OGH 10ObS70/95(10ObS71/95)

OGH10ObS70/95(10ObS71/95)11.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Köck (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Kopecky (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert C*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Walter Silbermayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, wegen Alterspension, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.Oktober 1994, GZ 34 Rs 124/94-60, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25.April 1994, GZ 25 Cgs 115/93x-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.

Die Schriftsätze des Klägers vom 24.3.1995 und vom 3.4.1995 werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger wendet sich in seinem Rechtsmittel neuerlich dagegen, daß die Vorinstanzen zum Ergebnis gelangten, daß sein Schreiben an die beklagte Partei vom 30.9.1992 nicht als Antragstellung zu werten sei. Hieraus ist aber für ihn letztlich nichts gewonnen. Das Erstgericht hat nämlich die Zurückweisung der Klage nicht nur darauf gestützt, daß der Kläger keinen Antrag gestellt habe, sondern auch ausgeführt, daß selbst dann, wenn von einer wirksamen Antragstellung ausgegangen würde, die Voraussetzungen für die Erhebung einer Säumnisklage nicht erfüllt wären, weil die Antwort des Generaldirektors vom 20.10.1992 als bescheidmäßige Erledigung zu qualifizieren sei. Dieser vom Berufungsgericht gebilligten Ansicht ist beizutreten (§ 48 ASGG).

Wenn auch das Schreiben des Klägers vom 30.9.1992 über weite Passagen nicht verständlich ist, so läßt sich doch daraus erkennbar ableiten, daß der Kläger eine neuerliche Entscheidung über seinen Pensionsanspruch anstrebt; in diesem Zusammenhang findet sich die Wendung, daß er zufolge seiner Antragstellung die Erlassung eines "entsprechenden abschließenden Bescheides" begehrt. Sollte aufgrund der Ausführungen des Klägers keine Klarheit über sein Begehren bestanden haben, so wäre allenfalls ein Verbesserungsverfahren einzuleiten gewesen. Daß der Kläger keinen Antrag gestellt habe, trifft nicht zu. Die Berechtigung des erhobenen Begehrens ist hier nicht zu untersuchen.

Im Antwortschreiben der beklagten Partei vom 20.10.1992 bringt diese klar ihren Standpunkt zum Ausdruck, daß die Pension im gesetzlich zustehenden Ausmaß gewährt worden sei und daß sie eine Änderung der Leistung in seinem Sinne ablehne.

Rechtliche Beurteilung

Ein Bescheid ist anzunehmen, wenn der zu beurteilende Akt von einer Behörde stammt, die Bescheide erlassen darf, und wenn sich aus seinem Inhalt der Wille der Behörde ergibt, eine Verwaltungsangelegenheit gegenüber einer bestimmten Person normativ zu regeln, dh bindende Rechtsverhältnisse zu gestalten oder festzustellen (SSV-NF 5/36 mwH). Wohl ist gemäß dem aufgrund des § 357 Abs 2 ASVG auch im Verfahren vor den Versicherungsträgern anzuwendenden § 58 AVG jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen, doch ist eine Erledigung nach der herrschenden Auffassung auch dann als Bescheid qualifiziert, wenn sie diese Bezeichnung nicht trägt, aber nach ihrem Inhalt eine Entscheidung oder Verfügung trifft (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahren5 Rz 408 mwH). In diesem Sinne kommt dem Antwortschreiben der beklagten Partei vom 20.10.1992 Bescheidqualität zu. Es wird damit die vom Kläger angestrebte Neufeststellung der Pension abgelehnt; auch die Gründe hiefür werden in kurzer Form dargelegt.

Da sohin über den Antrag des Klägers innerhalb einer Frist von rund 3 Wochen bescheidmäßig abgesprochen wurde, liegen die Voraussetzungen für die Säumnisklage nicht vor. Aber auch die Voraussetzungen für eine Klage gemäß § 67 Abs 1 Z 1 ASGG fehlen, weil der Kläger den Klageschriftsatz erst am 13.7.1993 und damit weit außerhalb der Frist des § 67 Abs 2 ASGG bei Gericht überreichte.

Im übrigen wäre die Klageführung sowohl bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 67 Abs 1 Z 2 lit a ASGG wie auch bei Wahrung der Frist des § 67 Abs 2 ASGG unzulässig. Im Hinblick darauf, daß über den Pensionsanspruch des Klägers bereits in dem gegen den Bescheid vom 28.6.1984 eingeleiteten Verfahren mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.6.1985 rechtskräftig entschieden wurde, käme eine Neubemessung der Pension nur im Rahmen eines Verfahrens nach § 101 ASVG in Frage. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn sich nachträglich ergibt, daß eine Geldleistung bescheidmäßig infolge eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht abgelehnt, entzogen, eingestellt, zu niedrig bemessen oder zum Ruhen gebracht wurde, mit Wirkung vom Tage der Auswirkung des Irrtums oder Versehens der gesetzliche Zustand herzustellen. Lehnt aber der Versicherungsträger die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG ab, liegt eine Verwaltungssache vor. Gegen den die Ablehnung aussprechenden Bescheid ist daher eine Klage nicht zulässig (SSV-NF 3/76; in diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof zu K I-5/93 über einen Kompetenzkonflikt zwischen dem Landesgericht Ried/I als Arbeits- und Sozialgericht und dem Landeshauptmann von Oberösterreich entschieden). Da die Entscheidung über ein Begehren nach § 101 ASVG den Arbeits- und Sozialgerichten entzogen ist, ist auch im Falle der Nichtentscheidung des Versicherungsträgers über einen Antrag nach § 101 ASVG die Erhebung einer Säumnisklage ausgeschlossen.

Die Klage wurde daher zu Recht zurückgewiesen.

Die Schriftsätze des Klägers vom 24.3.1995 und vom 3.4.1995, die weitere Ausführungen zu dem von ihm im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt erstatteten Rekurs enthalten, waren zurückzuweisen, weil dem Kläger nur ein Rechtsmittel zusteht und die Voraussetzungen einer Verbesserung nach § 84 Abs 3 ZPO nicht vorliegen (idS auch SSV-NF 7/53 mwN - die dortigen, das Revisionsverfahren betreffenden Ausführungen haben in gleicher Weise für den Revisionsrekurs zu gelten).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenersatzanspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht, noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte