OGH 4Ob30/95

OGH4Ob30/9525.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die beklagte Partei W***** OEG, ***** vertreten durch Ganzert & Ganzert Partnerschaft, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 30.Jänner 1995, GZ 6 R 12/95-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 30.November 1994, GZ 8 Cg 219/94m-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Gericht erster Instanz wird eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Provisorialverfahrens.

Text

Begründung

Die Streitteile beschäftigen sich mit dem Verkauf von Autolacken an Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstätten. In Oberösterreich und Teilen Niederösterreichs vertreibt die Beklagte Lacke des Markenzeichens "Dupont", in ganz Österreich vertreibt die Klägerin Autolacke der Marke "PPG".

Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr "weder mündlich noch schriftlich" (offenbar gemeint: mündlich oder schriftlich) zu behaupten, PPG-Acryl-Lacke seien um 8 %, Basis-Lacke um 6 %, Pearl-Lacke um 55 % und Lkw-Lacke um 46,3 % teurer als die korrespondierenden Dupont-Lacke. Die Beklagte werbe mit grafisch dargestellten Preisvergleichen, welche völlig irreführend seien. Den unrichtigen Eindruck, daß PPG-Lacke weitaus teurer als Dupont-Lacke seien, führe die Beklagte vorsätzlich dadurch herbei, daß sie zum Teil unrichtige Preise heranziehe und in allen Grafiken das ganz andere Mischungsverhältnis der beiden Lacke mit Härter, Verdünnung und Bindemitteln verschweige. Der einzige für den Kunden maßgebliche Vergleich wäre der Vergleich der spritzfertigen Lacke.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe potentiellen Kunden die von der Klägerin beanstandeten grafisch dargestellten Preisvergleiche nicht vorgelegt. Solche Grafiken dienten nicht der allgemeinen Werbung, sondern würden bei einem Verkaufsgespräch auf Grund der Bedürfnisse des einzelnen Kunden angefertigt. Dabei übergebe die Beklagte jeweils eine Preisliste der Dupont-Produkte. Preisvergleiche würden auf Grund der Anfragen und Bedürfnisse der einzelnen Werkstätte erstellt. In vielen Fällen verlange ein Kunde nicht das gesamte - aus Lack, Verdünner und Härter bestehende - System einer Markenfirma, sondern lediglich den Mischlack. Die von der Klägerin beanstandeten konkreten grafischen Preisvergleiche seien jedenfalls richtig, ihre gegenteiligen Berechnungen hingegen unzutreffend.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Beklagte verteilte in ihrem Verkaufsbereich grafisch dargestellte Preisvergleiche (Beilage A) über Autolacke der Marken Dupont und PPG an Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstätten. Nach den grafischen Darstellungen sind Dupont-Lacke preislich günstiger als die von der Klägerin vertriebenen PPG-Lacke. Die Klägerin wurde von Kunden wegen dieser grafischen Darstellung angesprochen, weil sie den Inhalt der Darstellung für richtig hielten und daher annahmen, daß die von der Beklagten vertriebenen Lacke weitaus billiger seien als die von der Klägerin vertriebenen.

Der Preisvergleich mittels grafischer Darstellung betrifft Lacke, aber nicht das (spritzfertige) Endprodukt. Die Mischung der Lacke nimmt die jeweilige Reparaturwerkstätte selbst vor. Das Mischungsverhältnis zwischen Dupont-Lacken und PPG-Lacken ist völlig verschieden. Den PPG-Lacken können mehr Verdünnungsmittel (Bindemittel, Härter) beigemengt werden als den Dupont-Lacken, wodurch es zu Preisverschiebungen kommt.

Zur grafischen Darstellung der Preisvergleiche Dupont-Lacke und PPG-Lacke nahm das Erstgericht im einzelnen als bescheinigt an:

"Grafik 1: 2 K-Acryl Lack (normaler Mischlack):

PPG:

Mischungsverhältnis laut dem technischen Merkblatt der Beklagten 2:1:1

2 Liter Deltron Mischfarbe...... S 946,--

1 Liter Deltron Härter D 802

im 5-Liter-Gebinde.............. S 277,--

1 Liter Deltron Verdünnung D 807

im 5-Liter-Gebinde.............. S 105,--

öS 1.328,--

Dies ergibt für 1 Liter spritzfertigem

Lack. .......................... S 332,--.

In der grafischen Darstellung ist der spritzfertige PPG-Lack mit S 473,-- (+ 8 %) angegeben gegenüber einer Preisangabe beim Dupont-Lack von S 434,--.

Dupont, System Centari 500 HB:

Mischungsverhältnis laut technischem Merkblatt der Klägerin 3:1:0,6

3 Liter Mischfarbe inkl. Binder..S 1.302,--

1 Liter Centari Härter AKG 260 im

5-Liter-Gebinde................. S 438,--

0,6 Liter Centari-Verdünnung AKG 360

im 5-Liter-Gebinde. ............ S 62,40

S 1.802,40

Dies ergibt für 1 Liter sptritzfertigen

Lack............................ S 391,82

2.) Grafik 2:

Basis-Lacke/Metallic:

PPG:

Mischungsverhältnis laut technischem Merkblatt der

klagenden Partei:

1:1 (Lack zur Verdünnung)

1 Liter Deltron-Mischfarbe...... S 473,--

1 Liter Deltron Verdünnung D 807

im 5-Liter-Gebinde.............. S 105,--

S 578,--

Dies ergibt für 1 Liter spritzfertigen Lack einen

Preis von....................... S 289,--.

Dupont-System Centari 6.000

Mischungsverhältnis laut technischem Merkblatt:

3:1

3 Liter Mischfarbe inkl.Binder...................... S 1.338,--

1 Liter Centari Verdünnung AB380 im

5-Liter-Gebinde................. S 104,--

S 1.442,--

Dies ergibt für 1 Liter spritzfertigen Lack

einen Preis von................. S 360,50.

Grafik 3:

Perlmutt-Lack

PPG: Das Mischungsverhältnis ist laut Merkblatt

1:1 (Lack zur Verdünnung)

1 Liter Deltron Mischfarbe normal........................... S

236,50

(= 50 %)

1 Liter Deltron Mischfarbe "Perlmutt".................. S 439,50

(= 50 %)

1 Liter Deltron Verdünnung D 807

im 5-Liter-Gebinde............... S 105,--

S 781,--

Für 1 Liter spritzfertigen Lack ergibt sich ein

Preis von.................. S 390,50.

In der grafischen Darstellung ist eine Preisangabe von S 879,-- (+ 55

%) enthalten gegenüber einer Preisangabe der Dupont-Lacke von S

567,--.

Dupont, System Centari 6000:

Mischungsverhältnis laut technischem Merkblatt 3:1

(Lack zu Verdünnung)

3 Liter Centari Mischfarbe inkl.Binder...................... S

1.701,--

1 Liter Centari-Verdünnung AB380 im

5-Liter-Gebinde...... .......... S 104,--

S 1.805,--.

Dies ergibt einen Preis für 1 Liter spritzfertigen

Lack von........................ S 451,25.

Grafik 4:

Lkw-Lack Acryl:

PPG:

Mischungsverhältnis laut technischem Merkblatt

2:1:0,5 (Lack zu Härter zu Verdünnung)

Delfleet Mischfarbe............. S 448,--

Delfleet Bindemittel für Acryl........................... S 189,--

Delfleet Härter F 361 im 3-Liter-Gebinde.................. S 318,--

Delfleet Verdünnung F372 im 5-Liter-Gebinde.................. S

47,50

S 1.002,50

Es ergibt sich hiebei für 1 Liter spritzfertigen

Lack ein Preis von.............................. S 286,42..

gegenüber der Preisangabe in der grafischen Darstellung von S 473,--

( + 46,3 %). Für das Dupont-Produkt wird der Liter-Preis für diesen

Lack von der beklagten Partei mit S 322,-- angegeben.

Dupont-System Imron 700

Mischungsverhältnis laut technischem Merkblatt

4:1:0,5 (Lack zu Härter zu Verdünnung)

4 Liter Mischfarbe inkl.Binder................................S

1.288,--

1 Liter Imron-Härter AU 270 im

5-Liter-Gebinde.....................................................S

286,--

0,5 Liter Imron-Verdünnung AU 370 im

5-Liter-Gebinde....................................................S

49,50

S 1.623,50

Für 1 Liter spritzfertigen Lack ergibt sich

ein Preis von...................................................... S 295,50."

Rechtlich meinte der Erstrichter, daß durch die von der Beklagten in ihrem Verkaufsbereich an Kunden verteilten grafisch dargestellten Preisvergleiche bei den angesprochenen Interessenten der Eindruck erweckt werde, daß die von der Klägerin vertriebenen PPG-Lacke wesentlich mehr kosteten als die Lacke der Beklagten. Der in der grafischen Darstellung angeführte Preisvergleich sei irreführend, weil er mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht im Einklang stehe. Es liege somit ein Verstoß gegen § 2 UWG vor.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Beklagten sei zuzugeben, daß das Erstgericht auf ihre Äußerung überhaupt nicht eingangen ist. Im Provisorialverfahren seien zwar Gegenbescheinigungsmittel nur insoweit aufzunehmen, als dies im Rahmen eines summarischen und möglichst raschen Verfahrens zulässig sei; dennoch gehe die Auffassung der Klägerin zu weit, daß nur auf der Grundlage der von ihr vorgelegten Beilage A zu entscheiden sei. Dies treffe umso weniger zu, als das Erstgericht zu den Argumenten der Beklagten überhaupt nicht Stellung bezogen habe.

Das müßte an sich zu einer Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses führen, doch sei das Begehren der Klägerin nicht auf eine Irreführung über die Kalkulation des Endproduktes abgestellt. Das begehrte Verbot sei viel zu allgemein gehalten und dürfte nur im Zusammenhang mit weiteren Bedingungen ausgesprochen werden. Entsprechend dem weiteren Erzeugungsvorgang müßten (im Begehren auf Unterlassung eines Preisvergleiches) neben dem Preis der Ausgangsstoffe noch weitere Komponenten berücksichtigt werden. Das Rekursgericht übersehe nicht, daß es nach der Rechtsprechung zum Preisvergleich gemäß § 2 UWG idF UWG-Nov 1988, BGBl 422, auf die Gleichheit der Waren ankomme, deren Preise in Beziehung gesetzt werden. Nach dem konkreten Begehren solle aber der Beklagten ganz allgemein, schon hinsichtlich der Ausgangsprodukte, die Behauptung verboten werden, daß jene der Klägerin teurer seien als die der Beklagten. Eine Irreführung wegen der wechselnden Berechnung der Zugabe von Härter und Verdünner werde vom Begehren gar nicht erfaßt. Dagegen könnte man einwenden, daß nur die Preise gleichwertiger Produkte verglichen werden dürfen. Für den Absatz an Werkstätteninhaber, die über entsprechenden Sachverstand verfügten, könne das aber wohl nicht ohne weiteres gelten. Ein Vergleich der Ausgangsprodukte sei in dieser allgemeinen Form noch nicht ohne weiteres irreführend, es sei denn wegen des Fehlens der zusätzlichen Elemente, nämlich Härter und Verdünner, um das Endprodukt herzustellen. Sollte die Klägerin im Tatsachenbereich im Recht sein, könnte der Beklagten nur verboten werden, auf die Preisunterschiede des Ausgangsproduktes hinzuweisen, wenn das nicht gleichzeitig mit einer Berechnung geschehe, die auch Härter und Verdünner umfasse. Damit habe aber die Klägerin ein allfälliges rechtswidriges Verhalten der Beklagten nicht in angemessener (= hinreichend bestimmter) Form geltend gemacht. Diesen Mangel könne das Gericht auch nicht durch eine Umformulierung beheben.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Klägerin erhobene Revisionsrekurs ist im Sinne seines Aufhebungsantrages berechtigt.

Mit Recht wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, daß ihr Antrag schon deshalb abzuweisen sei, weil das Begehren zu allgemein gehalten sei:

Die Klägerin wirft der Beklagten irreführende vergleichende Preiswerbung (§ 2 Abs 1 letzter Satz UWG) vor, weil in der von ihr verwendeten Grafik Unvergleichbares - nämlich Lacke, die vor ihrer Verwendung in ganz verschiedenem Verhältnis mit den übrigen Bestandteilen (Härter, Verdünnung) gemischt werden müßten - verglichen werde. Da den PPG-Lacken mehr Verdünnungsmittel zugemengt werden könnten, verschiebe sich der Preis des Endproduktes wesentlich zugunsten dieser Lacke. Sofern diese Behauptung zutrifft, wäre ein Vergleich der Preise der PPG-Lacke und der Dupont-Lacke tatsächlich in höchstem Maße irreführend. Die Güter, deren Preise im Rahmen einer gemäß § 2 Abs 1 letzter Satz UWG zulässigen vergleichenden Preiswerbung verglichen werden, müssen nämlich gleichartig sein. Sie müssen auch insoweit gleichwertig sein, als der eigene niedrigere Preis des Werbenden nicht mit dem höheren eines Konkurrenten verglichen werden darf, der eine qualitativ bessere Ware anbietet (ÖBl 1989, 149 - Figurella). Durch die UWG-Nov 1988 - mit welcher § 2 Abs 1 letzter Satz UWG eingeführt wurde - ist insofern keine Änderung der Rechtslage eingetreten: die vergleichende Preiswerbung darf auch weiterhin keine Elemente der Irreführung im Sinn des § 2 Abs 1 Satz 1 UWG enthalten. Zur Irreführung ist ein Preisvergleich aber jedenfalls dann geeignet, wenn mit ihm nur vorgetäuscht wird, daß Vergleichbares verglichen werde (ÖBl 1989, 152 - Bella Figura; ÖBl 1991, 71 - tele-WIEN). Nach dem Vorbringen der Klägerin sind aber die von ihr vertriebenen Lacke höherwertig als jene der Beklagten, so daß ein Preisvergleich unzulässig ist. Ein Vergleich der Art, wie er der Beklagten nach dem Antrag der Klägerin verboten werden soll, ist eben allein schon deshalb irreführend, weil jedem solchen Preisvergleich nach Auffassung des Verkehrs die - unausgesprochene - Prämisse zugrunde liegt, daß Gleichartiges verglichen wird, entbehrt doch sonst der Preisvergleich jedes Sinngehaltes.

Dennoch kommt entgegen der Meinung der Klägerin eine Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses noch nicht in Frage. Das Rekursgericht hat die von der Beklagten in ihrem Rechtsmittel erhobene Mängelrüge für berechtigt erkannt. Da die Einwendungen der Beklagten weder rechtlich unschlüssig noch unerheblich sind, hätte tatsächlich das Erstgericht vor seiner Entscheidung auch die von der Beklagten angebotenen Bescheinigungsmittel aufnehmen müssen. Der Beklagten, die schon in erster Instanz gehört wurde, steht das Recht des Widerspruches nach § 397 EO nicht zu. Die Ansicht der Klägerin, festgestellte Tatsachen könnten im Provisorialverfahren nur mittels Widerspruchs bekämpft werden, entbehrt jeder Grundlage. Hat das Erstgericht das Provisorialverfahren zweiseitig gestaltet, dann liegt ein mit Rekurs geltend zu machender Verfahrensmangel vor, wenn es die vom Beklagten angebotenen - erheblichen - Bescheinigungsmittel übergeht.

Aus diesen Erwägungen waren die Beschlüsse der Vorinstanzen in Stattgebung des Revisionsrekurses aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen (§§ 78, 402 Abs 4 EO, § 527 Abs 2 ZPO).

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die angebotenen Bescheinigungsmittel - soweit sie sofort ausführbar sind (§ 274 ZPO) - aufzunehmen und danach neuerlich die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4, § 52 ZPO.

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