OGH 15Os4/95

OGH15Os4/9530.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. März 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch, Mag. Strieder, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schaumberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Attila N***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Roman B***** sowie über die Berufung des Angeklagten Wolfgang R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 3. Oktober 1994, GZ 34 Vr 546/93-119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0150OS00004.9500000.0330.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

 

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche sowie einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Attila N***** enthält, wurden Roman B***** (4. und 7. des Urteilssatzes) sowie Wolfgang R***** (3., 4., 6. und 7. des Urteilssatzes) des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

 

Nur der Angeklagte B***** bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er ebenso wie der Angeklagte R***** mit Berufung an.

 

Inhaltlich des erstgerichtlichen Schuldspruchs haben die Angeklagten (soweit dies zur Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde bedeutsam ist) in Linz und anderen in- und ausländischen Orten teils allein, teils im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Personen weiblichen Geschlechts, mögen sie auch bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben sein, dieser Unzucht in Österreich, also in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zugeführt und hiefür angeworben, indem ihnen Roman B***** Räumlichkeiten in dem von ihm geführten Etablissement zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellte, die Beschaffung von Privatquartieren organisierte, für die Erteilung ihrer Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen sorgte, teils deren Anreisekosten und Flugtickets vorfinanzierte, Wolfgang R***** Kontakte zu den ausländischen Mädchen herstellte, diese sodann an B***** weitervermittelte bzw sie persönlich vorstellte, wobei alle Angeklagten die Taten in der Absicht begingen, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

 

und zwar Roman B***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Wolfgang R*****

 

(zu 4.) am 6. und 10. Juni 1993 die nach vorausgegangener Ausreise aus Österreich wieder eingereisten russischen Staatsangehörigen "Nelli" und "Mascha" sowie die erstmals nach Österreich eingereiste Natalia P*****,

 

(zu 7.) Ende April/Anfang Mai 1993 die beiden thailändischen Staatsangehörigen Phenkae S***** und Sukanya Sa*****.

 

Zur Mängelrüge (Z 5):

 

Im (weitwendigen) Vorbringen des Beschwerdeführers zu diesem Nichtigkeitsgrund beruft er sich wiederkehrend auf den Zweifelsgrundsatz - also eine Beweiswürdigungsmaxime - und enthüllt damit, daß er auf eine im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht statthafte Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung abzielt.

 

Zudem ist voranzustellen, daß nur Begründungsmängel in Ansehung entscheidender (also entweder für die Schuldfrage oder für die Anwendung eines bestimmten Strafsatzes bedeutsamer) Tatsachenfeststellungen geltend gemacht werden können, nicht aber in bezug auf Erwägungen, von denen das Gericht bei Beseitigung der vorgebrachten Einwendungen - also der Beweiswürdigungserwägungen - geleitet wurde, oder bezüglich solcher Umstände, die es illustrativ für seine Beweiswürdigung anführt. Wenn in der Beschwerde aber - wie in dem hier aktuellen Fall geschehen - ausschließlich die Beweiskraft einzelner Beweismittel erörtert wird, liegt ein unzulässiger Angriff auf die richterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) vor, die die Erkenntnisrichter berechtigt und verpflichtet, die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft sowohl einzeln als auch in ihrem inneren Zusammenhange sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen sowie durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf denkrichtige Schlüsse zu stützen.

 

Zur Festschreibung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung hat den Gesetzgeber vor allem die Erkenntnis bewogen, daß sich die Gesamtheit aller Umstände, die dem Gericht die Überzeugung von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit einer Zeugenaussage und/oder Verantwortung eines Angeklagten vermitteln, weder restlos analysieren, noch das Ergebnis dieses Eindruckes noch alle maßgeblichen einzelnen Umstände in Worte fassen lassen.

 

Aus der Unterlassung einer extensiven Erörterung dieser Umstände kann daher ein Begründungsmangel umsoweniger abgeleitet werden, als das Gericht gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht verpflichtet ist, zu allen Zeugenaussagen oder zu jedem Vorbringen eines Angeklagten Stellung zu nehmen und alle im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände einer Erörterung zu unterziehen; dem Gerichtshof ist viel mehr nur aufgetragen, im Urteil die als erwiesen angenommenen entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen und in gedrängter Darstellung die Gründe anzuführen, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahmen geführt haben (vgl zu all dem Mayerhofer/Rieder StPO3 § 258 E 26, 30; 281 Z 5 E 1 ff, 26, 34).

 

Im Lichte dieser rechtlichen Erwägungen versagen demnach alle unter A 1. und A 2. der Beschwerdeschrift erhobenen Einwände des Rechtsmittelwerbers, wonach die erstgerichtliche Urteilsbegründung undeutlich, unvollständig, aktenwidrig, offenbar unzureichend und in sich widersprüchlich sei.

 

Die behauptete "Undeutlichkeit" (A 1.a und A 2.a) liegt deshalb nicht vor, weil das Schöffengericht in den gerügten Urteilspassagen bloß jene Erwägungen darlegt, warum es eine (in der Anklageschrift ON 99 unter Punkt II. teilweise zusätzlich inkriminierte) durch den Angeklagten erfolgte Täuschung der ausländischen Mädchen über ihre in den bezeichneten Lokalen tatsächlich zu erbringenden Leistungen ganz allgemein (US 12 unten, 41 dritter Absatz) und im besonderen (bezüglich "Nelli" und "Mascha" - US 21 zweiter Absatz; "P*****" - US 21 dritter Absatz; "S*****" und "Sa*****" - US 17 zweiter Absatz) nicht als erwiesen ansah, weshalb eine Tatbestandsverwirklichung iSd § 217 Abs 2 StGB - im Gegensatz zur Ansicht der Anklagebehörde - nicht als erwiesen angenommen wurde (US 41).

 

Keineswegs "unklar" bleibt, was mit der Feststellung (US 14 erster Absatz vorletzter Satz) gemeint ist, wenn man die weitere Konstatierung (US 14 zweiter Absatz, 20 unten, 22 oben) sowie die im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten, auf den sicherheitsbehördlichen Einlassungen des Angeklagten B***** beruhenden (171 iVm 181 ff/II, 7/III) Erwägungen des Schöffengerichtes berücksichtigt (US 28 f, 31 ff), denen zufolge die Gewerbsunzucht der ausländischen Mädchen zur Fortführung der O*****-Bar, vor allem aber zur Steigerung des Umsatzes notwendig war. In diesem Zusammenhang von einer "eindeutig aktenwidrigen Feststellung" zu sprechen und gegen die Bezeichnung dieser Bar als "Bordellbetrieb" zu remonstrieren, ist daher verfehlt.

 

Soweit der Beschwerdeführer unter Zugrundelegung seiner - von den Erstrichtern nicht geteilten - persönlichen Ansicht (US 29) mit dem Vorwand der "Unvollständigkeit" (A 1.b) vermeintliche "Feststellungsmängel" (daß und wann beiden Russinnen "Nelli" und "Mascha" Österreich wieder verlassen haben; daß es sich bei der O*****-Bar um eine Nachtbar im alten klassischen Stil handelt; welches Gewerbe von Elfriede B***** dort ausgeübt wurde - vgl hiezu etwa US 17 unten bis 18 oben -; zu welchen Zeiten die O*****-Bar geöffnet hat) reklamiert, werden keine entscheidenden Tatsachen berührt, sondern der Sache nach lediglich (unberechtigte) Bedenken gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung vorgebracht.

 

Mit Hinweisen (laut Punkt A 1.c und A 2.b der Beschwerdeschrift) auf den Inhalt des Aktes des gegen Elfriede B***** geführten Verwaltungsstrafverfahrens der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, Zahl Pol 96-65-1994/Lab/Hög, der nach der Aktenlage entgegen der Beschwerdebehauptung weder beigeschafft, noch verlesen wurde (vgl S 97 f/III - ob und welche Teile des Gerichtsaktes damit allenfalls ident sein könnten, wird in der Beschwerde nicht dargelegt), ferner auf Erhebungsergebnisse anläßlich der polizeilichen Kontrolle am 8. Februar 1994 in der O*****-Bar, auf einzelne Sätze aus der Verantwortung des Mitangeklagten R***** sowie aus den Aussagen der (richtig) Maria Nu***** Ro***** (391 f/II) und der Zeugin Natalia P***** trachtet der Beschwerdeführer erfolglos eine "Aktenwidrigkeit" einzelner Urteilskonstatierungen (so zB die O*****-Bar sei ein Bordellbetrieb; der Angeklagte habe unter anderem durch ein Angebot neuer Prostituierter den Umsatz aufbessern wollen; die Prostitution sei mit dessen Einverständnis erfolgt; B***** habe R***** ersucht, die beiden thailändischen Mädchen in dessen Wohnung unterzubringen; diese hätten sofort zu arbeiten begonnen und die Prostitution über Auftrag des Angeklagten B***** ausüben müssen, von deren Schandlohneinkünften er die Flugkosten in Abzug gebracht hätte; zwischen beiden Angeklagten sei eine Vermittlungsprovision von 100 S pro Mädchen vereinbart gewesen) zu untermauern.

 

Eine (Nichtigkeit begründende) Aktenwidrigkeit läge aber nur dann vor, wenn in den Entscheidungsgründen der Inhalt einer Urkunde oder eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergegeben worden wäre, nicht aber, wenn - wie vorliegend - bloß behauptet wird, daß zwischen den Tatsachenfeststellungen und dem diesen zugrunde gelegten Beweismaterial ein Widerspruch bestehe; denn die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlüsse kann - wie dargelegt - auch unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 185, 191 mit Judikaturhinweisen).

 

Nicht zielführend ist ferner das Vorbringen unter Punkt A 1.d und A 2. c der Beschwerdeschrift, mit dem ins Treffen geführt wird, das angefochtene Urteil enthalte für mehrere entscheidende Feststellungen "keine oder eine nur offenbar unzureichende Begründung", zumal "Nelli" und "Mascha" nie als Zeuginnen einvernommen worden seien, die Zeugin "P*****" zum Angeklagten B***** keinen Kontakt gehabt habe, der Mitangeklagte R***** unglaubwürdig sei und es sich bei den Angaben des Beschwerdeführers vor der Polizei nur um Vermutungen gehandelt haben könne.

 

Indes leidet ein Urteil an der relevierten Nichtigkeit nur dann, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche (Schein‑)Gründe angegeben sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen und nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluß auf den zu begründenden Umstand entweder überhaupt nicht ziehen läßt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist. Daß aus den Gründen auch andere für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich waren, sich das erkennende Gericht dennoch für die ungünstigeren entschieden hat, ist als ein Akt freier Beweiswürdigung der Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen (vgl Foregger/Kodek StPO6 S 397 f).

 

Nun räumt schon der Nichtigkeitswerber selbst ein, daß der Schöffensenat die bemängelten Urteilsannahmen (die drei Russinnen hätten über seine Aufforderung in der O*****-Bar die Prostitution ausgeübt; der Schandlohn für eine zwanzigminütigen Aufenthalt im Separee hätte 1.000 S betragen, wovon er die Hälfte kassiert habe) einerseits auf die (für den Beschwerdeführer allerdings unglaubwürdige und nach seiner Ansicht für einen einwandfreien Schuldnachweis untauglichen) Angaben des Angeklagten R*****, andererseits (teilweise) auf seine (des Beschwerddeführers) Einlassungen vor der Polizei gestützt hat. Damit war es aber seiner formellen Begründungspflicht iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO nachgekommen.

 

Darüber hinaus hat das Erstgericht - was der Rechtsmittelwerber zu übergehen scheint - alle für die Verwirklichung des in Rede stehenden Verbrechens geforderten objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen aus einer kritischen Gesamtschau der im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung gewonnenen Vielfalt der Beweisergebnisse sowie unter Verwertung des persönlichen Eindrucks erschlossen und in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen aktengetreu, zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und lebensnah begründet, warum es (auch) den Angeklagten B***** für schuldig erachtet (vgl US 27 ff), ohne entgegenstehende maßgebende Umstände (nach Meinung des Beschwerdeführers etwa die fehlenden Zeugenaussagen der Russinnen "Nelli" und "Mascha", deren Ladung und Einvernahme er nicht beantragt hat, womit er zur Geltendmachung des insoweit in Frage kommenden Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 4 StPO nicht legitimiert ist, oder des "einschlägigen Vorlebens" R*****s) mit Stillschweigen zu übergehen.

 

Sollte mit dem Beschwerdehinweis (A 1.d vierter Absatz), "daß das bloße Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten diesen Tatbestand [§ 217 StGB] nicht verwirklicht und unter Zuführen zur Unzucht mehr als bloßes Auffordern oder bloßes Raten zu verstehen ist", der Sache nach ein materiell-rechtlicher Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend gemacht werden, erweist sich eine solche Rechtsrüge als nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt, weil sie nicht das gesamte im Urteil konstatierte Tatsachensubstrat berücksichtigt (vgl US 2 iVm US 10 ff).

 

Schließlich besteht auch kein "innerer Widerspruch" zwischen den allgemeinen Ausführungen im Urteilstenor (US 2), denen zufolge Roman B***** "die Beschaffung von Privatquartieren organisierte" und einerseits (A 1.d) der Urteilsfeststellung (US 20 zweiter Absatz), wonach der Angeklagte R***** für "Nelli" und "Mascha" "Wohnungsmöglichkeiten bei einem Freund in Urfahr organisierte", das Erstgericht jedoch "zur Unterbringung der Zeugin P***** gar keine Feststellungen trifft", wiewohl es (nach Meinung des Nichtigkeitswerbers) "in seiner Beweiswürdigung diesen Umstand dem Angeklagten anlastet" (US 38 zweiter Absatz), andererseits (A 2.d) zur Konstatierung (US 16 zweiter Absatz), daß "die beiden thailändischen Mädchen beim Angeklagten R***** gewohnt haben", weil es sich nicht nur angesichts der konstatierten Mittäterschaft der beiden Angeklagten, sondern auch wegen der isolierten Heraushebung nur einer einzelnen der mehreren gleichwertigen Komponenten des Schuldvorwurfs um keinen entscheidenden Umstand handelt (Mayerhofer/Rieder aaO E 101 f).

 

Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß die Mängelrüge nach Inhalt und Zielrichtung lediglich auf eine - nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung - unzulässige Kritik der tatrichterlichen Beweiswürdigung hinausläuft, indem sie einzelnen Beweismitteln (insbesonders der weitgehend als glaubwürdig beurteilten Verantwortung des Angeklagten R***** und den als Sachverhaltsgrundlage herangezogenen Teilen der eigenen Depositionen) nachträglich mangelnden Beweiswert zu unterstellen trachtet. Ein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des ziffernmäßig angeführten Nichtigkeitsgrundes wird damit jedoch nicht aufgezeigt.

 

Unberechtigt ist auch die Tatsachenrüge (Z 5 a), in der erneut mit mehreren bereits in der Mängelrüge vorgebrachten Argumenten - teilweise unsachlich - die auf der Basis aller maßgebenden Beweisergebnisse (so auch der Angaben der Elfriede B***** sowie der Maria Nu***** Ro***** - US 39) plausibel getroffene erstgerichtliche Lösung der Schuldfrage in Zweifel gezogen wird. Eine für die Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen kann nämlich keineswegs - wie es der Angeklagte B***** tut - in dem Vorbringen bestehen, daß das Erstgericht (nach Meinung des Beschwerdeführers) Beweisergebnisse bedenklich gewürdigt habe. Zur Argumentation, daß das Erstgericht zu Unrecht aus einem Verwaltungsstrafverfahren gegen seine Mutter abgeleitet habe, auch zur Zeit seiner Geschäftsführung sei Gewerbsprostitution in der O*****-Bar ausgeübt worden, sei exemplarisch auf jene - in der Beschwerde übergangenen - Erhebungsergebnisse verwiesen (131 ff/II), wonach bei einer sicherheitsbehördlichen Intervention, bei welcher bereits die Geschäftsführung des Beschwerdeführers festgestellt wurde, Personen in diesem Lokal bei Ausübung des entgeltlichen Geschlechtsverkehrs betreten wurden.

 

Nach Prüfung der erhobenen Vorwürfe anhand der gesamten Aktenlage gelangte der Oberste Gerichtshof zur Ansicht, daß der Beschwerdeführer weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung eines konventionskonformen fairen (Art 6 Abs 2 EMRK) und der amtswegigen Wahrheitsforschung entsprechenden (§§ 3, 232 Abs 2, 254 StPO) Verfahrens zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen vermag, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (vgl Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z  5 a E 2 ff).

 

Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß es dem Nichtigkeitswerber - trotz seines eingangs der Hauptverhandlung abgegebenen Verzichts (5/III) - freigestanden wäre, auch einen auf Ladung und Einvernahme der Zeuginnen S***** und Sa***** gerichteten begründeten Antrag zu stellen, nach dessen Abweisung durch den Gerichtshof ihm die Verfahrensrüge nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO offengestanden wäre. Da er in der Hauptverhandlung keinen darauf abzielenden Antrag gestellt hat, kann er dieses Versäumnis nachträglich im Nichtigkeitsverfahren nicht mehr mit Erfolg relevieren.

 

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Vergleicht sie doch nicht - wie dies für die erfolgreiche Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes unabdingbare Voraussetzung ist - den gesamten wesentlichen Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz. Denn die Beschwerdekritik konzentriert sich ausschließlich auf eine einzige im angeführten Schuldspruch inkriminierte Tatvariante, nämlich des "Zuführens" - wobei zudem noch einzelne hiezu festgestellte Tathandlungen bestritten werden - läßt aber die weitere, den Beschwerdeführer gleichfalls angelastete (gleichwerte) Begehungsart des Anwerbens" ebenso außer acht, wie die (fallbezogene) Konstatierung, daß er das in Rede stehende Verbrechen "im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Wolfgang R*****" - sei es als Mittäter oder sei es als Bestimmungstäter - verübt hat.

 

Nur am Rande sei dazu angemerkt:

 

Aus der Tatsache, daß dem Täter ein aus mehreren gleichrangigen Begehungsarten verwirklichtes Delikt nur einmal angelastet werden kann, folgt, daß er durch die zusätzliche Annahme einer weiteren Begehungshandlung jedenfalls dann nicht beschwert ist, wenn es sich dabei (nur) um eine Teilkomponente ein- und desselben Tatbildverhaltens handelt. Demzufolge ist auch bei Nichtannahme einer der mehreren gleichrangigen Begehungsarten kein Freispruch zu fällen. Sonach könnten auch Verfahrens- und Begründungsmängel oder Rechtsirrtümer, die dem Gericht bei der Annahme einer solchen zusätzlichen Tatkomponente unterliefen, nicht mit Erfolg bekämpft werden (SSt 53/47), sofern eine andere mängelfrei festgestellt wurde oder unangefochten geblieben ist.

 

Indem die Nichtigkeitsbeschwerde im Urteil festgestellte Tatsachen bestreitet (Vorfinanzierung der Flugtickets, Beschaffung der Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen und Beschaffung von Unterkunft), ferner sich auf eine Tatsache stützt, die im Urteil nicht festgestellt ist (Zuführung der Russinnen "Nelli" und "Mascha" der Unzucht allein durch den Mitangeklagten R*****) und schließlich einen Umstand verschweigt, der im angefochtenen Urteil festgestellt ist (Anwerben), verfehlt sie die prozeßordnungsgemäße Darstelelung des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes.

 

Soweit in der Rechtsrüge zum Urteilsfaktum 7. unsubstantiiert ausgeführt wird "Die eben angestellten Überlegungen gelten auch für dieses Faktum und wird zur Vermeidung von Wiederholung auf sie verwiesen", ist dieses Vorbringen einer sachbezogenen Erörterung unzugänglich (§ 285 a Z 2 StPO).

 

In der Strafzumessungsrüge (Z 11) schließlich wendet sich der Beschwerdeführer, der mit seiner Behauptung, der Mitangeklagte R***** habe ihn "vor vollendete Tatsachen gestellt", auch hier durch Übergehen der konstatierten Absprache vom Urteilssachverhalt abweicht, einerseits gegen die vom Erstgericht in seinem Resümee über das Verhalten der Angeklagten gewählte Ausdrucksweise (US 43 f), es stelle "eine besonders einschneidende Mißachtung der Menschenwürde" dar, und strebt andererseits die Berücksichtigung zusätzlicher Milderungsgründe an. Damit wird aber keiner der drei im § 281 Abs 1 Z 11 StPO statuierten Fälle einer rechtsfehlerhaften Bewertung bei der Strafzumessung dargetan, sondern (weitere) Milderungsgründe ins Treffen geführt und das Gewicht einer allgemeinen Strafzumessungserwägung (§ 32 StGB) zu relativieren getrachtet, was jedoch bloß im Berufungsverfahren zu prüfen ist.

 

Aus den dargelegten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B***** teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 281 d Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

 

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten B***** und R***** (§ 285 i StPO).

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