OGH 5Ob535/94

OGH5Ob535/9428.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Arthur H*****, Stickereiunternehmer, ***** vertreten durch Dr.Bernhard Kessler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Julius O***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 60.523,40,- s.A. und Ausstellung einer Rechnung, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 3.Feber 1994, GZ 2 R 281/93-16, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 11.August 1993, GZ 8 Cg 127/93s-6, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 22.139,10 (darin S 3.689,85 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Unbestritten ist folgender Sachverhalt:

Der Kläger, der ein Stickereiunternehmen betreibt, hatte im Jahre 1985 gegenüber der beklagten Partei Schulden von mehr als S 3,5 Mio. Über deren Vorschlag erklärte sich der Kläger einverstanden, zwei Stickmaschinen an eine Leasinggesellschaft zu verkaufen und "zurückzuleasen"; aus dem Verkaufserlös sollten die Ansprüche der beklagten Partei befriedigt werden. Der 60 monatliche Leasingraten von brutto S 114.600,- umfassende Leasingvertrag wurde am 9.5.1985 abgeschlossen; nach Ablauf der Vertragszeit sollten die Maschinen in das Eigentum des Klägers übergehen. Die beklagte Partei übernahm die Garantie für die Vertragserfüllung. Der Kläger zahlte nur die im Jahr 1985 anfallenden Leasingraten, sodaß die beklagte Partei als Folge ihrer Garantieerklärung teilweise freiwillig, teilweise aufgrund eines von der Leasingfirma erwirkten Urteiles Bruttoleasingraten von insgesamt S 802.200,- bezahlte. Am 21.1.1987 trat die beklagte Partei anstelle des Klägers mit dessen Einverständnis in den Leasingvertrag ein und beabsichtigte, die davon betroffenen Stickmaschinen mit Zustimmung der Leasingfirma aus den Betriebsräumlichkeiten des Klägers zu entfernen. Das war aber nicht möglich, weil eine Bank ein Pfandrecht an den beiden Stickmaschinen behauptete. Nachdem die Bank diesen Einwand bezüglich der Stickmaschine Nr.1579 fallen gelassen hatte, wurde der Kläger zu 3 Cg 282/90 des Landesgerichtes Feldkirch rechtskräftig zur Herausgabe dieser Maschine an die beklagte Partei, die beide Stickmaschinen mit Vereinbarung vom 18.9.1990 von der Leasingfirma gekauft hatte, verpflichtet. Die Demontage dieser Stickmaschine erfolgte nach dem 30.6.1991.

Bezüglich der zweiten Stickmaschine (Nr.1382) erreichte die beklagte Partei gegen Zahlung eines Betrages von S 300.000,- an die Bank die Entlassung aus der Pfandhaftung. Trotzdem weigerte sich der Kläger, die Maschine herauszugeben, wurde aber mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20.12.1991, 3 Cg 282/90-31, zur Herausgabe an die (nunmehr) beklagte Partei verpflichtet. In diesem Umfang erwuchs das den Parteien am 20.1.1992 zugestellte Urteil ohne Einbringung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.

Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Teiles des genannten Urteiles bot die beklagte Partei dem Kläger an, die Stickmaschine Nr.1382 zu kaufen, und ersuchte um entsprechende Angebote bis 13.3.1992. Gleichzeitig wies sie darauf hin, daß sie bis zur Demontage der Maschine ein angemessenes Benützungsentgelt erwarte.

Nachdem der Kläger keine konkreten Angebote erstattete, fand die beklagte Partei Mitte Mai 1992 einen anderen Käufer. Der Kläger wurde über den Verkauf der Maschine und über den Zeitpunkt des Beginnes der Demontage (Mitte Juli 1992) informiert; über sein Ersuchen wurde der Termin auf Mitte August 1992 verschoben. Bei Beginn der Demontage ersuchte der Kläger, nicht die Maschine Nr.1382 abzubauen, sondern dem Käufer eine andere, ebenfalls im Eigentum der beklagten Partei stehende Maschine, zu liefern.

Die beklagte Partei übermittelte dem Kläger am 19.8.1992 das folgende Schreiben:

"Sie haben uns beim heutigen Gespräch in Ihrem Unternehmen angeboten, anstelle der Maschine ZANGS 117, Nr.1382, Standort Höchst, die Maschine ZANGS 117, Nr.1539, Standort Lustenau, herauszugeben.

Wir halten fest, daß eine diesbezügliche Vereinbarung der Schriftform bedarf.

Wir erklären rechtsverbindlich, daß wir gegen unbeschränkte Eigentumsübertragung an der Stickmaschine Nr.1539 und deren Herausgabe Zug um Zug das unbeschränkte Eigentum an der Stickmaschine Nr.1382 an Sie übertragen und auf den Herausgabeanspruch auf die Maschine Nr.1382 verzichten werden.

Weiters werden wir aus der Entlassung der Maschine Nr.1382 aus der Pfandhaftung durch die Dornbirner Sparkasse keinerlei, wie immer gearteten, Ansprüche gegenüber der Dornbirner Sparkasse geltend machen, soweit im Gegenzug die Dornbirner Sparkasse die Maschine Nr.1539 aus der Pfandhaftung entläßt.

Die notwendige Vereinbarung wird nach Rückkehr unseres Anwaltes aus dem Urlaub (ab 27.8.1992) ausgearbeitet, wobei wird Ihnen die Kosten für die Vertragserstellung vorab bekanntgeben werden.

Alle mit diesem "Austausch" der Maschinen verbundenen Kosten, welcher Art auch immer, haben Sie zu tragen.

Zum Zeichen Ihres Einverständnisses bitten wird Sie um Unterzeichnung dieses Schreibens ..........."

Beide Seiten, somit auch der Kläger, unterfertigten dieses Schreiben. Einen in der Folge vom Beklagtenvertreter ausgearbeiteten Vertrag unterfertigte der Kläger im Hinblick auf die darin festgelegten Kosten nicht. Die Demontage der Maschine Nr.1539 hatte zu diesem Zeitpunkt aber bereits begonnen und wurde auch beendet.

Im Verfahren 3 Cg 282/90 des Landesgerichtes Feldkirch begehrte die nunmehr beklagte Partei als Klägerin - neben der bereits erwähnten Herausgabe von Stickmaschinen - auch die Zahlung von S 7,694.667,-

samt Stufenzinsen. Davon entfiel ein Betrag von S 6,532.200,- auf den Titel der rechtsgrundlosen Benützung der Stickmaschinen in der Zeit vom 1.2.1987 bis Ende November 1991 und ein weiterer Betrag von S 802.200,- auf den Titel des Rückersatzes der von der (nunmehrigen) beklagten Partei als Folge der Garantie geleisteten Zahlungen an die Leasinggesellschaft; das weitere Zahlungsbegehren von S 360.267,- ist nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 11.3.1993, 6 Ob 523/93 (ON 48 des Aktes 3 Cg 282/90 des Landesgerichtes Feldkirch) wurde diesem Zahlungsbegehren insoferne Folge gegeben, als der nunmehrige Kläger als Beklagter schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei S 6,141.835,20 samt Stufenzinsen zu bezahlen. Damit änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20.12.1991, 3 Cg 282/90-31, im Sinne eines Mehrzuspruches ab, der damit begründet wurde, daß die damals klagende und nunmehr beklagte Partei zu den ihr mit dem genannten Ersturteil zuerkannten Benützungsentgelten für die Benützung der Stickmaschinen gemäß § 1 UStG Umsatzsteuer zu zahlen habe; diese sei vom damals Beklagten zusätzlich zu ersetzen, weil ein, wenn auch teilweise unfreiwilliger, Leistungsaustausch vorliege, und zwar in der Gestalt eines Abwicklungsverhältnisses. Damit trug der Oberste Gerichtshof einer in der Revision der nunmehr beklagten Partei vorgetragenen Argumentation Rechnung.

Unstrittig ist, daß der nunmehrige Kläger die Ansprüche der nunmehrigen Beklagten aufgrund dieses Ureiles erfüllt hat.

Die Stickmaschine Nr.1382 war zumindest seit 25.11.1991 (dem Zeitpunkt des Schlusses des Verfahrens erster Instanz zu 3 Cg 282/90) bis 18.3.1992 nach den Bestimmungen der §§ 10 ff des Stickereiförderungsgesetzes, BGBl 222/1956, plombiert, das heißt, daß der Kläger während dieser Zeit mit der Maschine nicht arbeitete, dafür jedoch Unterstützungsbeiträge erhielt. Diese betrugen in der Zeit von November 1991 bis 18.3.1992 insgesamt S 77.550,-.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, an die klagende Partei eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG zu legen, in der die klagende Partei als vorsteuerabzugsberechtigter Leistungsempfänger hinsichtlich der im Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 11.3.1993, 6 Ob 523/93, enthaltenen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen aufscheint, sowie eine Zahlung von S 60.523,40 s.A.

Zur Begründung des Begehrens auf Ausstellung einer Rechnung brachte der Kläger vor, er könne als Unternehmer jenen Teil der von ihm aufgrund des genannten Urteiles des Obersten Gerichtshofes geleisteten Zahlung, der auf die Umsatzsteuer entfällt, im Wege des Vorsteuerabzuges vom zuständigen Finanzamt zurückfordern. Unabdingbare Voraussetzung dafür sei aber das Vorliegen einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG; das Urteil erfülle diese Voraussetzung nicht. Da sich die beklagte Partei weigere, dieser Verpflichtung nachzukommen, sei er zur Klagsführung gezwungen.

Das Zahlungsbegehren von S 60.523,40 begründete der Kläger mit einem Rückersatzanspruch in Höhe der von ihm an die beklagte Partei bezahlten Umsatzsteuer aus Prozeßkosten, die die beklagte Partei im Wege des Vorsteuerabzuges zurückerstattet erhalten habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, sie sei nicht verpflichtet, die begehrte Rechnung auszustellen, da wegen des unredlichen Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit seiner Weigerung, die Stickmaschinen herauszugeben, keine zivilrechtliche Abrechnungspflicht bestehe. Bei einem Regreßanspruch nach § 1358 ABGB, betreffend die Leasingraten von S 802.200,-, könne von einer steuerpflichtigen Leistung im Sinne des § 11 Abs 1 UStG ohnehin nicht die Rede sein.

Dem Zahlungsbegehren werde eine Gegenforderung kompensando eingewendet. Der Kläger habe nämlich die Stickmaschine Nr.1382 jedenfalls bis März 1992 titellos benützt und dafür ein Benützungsentgelt von S 289.800,- (S 57.960,- monatlich einschließlich Umsatzsteuer) zu bezahlen.

Der Kläger bestritt diese Gegenforderung und wendete ein, er habe sich seit dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20.12.1991 der Herausgabe der Maschine Nr.1382 nicht widersetzt; im übrigen könne aus der zwischen den Parteien laut Schreiben vom 19.8.1992 abgeschlossenen Vereinbarung ein Verzicht der beklagten Partei auf Ansprüche aus der Nichtherausgabe der Maschine abgeleitet werden.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, an die klagende Partei eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG zu legen, in der die klagende Partei als vorsteuerabzugsberechtigter Leistungsempfänger hinsichtlich der im Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 11.3.1993, 6 Ob 523/93, enthaltenen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen, nämlich der Bruttobenützungsentgelte von insgesamt S 5,039.635,20, der Bruttoleasingraten von S 802.200,- sowie des Bruttozinszuspruches aufscheint (Pkt.1.).

Darüber hinaus erkannte das Erstgericht, daß die auf Zahlung von S 60.523,40 gerichtete Klagsforderung zu Recht (Pkt. 2.a), die kompensando eingewendete Gegenforderung bis zu dieser Höhe ebenfalls zu Recht (Pkt.2.b) bestehe, und wies das Zahlungsbegehren von S 60.523,40 s.A. ab (Pkt 2.c).

Rechtlich führte das Erstgericht aus, ein Unternehmer, der steuerpflichtige Lieferungen ausführe, sei nach § 11 Abs 1 UStG verpflichtet, auf Verlangen des von ihm belieferten anderen Unternehmers Rechnungen auszustellen, in denen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist. Diese Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung sei zivilrechtlicher Natur.

Der Begriff der "Lieferung" unterscheide sich aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht von der bürgerlich-rechtlichen Betrachtungsweise. Umsatzsteuerrechtlich sei nur die Erfüllung, nicht auch das Verpflichtungsgeschäft maßgebend, wobei es nicht darauf ankomme, was vereinbart, sondern nur darauf, was tatsächlich geleistet worden sei.

Bei Betrachtung aus steuerrechtlicher Sicht habe zwischen den Parteien ein Leistungsaustausch stattgefunden, wobei die beklagte Partei als - wenngleich unfreiwillige - Lieferantin anzusehen sei.

Die beklagte Partei sei daher zu verurteilen, dem Kläger über das bezahlte Benützungsentgelt eine Rechnung zukommen zu lassen.

Dasselbe treffe auf die von der beklagten Partei bezahlten Leasingraten von S 802.200,- zu. Nach § 1358 ABGB trete derjenige, der eine fremde Schuld zahle, in die Rechte des Gläubigers ein. Aus steuerrechtlicher Sicht sei die beklagte Partei auch als Vertragspartner des Klägers, somit wiederum als "Lieferant" der Leistung anzusehen, und, gleich wie die Leasingfirma, verpflichtet, eine entsprechende Rechnung auszustellen.

Die Rechnungsausstellungspflicht beziehe sich auch auf die Verzugszinsen, da diese als Zahlungszuschläge zu werten seien.

Dem zu Recht erhobenen Rückersatzanspruch des Klägers in Höhe von S 60.523,40 stehe eine Gegenforderung der beklagten Partei gegenüber. Der Kläger sei nämlich zumindest bis März 1992 als unredlicher Besitzer der Stickmaschine anzusehen und müsse dafür ein angemessenes Benützungsentgelt jedenfalls in Höhe der Klagsforderung bezahlen, und zwar unabhängig davon, ob er mit der Maschine tatsächlich gearbeitet habe oder ob dieser plombiert gewesen sei.

Das Berufungsgericht hat

I. der Berufung der klagenden Partei nicht Folge gegeben und daher die Punkte 2.) b) und c) des Urteiles des Erstgerichtes bestätigt;

II. der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge gegeben und Punkt 1.) des erstgerichtlichen Urteiles dahin abgeändert, daß die Rechnungslegungspflicht der beklagten Partei auf Benützungsentgelt für die unfreiwillige Zurverfügungstellung von Stickmaschinen in bestimmten Zeiträumen sowie auf Verzugszinsen für diese Benützungsentgelte beschränkt und überdies eine betrags- und zeitmäßige Präzisierung des Rechnungsinhaltes vorgenommen, hingegen das Begehren auf Ausstellung einer Rechnung hinsichtlich umsatzsteuerpflichtiger Leasingraten von S 802.200,- (inklusive S 133.700,- USt) und der darauf entfallenden Bruttozinsenzahlungen von

S 221.050,67 (einschließlich S 36.841,78 Umsatzsteuer) abgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des auf Ausstellung einer Rechnung gerichteten Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteigt und daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - im wesentlichen wie folgt:

1.) Zur Berufung der klagenden Partei:

Der Kläger mache zu Unrecht geltend, die beklagte Partei habe im Zuge der schriftlichen Vereinbarung vom 19.8.1992 auf ihren Herausgabeanspruch hinsichtlich der Maschinen Nr.1382 und damit konkludent auch auf die Geltendmachung weiterer Benützungsentgelte verzichtet. Eine konkludente Handlung (und damit auch ein solcher Verzicht) könne nur dann angenommen werden, wenn kein vernünftiger Grund übrig sei, daran zu zweifeln, daß der Wille, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen, vorliegt. Dabei müsse das gesamte Verhalten der Vertragsteile berücksichtigt werden (MGA ABGB33 § 863 ABGB/E 18 und 19).

Im vorliegenden Fall habe die beklagte Partei stets die Auffassung vertreten, daß der Kläger die Stickmaschine Nr.1382 unberechtigt in Besitz habe und zur Zahlung eines angemessenen Benützungsentgeltes verpflichtet sei. Diese Auffassung habe sie auch in jenem Schreiben vertreten, mit welchem sie dem Kläger diese Maschine zum Kauf anbot; darin habe die beklagte Partei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie vom Kläger bis zur Demontage der Maschine ein angemessenes Benützungsentgelt erwarte. Statt dieses angebotenen Kaufvertrages sei es in der Folge zur Vereinbarung vom 19.8.1992 über einen Tausch von Stickmaschinen gekommen, die dem vorgeschlagenen Kaufvertrag insoferne ähnlich sei, als die Stickmaschine Nr.1382 in das Eigentum des Klägers übergehen sollte, und zwar Zug um Zug gegen Herausgabe der Stickmaschine Nr.1539, d.h. nicht vor diesem Zeitpunkt. Für die Zeit vor dieser Transaktion sehe die Vereinbarung keine Regelung vor. Daraus könne aber mit Rücksicht auf das Gesamtverhalten der beklagten Partei keineswegs der zwingende Schluß gezogen werden, daß diese ihren Standpunkt, der Kläger besitze die Stickmaschine titellos und sei zur Zahlung eines Benützungsentgeltes verpflichtet, aufgegeben hat. Das werde auch dadurch erhärtet, daß die Vereinbarung ausdrückliche Regelungen über den Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen, die mit der Entlassung der Maschine aus der Pfandhaftung zu Gunsten einer Bank zusammenhängen, nicht aber hinsichtlich der Benützungsentgelte vorsieht. Wäre der Vertragswille der Parteien auch auf einen Verzicht auf Benützungsentgelte gerichtet gewesen, hätte dies zweifellos ebenfalls seinen Niederschlag in der Vereinbarung gefunden.

Der Kläger mache auch geltend, er habe die Stickmaschine Nr.1382 im maßgeblichen Zeitraum (November 1991 bis März 1992) nicht benützt, da sie "plombiert" gewesen sei. Der Anspruch auf Benützungsentgelt hänge aber eng mit dem objektiv zu erwirtschaftenden Ertrag zusammen; ein solcher sei nicht gegeben.

Dazu sei folgendes auszuführen:

Das Stickereiförderungsgesetz, BGBl 1956/222, sehe Unterstützungszahlungen für die Stillegung von Stickmaschinen vor, die davon abhängig seien, daß die betreffenden Stickmaschinen "plombiert" werden (§§ 10 Abs 3, 11 Stickereiförderungsgesetz). Die dafür erforderlichen Mittel stammten aus Beiträgen, die Stickereiunternehmer nach einem Prozentsatz der Stichlohnsumme zu entrichten hätten (§ 7 Stickereiförderungsgesetz).

Eine der Voraussetzungen für die Erlangung der Unterstützung sei somit zumindest die faktische Verfügung über eine Stickmaschine, die benützt werden könnte (vgl § 10 Abs 3 Stickereiförderungsgesetz), aber zur Vermeidung einer Überproduktion unter Kontrolle nicht in Betrieb genommen werde. Hätte der Kläger somit nicht über die Stickmaschine Nr.1382 verfügt, hätte er dafür auch nicht die festgestellten Unterstützungszahlungen, die aus wirtschaftlicher Sicht den durch die Stillegung entstehenden Gewinnentgang zumindest teilweise ersetzen sollen, beziehen können. Damit sei der (unredliche) Besitz an einer Stickmaschine, die zum Zwecke der Erlangung von Unterstützungszahlungen stillgelegt und plombiert werde, jedenfalls bei der Beurteilung der Frage, ob an den eigentlich Verfügungsberechtigten ein Benützungsentgelt zu bezahlen sei, einer ertragbringenden Benützung gleichzusetzen.

Da die Unterstützungen, die der Kläger für die stillgelegte Stickmaschine Nr.1382 in der Zeit von November 1991 bis März 1992 bezogen habe, die Höhe jener Gegenforderung übersteige, über die im vorliegenden Verfahren abzusprechen sei, brauche auch nicht näher darauf eingegangen zu werden, wie das Benützungsentgelt für eine stillgelegte Stickmaschine zu berechnen sei, da der objektiv zu erwirtschaftende "Nutzen" in einem solchen Fall jedenfalls in Höhe der bezogenen Unterstützungen bestehe.

2.) Zur Berufung der beklagten Partei:

Wie der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 523/93 (ON 48 des Aktes 3 Cg 282/90 des Landesgerichtes Feldkirch), ausgesprochen habe, liege in der, wenngleich unfreiwilligen Überlassung der Stickmaschine durch die beklagte Partei an den Kläger ein Leistungsaustausch im Sinne des § 1 UStG, sodaß der damals klagenden (= hier beklagten) Partei zu den zuerkannten Benützungsentgelten auch 20 % Umsatzsteuer zugesprochen wurde.

Nach § 11 Abs 1 UStG sei ein Unternehmer berechtigt und, soweit er die Umsätze an einem anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist. Eine solche Rechnung sei für den anderen die zwingende Voraussetzung für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug, somit für einen im Rahmen des Mehrwertsteuersystems wichtigen und wesentlichen Vorgang.

Die sich aus § 11 Abs 1 UStG ergebende Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung habe nach allgemeiner Auffassung zivilrechtlichen Charakter (SZ 52/1 mwN), sei also erforderlichenfalls klageweise geltend zu machen. Ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis müsse nicht vorliegen; die Verpflichtung gründe nicht in einem solchen, sondern in der gesetzlichen Anordnung des § 11 Abs 1 UStG. So habe der Oberste Gerichtshof die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung auf Seiten des Verpflichteten beim Eigentumserwerb durch Zuschlag (SZ 52/101) und auf Seiten des von der Wasserrechtsbehörde mit der Durchführung von Maßnahmen beauftragten Unternehmers gegenüber dem gesetzlich zur Tragung der Kosten verpflichteten Unternehmer (SZ 59/140) bejaht; in beiden Fällen sei kein Vertragsverhältnis zwischen den betroffenen Unternehmen vorgelegen.

Diese Grundsätze ließen sich auch auf den vorliegenden Fall anwenden. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) habe die beklagte Partei als Unternehmerin für den Kläger steuerpflichtige Leistungen erbracht; auf die Redlichkeit des Leistungsempfängers (Benützers) komme es bei dieser Betrachtungsweise ebensowenig an wie auf die Freiwilligkeit des Leistenden oder einen übereinstimmenden Willen der Beteiligten.

Unzutreffend sei auch das Argument der Berufungswerberin, sie verfüge nicht über die Abrechnungsgrundlagen. Nach § 11 Abs 1 UStG müßten die Rechnungen bestimmte Angaben enthalten, diese seien alle aktenkundig und der beklagten Partei bekannt, insbesondere auch die maßgeblichen Benützungsentgelte und Zinsen, da außer Streit stehe, daß der Kläger alle Verpflichtungen aus dem genannten Urteil des Obersten Gerichtshofes im Verfahren 3 Cg 282/90 des Landesgerichtes Feldkirch erfüllt habe. Die darin enthaltene Umsatzsteuer lasse sich einerseits teilweise dem genannten Urteil des Obersten Gerichtshofes entnehmen, andererseits, insbesondere hinsichtlich der Zinsen, durch eine einfache Rechnung ermitteln.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil weder über die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung nach § 11 Abs 1 UStG - bezogen auf den vorliegenden Fall - noch zur Frage, inwieweit für Stickmaschinen, die zur Erlangung einer Stillegungsprämie nicht betrieben werden, ein Benützungsentgelt zu bezahlen sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen

1.) der klagenden Partei insoweit, als ihrem auf Zahlung von S 60.523,40 s.A. gerichteten Leistungsbegehren wegen unzutreffender Anerkennung einer Gegenforderung der beklagten Partei (Benützungsentgelt) nicht stattgegeben wurde, mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit in klagestattgebendem Sinn abzuändern;

2.) der beklagten Partei insoweit, als dem Begehren des Klägers auf Ausstellung einer Rechnung stattgegeben wurde, mit dem primären Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen insofern im klageabweisendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Parteien beantragten jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben; die beklagte Partei beantragte überdies die Revision des Klägers als unzulässig zurückzuweisen.

Die Revisionen sind aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg verweist der Oberste Gerichtshof darauf, daß er die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend erachtet, sodaß zu den Revisionsausführungen nur noch kurz folgendes zu sagen ist (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO):

1.) Zur Revision des Klägers:

Der Kläger anerkennt, daß das vom unredlichen Benützer zu leistende Benützungsentgelt nach dem obejektiv zu erwirtschaftenden Ertrag unter Berücksichtigung der Kostenfaktoren zu berechnen ist, meint aber, daß die von ihm erlangten Unterstützungen nach dem Stickereiförderungsgesetz aus der Nichtbenützung der Maschine resultierten und daher nicht Folge der Nutzung der Maschine seien. Diese Argumentation geht von der unrichtigen Annahme aus, ein "erwirtschafteter Ertrag" könnte nur durch den an sich bestimmungsgemäßen Gebrauch der Maschine erzielt werden, also durch ihre Benützung zur Herstellung von Stickereien. Wirtschaftlicher Ertrag kann jedoch - gerade wie dieser Fall zeigt - auch auf andere Art erzielt werden, in komplexen Wirtschaftssystemen daher manchmal auch dadurch, daß ein Dritter - aus welchem Grund immer - bereit ist, für die Unterlassung des bestimmungsgemäßen Gebrauches der Maschine etwas zu zahlen, hier Unterstützungsbeträge für die Stillegung der Maschine. Diese an die faktische Verfügungsmacht über die stillgelegte Maschine gebundene Einnahme des Klägers ist daher sehr wohl einem Ertrag gleichzuhalten, der sonst durch die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine erzielt wird. Es obliegt der wirtschaftlichen Disposition des Klägers als Unternehmer, ob er die Stickereimaschine bestimmungsgemäß verwendet oder sie nach dem Stickereiförderungsgesetz plombieren läßt und für die Nichtverwendung zur aus Absatzgründen unerwünschten Produktion von Stickereierzeugnissen eine Prämie kassiert. Auch dabei handelt es sich um eine durch die faktischen Verhältnisse und rechtlichen Möglichkeiten beinflußte, vom Kläger getroffene Wahl einer spezifischen Nutzung der Maschine.

Zur Höhe der als berechtigt erkannten Gegenforderung ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt.

2.) Zur Revision der beklagten Partei:

Schon in der im Verfahren 3 Cg 182/90 des Erstgerichtes, in dem die hier beklagte Partei als klagende Partei Benützungsentgelt für unfreiwillig dem Kläger zur Verfügung gestellte Stickmaschinen und Verzugszinsen daraus begehrt hatte, teilte der Oberste Gerichtshof (6 Ob 523/93) die von der hier beklagten Partei vertretene Rechtsmeinung, daß sie als Unternehmerin von dem ihr zuerkannten Benützungsentgelten für die Benützung der in ihrem Eigentum stehenden Stickmaschinen gemäß § 1 UmsatzsteuerG Umsatzsteuer zu zahlen habe. Zwischen den Streitteilen liege ein Umsatzsteuerpflicht begründender Leistungsaustausch vor: Einerseits die, wenn auch unfreiwillige zur Verfügungstellung der Stickmaschinen, anderseits das für die Verwendung zu leistende Entgelt. Dies entspreche auch der Ansicht des Bundesgerichtshofes und des deutschen Bundesfinanzhofes zur Auslegung des § 1 d UStG. Der beklagten Partei als damaliger Klägerin wurden daher auch 20 % an Umsatzsteuer zu den zuerkannten Benützungsentgelten in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen zugesprochen.

Schon aus dieser Qualifikation des der beklagten Partei vom Kläger zu leistenden Benützungsentgeltes als Umsatz im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UmsatzsteuerG, wovon abzugehen der erkennende Senat keinen Anlaß sieht, folgt die Pflicht der beklagten Partei zur Ausstellung einer diesbezüglichen Rechnung im Sinne des § 11 Abs 1 UmsatzsteuerG.

Da die beklagte Partei selbst im vorangegangenen Verfahren gegen den nunmehrigen Kläger wegen Zuspruches von Benützungsentgelt erfolgreich den Standpunkt vertreten hat, daß es sich dabei um einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang handelt, ist nicht verständlich, daß sie sich nun ihrer sie nach § 11 Abs 1 UmsatzsteuerG treffenden Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung zu entziehen versucht.

Beiden Revisionen war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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