Spruch:
I. Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 24.November 1994, GZ 10 Vr 15/94-15, verletzt das Gesetz
1./ im Punkt A./III./1./d./ des wider den Angeklagten Michael Franz B***** ergangenen Schuldspruches und im Punkt A./III./2./ dieses Schuldspruches, in letzterem Punkt jedoch nur soweit dem Angeklagten auch der Besitz des bereits vom Schuldspruch wegen Verbrechens nach § 12 zweitem Fall StGB, § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG (Punkt A./I./1./ bis 7./) erfaßten Heroins gesondert zur Last gelegt wird, in der Bestimmung des § 16 Abs 1 SGG,
2./ durch den im Punkt B./ des Schuldspruches enthaltenen Ausspruch der gewerbsmäßigen Tatbegehung in der Vorschrift des § 38 Abs 1 lit a FinStrG.
Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird gemäß § 292 letztem Satz StPO in den genannten Schuldsprüchen (A./III./1./d./ und im oben unter 1./ erwähnten Teil des Schuldspruches A./III./2./) sowie in den Aussprüchen über die gewerbsmäßige Begehung der Urteilstat B./ und über deren rechtliche Unterstellung (auch) unter § 38 Abs 1 lit a FinStrG, ferner im gesamten Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung, jedoch unter Ausnahme des Einziehungserkenntnisses) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 24. November 1994, GZ 10 Vr 50/94-15, wurde der am 19.März 1957 geborene Michael Franz B***** des teils in der Beteiligungsform als Bestimmungstäter (§ 12, zweiter Fall StGB - A./I./) begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG (A./I./ und II./), des Vergehens nach § 16 Abs 1 (zweitem, viertem und fünftem Fall) SGG (A./III./) und des (gleichfalls als Bestimmungstäter verwirklichten - § 11 zweiter Fall FinStrG) Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (B./) schuldig erkannt. Über ihn wurden nach § 12 Abs 3 SGG, § 28 (Abs 1) StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, gemäß § 12 Abs 5 SGG eine Geldstrafe in der Höhe von 15.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Monat), gemäß § 13 Abs 2 SGG eine Wertersatzstrafe im Ausmaß von 30.000 S (für den Uneinbringlichkeitsfall zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) sowie nach § 38 Abs 1 FinStrG (unter faktischer Bedachtnahme auf § 21 Abs 1 und 2 FinStrG) eine Geldstrafe von 60.000 S (im Uneinbringlichkeitsfall drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die Vorhaft wurde - entgegen §§ 38 Abs 1 StGB und 23 Abs 4 FinStrG - nur auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
Ferner wurde eine Suchtgiftmenge von 1,1 Gramm Heroin eingezogen.
Inhaltlich des Schuldspruchs hat der Angeklagte in Klagenfurt und an anderen Orten
A./ den bestehenden Vorschriften zuwider
(zu I./1./ bis I./7./) im Zeitraum von Oktober 1992 bis Jänner 1994 in zahlreichen Angriffen Suchtgiftlieferanten dazu bestimmt, insgesamt 70,8 Gramm Heroinbase, somit Suchtgift in einer die große Menge des § 12 Abs 1 SGG um mehr als das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Menge von Slowenien nach Österreich einzuführen;
(zu II./1./ bis II./3./) zwischen Sommer 1993 und Jänner 1994 Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 3,01 Gramm Heroinbase durch Verkauf an bestimmte (namentlich genannte) Personen in Verkehr gesetzt;
(zu III./) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG Suchtgift
1./ erworben, und zwar
a) in der Zeit von Mai 1992 bis Oktober 1992 insgesamt zumindest 20 Gramm Heroin durch Ankauf von einer unbekannt gebliebenen Person;
b) im Oktober 1992 1,5 Gramm Heroin durch Ankauf von einem gewissen "Johnson";
c) im April 1993 100 Methadon-Tabletten;
d) in der Zeit von Oktober 1992 bis Jänner 1994 das zu A./I./1./ bis 7./ bezeichnete Suchtgift;
2./ besessen, und zwar das zu A./I./1./ bis 7./ und A./III./1./ (a bis c) geschilderte Suchtgift bis zur Weitergabe bzw bis zum Eigenkonsum;
3./ nach Österreich eingeführt, und zwar im April 1993 das zu A./III./1./c./ angeführte Suchtgift über den Loiblpaß;
B./ durch die zu A./I./ geschilderten Handlungen andere dazu bestimmt, vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen, "wobei es den anderen darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und Eingangsabgaben in der Höhe von 118.731,30 S (strafbestimmender Wertbetrag) hinterzogen wurden".
Nach den maßgeblichen Feststellungen des Erstgerichtes hat der schwer heroinabhängige Angeklagte mehrere slowenische Staatsangehörige zum (entgeltlichen) Schmuggel des zu Punkt A./I./1./ bis 7./ angeführten Suchtgiftes aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich angestiftet. Die solcherart tatplangemäß importierte "Übermenge" Heroin konsumierte Franz B***** in der Folge großteils selbst, einen Teil überließ er seiner gleichfalls suchtgiftergebenen Gattin Ulrike B*****, eine große Menge (§ 12 Abs 1 SGG) veräußerte er zur Finanzierung der eigenen Sucht an verschiedene Abnehmer (A./II./1.-3.).
Zum Schuldspruchfaktum B./ konstatierte der Schöffensenat, daß der Angeklagte im Wissen handelte, daß die (zu A./I. bezeichneten) unmittelbaren Täter bei den über seine Veranlassung durchgeführten Suchtgiftimporten jeweils in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung der unter Mißachtung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht durchgeführten Schmuggelfahrten eine fortlaufende (in der Differenz des Ankaufs- und Verkaufspreises gelegene) Einnahmsquelle zu erschließen. Ausdrücklich stellten die Tatrichter in diesem Zusammenhang fest, daß dem Angeklagten selbst eine derartige gewerbsmäßige Tendenz nicht nachgewiesen werden könne (US 11 f, 16 f).
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpfen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit entgegengesetzten Anfechtungszielen hinsichtlich der Höhe der Freiheitsstrafe, der Angeklagte auch wegen der Verweigerung ihrer bedingten Nachsicht mit Berufungen, über die noch nicht entschieden wurde.
Das angeführte Urteil steht, wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend geltend macht, in mehrfacher Hinsicht mit dem Gesetz nicht im Einklang:
1./ In bezug auf die Fakten A./III./d./ und A./III./2.
des Schuldspruchs:
Eine gesonderte Beurteilung des Erwerbes und Besitzes von Suchtgift als Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG ist abgesehen von hier nicht aktuellen Fallkonstellationen (vgl dazu Leukauf-Steininger Strafrechtliche Nebengesetze2 E 20, Mayerhofer-Rieder Nebenstrafrecht3 E 11 jeweils zu § 16 SGG) auf Grund der Subsidiaritätsklausel des § 16 Abs 1 SGG dann ausgeschlossen, wenn (wie hier) die vom Täter erworbene und besessene Suchtgiftmenge (A./III./1./d und - teilweise - A./III./2.) bereits Gegenstand eines Schuldspruchs nach § 12 SGG (hier in Form der Einfuhr - A./I./1.-7.) ist.
Der Schuldspruch nach § 16 Abs 1 SGG erweist sich somit im aufgezeigten Umfang (A./III./1./d./ und - teilweise - A./III./2./) als verfehlt.
2./ In bezug auf das Faktum B./ des Schuldspruchs:
Die gewerbsmäßige Tatbegehung betrifft (als strafsatzerhöhender Umstand nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG bzw als Zuständigkeitsvoraussetzung im Sinne des § 53 Abs 1 lit a FinStrG) nach herrschender Rechtsprechung und Lehre ausschließlich die Schuld (vgl mwN Leukauf-Steininger StGB3 § 14 RN 17; § 70 RN 7; Foregger-Kodek StGB5 § 70 Erl III; Fabrizy in WK § 14 Rz 20). Die Gewerbsmäßigkeit belastet daher im Falle des Zusammenwirkens mehrerer Tatbeteiligter nur denjenigen, in dessen Person dieses (zusätzliche) persönliche Kriterium vorliegt; das Anstreben einer fortlaufenden Einnahme (nur) für einen Dritten bzw die Kenntnis der gewerbsmäßigen Absicht eines anderen Beteiligten genügt nicht (Dorazil-Harbich, FinStrG MGA, § 38 E 17).
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen ist die Tendenz des Angeklagten, sich durch die fortlaufende Begehung der von Komplizen vorgenommenen Schmuggelfahrten eine regelmäßige Einnahmsquelle zu eröffnen, dem Angeklagten nicht nachweisbar; die Qualifikation nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG wurde ihm daher zu Unrecht angelastet (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO).
Dessen ungeachtet ist (aufgrund sachlicher Konnexität gemäß § 53 Abs 4 FinStrG) die Gerichtskompetenz für das Strafverfahren gegen den als Bestimmungstäter (§ 11, zweite Täterschaftsform) FinStrG vorsätzlich an der Tat beteiligten Angeklagten wegen des (ansonsten bloß verwaltungsbehördlich zu ahndenden) Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG gegeben, weil nach den Urteilsannahmen die (gewerbsmäßig handelnden) unmittelbaren Täter die Voraussetzungen für die Gerichtszuständigkeit im Sinne des § 53 Abs 1 lit a FinStrG erfüllt haben (vgl MGA § 53 Anm 8). Da die Zuständigkeitsnorm des § 53 Abs 4 FinStrG weder auf die prozessuale Stellung der einzelnen an der Tat Beteiligten noch auf das Stadium des gegen sie geführte Strafverfahrens, sondern lediglich auf deren materiell-rechtliche Stellung als Mittäter oder Beteiligte abstellt (Dorazil-Harbich aaO § 53 EGr 16), kann der Umstand, daß eine (gerichtliche) Strafverfolgung der unmittelbaren Täter nicht aktenkundig ist, auf sich beruhen.
Es war somit in Stattgebung der Beschwerde spruchgemäß zu entscheiden, wobei es dem Obersten Gerichtshof - im Unterschied zur Meinung der Beschwerdeführerin - nach den gegebenen Umständen angezeigt erschien, die betroffenen Entscheidungsteile zu kassieren und nicht in der Sache selbst zu erkennen.
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