OGH 3Ob19/95

OGH3Ob19/9526.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssahe der klagenden Partei P*****, vertreten durch Dr.Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Josef H*****, vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unzulässigkeit von Strafbeschlüssen, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 28.Dezember 1994, GZ 46 R 1936/94-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 2.September 1994, GZ 2 C 513/94w-2, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird aufgetragen, unter Abstandnahme von den gebrauchten Zurückweisungsgrund das Verfahren über die Klage einzuleiten.

Die Rechtsmittelkosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist auf Grund einer einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Linz verpflichtet, bestimmte wettbewerbswidrige Handlungen zu unterlassen. Dieses Gericht bewilligte dem Beklagten als betreibendem Gläubiger auf Grund der einstweiligen Verfügung die Exekution zur Erwirkung des darin angeordneten Unterlassungsgebotes, wobei es als Exekutionsgericht das Erstgericht bezeichnete. Dieses verhängte wegen mehrerer vom Beklagten als betreibendem Gläubiger behaupteter Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel über die klagende Partei mit vier Beschlüssen Geldstrafen.

Mit der beim Erstgericht eingebrachten Klage macht die klagende Partei geltend, daß sie der einstweiligen Verfügung nicht zuwidergehandelt habe, und begehrt die Feststellung, daß ein Zuwiderhandeln gegen die einstweilige Verfügung und die Exekutionsbewilligung des Landesgerichtes Linz nicht vorliegt und daß die Verhängung von Geldstrafen "aus den" Strafbeschlüssen des Erstgerichtes unzulässig ist.

Das Erstgericht wies die Klage vor Zustellung an den Beklagten wegen Unzuständigkeit zurück, weil sie gemäß § 36 Abs 2 EO beim Landesgericht Linz einzubringen gewesen wäre.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß des Erstgerichtes infolge Rekurses der klagenden Partei und sprach aus, daß der Wert des "Streitgegenstandes" S 50.000,- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Mit der Klage würden nicht nur die Strafbeschlüsse des Erstgerichtes, sondern es würde damit auch die vom Landesgericht Linz erlassene Exekutionsbewilligung bekämpft. Es sei angemessen und notwendig, daß in einem solchen Fall ein einziges Gericht über die Klage entscheide, wobei bei sinnvoller Auslegung des § 36 Abs 2 EO der Zuständigkeit des die Exekution bewilligenden Gerichtes der Vorzug zu geben sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der klagenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Zum einen kann dem Rekursgericht nicht darin beigepflichtet werden, daß sich die Klage auch gegen den die Exekution bewilligenden Beschluß des Landesgerichtes Linz richtet. Dieser Beschluß wird zwar im Klagsvorbringen erwähnt. Mit dem Klagebegehren wird aber nur der Ausspruch begehrt, daß die Strafbeschlüsse des Erstgerichtes unzulässig seien. Daß zugleich auch die Feststellung begehrt wird, es läge ein Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel und die Exekutionsbewilligung nicht vor, bedeutet noch nicht, daß mit der Klage auch die Exekutionsbewilligung bekämpft wird, zumal es auch bei der Bekämpfung von Strafbeschlüssen darauf ankommt, ob der Verpflichtete der nach dem Exekutionstitel bestehenden Verpflichtung, und nicht darauf, ob er der Exekutionsbewilligung zuwidergehandelt hat (EvBl 1993/137). Die Anführung des Exekutionstitels im Klagebegehren hat daher nicht notwendigerweise zur Folge, daß sich dieses auch gegen die Exekutionsbewilligung richtet. Dazu kommt noch, daß die klagende Partei vor Einbringung der hier vorliegenden Klage beim Landesgericht Linz schon eine Klage eingebracht hat, mit der erkennbar die Exekutionsbewilligung bekämpft wird, woraus ebenfalls zu schließen ist, daß sich die vorliegende Klage nicht gegen die Exekutionsbewilligung richtet.

Bilden aber, wie dies die klagende Partei in ihrem Rechtsmittel zu

Recht geltend gemacht hat, nur die Strafbeschlüsse des Erstgerichtes

den Gegenstand der Klage, so ist das Exekutionsgericht und somit das

Erstgericht zur Entscheidung zuständig (SZ 6/30; Heller-Berger-Stix

I 439). Aber selbst wenn man dem Rekursgericht darin folgte, daß mit

der Klage auch die Exekutionsbewilligung bekämpft wird, wäre seine

Rechtsansicht nicht zu billigen. Es käme dann nämlich § 227 Abs 1

ZPO zum Tragen, wonach mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben

Beklagten, die nicht gemäß § 55 JN zusammenzurechnen sind, in

derselben Klage nur geltend gemacht werden dürfen, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozeßgericht zuständig ist.

Richtet sich die Klage gegen die Bewilligung der Exekution zur

Erwirkung von Duldungen oder Unterlassungen und gegen einem im Zuge

dieser Exekution erlassenen Strafbeschluß, so werden damit, ebenso

wie wenn mehrere Strafbeschlüsse bekämpft werden, mehrere Ansprüche

geltend gemacht, die nicht gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN

zusammenzurechnen sind, weil sie weder in einem tatsächlichen noch in

einem rechtlichen Zusammenhang stehen. Ein tatsächlicher Zusammenhang

ist nicht gegeben, weil den bekämpften Beschlüssen, anders als in dem

der Entscheidung MR 1988, 90 zugrundeliegenden Fall, verschiedene

Verstöße gegen den Exekutionstitel zugrundeliegen, ein rechtlicher

Zusammenhang nicht, weil hierüber mit verschiedenen Beschlüssen

entschieden wurde. Gemäß § 227 Abs 1 Z 1 ZPO hätte daher zwar ein

gegen die Exekutionsbewilligung gerichtetes Begehren nicht gemeinsam

mit dem gegen die Strafbeschlüsse gerichteten Begehren in einer Klage

geltend gemacht werden dürfen, weil für das erste Begehren gemäß §

36 Abs 2 EO das Landesgericht Linz als jenes Gericht zuständig

gewesen wäre, bei dem die Bewilligung der Exekution in erster Instanz

beantragt wurde. Dies hätte die Zurückweisung der Klage aber nur

gerechtfertigt, soweit sie als gegen die Exekutionsbewilligung

gerichtet anzusehen gewesen wäre (vgl GlUNF 7678, 3872; Fasching,

ZPR2 Rz 1119; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 227). Für den

übrigen Teil des Klagebegehrens wäre die Zuständigkeit des

Erstgerichtes hingegen auf jeden Fall gegeben gewesen. Die - oft

nicht einmal aus Gründen der Zweckmäßigkeit gerechtfertigte -

Erwägung des Rekursgerichtes daß zur Entscheidung immer ein und

dasselbe Gericht zuständig sein müsse, steht mit § 55 Abs 1 Z 1

JN und § 227 Abs 1 Z 1 ZPO in Widerspruch, weshalb ihr nicht

gefolgt werden kann.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten beruht auf § 52 Abs 1

ZPO.

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