OGH 15Os164/94(15Os165/94)

OGH15Os164/94(15Os165/94)16.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.März 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Prof.Dr.Hager, Mag.Strieder und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohrböck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mende B***** und andere wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und Abs 4 dritter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.November 1993, GZ 2 c Vr 1886/93-152, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich mit diesem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO ergangenen Beschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr.Wasserbauer, des Angeklagten B***** und des Verteidigers Mag.Kellner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B***** werden gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das - unter Beachtung der vom Obersten Gerichtshof am 5. Mai 1994 zur GZ 15 Os 33-35/94-4 ergangenen Entscheidung - im übrigen unberührt bleibt, teilweise in dem diesen Angeklagten betreffenden Schuldspruchsfaktum IV. (wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB), und zwar insoweit, als damit eine zum Nachteil des Milan M*****, des Slavko T***** und des Zeljko S***** verübte Verleumdung umfaßt ist, sowie demzufolge auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (ausgenommen den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung) und weiters der gemeinsam mit diesem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO ergangene Beschluß aufgehoben.

In diesem Umfang wird gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Mende B***** wird von jenem Teil der wider ihn erhobenen Anklage, wonach er am 23.März 1993 in Eisenstadt andere der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt habe, indem er anläßlich seiner Vernehmung durch Beamte der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland aussagte, er habe über Auftrag des Zeljko S***** gemeinsam mit Milan M*****, Slavko T***** und Martin F***** einen Einbruchsdiebstahl zum Nachteil der Henriette S***** begangen, sohin Milan M*****, Slavko T***** und Zeljko S***** einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung falsch verdächtigte, wobei er wußte, daß diese Verdächtigung falsch war, und (auch) hiedurch das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB begangen habe, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und Abs 4 dritter Fall StGB (II./E.) und (in Ansehung des Martin F*****) der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (IV.) wird Mende B***** nach dem höheren Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 (neun) Monaten verurteilt.

2. Gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO wird die am 19.November 1992 zu BE 294/92 des Landesgerichtes Wiener Neustadt angeordnete bedingte Entlassung des Mende B***** aus drei jeweils vom Jugendgerichtshof Wien zu 18 a U 260/91, 1 a Vr 629/91 und 2 c Vr 1465/92 über ihn verhängten Freiheitsstrafen widerrufen.

3. Mit seiner Berufung und mit der Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

4. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderem Mende B***** der Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und Abs 4 dritter Fall StGB (II.E.) sowie der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (IV.) schuldig erkannt und nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Danach hat er

(zu II.E.) im Februar/März 1993 dadurch, daß er aus den von [einem] unbekannten Täter am 26.Februar 1993 durch Einbruch in das Juweliergeschäft der Henriette S***** gestohlenen (zu ergänzen: und von Slavko T***** gekauften) Schmuckstücken und Uhren im Gesamtwert von 350.000 S von Slavko T***** eine Herrenarmbanduhr der Marke "Royce" in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert übernahm und bei sich behielt, eine Sache, die ein anderer durch eine mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hat, an sich gebracht, wobei ihm der diese Strafdrohung begründende Umstand bekannt war;

(zu IV.) am 23.März 1993 in Eisenstadt andere der Gefahr der behördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem er anläßlich seiner Vernehmung durch Beamte des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland aussagte, er habe gemeinsam mit Milan M*****, Slavko T***** und Martin F***** über Auftrag des Zeljko S***** einen Einbruchsdiebstahl zum Nachteil der Henriette S***** begangen, sohin Milan M*****, Slavko T***** (zu ergänzen: Zeljko S*****) und Martin F***** einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß diese Verdächtigung falsch war.

Zugleich mit dem angefochtenen Urteil faßte das Schöffengericht gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO den Beschluß, demzufolge die zu (richtig) BE 294/92 des Landesgerichtes Wiener Neustadt am 19.November 1992 gewährte bedingte Entlassung des Mende B***** aus drei Freiheitsstrafen widerrufen und der Vollzug des Strafrestes von einem Jahr und elf Tagen angeordnet wurde (US 14).

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten B***** gegen den Schuldspruch erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde bereits mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 5.Mai 1994, GZ 15 Os 33-35/94-4, zurückgewiesen und ausgesprochen, daß über die Berufung und die Beschwerde in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden wird, für den sich der Oberste Gerichtshof auch eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 erster Fall StPO in bezug auf den Schuldspruch dieses Angeklagten wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (laut Punkt IV. des Urteilssatzes) vorbehält, weil dieser Schuldspruch teilweise mit dem ungerügt gebliebenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet, demnach das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet worden ist.

Abweichend von der - auf Grund der falschen Angaben des B***** vor der Sicherheitsbehörde - gegen Mi*****, S*****, T*****, B***** und F***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch erhobenen Anklage (Punkt I.A.3. der ON 56a) beurteilte das Schöffengericht diesen Sachverhalt bei T*****, S***** und M***** (unangefochten) als das Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs 2 (bei T***** auch Abs 3) und Abs 4 dritter Fall StGB (vgl II.B., C. und D. des Urteilssatzes), weil die Genannten nach den erstgerichtlichen Feststellungen die der Henriette S***** von unbekannten Tätern gestohlenen Schmuckgegenstände und Uhren in Kenntnis ihrer Herkunft aus einem Einbruchsdiebstahl gekauft bzw übernommen hatten. Der Angeklagte F***** wurde hingegen von diesem Anklagevorwurf rechtskräftig gemäß § 259 Z 3 StPO im Zweifel freigesprochen (US 14 iVm 33).

Einer Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB, die schon in objektiver Beziehung unter anderem erfordert, daß dadurch ein anderer zu Unrecht der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt wird, hätte sich der Angeklagte B***** bei der gegebenen Fallgestaltung aber nur dann schuldig machen können, wenn er durch die inkriminierte Aussage vor der Sicherheitsbehörde gegen die vorgenannten Personen bewußt wahrheitswidrige Anschuldigungen wegen einer mit schwererer Strafe bedrohten Handlung als jener, die sie tatsächlich begangen haben, erhoben hätte, die eine Gefahr behördlicher Verfolgung deswegen begründet hätten. Denn für die Zurechnung der falschen Verdächtigung als Verleumdung wird in einem solchen Fall verlangt, daß der Täter wider besseres Wissen eine Anschuldigung erhebt, durch die der fälschlich Beschuldigte dem Verdacht ausgesetzt wird, eine schwerere Straftat begangen zu haben als jene, die er wirklich zu verantworten hat (Leukauf/Steininger Komm3 RN 5; Foregger/Serini StGB5 Erl III und Pallin im WK Rz 15 jeweils zu § 297).

Diese essentielle Voraussetzung liegt aber bezüglich des T*****, S***** und M***** nicht vor; bezieht sich doch die vom Erstgericht festgestellte (verleumderische) Falschbezichtigung der genannten Personen (ausgenommen in bezug auf den auch davon betroffenen Martin F*****) auf eine solche Straftat (Einbruchsdiebstahl), die wegen der gleichen Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe dem Gewichte nach jenem Delikt (hier: Hehlerei in der Deliktsqualifikation des § 164 Abs 4 dritter Fall StGB) gleichkommt, das sie nach den Urteilsfeststellungen tatsächlich zu verantworten haben. Hinsichtlich dieser drei verdächtigten Personen ist daher der Tatbestand der Verleumdung schon objektiv nicht erfüllt, weil die Genannten - wie dargelegt - durch den insoweit fälschlichen Vorwurf des mit gleich schwerer Strafe bedrohten Verbechens des Diebstahls durch Einbruch (§ 129 Z 1 StGB) in bezug auf die Gefahr behördlicher Verfolgung keinem zusätzlichen (erhöhten) Risiko ausgesetzt wurden.

Durch die Beurteilung der inkriminierten Anschuldigung als eine die Angeklagten T*****, S***** und M***** betreffende Verleumdung unterlief dem Erstgericht somit ein den Angeklagten B***** benachteiligender, vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen wahrzunehmender (§ 290 Abs 1 StPO) Rechtsirrtum im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO, der zur teilweisen Aufhebung dieses Schuldspruchs zwingt.

Anders liegt hingegen der Fall bei Martin F*****, der vom Anklagevorwurf der Beteiligung am zitierten Geschäftseinbruchsdiebstahl zur Gänze freigesprochen wurde, durch dessen wissentliche Falschbezichtigung der Beschwerdeführer den Tatbestand der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB demnach in subjektiver und objektiver Richtung erfüllt hat, weshalb der Schuldspruch des Angeklagten B***** insoweit aufrecht zu bleiben hat.

Bei der - infolge teilweiser Urteilsaufhebung und Kassierung auch des Strafausspruchs notwendig gewordenen - Strafneubemessung nach dem höheren Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen und zwei einschlägige Vorstrafen wegen Vermögensdelikten (davon einmal in Verbindung mit dem Vergehen der Verleumdung); mildernd war demgegenüber das Geständnis des Angeklagten und dessen Alter unter 21 Jahren zur Tatzeit.

Unter Abwägung der Zahl und des Gewichtes der aufgezählten Strafzumessungsgründe sowie unter gebotener Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) entspricht die mit neun Monaten ausgemessene Freiheitsstrafe sowohl der personalen Täterschuld des bereits als Rückfallstäter (§ 39 StGB) anzusehenden Angeklagten als auch dem Unrechtsgehalt seiner Straftaten.

Durch die Beseitigung des erstgerichtlichen Strafausspruchs wurde dem damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden (vom Angeklagten bekämpften) Widerrufsbeschluß die tatsächliche Grundlage entzogen, weshalb dieser uno actu aufzuheben war. Demnach hatte der Oberste Gerichtshof auf der vom Erstgericht geschaffenen formellen Basis (§ 494 a Abs 3 StPO) gemäß § 494 a Abs 4 StPO auch über den Widerruf der bedingten Entlassung des Mende B***** zu entscheiden.

Der am 14.November 1972 geborene Beschwerdeführer B***** wurde bisher dreimal vom Jugendgerichtshof Wien zu Freiheitsstrafen verurteilt: am 30. Oktober 1991 erfolgte zunächst zu 18 a U 260/91 ein Schuldspruch wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach § 127 und § 15 StGB (die dem Obersten Gerichtshof vorliegende Strafregisterauskunft stimmt mit dem Urteilsspruch insoweit nicht überein), weil der Angeklagte am 29.März 1990 zwei Fahrräder gestohlen und ein weiteres Fahrrad zu stehlen versucht hatte. Die deswegen verhängte, für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von drei Wochen wurde jedoch (entgegen der Bestimmung des § 494 a Abs 4 zweiter Satz StPO mit dem gesondert gefaßten Beschluß vom 16.Jänner 1992) zu 1 a Vr 629/91 widerrufen. Dem Urteil vom selben Tag lagen neben einem vom Angeklagten am 22. Oktober 1990 verübten Raub (unter Festhalten einer Bedienerin) von 11.000 S auch mehrere in der Zeit von Anfang Oktober 1990 bis Dezember 1991 gewerbsmäßig begangene Einbruchsdiebstähle mit einer Schadenssumme von insgesamt ca 22.000 S sowie die Verleumdung zweier Frauen, an einem Gelddiebstahl des Angeklagten mitgewirkt zu haben, zugrunde. Hiefür wurde B***** zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe (unter Anrechnung der Vorhaft) verurteilt. Schließlich erfolgte am 31. August 1992 zu 2 c Vr 1465/91 die Verhängung einer sechsmonatigen Zusatzstrafe zum vorgenannten Urteil wegen des Verbrechens "des schweren gewerbsmäßigen Bandendiebstahls durch Einbruch" (28 Einbruchsdiebstähle in Automaten mit einem Gesamtschadensbetrag von rund 116.000 S).

Aus dem Vollzug dieser drei Freiheitsstrafen wurde B***** am 19. November 1992 zu BE 224/92 des Landesgerichtes Wiener Neustadt unter Bestellung eines Bewährungshelfers entlassen, wobei ihm der Rest von einem Jahr und elf Tagen Freiheitsstrafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Ungeachtet aller vorangegangenen Resozialisierungs-, Erziehungs- und Strafmaßnahmen wurde B***** nicht nur bereits vier Monate später, nämlich im Februar/März 1993 in eigentumsschädlicher Weise (II.E.) und am 23.März 1993 in Richtung des Verbrechens der Verleumdung (IV.) rückfällig, sondern verübte darüber hinaus auch während des nunmehr anhängigen Rechtsmittelverfahrens gewerbsmäßig Einbruchsdiebstähle (zwei vollendete Geschäftseinbrüche mit einem Gesamtschadensbetrag von 28.500 S sowie zwei versuchte Einbrüche in ein Musikgeschäft und in ein Kellerabteil), die am 17.Februar 1995 zu einer (rechtskräftigen) Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ 5 c Vr 13.189/94-55, zu zwei Jahren Freiheitsstrafe führten. Es bedarf daher bei ihm in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung zusätzlich zu dieser des Widerrufs der bedingten Entlassung und des Vollzuges des Strafrestes von einem Jahr und elf Tagen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB).

Mit seiner Berufung und mit seiner Beschwerde war der Angeklagte B***** sonach auf die Strafneubemessung zu verweisen.

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