OGH 15Os49/95

OGH15Os49/9520.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Pointner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl P***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Karl P***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 27.Februar 1995, GZ 14 Vr 1676/94-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl P***** (zugleich mit Martina Z*****, deren Urteil wegen des Verbrechens des schweren Raubes und des Vergehens der Sachbeschädigung einerseits infolge Rechtsmittelverzichts seitens der Angeklagten, andererseits wegen ungenützten Verstreichenlassens der Anmeldungsfrist durch den Staatsanwalt in Rechtskraft erwachsen ist) auf Grund des (einstimmigen) Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I.) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.1.) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II.2.) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach diesem Urteil hat er am 1.November 1994 in Klagenfurt (wobei jeweils überflüssig die fakultative allgemeine Strafausdehnungsnorm des § 39 StGB im Fragenschema und im Urteilsspruch zitiert werden - vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 39 RN 18 f mit Judikaturzitaten)

(zu I.) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Martina Z***** als unmittelbarer Täter dem Josef A***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe, indem sie diesen aufforderten: "Her mit dem Geld ! Ich steche Dich ab, wenn Du Dich wehrst" und ihm gleichzeitig ein Taschenmesser an den Hals und ein Küchenmesser an die Brust ansetzten, fremde bewegliche Sachen, nämlich 3.200 S Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern;

(zu II.) allein den Josef A*****

1. durch Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt (Schleimhautläsion mit umgebendem Hämatom innen an der Oberlippe);

2. durch gefährliche Drohung, nämlich durch die Äußerung: "Ich bringe Dich um, wenn Du die Polizei holst !" zur Unterlassung der Verständigung der Polizei genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen erhob der Angeklagte P***** eine nominell auf "§§ 344, 281 Abs 1 Ziff. 5, Ziff. 5 a, 345 Abs 1 Ziff. 10 a StPO" gestützte Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

Vorweg ist festzuhalten, daß Punkt 1. der Rechtsmittelanträge dahin geht, "die Sache an das Geschworenengericht rück[zu]verweisen", bezieht sich somit uneingeschränkt auch auf das Schuldspruchsfaktum II.1. wegen Vergehens der Körperverletzung. Dazu finden sich jedoch in der Rechtsmittelschrift keine sachbezogenen Ausführungen, sodaß es der Beschwerde insoweit an der gebotenen deutlichen und bestimmten Bezeichnung jener Tatumstände ermangelt, die den bezeichneten Nichtigkeitsgrund bilden sollen (§§ 285 a Z 2, 344 StPO).

Eine Mängelrüge nach Art des § 281 Abs 1 Z 5 StPO ist im Rechtsmittelverfahren gegen geschworenengerichtliche Urteile, die sich allein auf den Wahrspruch der Geschworenen zu stützen und in den Entscheidungsgründen keine Sachverhaltskonstatierungen zum Schuldspruch zu enthalten haben (Foregger/Kodek StPO6 § 342 Erl I), nicht vorgesehen. Durch § 344 StPO werden die Nichtigkeitsgründe des § 281 StPO nicht auf das geschworenengerichtliche Verfahren übertragen, denn die Vorschriften der §§ 280 bis 296 a StPO gelten für dieses Verfahren gemäß § 344 StPO nur soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist; im § 345 StPO wird daraufhin eine eigenständige Regelung der Nichtigkeitsgründe im geschworenengerichtlichen Verfahren getroffen.

In der inhaltlich allein geltend gemachten Tatsachenrüge (Z 10 a) behauptet der Rechtsmittelwerber unter isolierter Zitierung eines einzigen Satzes aus der Aussage des Zeugen Josef A***** in der Hauptverhandlung (S 233: "Die beiden Angeklagten und ich waren voll betrunken") in Verbindung mit der (in der Beschwerdeschrift nicht näher konkretisierten) Aussage des Zeugen Josef F***** erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen, nämlich in bezug auf die in der ersten und in der dritten Hauptfrage angeführten (von den Laienrichtern bejahten) Drohungen der Angeklagten gegenüber dem Zeugen A*****.

Indes setzen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen der Geschworenen in der Regel das Aufzeigen von schwerwiegenden, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§§ 3, 232 Abs 2, 254, 302 StPO) zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung oder von Hinweisen auf aktenkundige Beweisergebnisse voraus, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (vgl Mayerhofer/Rieder aaO § 345 Z 10 a E 3).

Nach Prüfung der gesamten Aktenlage liegen diese Voraussetzungen jedoch hier nicht vor. Denn bei der gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich den Geschworenen zugewiesenen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) haben die Laienrichter die vorhandenen Beweismittel nicht nur einzeln, sondern auch in ihrer Gesamtheit auf ihre Beweiskraft zu prüfen und überdies den persönlich gewonnenen Eindruck zu verwerten.

Indem der Beschwerdeführer unter Vernachlässigung dieses gesetzlichen Gebotes lediglich eine einzige, zudem aus dem Zusammenhang gerissene Passage aus der gerichtlichen Aussage des Zeugen A***** zur Stützung seiner leugnenden Verantwortung ins Treffen führt und alle sonstigen Verfahrensergebnisse übergeht, bekämpft er in Wahrheit bloß unzulässig nach Art einer in den Prozeßgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die laienrichterliche Lösung der Schuldfrage.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 (§ 344) StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (§§ 285 i, 344 StPO).

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