OGH 11Os40/95

OGH11Os40/9528.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 1995 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Haubenwallner als Schriftführerin, in der beim Landesgericht Wels zum AZ 18 Vr 1307/94 anhängigen Strafsache gegen Josef B***** und andere Beschuldigte wegen Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall und Abs 2 erster Fall SGG, § 15 StGB durch gewerbsmäßiges, teils vollendetes, teils versuchtes Inverkehrsetzen von Suchtgift über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Bernhard Andreas W***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. Februar 1995, AZ 7 Bs 39/95 (= ON 68 des Vr-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Bernhard Andreas W***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Beim Landesgericht Wels ist zu AZ 18 Vr 1307/94 unter anderem gegen Berhard Andreas W***** ein Strafverfahren anhängig, in welchem am 8. März 1995 die Anklageschrift (datiert mit 6. März 1995, ON 73) eingebracht wurde.

Inhaltlich dieser Anklageschrift wird Berhard Andreas W***** zur Last gelegt, gewerbsmäßig

1. Mitte Oktober 1994 in Wels Josef B***** ein Kilogramm Haschisch (Reinheitsgrad mindestens 7 %, sohin 70 Gramm THC) zum Preis von 58.000 S verkauft,

2. am 22. Dezember 1994 in Wels Josef B***** 1.946,30 Gramm Haschisch (Reinheitsgrad 8,9 %, demnach 173,22 Gramm THC) zum Preis von 120.000

S verkauft und übergeben zu haben und

3. am 23. Dezember 1994 in Wels insgesamt 19 Gramm Haschisch (nämlich 8,7 Gramm mit einem Reinheitsgrad von 7,5 % und 10,3 Gramm mit einem Reinheitsgrad von 7,4 %) zum Verkauf bereit gehalten zu haben, wobei es zufolge Abnahme durch die Polizei nicht tatsächlich zum Verkauf kam, sondern beim Versuch blieb.

In rechtlicher Hinsicht wird gegen ihn deswegen der Vorwurf des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall und Abs 2 erster Fall SGG § 15 StGB durch gewerbsmäßiges, teils vollendetes, teils versuchtes Inverkehrsetzen von Suchtgift erhoben.

Rechtliche Beurteilung

Bereits anläßlich der Einleitung der Voruntersuchung am 24. Dezember 1994 wurde über Bernhard Andreas W***** wegen dieses - auch der Anklageschrift zugrundegelegten - Verdachtes die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b StPO verhängt (ON 12). Mit Beschluß des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes Wels vom 3. Februar 1995 (ON 53) wurde die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO (mit Wirksamkeit bis zum 3. April 1995) angeordnet.

Der dagegen gerichteten Beschwerde wurde mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. Februar 1995 (ON 68) nicht Folge gegeben und folgerichtig festgestellt, daß die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit b StPO fortzusetzen sei. Dieser Haftbeschluß ist längstens bis 18. April 1995 wirksam.

Gegen ihn richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Bernhard Andreas W*****, die jedoch unbegründet ist.

Zunächst räumt die Beschwerde das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes, der - unbeschadet der abschließenden rechtlichen Beurteilung der Taten - im übrigen durch den Inhalt der inzwischen eingebrachten Anklageschrift dargetan ist, selbst ein.

Die Ausführungen der Beschwerde, die sich schwergewichtig mit der Frage der Drogenqualität von Haschisch und mit der Einbindung des Beschwerdeführers in die Suchtgiftszene befassen, sind daher der Sache nach darauf gerichtet, den vom Oberlandesgericht Linz angenommenen Haftgrund der Gefahr der neuerlichen Tatbegehung grundsätzlich, jedenfalls aber dahin in Frage zu stellen, daß - nach ihrer Auffassung - die Haft auch durch gelindere Mittel, so etwa die Weisung, der Beschuldigte wolle sich alkoholischer Getränke und anderer berauschender Mittel enthalten und einer geregelten Arbeit nachgehen bzw durch Bestellung eines vorläufigen Bewährungshelfers, substituiert werden könnte.

Gerade mit dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr hat sich das Oberlandesgericht Linz ausführlich auseinandergesetzt und dargelegt, weswegen nach dem bisherigen Gesamtverhalten des Beschwerdeführers die Annahme naheliegt, er werde die ihm jetzt angelasteten Taten auch in Zukunft fortsetzen, um sich eine fortlaufende Einnahme zu erschließen.

Gegen diese Überlegungen vermag die Beschwerde keine stichhaltigen Argumente ins Treffen zu führen. Mit ihren Ausführungen zur Beurteilung des Unwerts der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten strafbaren Handlungen übersieht sie, daß der Unwert der Tat vom Gesetzgeber bewertet und dieses Bewertungsergebnis in der Strafdrohung zum Ausdruck gebracht wird. § 12 Abs 2 SGG droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren an. Die im angefochtenen Beschluß aus konkreten Tatsachen abgeleitete Befürchtung, der Angeklagte werde solche Taten, wie sie ihm bisher angelastet sind, auch in Zukunft begehen, entspricht daher der den Haftgrund begründenden Prognose des § 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO.

Schließlich überzeugen auch die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses zur Frage der Substituierbarkeit der Untersuchungshaft durch gelindere Mittel.

Inwieweit aber im Sinne der Anklagebehauptung eine nach der derzeitigen Aktenlage und dem Inhalt der Anklageschrift indizierte Einbindung des Beschwerdeführers in die Suchtgiftszene gegeben ist oder nicht, muß als Frage der Beweiswürdigung nach den das österreichische Strafprozeßrecht beherrschenden Grundsätzen der Unmittelbarkeit, Mündlichkeit und freien richterlichen Beweiswürdigung ebenso dem erkennenden Gericht vorbehalten bleiben wie die auf der Basis der Beweisergebnisse der Hauptverhandlung vorzunehmende abschließende rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes, wenngleich nach der derzeitigen Aktenlage der im Anklagefaktum 3. umschriebene Sachverhalt als das Vergehen nach § 14 a SGG zu beurteilen wäre. Da dies im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens ohne Relevanz bleibt, kann die Frage zunächst auf sich beruhen, weil dem erkennenden Gericht durch die Entscheidung in diesem Verfahren nicht vorgegriffen werden darf.

Insgesamt zeigt sich, daß der Beschwerdeführer durch den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, weswegen die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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