OGH 15Os39/95

OGH15Os39/9520.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Pointner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas Anton Fr***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 zweiter Satz erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Andreas Anton Fr***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 10.Jänner 1995, GZ 36 Vr 3360/93-88, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche enthaltenden) Urteil wurde Andreas Anton Fr***** der Verbrechen (zu A) des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 zweiter Satz erster Fall StGB und (zu B) des teils vollendeten, teils versuchten Betruges (teilweise als Beteiligter) nach §§ 146, 147 Abs 2, 12 (dritter Fall) und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

A/ (zusammengefaßt dargestellt) in den im angefochtenen Urteil detailliert angeführten Fällen an verschiedenen Orten in Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Tirol fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S, jedoch 500.000 S nicht übersteigenden Wert mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen, wobei er die schweren Diebstähle in der Absicht begangen hat, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

I.1-5) "im gemeinsamen bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Walter Fa*****" von Mai bis November 1993 in fünf Angriffen 9 Stück Rinder (Kalbinnen und Ochsen) im Wert von zusammen rund 137.000 S;

II.1-7) alleine im September und Oktober 1989, November 1992 sowie Juni bis September 1993 in sieben Angriffen 10 Stück Rinder und eine Drahtrolle im Wert von zusammen 206.000 S;

B/ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die nachgenannten Personen durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung verleitet, die sie an ihrem Vermögen schädigte, wobei der Schaden 25.000 S überstieg, und zwar

1. am 17.Februar 1993 in Salzburg Angestellte der E***** VersicherungsAG zur Auszahlung einer Versicherungsleistung in unbekannter Höhe aus einer Reisekaskoversicherung für seinen PKW der Marke Fiat Chroma, Kennzeichen SL 73 UW im Wert von 156.000 S durch die Vorgabe, daß dieser in Ungarn gestohlen worden wäre, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

II. vor dem 30.September 1992 in Seekirchen dadurch, daß er nach vorheriger Absprache mit dem abgesondert verfolgten Mag.Dr.Walter Fi***** dessen PKW Marke Mercedes 190 E, Farbe schwarz, auf dem Bauernhof seines Vaters versteckte und an diesem Fahrzeug einen Blechteil mit der Fahrgestellnummer, das Typenschild und einen Papierstreifen, auf dem Farbe, Fahrgestell- und Motornummer ersichtlich war, ausgetauscht hat, zur Ausführung der strafbaren Handlung des Mag.Dr.Walter Fi***** beigetragen, der am 30.Dezember 1992 in Salzburg eine fingierte Diebstahlsanzeige bezüglich dieses PKWs bei der E***** VersicherungsAG zur Auszahlung einer Versicherungsleistung von 172.494 S an den Leasinggeber, Firma L***** und von 7.750 S für Sonderzubehör an ihn selbst erstattete, wobei der Schaden insgesamt 180.244 S betragen hat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; indes zu Unrecht.

Der Verfahrensrüge (Z 4), mit der der Beschwerdeführer das Übergehen seines Antrages auf Einvernahme eines Sachverständigen aus dem Fach der Landwirtschaft oder der Viehzucht bemängelt, kommt keine Berechtigung zu.

Ein derartiger Antrag wurde vor der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 10.Jänner 1995 in einem Schriftsatz vom 21.Dezember 1994 (ON 86) eingebracht und in der Hauptverhandlung vom Verteidiger darauf "verwiesen", was im Zusammenhang mit dabei erklärten Korrekturen (S 43/III) wohl als Aufrechterhaltung und Wiederholung anzusehen ist.

Soweit in der Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt wird, die Einvernahme des Sachverständigen hätte zur Entlastung des Angeklagten im Anklagefaktum = Schuldspruchfaktum A/I/2 gedient, ist er darauf zu verweisen, daß dieses Faktum nicht Gegenstand seines in erster Instanz gestellten Beweisantrages war; die im schriftlichen Beweisantrag enthaltene Bezeichnung "A/I Ziffer 2" wurde vom Verteidiger in der Hauptverhandlung ausdrücklich auf "A/I Ziffer 3" berichtigt (S 43/III).

Ansonst wird aber in der Rüge ausschließlich der Themenkreis des Unterschiedes zwischen Schlacht- und Zuchtwert von Rindern releviert und demnach alle übrigen im Beweisantrag zur Sprache gebrachten Themen, über die ein Sachverständiger hätte Aussagen machen sollen (Schlachtreife der Tiere, allenfalls Trächtigkeitszertifikate, wozu aber ohnedies der in erster Linie hiezu beantragte Zeuge W***** vernommen wurde) nicht weiterverfolgt. Auf die zuletzt bezeichneten Umstände ist somit bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde nicht mehr einzugehen.

Bezogen auf die noch relevanten Ausführungen in dem in erster Instanz gestellten Beweisantrag, betraf dieser zur Frage des Zucht- oder Schlachtwertes - von Fakten, in denen der Beschwerdeführer rechtskräftig freigesprochen wurde abgesehen - die Schuldspruchsfakten A/I/1, A/II/1 und A/II/4 (Geschädigte E*****, Fu***** und R*****). In all diesen Fällen geht aber der Beschwerdeführer von der von ihm willkürlich angenommenen und durch die Aktenlage nicht gedeckten Prämisse aus, die Geschädigten E***** und Fu***** hätten anläßlich der Anzeige gegen unbekannte Täter einen Zuchtwert der Tiere angegeben, wogegen er der Anzeigerin R***** unterstellt, sie hätte ihrer Anzeige einen Schlachtwert von 30.000 S zugrunde gelegt, und gelangt solcherart auf die von ihm behaupteten Differenzen. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer selbst in seinem Beweisantrag die Behauptung einer Differenz von 10.000 S zwischen Zucht- und Schlachtwert gelegentlich in bezug auf zwei Tiere aufstellt (Fakten A/I/1 und A/II/4 - E***** und R*****), somit pro Stück mit 5.000 S annimmt, in einem Fall aber wieder einen Unterschied von 10.000 S in bezug auf ein Rind (Faktum A/II/1 - Fu*****).

Da der Beschwerdeführer im Beweisantrag nicht dargetan hat, welcher Art die Wertangaben der Bestohlenen anläßlich ihrer Anzeigeerstattung waren und zudem in Rechnung zu stellen ist, daß bei den durch die Bestohlenen mit runden Summen geschätzten Werten irrige Preisvorstellungen oder eine Überschätzung der eigenen Interessenslage miteingeflossen sein könnten, war die Beiziehung eines Sachverständigen in der Tat entbehrlich; es wurden somit im Ergebnis Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt.

Mit der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer vorerst Begründungsmängel in bezug auf bestimmte Tatsachenfeststellungen geltend. Er verkennt dabei, daß die relevierte Nichtigkeit - wie sich aus dem Hinweis auf § 270 Abs 2 Z 4 und 5 StPO in § 281 Abs 1 Z 5 StPO sowie aus der Anführung des § 260 StPO in § 270 Abs 2 Z 4 StPO ergibt - einen formellen Begründungsmangel nur dann bewirken kann, wenn diese eine entscheidende Tatsache, mithin eine solche betrifft, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß übt (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Abs 1 Z 5 E 26). Nach diesen Kriterien betreffen aber die Beschwerdeeinwände, das Erstgericht habe Feststellungen dahin unterlassen, daß der Angeklagte nunmehr bei der Würstelbude seiner Freundin angestellt sei (abgesehen davon, daß das Erstgericht ohnedies davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Freundin am 4.Dezember 1993 einen Würstelstand aus einer Konkursmasse erworben hat - US 7) ebensowenig entscheidende Umstände wie die Frage, ob der Zeuge Claudio M***** Mitglied einer Autoschieberbande ist und ob der Zeuge Dr.Fi***** eine Vorverurteilung wegen Betruges aufweist. Denn der das angebliche Arbeitsverhältnis des Angeklagten betreffende Einwand bezieht sich auf einen nach den urteilsgegenständlichen Tathandlungen liegenden Zeitraum, die auf die Zeugen M***** und Dr.Fi***** bezogenen Einwände versuchen in Wahrheit lediglich, die Glaubwürdigkeit dieser - sowohl sich selbst als auch den Angeklagten belastenden - Zeugenaussagen zu erschüttern und der leugnenden Verantwortung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen, verfallen somit in Ausführungen nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Entgegen der weiteren Beschwerdebehauptung haben die Tatrichter den Schuldspruch und ihre Überzeugung zur Täterschaft des Angeklagten zu den Fakten A/I/1-5 und B/I nicht nur auf die Aussage des Walter Fa***** gestützt, sondern zusätzlich auf eine Reihe von - im Urteil ausführlich dargelegter - Indizien (US 18 f) und daraus mit einer umfassenden Begründung ihre beweismäßigen Schlüsse gezogen.

Die vermeintlich unberücksichtigt gebliebenen Divergenzen in den Aussagen der Geschädigten und den Depositionen des Walter Fa***** bezüglich Tatzeit und Tatort betreffen ebenfalls keine für die Schuld und den anzuwendenden Strafsatz bedeutsame Umstände, sodaß das Erstgericht zu der näheren Erörterung ebenfalls nicht verhalten war.

Welche Verfahrensergebnisse der Aussage des Zeugen Dr.Fi***** entgegenstehen, läßt die Beschwerde ebenso offen, wie die Bezeichnung der behaupteten Widersprüche in dessen Aussage selbst, sodaß sie sich diesbezüglich als nicht prozeßgemäß dargelegt erweist. Soweit sie aber vermeint, "nur" die Aussage des (Belastungs-) Zeugen Dr.Fi***** reiche als Schuldspruchsgrundlage nicht aus, verkennt sie einerseits das Wesen des § 258 Abs 2 StPO, nach welcher die Beweiswürdigung durch keine gesetzlichen Regeln beschränkt ist, versucht andererseits aber neuerlich nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung in Frage zu stellen.

Auch hier hat sich das Schöffengericht in den Urteilsgründen mit allen maßgeblichen Verfahrensergebnissen ausführlich auseinandergesetzt und in einer kritischen Gesamtschau mit zureichender (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) lebensnaher und nachvollziehbarer Begründung dargelegt (US 21), warum es den für glaubwürdig beurteilten Angaben des Zeugen Dr.Fi***** folgte und aus welchen Gründen es die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers für widerlegt erachtete.

Dem Einwand letztlich, daß Claudio M***** in der Hauptverhandlung als Zeuge nicht vernommen wurde, genügt es zu erwidern, daß das Urteil nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO nur dann nichtig ist, wenn das Gericht die erhobenen Beweise unvollständig gewürdigt, nicht aber auch dann, wenn es die möglichen Beweisquellen unvollständig ausgeschöpft hat. Eine solche mangelhafte Beweiserhebung kann nur aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO gerügt werden, wofür im vorliegenden Fall allerdings die formelle Voraussetzung einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung fehlt.

Nach Prüfung der in der Beweisrüge (Z 5 a) erhobenen Einwände gelangt der Oberste Gerichtshof zur Überzeugung, daß damit keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen dargetan werden.

Der Sache nach unternimmt der Angeklagte - unter teilweiser Wiederholung der Argumente zur Verfahrens- und Mängelrüge - durch willkürliches Herausgreifen unwesentlicher Details aus dem Handlungszusammenhang (wie zB das Aufzeigen zeitlicher Differenzen zwischen den einzelnen Viehdiebstählen und den diesbezüglichen Anzeigen, Überlegungen zur Frage der beim früheren Mitangeklagten Fa***** vorgelegenen Motivation für belastende Angaben hinsichtlich des Angeklagten oder Spekulationen über die Schwierigkeit der Durchführung von Viehdiebstählen als Einzelperson) insgesamt nur den Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter in unzulässiger Weise in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Punkten aufkommen lassen.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß über die Berufung der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben wird (§ 285 i StPO).

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