Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben; die angefochtenen Urteile werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 92.784,-- samt 4 % Zinsen aus S 9.278,40 je seit 2.4.1991, 2.5.1991, 2.6.1991, 2.7.1991, 2.8.1991, 2.9.1991, 2.10.1991, 2.11.1991, 2.12.1991 und 2.1.1992 zuzüglich 20 % USt aus den Zinsen und die mit S 14.002,-- (darin enthalten S 1.887,-- USt und S 2.680,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit S 9.044,40 (darin enthalten S 707,40 USt und S 4.800,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.433,60 (darin enthalten S 905,60 USt und S 6.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 10.4.1991, S 44/91, wurde über das Vermögen der Z***** GesmbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) der Anschlußkonkurs eröffnet; der Beklagte wurde zum Masseverwalter bestellt.
Die Klägerin hatte mit der Gemeinschuldnerin einen Leasingvertrag über *****Bildschirme samt Peripherie und Zusatzgeräten geschlossen; die monatlichen Leasingraten betrugen S 9.278,40. Die Klägerin machte bereits im Ausgleichsverfahren in der Forderungsanmeldung aufgrund ihres Eigentumsrechts ein Aussonderungsrecht an den geleasten Maschinen geltend. Der Beklagte bestritt diesen Aussonderungsanspruch mit Stellungnahme vom 28.3.1991 im Hinblick auf einen angeblichen Eigentumsvorbehalt der L*****bank *****. Die Geräte wurden im Februar 1992 im Einverständnis mit der Klägerin veräußert. Erstmals mit Schreiben vom 2.3.1992 begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung der Leasingraten für April 1991 bis Jänner 1992 von insgesamt S 92.784,-- als Benützungsentgelt.
Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 3.3.1992 ab, weil der Betrieb der Gemeinschuldnerin nicht weitergeführt worden sei und die Geräte nicht benützt worden seien; die Benützungsentgeltforderung könne daher nicht anerkannt werden. Im Schreiben an die Klägerin vom 3.6.1992 führte der Beklagte aus, er sei seines Erachtens nicht als Masseverwalter in den bestehenden Vertrag eingetreten.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von S 92.784,-- sA als Masseforderung; eine Rücktrittserklärung des beklagten Masseverwalters gemäß § 21 KO liege nicht vor, die Maschinen seien nicht herausgegeben worden.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, es wäre Sache der Klägerin gewesen, einen Antrag an das Konkursgericht zu stellen, daß sich der Masseverwalter binnen einer vom Konkursgericht zu bestimmenden Frist hinsichtlich der Vertragserfüllung oder des Vertragsrücktritts erklären muß. Im Zweifel gelte, daß der Masseverwalter vom Vertrag zurücktritt; dieser Rücktritt gelte im Zweifel zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung. Die Klägerin habe den Beklagten nie aufgefordert, in den Vertrag einzutreten; seit Konkurseröffnung sei mit den Geräten nicht mehr gearbeitet worden. Der beklagte Masseverwalter sei schon deshalb nicht in den bestehenden Leasingvertrag eingetreten, weil er das Absonderungsrecht der Klägerin nicht anerkannt habe und auf einen Eigentumsvorbehalt der L*****bank ***** hingewiesen habe. Allein daraus ergebe sich zumindest ein stillschweigender Rücktritt vom Leasingvertrag. In der Klagebeantwortung erklärte der Beklagte nunmehr ausdrücklich den Rücktritt vom Leasingvertrag.
Darauf replizierte die Klägerin, da das Gericht hier nicht dem Masseverwalter auf Antrag eines Gläubigers eine Frist zur Abgabe der Rücktrittserklärung gesetzt habe, finde die Zweifelsregel des § 21 Abs 2 KO nicht Anwendung. Vielmehr räume § 21 Abs 1 KO dem Masseverwalter eine Option zum Rücktritt vom Vertrag ein, der eine Willenserklärung des Masseverwalters voraussetze. Ein solcher Rücktritt sei nicht erfolgt. Ein Rücktritt des Masseverwalters gemäß § 21 KO würde überdies nur ex nunc wirken. Gerade die Bestreitung des Aussonderungsanspruchs, und damit die Verweigerung der Herausgabe der Sachen, könne keinesfalls als Rücktrittserklärung angesehen werden. Die Klagsforderung werde primär aufgrund des Leasingvertrags begehrt, in eventu als Benützungsentgelt aus dem Rechtstitel der Bereicherung der Masse.
Das Erstgericht wies die Klage ab; ergänzend zum bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt führt es aus, es könne nicht festgestellt werden, daß die Klägerin beim Konkursgericht einen Antrag gemäß § 21 Abs 2 KO gestellt hätte, der Masseverwalter solle erklären, ob er in den Vertrag eintrete oder von diesem zurücktrete. Nach der Konkurseröffnung habe die Gemeinschuldnerin die Geräte der Klägerin nicht mehr benützt. Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, bei dem Anspruch auf Erfüllung zweiseitiger Verträge, in die der Masseverwalter eingetreten sei, handle es sich um eine Masseforderung (§ 46 Abs 1 Z 4 KO). Eine ausdrückliche Erklärung des Masseverwalters, in den Vertrag einzutreten, liege nicht vor. Bis zu dem Schreiben des Masseverwalters vom 3.6.1992, mit dem der Masseverwalter den Rücktritt vom Vertrag erklärt habe, sei das Geschäft schwebend aufrecht gewesen. Durch den Rücktritt des Masseverwalters habe sich der Anspruch der Klägerin auf Vertragserfüllung nachträglich in einen Schadenersatzanspruch verwandelt, der allerdings nur als Konkursforderung geltend zu machen gewesen wäre. Durch den bloßen Verbleib der Geräte in der Gewahrsame der Gemeinschuldnerin sei auch keine Masseforderung wegen grundloser Bereicherung der Masse nach § 46 Abs 1 Z 6 KO entstanden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge; es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte weiters aus, daß sich an der Rechtslage nichts ändern würde, wenn man den Leasingvertrag als in zeitlicher Hinsicht teilbares Dauerschuldverhältnis im Sinn des § 21 Abs 4 KO ansähe. Auch in diesem Fall läge ein bereits vor Konkurseröffnung begründetes Dauerschuldverhältnis vor, in das der Masseverwalter nie eingetreten sei. Eine Masseforderung nach § 46 Abs 1 Z 4 KO entstehe aber nur aufgrund eines solchen Vertragseintritts des Masseverwalters. Darin, daß der Masseverwalter Aussonderungsansprüche der Klägerin an den Leasinggeräten nicht anerkannte, sei ein Vertragseintritt sicher nicht zu erblicken; der Masseverwalter habe seinen Schritt nicht mit dem aufrechten Bestand des Leasingvertrages, sondern mit dinglichen Rechten Dritter an den Leasinggeräten, die einer Herausgabe an die Klägerin entgegenstünden, begründet. Daß der Masseverwalter sonst Handlungen gesetzt hätte, die auf einen Vertragseintritt schließen hätten lassen, behaupte die Klägerin selbst nicht. Der Klagsanspruch könne auch nicht auf den Rechtstitel der Bereicherung gestützt werden, weil der Umstand allein, daß sich die Leasinggeräte bis zu ihrer einvernehmlichen Veräußerung bei der Gemeinschuldnerin befanden, keine Bereicherung der Masse darstelle.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu, weil es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefolgt sei.
Die Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Frage nach dem weiteren Schicksal des Finanzierungsleasingvertrages im Konkurs des Leasingnehmers wurde bisher in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht behandelt. In der Entscheidung SZ 56/78 wurde als nicht entscheidungswesentlich ausdrücklich davon Abstand genommen zu prüfen, ob die Rechtsfolgen der durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Leasingnehmers eingetretenen Leistungsstörung nach den Regeln der Konkursordnung über Bestandverträge (§ 23 KO) oder über zweiseitige Rechtsgeschäfte im allgemeinen (§ 21 KO) abzuhandeln sind.
Iro (Der Leasingvertrag im Konkurs des Leasingnehmers, RdW 1993, 177) vertritt - der herrschenden deutschen Lehre und der Rechtsprechung des BGH folgend - die Meinung, bei Konkurs des Leasingnehmers seien die Sonderregeln des § 23 KO für Bestandverträge anzuwenden. Der Masseverwalter trete daher automatisch in den Leasingvertrag ein und werde somit so lange Vertragspartner des Leasinggebers, bis er den Vertrag kündigt; daran sei er aber nicht durch die für Finanzierungsleasingverträge typische feste Laufzeit gehindert. Der Masseverwalter könne unter Einhaltung der gesetzlichen Termine und Fristen kündigen, wobei mangels einer besonderen Vorschrift die in § 1116 ABGB normierte Frist von 24 Stunden entsprechend gelte. Bis zum Wirksamwerden der Kündigung träfen den Masseverwalter voll die Pflichten aus dem Leasingvertrag und seien die Leasingraten als Masseschuld zu begleichen. Für die analoge Anwendung des § 23 KO spiele die Einordnung des Finanzierungsleasing keine entscheidende Rolle, wenn auch die doch sehr starken mietrechtlichen Elemente dafür sprächen. Ausschlaggebend sei vielmehr, daß der Leasinggeber so wie ein Bestandgeber dem Gemeinschuldner bereits vor Konkurseröffnung eine Sache zum Gebrauch überlassen habe und daher seine Leistung nicht zur Sicherung der periodischen Gegenleistungen zurückbehalten könne. Gleichgültig sei, ob der Leasingnehmer eine Kaufoption habe. Diese ändere nämlich während der Grundlaufzeit nichts an der Vergleichbarkeit der Situation mit Bestandverträgen. Um die Masse vor einem willkürlichen Entzug ihres Optionsrechts zu schützen, sei allerdings dem Leasinggeber in diesem Fall so lange kein Kündigungsrecht nach § 23 Abs 1 KO zuzubilligen, als er von der Masse die Leasingraten erhalte. Bestehe jedoch eine Pflicht des Leasingnehmers zum Kauf des Leasingobjekts oder sei die Kaufoption so ausgestaltet, daß ihre Nichtausübung wirtschaftlich unvernünftig wäre, so werde man den Leasingvertrag wie einen Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt behandeln und dem Masseverwalter das Wahlrecht nach § 21 KO gewähren müssen.
Der erkennende Senat hat erwogen:
Die Anwendung des § 23 KO ist nicht entscheidend davon abhängig, daß es sich um einen Vertrag handelt, der den gesetzlichen Vorschriften über den Mietvertrag in allem entspricht. Sinn und Zweck des § 23 KO ist es, im Interesse aller Konkursgläubiger zu vermeiden, daß die Konkursmasse durch das Fortbestehen eines Dauerrechtsverhältnisses belastet wird, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten oder sie angemessen nutzen zu können (zum § 23 KO entsprechenden § 19 dKO:
BGHZ 71, 189, 191; von Westphalen, Der Leasingvertrag4, 434; von Westphalen, Leasing und Konkurs, BB 1988, 218, 221). Dies rechtfertigt es, § 23 KO nicht nur auf reine Mietverträge anzuwenden, sondern uU auch auf Verträge eigener Art oder auf solche, die Elemente mehrerer Vertragstypen enthalten (BGHZ 71, 189, 191).
Fischer-Czermak hat jüngst (Mobilienleasing 77 ff, 82) als Ergebnis einer Analyse der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend aufgezeigt, daß sich den Entscheidungen kein einheitlicher Standpunkt zur Rechtsnatur des Finanzierungsleasings entnehmen läßt. Zumal mangels entsprechender Tatsachengrundlagen eine nähere Einordnung des Leasingvertrags hier unmöglich ist, kann von einer Stellungnahme zu dieser Frage Abstand genommen werden. Die Frage nach der rechtlichen Qualifizierung der Finanzierungsleasingverträge spielt nämlich für die Lösung der konkursrechtlichen Frage, ob § 21 KO oder § 23 KO anzuwenden sind, keine entscheidende Rolle (Iro aaO; Jaeger/Henckel, KO9, Rz 17 zu § 19).
Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des Vertrages in der Gebrauchsüberlassung liegt oder eine Veräußerung bezweckt, so daß die bloße Gebrauchsüberlassung nicht dem wirklichen Willen der Vertragschließung entspricht (BGHZ 71, 189, 191 f).
Auch ein Finanzierungsleasingvertrag mit Kaufoption ist zunächst auf die Gebrauchsüberlassung gerichtet; die Leasingraten werden in erster Linie als Entgelt für die Gebrauchsmöglichkeit gezahlt (Jaeger/Henckel aaO). Ist das Wirtschaftsgut dem Leasingnehmer bei Konkurseröffnung bereits überlassen, so erfüllt sich der Vertrag von seiten des Leasinggebers von selbst; der Leasinggeber kann seine Leistung nicht zurückbehalten, um seinen Anspruch auf die Gegenleistung zu sichern (Iro aaO; Jaeger/Henckel aaO). In einem solchen Fall ist grundsätzlich auch bei einem Leasingvertrag mit Kaufoption die Anwendung des § 23 KO angebracht (BGHZ 71, 189, 193 ff; BGHZ 109, 368, 374 f; Jaeger/Henckel aaO; Kilger/K.Schmidt, KO16, Anm 2 zu § 19; Huber in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, Rz 20 f zu § 38; Kuhn/Uhlenbruck, KO11, Rz 24 zu § 19; von Westphalen, Der Leasingvertrag4, Rz 930; von Westphalen in BB 1988, 218, 221; Fehl, Leasing und Konkurs, BB 1989, Beil 10, 28).
Mangels entsprechenden Parteienvorbringens besteht hier kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer besonderen Vertragsgestaltung (Pflicht des Leasingnehmers zum Kauf des Leasingobjekts oder Kaufoption, deren Nichtausübung wirtschaftlich unvernünftig wäre), durch welche die für die Anwendung des § 23 KO maßgeblichen Kriterien derart in den Hintergrund treten könnten, daß man den Leasingvertrag wie einen Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt behandeln und dem Masseverwalter das Wahlrecht nach § 21 KO gewähren müsse (Iro aaO 178).
Canaris (Bankvertragsrecht2 Rz 1783) vertritt den Standpunkt, daß entsprechend der kreditorischen Funktion des Finanzierungsleasing grundsätzlich darlehensrechtliche Regeln anzuwenden seien; ein Kündigungsrecht nach § 19 dKO (entsprechend § 23 KO) komme somit nicht in Betracht. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden, weil hiebei das entscheidende Element, das der Leasinggeber nach Überlassung des Gebrauchs seine Leistung nicht mehr zur Sicherung der periodischen Gegenleistungen zurückbehalten kann, nicht entsprechend Berücksichtigung findet.
Der Masseverwalter konnte somit nur eine Kündigung des Leasingvertrags vornehmen; er hatte im Anwendungsbereich des § 23 KO nicht die Möglichkeit, eine Erklärung abzugeben, in den Vertrag nicht eintreten zu wollen (EvBl 1961/343; SZ 24/17).
Mangels Kündigung durch den Masseverwalter nach § 23 KO handelt es sich bei der eingeklagten Forderung auf Zahlung des Leasingentgelts um eine Masseforderung, sodaß dem Klagebegehren stattzugeben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO.
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