Urkundenunterdrückung) behauptete Begründungsmangel (Z 5) liegt gleichfalls nicht vor. Denn das Erstgericht hat die zur Frage der Herkunft des tatverfangenen Dokumentes gewählte wechselnde Darstellung des Angeklagten ‑ dem gesetzlichen Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe entsprechend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) ‑ ausreichend erörtert (US 14) und aus dem solcherart mängelfrei konstatierten äußeren Tatgeschehen logisch und empirisch einwandfrei auf die bekämpften Vorsatzkomponenten (§ 5 Abs 1 StGB) geschlossen (US 11 und 14). Diesen Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite steht der Umstand, daß der Führerschein dem Berechtigten bereits im Jahre 1979 abhandengekommen war (US 11), keineswegs entgegen, zumal keine Anhaltspunkte für ein Wissen des Angeklagten um diesen Umstand bestehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zur Gänze zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28 Abs 1201 Abs 3 StGB fünf Jahre Freiheitsstrafe, wobei es die einschlägigen Vorstrafen (zwei wegen Gewaltdelikten und eine wegen eines Urkundendeliktes) als erschwerend, die Selbststellung des Angeklagten hingegen als mildernd wertete.

Dagegen richten sich die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten. Während die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Straferhöhung mit dem Hinweis auf das in den erstgerichtlichen Strafzumessungserwägungen vernachlässigte Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die aus der exzessiven Aggressionsbereitschaft wie auch den Tatmodalitäten folgenden spezial‑ und generalpräventiven Sanktionserfordernisse begründet, strebt der Angeklagte eine Reduktion und teilbedingte Nachsicht der ausgesprochenen Freiheitsstrafe im wesentlichen mit der Begründung an, bei der in alkoholisiertem Zustand begangenen Vergewaltigung handle es sich um eine auf reduzierte Zurechnungsfähigkeit zurückzuführende unüberlegte Spontanhandlung, bei deren Ahndung lange Zeit zurückliegende einschlägige Vorverurteilungen nicht ins Gewicht fielen.

Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu. Im Sinn der dazu vorgebrachten Argumente trifft es nämlich zu, daß der vom Angeklagten als Verbrechen der Vergewaltigung zu verantwortende Handlungskomplex aus der Sicht sowohl der Täterschuld als auch des Tatunrechts außergewöhnlich gravierende Komponenten aufweist. Abgesehen davon, daß die Anbahnung des Opferkontaktes durch realitätsfremde Erwerbszusagen an die einer wirtschaftlich benachteiligten Region entstammende junge Frau durchaus Elemente kalkulativen Tätervorbedachts verdeutlicht, erreichte die hier in Rede stehende Sexualaggression einen Intensitätsgrad, der die Verzweiflung des (unter anderem mit zwei Vibratoren malträtierten und durch die Ankündigung weiterer Tataggravierung geschockten) Tatopfers bis zur panikartigen Selbstaufgabe steigerte. Davon ausgehend bedarf es aber im konkreten Fall einer die Hälfte der gesetzlichen Obergrenze (zehn Jahre Freiheitsstrafe) übersteigenden Sanktion, sollen die gesetzesgewollten Strafzwecke, insbesondere auch das Aufzeigen des tataktuellen Handlungsunwerts, in angemessener Weise durchschlagen.

Auf die solcherart gebotene spruchgemäße Straferhöhung war der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

 

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