OGH 11Os5/95

OGH11Os5/954.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Prof. Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst K* und andere wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 letzter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Horst K*, Annelore K* und Peter O* gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 15.September 1994, GZ 30 Vr 1479/93‑152, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Bassler, der drei Angeklagten und der Verteidiger Dr.Zeh, Dr.Sparlinek und Dr.Winkler zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0110OS00005.9500000.0404.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung des Angeklagten Horst K* wird dahin Folge gegeben, daß von der über ihn verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren ein Teil von achtzehn Monaten gemäß § 43 a Abs 3 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Seiner Berufung im übrigen wie auch den Berufungen der Angeklagten Annelore K* und Peter O* wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (neben anderen Angeklagten) Horst K*, Annelore K*, Peter O* (zu 1. und 2.) des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 letzter Fall StGB, Horst K* (zu 3.) überdies des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht, in einem Fall als Bestimmungstäter, nach §§ 288 Abs 1 und 12 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie (zusammengefaßt wiedergegeben)

(1. und 2.) gewerbsmäßig Personen, mögen diese auch bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben sein, dieser Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nämlich in Österreich, zugeführt, und zwar

(1.) Horst K*, Annelore K*, Peter O* und weitere Mitangeklagte im bewußten und gewollten Zusammenwirken in der Zeit von März bis Mai 1993 in Bratislava bzw in Wien und in Traun die slowakischen Staatsangehörigen Monika S*, Zuzana P* und Nicoletta P* dadurch, daß Horst K* die genannten Personen zum Zweck der Ausübung der Prostitution in der "G*‑Bar" nach Traun bringen ließ, Annelore K* hiefür das Quartier, nämlich ihre Bar, zur Verfügung stellte, für die Tänzerinnen kochte und auch während der Abwesenheit von Horst K* über sie die Aufsicht führte, und Peter O* und weitere Angeklagte die Vermittlung der genannten Ausländerinnen zur Ausübung der Prostitution in Österreich durchführten;

(2.) Horst K* und Annelore K* im bewußten und gewollten Zusammenwirken im Juni 1993 in Polen bzw in Traun die ukrainische Staatsangehörige Olena N* und die polnische Staatsangehörige Miroslawa L* dadurch, daß Horst K* die genannten Personen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution aus dem Ausland in die "G*‑Bar" brachte, die erforderlichen Grenzformalitäten erledigte, insbesondere die Erlangung eines Visums für Olena N* organisierte, und Annelore K* in der Folge Quartier und ihre Bar zur Verfügung stellte;

(3.) Horst K* überdies am 20.August 1993

a) in Linz vor Gericht als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache dadurch falsch ausgesagt, daß er in der gegen Alexander A* abgeführten Hauptverhandlung zum AZ 29 E Hv 60/93 des Landesgerichtes Linz wahrheitswidrig behauptete, er habe der im Juni 1993 in Traun in der "G*‑Bar" als Prostituierte tätigen Olena N* keine Ohrfeigen gegeben und auch nicht gesagt "Ich habe sie wie einen Hund gekauft und sie hat das zu machen, was ich will", sowie er habe von einer Prostitutionsausübung in der "G*‑Bar" nichts gewußt;

b) nach der eben bezeichneten Tat in Linz und Traun Alexander A* dazu bestimmt, seine im gegenständlichen Verfahren des Landesgerichtes Linz abgelegte, ihn (K*) belastenden Aussagen, insbesondere über die Ausübung der Prostitution in der "G*‑Bar" sowie über den "Kauf der Russin" (gemeint Olena N*) durch eine gerichtliche Aussage zu widerrufen.

 

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpfen die drei Angeklagten mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, die vom Angeklagten Horst K* auf die Z 3, 4, 5 und 5 a, von der Angeklagten Annelore K* auf die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 und vom Angeklagten Peter O* auf die Gründe nach Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützt werden.

Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Horst K*

Soweit der Beschwerdeführer unter § 281 Abs 1 Z 3 StPO (inhaltlich Z 9 lit a) Nichtigkeit des Schuldspruches wegen falscher Beweisaussage vor Gericht mit der Begründung behauptet, er sei im Verfahren zum AZ 29 E Hv 60/93 bei seiner Vernehmung als Zeuge nicht über seine Zeugnisbefreiung gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO belehrt worden, vielmehr habe ihm der Einzelrichter bloß § 153 Abs 1 StPO vorgehalten, sodaß infolge dieses mit Nichtigkeit bedrohten Fehlers seine Aussage "als nicht getätigt" anzusehen sei, ist ihm folgendes entgegenzuhalten: Zum einen verkennt der Beschwerdeführer, daß Nichtigkeit nach der genannten Gesetzesstelle nur vorliegt, wenn in der dem Urteil vorangegangenen Hauptverhandlung eine Vorschrift verletzt oder vernachlässigt worden ist, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt. Die Beschwerde geht aber davon aus, daß im Verfahren 29 E Hv 60/93 des Landesgerichtes Linz gegen Alexander A* durch seine unrichtige Belehrung eine Nichtigkeit unterlaufen ist, die somit im gegenständlichen Verfahren nicht geltend gemacht werden kann. Dazu kommt, daß die behauptete Formverletzung im Verfahren 29 E Hv 60/93 des Landesgerichtes Linz gar nicht vorliegt. Denn der Beschwerdeführer übersieht, daß die Regelung der Zeugnisbefreiung bei Gefahr der Selbstbelastung im § 152 Abs 1 Z 1 StPO erst mit dem Strafprozeßänderungsgesetz 1993 eingeführt wurde, das am 1.Jänner 1994 in Kraft getreten ist (BGBl 1993/526), wogegen er die hier inkriminierte falsche Beweisaussage bereits am 20.August 1993 (vor dem Landesgericht Linz) abgelegt hat, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sein Entschlagungsrecht noch im § 153 Abs 1 StPO (aF) geregelt war. Der Vorhalt im zuletzt bezeichneten Verfahren (vgl 29 E Hv 60/93, US 29) entsprach sohin der damaligen Gesetzeslage. Von einer Nichtigkeit begründenden Zeugenaussage, die allenfalls nicht geeignet sein könnte, den Tatbestand des Vergehens nach § 288 Abs 1 StGB zu erfüllen (§ 290 StGB), kann demgemäß keine Rede sein.

Die behauptete Verletzung des § 252 Abs 1 Z 1 StPO in der Hauptverhandlung vom 15.September 1994 durch Verlesung der Angaben der Zeuginnen Olena N* und Miroslawa L* (15/VI) liegt nicht vor, weil ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ‑ das Erscheinen der Genannten trotz diesbezüglicher Anstrengungen des Gerichtes nicht bewerkstelligt werden konnte (435/V), und sohin einer der im § 252 Abs 1 Z 1 StPO normierten Ausnahmefälle der Durchbrechung des Unnmittelbarkeitsgrundsatzes gegeben ist.

Mit dem Einwand einer Urteilsnichtigkeit durch Verletzung der Bestimmung des § 260 Abs 2 StPO verkennt der Beschwerdeführer zum einen, daß nur das Fehlen eines der in den Punkten 1 bis 3 des § 260 Abs 1 StPO angeführten Aussprüche im Urteil mit Nichtigkeit bedroht ist (§ 260 Abs 1 Z 3 letzter Satz StPO), nicht aber eine Verletzung des § 260 Abs 2 StPO; zum anderen ist § 260 Abs 2 StPO auf den vorliegenden Strafausspruch gar nicht anwendbar; denn eine Strafteilung nach der zitierten Gesetzesstelle ist nur vorzunehmen, wenn der Angeklagte wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Taten zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wird, nicht aber, wenn er ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ wegen mehrerer vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen schuldig erkannt wurde.

Desgleichen verfehlt ist die Ansicht, die (behauptete) Überschreitung der 48‑stündigen Übertragungsfrist für stenographische Aufzeichnungen nach § 271 Abs 4 StPO bewirke Urteilsnichtigkeit. Denn mit Nichtigkeit (Z 3) ist nur bedroht, wenn überhaupt kein Protokoll geführt wird (§ 271 Abs 1 erster Satz StPO).

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines Antrages auf Vernehmung der Zeuginnen Olena N* und Miroslawa L* zum Nachweis dafür, daß diese nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Österreich gelockt und der Prostitution zugeführt worden seien (434, 435/V); indes auch dies zu Unrecht. Denn der Antrag auf Vernehmung nicht erreichbarer Zeugen ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ohne Angabe, auf welche Art und unter welcher Anschrift die Zeuginnen trotz der fehlgeschlagenen Ladungsversuche des Gerichtes doch stellig gemacht werden könnten ‑ mußte zwangsläufig der Abweisung verfallen. Im übrigen wurden nach Lage des Falles durch die Verlesung der von den Zeuginnen im kontradiktorischen Vorverfahren abgelegten Aussagen nicht die Verteidigungsrechte des Angeklagten, an die Zeuginnen Fragen zu stellen, verletzt, sondern bloß der Unmittelbarkeitsgrundsatz in einer ‑ wie bereits ausgeführt ‑ vom Gesetz gebilligten Weise durchbrochen.

Die Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten K* erschöpft sich in einem unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffensenates (US 45 ff). Denn mit dem Versuch, die Angaben der Zeuginnen Olena N* und Miroslawa L* als unglaubwürdig darzustellen, die des Zeugen Alois Sch* als unter "Druckausübung" abgelegt zu entwerten und die belastenden Aussagen der Zeugin Monika S* sowie des Zeugen Stefan P* einfach zu übergehen, wird ebensowenig ein formeller Begründungsmangel entscheidungswesentlicher Urteilsfeststellungen aufgezeigt, wie mit dem Hinweis auf die Verantwortung des Zeugen Alexander A*, in dem gegen ihn abgeführten, zum Teil gleiche Sachverhalte betreffenden Verfahren zum AZ 29 E Hv 60/93 des Landesgerichtes Linz.

Demgemäß gelingt es dem Angeklagten auch in der Tatsachenrüge (Z 5 a) nicht, aktenkundige Beweisergebnisse aufzuzeigen, die den getroffenen Urteilsfeststellungen allenfalls entgegenstünden. Vielmehr erschöpft sich auch dieses Beschwerdevorbringen in der Wiederholung seiner leugnenden Verantwortung und einem unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Annelore K*

Die von der Beschwerdeführerin behauptete Undeutlichkeit (Z 5) liegt nicht vor. Denn trotz der mißverständlichen und Tatbildelemente des Verbrechens nach § 217 Abs 2 StGB enthaltenden Formulierung des Schuldspruches Punkt 2 des Urteilssatzes ergibt sich aus dem Urteil in seiner Gesamtheit mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß die Beschwerdeführerin im ersteren Fall die Ausländerinnen Monika S*, Zuzana P* und Nicoletta P*, im anderen Fall die Ausländerinnen Olena N* und Miroslawa L* dadurch der gewerbsmäßigen Unzucht in Österreich zuführte, daß sie ‑ im ersteren Fall unter anderem ‑ den Genannten in Traun Quartier, Verpflegung und Arbeitsplatz in Separees (vgl US 26) zur Verfügung stellte. Daß sie die strafbaren Handlungen jeweils auch in der Absicht vornahm, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 26, 43, 45, 59, 64, 65) liegt dabei in der Natur der Sache, zumal Annelore K* als Inhaberin der Gastgewerbekonzession (US 17) den Bordellbetrieb gewinnorientiert führte und es ihr auch in Ansehung der Nebeneinkünfte (für Kost und Quartier) aus dem Zuführen darauf ankam, ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen (US 26, 43, 64, 65).

Einzuräumen ist der Beschwerde zwar, daß die Urteilsfeststellung, wonach unter anderem bei Annelore K* "im subjektiven Bereich jedenfalls von der Vorsatzform der Wissentlichkeit auszugehen ist" (US 64), ohne nähere Angaben, worauf sich diese "Wissenlichkeit" bezieht, eine bloße Leerformel darstellt. Dies schadet aber nicht, weil ‑ worauf auch die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist ‑ das hier in Rede stehende Verbrechen des Menschenhandels in keinem Tatbestandselement auf der inneren Tatseite Wissentlichkeit im Sinne des § 5 Abs 3 StGB verlangt; die in Ansehung des Schuldspruches relevanten Schuldformen des zumindest bedingten Vorsatzes und der Absichtlichkeit aber sind dem Urteil an anderer Stelle mit hinlänglicher Deutlichkeit zu entnehmen (US 17, 18, 26, 43, 45, 59, 64, 65).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) der Angeklagten Annelore K* versagt, weil die Beschwerdeführerin nicht auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen vermag, die allenfalls geeignet wären, gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen erhebliche Bedenken zu erwecken. Vielmehr geht sie auf die ausführlich dargelegten Erwägungen des Schöffensenates zur Widerlegung ihrer leugnenden Verantwortung (US 38 bis 45) gar nicht ein, sondern führt urteilsfremd die Beweiswürdigung der Tatrichter einzig auf die Angaben der Zeuginnen Monika S*, Miroslawa L* und Olena N* zurück.

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist einzuräumen, daß tatbestandsmäßiges Zuführen mehr ist als bloße Hilfe "etwa durch Befördern, Bezahlen der Reisekosten oder Zimmersuche", und daß die Einflußnahme auf das Opfer ‑ soll sie dem Begriff des Menschenhandels entsprechen ‑ mit Rat und Tat geschehen muß. Diesen Kriterien entsprechen aber die vom Erstgericht festgestellten Tathandlungen durchaus. Denn unter Zuführen nach § 217 Abs 1 StGB ist jedes Tätigwerden zu verstehen, das darauf abzielt, eine andere Person zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution im Ausland zu veranlassen, das Opfer also dazu zu bringen, die Prostitution, der sie allenfalls bereits ergeben ist, in einem anderen als ihrem Heimatstaat auszuüben. Die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung und das kontinuierliche Bereitstellen von Räumlichkeiten (Separees) zur Ausübung der Prostitution, sohin die totale Eingliederung der in Rede stehenden Personen in den bestehenden (auch mit ihrem Kapital errichteten US 26, 27) Bordellbetrieb stellt sohin ‑ anders als bloß gelegentliche Hilfeleistung untergeordneter Art ‑ ein Zuführen im Sinn des § 217 Abs 1 StGB dar.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihren Rechtsrügen (Z 9 lit a und 10) die Feststellungen zur subjektiven Tatseite als nicht ausreichend bezeichnet und sich gegen die Annahme gewerbsmäßigen Handelns wendet, setzt sie sich über die Urteilsfeststellungen (US 17, 18, 26, 43, 45, 59, 64, 65) hinweg und übergeht, daß sie darnach in Ansehung des Grundtatbestandes des § 217 Abs 1 StGB vorsätzlich, in Ansehung der Gewerbsmäßigkeit absichtlich gehandelt hat. Solcherart bringt sie die geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter O*

Mit seiner Mängelrüge (Z 5) stellt der Beschwerdeführer nicht auf den Urteilsinhalt ab, wonach das Erstgericht auf Grund seiner eigenen Angaben vor der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 23.Juli 1993 iVm den Angaben der Mitangeklagten Günther F* und Heinrich Sch* zur Überzeugung gelangte, dieser habe ‑ entgegen seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung ‑ gewerbsmäßig an der Vermittlung der slowakischen Staatsangehörigen Monika S*, Zuzana P* und Nicoletta P* zur Ausübung der Prostitution im Lokal des Horst und der Annelore K* in Traun mitgewirkt (US 32 ff). Indem der Beschwerdeführer in Wiederholung seiner leugnenden Verantwortung in der Hauptverhandlung willkürlich Passagen der Mitangeklagten F* und S* aus dem Zusammenhang reißt und zahlreiche "Negativfeststellungen" verlangt, zeigt er keinen formellen Begründungsmangel entscheidungswesentlicher Urteilsfeststellungen auf, sondern begibt sich auf das ihm im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen Urteile der Kollegialgerichte verwehrte Gebiet der Beweiswürdigung.

Gleiches gilt für die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Tatsachenrüge (Z 5 a), mit denen er sich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter wendet, ohne aktenkundige Beweisergebnisse aufzuzeigen, die den getroffenen Urteilsannahmen allenfalls entgegenstünden.

Zur Rechtsrüge (Z 9 lit a) gelten auch für den Angeklagten Peter O* grundsätzlich die Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde der Mitangeklagten Annelore K*. Demgemäß ist ‑ wie auch der Beschwerdeführer zutreffend ausführt ‑ unter Zuführen jedes Tätigwerden zu verstehen, das darauf abzielt, eine Person zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution im Ausland zu veranlassen. Menschenhandel besteht sohin darin, daß das Opfer die Prostitution außerhalb seines Heimat‑ oder Aufenthaltsstaates ausüben soll. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers verlangt der Begriff Zuführen weder die Ausnützung eines Abhängigkeitsverhältnisses noch die Überführung des Opfers in einen Zustand, in dem es der Prostituierten schwer oder überhaupt nicht möglich ist, selbst mit den Behörden Kontakt aufzunehmen, weil ihr situationsbedingt die Wahl, ob sie das unzüchtige Gewerbe fortsetzen soll oder nicht, nicht mehr offen steht, und es für sie keine Rückkehr in die Heimat zu einem anständigen Lebenswandel gibt. Vielmehr soll die Strafdrohung des § 217 Abs 1 StGB - wie auch der Beschwerdeführer zu erkennen scheint ‑ schon vor der in jeder Prostitutionsausübung in einem fremden Staat gelegenen derartigen abstrakten Gefährdung des Opfers schützen, sodaß es insoweit ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ‑ weder einer konkreten Gefährdung der Opfer noch demzufolge diesbezüglicher Urteilsfeststellungen bedarf.

Mit dem Einwand schließlich, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, worin seine gezielte und massive Einflußnahme auf das Opfer gelegen sein soll, setzt sich der Beschwerdeführer über die Urteilskonstatierungen hinweg, wonach er die Anwerbung der Opfer im Ausland durch den Mitangeklagten Heinrich Sch* in die Wege leitete (US 12, 13), die Fahrt der Prostituierten von Wien nach Traun organsierte und im Taxi durchführte, die Ausländerinnen Horst K* zuführte (US 14, 15, 16) und sich auch darüber hinaus weiter um die Prostituierten kümmerte, insbesondere diese weiter zu vermitteln trachtete (US 19 bis 21, 36). Bei dieser Handlungsweise kann aber ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ‑ von bloß gelegentlicher Hilfeleistung untergeordneter Art an zur Prostitution im Ausland entschlossene Personen keine Rede sein. Vielmehr war es der Beschwerdeführer, der über Heinrich Sch* den Entschluß der slowakischen Prostituierten, in Österreich ihrem Gewerbe nachzugehen, initiierte und ihnen bei der Verwirklichung desselben "mit Rat und Tat" behilflich war. An der Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens kann sohin kein Zweifel bestehen.

Soweit der Beschwerdeführer in Ansehung der Annahme gewerbsmäßigen Handelns Feststellungen vermißt, negiert er den (gegenteiligen) Urteilsinhalt (US 34 ff, 35, 36, 59) und bringt solcherart die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der drei Angeklagten waren daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 217 Abs 1 StGB (bei Horst K* unter Anwendung des § 28 StGB) Freiheitsstrafen, und zwar über Horst K* in der Dauer von zwei Jahren, über Annelore K* im Ausmaß von einem Jahr und über Peter O* in der Dauer von achtzehn Monaten; die Strafen wurden bei den Angeklagten Annelore K* und O* gemäß § 43 Abs 1 StGB (zur Gänze) und bei Horst K* gemäß § 43 a Abs 3 StGB mit einem Teil von sechzehn Monaten jeweils unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Dagegen richten sich die Berufungen der Angeklagten, mit denen sie jeweils die Herabsetzung der Freiheitsstrafe (Annelore K* und Peter O* unter Anwendung des § 41 StGB), Horst K* auch die Minderung des unbedingten Strafteiles begehren.

Das Erstgericht wertete als erschwerend bei Horst K* das Vorliegen dreier Vorstrafen, die Tatbegehung bezogen auf fünf Personen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und das "Verführen anderer zu strafbaren Handlungen", bei Annelore K* die Tatbegehung hinsichtlich fünf Personen und das Zusammenwirken mit anderen Personen und bei Peter O* die Tatbegehung hinsichtlich dreier Personen, das Zusammenwirken mit anderen Personen; als mildernd nahm es hingegen bei Horst K* keinen Umstand, bei Annelore K* den bisher ordentlichen Lebenswandel wie auch ebenso bei Peter O* die untergeordnete Beteiligung an.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig erfaßt und auch zutreffend gewichtet.

Die Berufungswerber vermögen zusätzliche, vom Erstgericht nicht berücksichtigte Umstände mildernder Natur nicht darzutun. Der Hinweis auf die mangelnde Einschlägigkeit der Vorstrafen bezüglich des Angeklagten Horst K* geht, da das Erstgericht ohnedies nicht von einer einschlägigen Vorstrafenbelastung ausgegangen ist, ins Leere. Der Vergleich mit in anderen Verfahren verhängten Strafen wegen gleichartiger Delikte ist schon angesichts der unterschiedlichen Sachverhalte von vornherein nicht zielführend.

Daß die Angeklagte Annelore K* nur in untergeordneter Rolle tätig war, hat das Erstgericht ohnedies zu ihren Gunsten gewertet.

Für die Annahme (sieben) weiterer ‑ lediglich ziffernmäßig aufgelisteter Milderungsgründe des § 34 StGB beim Angeklagten O* bietet die Aktenlage keinen Anhaltspunkt.

Die vom Schöffengericht ausgesprochenen Freiheitsstrafen wurden sohin nach der tat‑ und persönlichkeitsbezogenen Schuld der Angeklagten keinesfalls zu hoch ausgemessen und bedürfen daher keiner Reduktion. Damit ist auch dem Begehren auf Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 StGB) der Boden entzogen.

Im Recht ist jedoch die Berufung des Angeklagten Horst K* insoferne, als der von ihm in Untersuchungshaft bereits verbüßte unbedingte Strafteil in der Dauer von rund sechs Monaten Freiheitsstrafe ausreichend erscheint, um den Belangen der Spezial‑ und Generalprävention im gegebenen Fall ausreichend Rechnung zu tragen, sodaß der bedingt nachgesehene Strafteil wie im Spruch festzusetzen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

 

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