OGH 4Ob18/95

OGH4Ob18/9528.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****verband *****, vertreten durch Dr.Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei C*****GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Fiebinger & Polak, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisiorialverfahren S 300.000), infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 15.Dezember 1994, GZ 1 R 264/94-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 8. September 1994, GZ 24 Cg 402/94-3, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Beklagten wird Folge gegeben; dem Revisionsrekurs des Klägers wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie, einschließlich des bestätigten Teiles, insgesamt wie folgt zu lauten haben:

"Der (Haupt-)Antrag des Klägers, der Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreits im geschäftlichen Verkehr zu untersagen, mit Preisgegenüberstellungen zu werben, in denen eigenen als günstig - etwa mit Slogans wie 'Jetzt schon Europa-Preise! Kampf der Profitgier!' - dargestellten Verkaufspreisen in österreichischen Schillingen ausschließlich in Deutschland maßgebliche in deutscher Währung angegebene DM-Preise gegenübergestellt werden, und der Eventualantrag, der Beklagten zu untersagen, mit Preisgegenüberstellungen zu werben, in denen eigene als günstig - etwa mit Slogans wie 'Jetzt schon Europa-Preise! Kampf der Profitgier!' dargestellte Verkaufspreise in österreichischen Schillingen verschiedenen Arten ausschließlich in Deutschland maßgeblicher und in deutscher Währung angegebener DM-Vergleichspreisen, insbesondere 'erhobenen' Händlerpreisen in Deutschland, Preisen der Firma Modern Systems in 'PC Direkt 7/94', Preisen von hotline plus Direct Shop in 'PC Direkt 7/94' ohne nähere Erläuterungen, von welcher Art die zu Vergleichszwecken herangezogenen Preise sind, gegenübergestellt werden, wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 9.147,60 bestimmten Kosten der Äußerung (darin S 1.524,60 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 50.320,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 8.386,80 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Vereinszweck des klagenden Schutzverbandes ist es, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Dem Kläger gehören Landesgremien und Innungen des Einzelhandels mit Elektrowaren als Mitglieder an.

Die Beklagte betreibt in mehreren österreichischen Städten Einzelhandelsgeschäfte, in denen sie (ua) Elektrogeräte vertreibt.

Der Ausgabe der Tageszeitung "Neue Kronenzeitung" vom 21.7.1994 lag eine Werbedrucksache der Beklagten bei, deren erste Seite mit "Jetzt schon Europa-Preise!" und "Kampf der Profitgier!" überschrieben war. In der Werbedrucksache waren verschiedene Elektrohaushaltsgeräte und Geräte der Unterhaltungselektronik abgebildet und beschrieben. Den - in österreichischen Schilling angegebenen - Preisen waren jeweils DM-Preise gegenübergestellt. Die "Statt-Preise" waren durch einen in unmittelbarer Nähe abgedruckten Hinweis, auf den durch ein Sternchen verwiesen war, wie folgt erläutert: "unverb.empf. Händlerpreis in Deutschland"; "erhobener Händlerpreis in Deutschland"; "Fa.Modern Systems in 'PC Direkt 7/94'"; "hotline plus Direct SHOP in 'PC Direkt 7/94'".

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, mit Preisgegenüberstellungen zu werben, in denen eigenen als günstig - etwa mit Slogans wie "Jetzt schon Europa-Preise! Kampf der Profitgier!" - dargestellten Verkaufspreisen in österreichischen Schilling ausschließlich in Deutschland maßgebliche in deutscher Währung angegebene DM-Preise gegenübergestellt werden. Hilfsweise begehrt er, der Beklagten zu untersagen, mit Preisgegenüberstellungen zu werben, in denen eigene als günstig - etwa mit Slogans wie "Jetzt schon Europa-Preise! Kampf der Profitgier!" - dargestellten Verkaufspreisen in österreichischen Schilling verschiedenen Arten ausschließlich in Deutschland maßgeblicher und in deutscher Währung angegebener DM-Vergleichspreisen, insbesondere "erhobenen" Händlerpreisen in Deutschland, Preisen der Firma Modern Systems in "PC direkt 7/94", Preisen von hotline plus Direct Shop in "PC Direkt 7/94" gegenübergestellt werden, ohne nähere Erläuterungen, von welcher Art die zu Vergleichszwecken herangezogenen Preise sind.

Die Statt-Preis-Werbung der Beklagten nehme auf völlig diffuse, mehrdeutige, zum Teil für den Konsumenten überhaupt nicht nachvollziehbare Preise Bezug, die überdies nur im Ausland gelten. Sie sei in mehrfacher Weise irreführend und geeignet, das Publikum über die wahre Preisvergleichsgrundlage irrezuführen. Auch wenn kein direkter Verstoß gegen das Preisauszeichnungsgesetz vorliege, so seien dessen Grundwertungen doch für die Beurteilung der Irreführungseignung maßgebend. Preisgegenüberstellungen in DM seien für den österreichischen Konsumenten ohne jede Aussagekraft, weil die DM-Preise unter anderen rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen kalkuliert seien. Die Beklagte versuche, mit in Wahrheit nicht vergleichbaren und völlig diffusen Statt-Preisen dem Konsumenten unnachvollziehbar vorzuspiegeln, daß ihr Angebot besonders preisgünstig sei. Die Preisgegenüberstellungen verstießen demnach gegen § 2 UWG, wegen Umgehung des Preisauszeichnungsgesetzes und durch Verunsicherung des Publikums über die Preisbildungs- und Preisvergleichsgrundlage aber auch gegen den Wahrheits- und Offenkundigkeitsgrundsatz des § 1 UWG.

Die Beklagte beantragt den Sicherungsantrag abzuweisen.

Nicht bereits die Verunsicherung, sondern ausschließlich die Irreführung verstoße gegen § 2 UWG. Mit der beanstandeten Werbeankündigung habe die Beklagte das Publikum darauf aufmerksam gemacht, daß sie bestimmte Waren bereits vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ebenso günstig oder sogar günstiger anbiete, als sie für Bürger eines EU-Mitgliedstaates erhältlich seien. Daß die Statt-Preise unrichtig oder nicht ernstlich verlangt worden seien, habe der Kläger weder behauptet noch bescheinigt. Um welche Preise es sich dabei handle, sei klargestellt. Eine unrichtige oder undeutliche Angabe der deutschen Vergleichspreise könnte nur die Interessen deutscher Händler beeinträchtigen. Es liege auch kein Verstoß gegen § 1 UWG vor, weil der Vergleich mit Preisen in fremder Währung vom Preisauszeichnungsgesetz nicht erfaßt werde. Diese Rechtsansicht sei jedenfalls mit guten Gründen vertretbar.

Das Erstgericht gab dem Eventualantrag Folge, den Hauptantrag wies es ab.

Die Gegenüberstellung von Schillingpreisen und in Deutschland geltenden DM-Preisen sei nicht sittenwidrig. Das Preisauszeichnungsgesetz sei nicht anzuwenden. Den beteiligten Verkehrskreisen sei bekannt, daß die Kurse von DM und Schilling verschieden seien. Der Hauptantrag sei daher nicht gerechtfertigt.

Zur Irreführung geeignete Angaben über die Preisbemessung verstießen gegen § 2 UWG. Irregeführt werde der Kunde auch dann, wenn er nicht erkennen und/oder nachprüfen könne, ob die angegebenen DM-Preise Rückschlüsse auf das Preisniveau in Deutschland als einem EU-Staat zulassen. Die Beklagte erwecke durch ihre Ankündigung zu Unrecht den Eindruck, daß die von ihr geforderten Preise niedriger als die Preise seien, die in Deutschland unter vergleichbaren Umständen verlangt würden, und daß sie daher ein besonders günstiges "Europa-Preisniveau" aufweise.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Sowohl nach der österreichischen als auch nach der deutschen Rechtsprechung sei für die Beurteilung der Irreführungseignung auf die Wahrnehmungen des Durchschnittsinteressenten bei flüchtigem Lesen oder Hören der Werbung abzustellen. Der EuGH habe einem Urteil im Vorabentscheidungsverfahren über die Auslegung des § 3 dUWG den Maßstab "umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer" zugrundegelegt. Diese Entscheidung habe jedoch einen dem vorliegenden Fall nicht vergleichbaren Sachverhalt betroffen. Auch in Deutschland werde die Auffassung vertreten, daß der EuGH derzeit noch nicht vom Leitbild des kritischen, vernünftigen und verständigen Verbrauchers ausgehe. Im übrigen seien die einzelnen Staaten gemäß Art 7 der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung vom 10.9.1984 (84/450/EWG) nicht gehindert, Bestimmungen aufrecht zu erhalten oder zu erlassen, die einen weiterreichenden Schutz der Verbraucher, der einen Handel, ein Gewerbe, ein Handwerk oder einen freien Beruf ausübenden Personen sowie der Allgemeinheit vorsehen.

Werde auf den Eindruck abgestellt, den die beanstandete Werbung bei einem Durchschnittskonsumenten erwecke, so sei sie zur Irreführung geeignet. Die Hinweise auf einen in Deutschland erhobenen Preis eines Händlers, dessen Sitz nicht angegeben werde, sowie einen (unverbindlich empfohlenen) Händlerpreis seien undeutlich. Der angesprochene Interessent könne nicht erkennen, worauf sich der Preisvergleich beziehe. Der Preisvergleich wäre nur überprüfbar, wenn angegeben wäre, bei welchen Händlern, an welchen Orten, sowie von wem und in welcher Art die Preise erhoben worden seien. Die Beklagte habe nicht bescheinigt, daß ihre Preise günstiger als die österreichischer Mitbewerber seien. Der Vergleich mit deutschen Händlerpreisen erwecke jedenfalls beim Publikum die Erwartung, daß die Beklagte schon vor Wirksamwerden des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union die zu erwartenden Preissenkungen vorwegnehme. Der Kläger habe die Unrichtigkeit der Werbung bewiesen. Dafür genüge bereits der Nachweis der Unvollständigkeit. Bei manipulierten Preisvergleichen komme es überdies zu einer Umkehr der Beweislast. Die Beklagte hätte die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Werbung nachweisen müssen.

Der Hauptantrag sei zu weit gefaßt; er erfasse auch Angaben, die nicht zur Irreführung geeignet seien. Das bloße Erfordernis einer Umrechnung zu einem bestimmten Kurs mache die Werbung noch nicht unzulässig. Der Kläger könne seinen Anspruch nicht auf das Preisauszeichnungsgesetz stützen, weil der DM-Vergleichspreis eines deutschen Händlers nicht den Preisauszeichnungsvorschriften unterliege.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist berechtigt; jener des Klägers ist nicht berechtigt. Da sich die von den Rechtsmittelwerbern aufgeworfenen Fragen überschneiden, ist es zweckmäßig, die beiden Rechtsmittel gemeinsam zu behandeln.

Der Kläger verweist darauf, daß die Gegenüberstellung von Verkaufspreisen in Schilling mit "völlig diffusen" Vergleichspreisen in einer anderen Währung, die nur im Ausland gelten, vom österreichischen Konsumenten nicht überprüft werden könne. Es würden nicht vergleichbare Preise miteinander verglichen. Wegen der suggestiven Wirkung von Preisgegenüberstellungen sei ein strenger Maßstab anzulegen.

Die Beklagte rügt als aktenwidrig, daß das Rekursgericht die Aktivlegitimation des Klägers als unstrittig bezeichnet. Sie habe die Aktivlegitimation des Klägers bestritten, weil dieser nicht berechtigt sei, die allfällige Beeinträchtigung deutscher Händler geltend zu machen. Die Werbeaussagen der Beklagten erweckten keinen falschen Eindruck. Es sei klargestellt, daß mit "normalen" Preisen verglichen werde. Die Auffassung des Rekursgerichtes, wonach auf das Verständnis des Durchschnittskunden und nicht auf das Verständnis eines sachkundigen Wirtschaftsteilnehmers abzustellen sei, verstoße gegen die Rechtsprechung des EuGH.

Der Kläger stützt seinen Unterlassungsanspruch vor allem darauf, daß die beteiligten Verkehrskreise in Österreich durch den (unvollständigen) Vergleich der von der Beklagten verlangten Preise mit DM-Preisen irregeführt würden, so daß ein Verstoß gegen § 2 UWG vorliege. Der Kläger vertritt demnach die Wettbewerbsinteressen der österreichischen Mitbewerber der Beklagten und nicht die der deutschen Händler. Daß er insoweit aktiv legitmiert ist, bestreitet auch die Beklagte nicht.

Vergleichende Preiswerbung ist, sofern sie nicht irreführend iS des § 2 UWG oder sittenwidrig iS des § 1 UWG ist, seit der UWG-Novelle 1988 BGBl 1988/422 grundsätzlich erlaubt. Eine reine Preisgegenüberstellung unter namentlicher Nennung des Mitbewerbers ist demnach zulässig. Der vergleichende Hinweis auf den höheren Preis des Mitbewerbers kann für sich allein nicht mehr als unlauterer Hinweis auf die Minderwertigkeit des fremden Angebotes angesehen werden (ecolex 1994, 182 - Einstärkengläser; ausführlich ÖBl 1989, 152 - Bella Figura).

Bei der Werbung mit Preisgegenüberstellungen können grundsätzlich zwei Arten unterschieden werden: Der Vergleich mit dem eigenen (früheren oder späteren) Preis und der Vergleich mit dem von Mitbewerbern verlangten oder dem empfohlenen Preis. Regelmäßig wird mit einem Preis verglichen, der über dem eigenen (aktuellen) Preis liegt. Eine solche Preisgegenüberstellung ist in der Regel besonders werbewirksam, erweckt sie doch den Eindruck, beim Werbenden (derzeit) zu einem günstigen Preis kaufen zu können.

Jeder Vergleich zu Werbezwecken will die angesprochenen Verkehrskreise über einen für den Kaufentschluß wesentlichen Umstand informieren. Die Information entspricht nur dann den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs, wenn dem angesprochenen Publikum alle wesentlichen Umstände mitgeteilt werden, die es in die Lage versetzen, sich selbst ein objektives Urteil über die Vorzüge der angebotenen Leistung gegenüber der verglichenen Leistung zu bilden (ÖBl 1984, 5 - Raiffeisenkassen-Sparerwerbung WBl 1990, 274 - Bank-Pfandverkauf ua).

Diese Voraussetzung ist bei der Werbung mit Preisgegenüberstellungen erfüllt, wenn aus dem Wortlaut oder aus dem Gesamtbild der - als Einheit zu betrachtenden - Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Werbezwecken hingewiesen wird (stRsp ÖBl 1976, 161 - Preisgegenüberstellung mwN; ÖBl 1984, 77 - Muttertagsangebot; ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio; ÖBl 1988, 75 - Teppich-Ausverkauf; ÖBl 1989, 144 - Großer Schuhverkauf uva). Nur dann kann das angesprochene Publikum beurteilen, welche Aussagekraft der Werbevergleich hat. Wer mit Preisgegenüberstellungen wirbt, hat demnach alles Erforderliche vorzukehren, um eine einwandfreie, jedes Mißverständnis ausschließende Aufklärung des Publikums über die Art der jeweils herangezogenen Vergleichsgrundlage sicherzustellen und mögliche Irrtümer in dieser Richtung hintanzuhalten (ÖBl 1976, 161 - Preisgegenüberstellung). Der Werbende ist aber, sofern nicht eine besondere Vorschrift besteht (so nunmehr BGBl 1993/852 für den Kleinverkauf von Orientteppichen unter der Bezeichnung "Pfandverkauf", der nicht als Versteigerung durchgeführt wird), nicht verpflichtet, die Richtigkeit seiner Behauptung dem Kunden gegenüber nachzuweisen (ecolex 1994, 237 - Schätzgutachten).

Die Beklagte stellt ihren (Schilling)Preisen DM-Preise gegenüber, von denen sie jeweils angibt, um welche Preise es sich handelt. Für die angesprochenen Verkehrskreise ist damit klargestellt, daß die Beklagte ihre Preise mit Preisen vergleicht, die in Deutschland, sei es von bestimmten Anbietern, sei es von Händlern allgemein, verlangt oder den Händlern empfohlen werden. Diese Information reicht aus, um die Aussagekraft der Vergleichspreise zu beurteilen:

Wer den Preisvergleich der Beklagten wahrnimmt, muß, um daraus überhaupt eine relevante Information zu gewinnen, die DM-Preise in Schilling umrechnen. Tut er dies, so erfährt er, daß in Deutschland (zB) der empfohlene Händlerpreis über dem von der Beklagten verlangten Preis liegt. Daß dies nichts darüber aussagt, ob die Preise der Beklagten gegenüber denen ihrer österreichischen Mitbewerber günstig oder nicht günstig sind, schadet nicht. Zu beurteilen ist nur der von der Beklagten vorgenommene Preisvergleich und der dadurch erweckte Eindruck.

Daß dieser Eindruck - die Preise der Beklagten sind günstiger als die von ihr angegebenen deutschen Vergleichspreise - unrichtig wäre, hat der Kläger nicht einmal behauptet.

Es fehlt insbesondere jede Behauptung darüber, daß die von der Beklagten herangezogenen - konkret bezeichneten - Vergleichspreise für das deutsche Preisniveau nicht repräsentativ wären und dadurch der unrichtige Eindruck der Günstigkeit des Angebotes der Beklagten erweckt würde. Die Behauptungslast für die Anspruchsgrundlagen trifft aber in jedem Fall den Kläger.

Die Unrichtigkeit ergibt sich entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes nicht schon daraus, daß der Preisvergleich keine Angaben enthält, die es dem Kunden ermöglichten, die Richtigkeit der Vergleichspreise zu überprüfen. Eine Werbebehauptung darf nicht zur Irreführung geeignet sein; ihre Zulässigkeit setzt aber nicht voraus, daß die angesprochenen Verkehrskreise ihre Richtigkeit durch entsprechende Nachforschungen überprüfen können. Ein solches Erfordernis ergibt sich auch nicht aus der Forderung, dem angesprochenen Publikum bei einem Werbevergleich alle jene wesentlichen Umstände mitzuteilen, die es in die Lage versetzen, sich selbst ein objektives Urteil über die Vorzüge der angebotenen Leistung gegenüber jener der sonstigen Mitbewerber zu bilden (s WBl 1990, 274 - Bank-Pfandverkauf). Dieses Erfordernis stellt klar, daß der Werbevergleich nicht auf Pauschalabwertungen beschränkt werden darf, sondern alle Informationen enthalten muß, die notwendig sind, um seine Aussagekraft beurteilen zu können.

Für den Preisvergleich gilt nichts anderes. Auch wenn ein strenger Maßstab anzulegen ist, weil Preisgegenüberstellungen sehr werbewirksam sind, ist doch immer nur zu beurteilen, ob der durch den Preisvergleich erweckte Eindruck in einem für den Kaufentschluß wesentlichen Punkt zur Irreführung geeignet ist. Weder aus § 2 UWG noch aus § 1 UWG läßt sich ableiten, daß eine Preisgegenüberstellung auch jene Informationen enthalten müsse, die notwendig sind, um ihre Richtigkeit durch entsprechende Nachforschungen überprüfen zu können. Das Fehlen dieser Angaben macht den Preisvergleich weder unvollständig noch unrichtig, aber - möglicherweise - weniger überzeugend und damit weniger werbewirksam als er wäre, wenn die Vergleichspreise nicht nur behauptet, sondern nachprüfbar belegt wären. Ein derartiger Mangel begründet aber keine Wettbewerbswidrigkeit, ist es doch (bloß) Aufgabe des Wettbewerbsrechts, unlauteren Wettbewerb zu verhindern, um dadurch den Leistungswettbewerb zu sichern (s Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 Allg Rz 76).

Daß die Beklagte die Vergleichspreise in D-Mark angibt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Das Preisauszeichnungsgesetz (PrAG, BGBl 1992/734) gilt für die Auszeichnung der Preise von Sachgütern und Leistungen. Die Beklagte verkauft ihre Waren nicht zu DM-Preisen; sie zeichnet für ihre Waren auch keine DM-Preise aus, sondern bietet sie in österreichischer Währung an (§ 9 Abs 2 PrAG). Der Zweck des Preisauszeichnungsgesetzes auf klare und nachvollziehbare Preisangaben hinzuwirken, wird durch die Angabe von Vergleichspreisen in ausländischer Währung nicht berührt. Maßgebend ist für den Kunden der vom Anbieter verlangte Preis (in österreichischer Währung) und damit dessen Angabe; der durch zusätzliche Angaben (in Fremdwährung) erweckte Eindruck, daß dieser Preis günstig sei, hat mit der Preisauszeichnung nichts zu tun und fällt daher nicht unter § 9 Abs 2 PrAG. Angaben über den Umrechnungskurs sind bei Vergleichen mit DM-Preisen entbehrlich (s ÖBl 1994, 279 - Sportschuh-Spezial).

Im vorliegenden Verfahren ist die Frage, ob der durch die Preisgegenüberstellung erweckte Eindruck richtig ist, für die Entscheidung auch deshalb unerheblich, weil das - wettbewerbswidrige - Hervorrufen eines unrichtigen Eindrucks weder vom Hauptantrag noch vom Eventualantrag erfaßt wird; beide Anträge stellen darauf ab, daß der Vergleich mit DM-Preisen überhaupt (Hauptantrag) oder mangels näherer Erläuterung (Eventualantrag) unzulässig sei.

Die beanstandete Preisgegenüberstellung ist unabhängig davon nicht zur Irreführung geeignet, ob die Aufmerksamkeit eines Durchschnittsverbrauchers oder eines "mündigen Verbrauchers" zugrundegelegt wird. Auf die Ausführungen der Beklagten zur Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung vom 10.9.1984 (84/450/EWG) und zur einschlägigen Rechtsprechung des EuGH ist daher nicht weiter einzugehen.

Dem Revisionsrekurs der Beklagten war Folge zu geben; der Revisionsrekurs des Klägers mußte erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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