OGH 11Os29/95

OGH11Os29/954.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing.Franz H***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ing.Franz H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Wr.Neustadt als Schöffengericht vom 5. Oktober 1994, GZ 12 a Vr 1032/93-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Ing.Franz H***** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil er "im Sommer 1990 in Wiener Neustadt mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Walter A***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich daß er einen Betrag von 1,000.000 S zur Durchführung eines gewinnbringenden Gutscheingeschäftes verwenden wolle, zu einer Handlung, nämlich zur Mitwirkung (an) der Gewährung eines Kredites durch die ***** Sparkasse in der Höhe von 1,000.000 S an die H***** GesmbH, verleitet, wodurch letztgenannte (laut US 4: die ***** Sparkasse) um diesen Betrag am Vermögen geschädigt wurde".

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Nach den den Schuldspruch tragenden erstgerichtlichen Feststellungen führte der Angeklagte für die Betriebsangehörigen seiner Arbeitgeberfirma, aber auch für die Belegschaften anderer Unternehmen Gutscheinaktionen durch, die verbilligte Einkäufe in Filialen der Firma B***** ermöglichten. Im Mai 1990 verwendete er den Erlös von an die Firma S***** verkauften Gutscheinen nicht zur Begleichung der korrespondieren Forderung der Firma B*****, sondern für Zwecke der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen H***** HandelsGesmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter er war. Um seine Verbindlichkeiten der Firma B***** gegenüber aber dennoch abdecken zu können, trat er an den Zeugen Walter A***** heran und veranlaßte diesen - unter Zusage einer Gewinnbeteiligung - dolos, indem er den Abschluß eines (weiteren) lukrativen Gutscheingeschäftes mit der Firma B*****, für das er 1,000.000 S benötige, in Aussicht stellte, zur Aufnahme eines Kredites in dieser Höhe bei der Filiale ***** der ***** Sparkasse (US 2 ff).

Die Kreditsumme wurde im August 1990 in Form eines Schecks "an den Angeklagten ausbezahlt, wobei nicht festgestellt werden kann, ob A***** sich diesen Scheck bei der genannten Bank ausstellen ließ oder dieser direkt von der Bank an den Angeklagten übergeben wurde" (US 4).

Dazu gab Walter A***** sowohl im Verfahren zum AZ 15 Cg 103/92 des Handelsgerichtes Wien (als Beklagter) als auch im gegenständlichen Strafverfahren in der Hauptverhandlung am 14.Februar 1994 (als Zeuge) konform an, den gegenständlichen Bankscheck nicht ausgehändigt erhalten zu haben, weshalb er ihn auch nicht an den Angeklagten weitergeben habe können; wie dieser in den Besitz des Schecks gelangt sei, wisse er nicht. Einen Auftrag oder eine Ermächtigung an Mitarbeiter der ***** Sparkasse, dem Angeklagten den Scheck auszufolgen, habe er nicht erteilt, schon weil Detailfragen im Zusammenhang mit der Abwicklung des Geschäftes offen gewesen seien (79, 85, 99, 139, 486, 488 f, 492, 497/I). Die Angestellten der ***** Sparkasse Mag.Sch*****, St***** und Sp***** ließen die Frage, wem und unter welchen Modalitäten der in Rede stehende Scheck ausgefolgt wurde, offen (99, 501, 504; 506; 509/I). Hingegen deponierte der Angeklagte, den Scheck vom Zeugen A***** erhalten zu haben (135, 434, 483/I).

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer rügt - formell gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, der Sache nach jedoch unter Geltendmachung der Z 9 lit a - im Ergebnis zu Recht, daß dem Urteil schon ausreichende Feststellungen zu den objektiven Tatbestandserfordernissen des Betruges mangeln.

Zur Verwirklichung des Tatbestandes des (vollendeten) Betruges nach § 146 StGB muß der Täter einen anderen durch Täuschung über Tatsachen zu einer sich selbst oder einen Dritten schädigenden Vermögensverfügung verleiten; dazu ist ein tätergewollt unmittelbarer Einfluß des täuschungsbedingten Irrtums, sei es auch nur als einer von mehreren Faktoren, auf den für die selbstschädigende Verfügung des Getäuschten maßgebenden Motivationsprozeß vorauszusetzen. Bloß vorbereitende Täuschungshandlungen, die das Gelingen einer späteren derartigen Irreführung ermöglichen oder erleichtern sollen, ohne selbst für den für jene Täuschung auszulösenden Willensentschluß des Getäuschten zumindest mitbestimmend zu sein, entsprechen, weil nach dem Vorgesagten die vom Täter gewollte Bereicherung sich unmittelbar aus der Handlung, Duldung oder Unterlassung ergeben muß, durch welche der Getäuschte sich oder einen Dritten schädigt ("Stoffgleichheit" von Schaden und Bereicherung), diesem Erfordernis nicht und kommen daher weder als tatbestandsmäßige Ausführungshandlungen im Sinne des § 146 StGB, noch als ausführungsnahe Handlungen nach § 15 Abs 2 StGB dazu in Betracht; wäre doch - erfolgsbezogen (nicht unbedingt auch erfolgsnah) - die wenn auch nur potentielle Gefahr einer betrugsspezifischen Rechtsgutbeeinträchtigung konkret erst mit einer auf die Sachherausgabe selbst gerichteten weiteren Irreführungshandlung, welcher, dem Tatplan entsprechend, hier entscheidendes Gewicht zukäme, eingetreten (Kienapfel BT II2 RN 97, 106, 249 f; Leukauf-Steininger Komm3 § 146 StGB RN 59; Bertel-Schwaighofer, Österreichisches Strafrecht BT I Rz 34 je zu § 146 StGB).

Vorliegend hat das Schöffengericht zwar festgestellt, auf welche Weise der Angeklagte Walter A***** über seine (Rück-)Zahlungswilligkeit und -fähigkeit täuschte, es aber unterlassen, weitere Feststellungen zu treffen, durch welche (zusätzliche) Irreführungshandlung der Angeklagte die Verfügungsmacht über die Kreditsumme erlangte.

Da der aufgezeigte Feststellungsmangel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung sohin unumgänglich ist, war bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung mit einer Kassierung des (im Strafausspruch nicht bekämpften) Urteiles und mit dem Auftrag zur Verfahrenserneuerung vorzugehen (§ 285 e StPO).

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