OGH Okt1/95

OGHOkt1/9514.3.1995

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch seinen Vorsitzenden Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser und die Kommerzialräte Dr.Bauer, Dkfm.Dr.Grünwald, Dkfm.Lamel und Dr.Lettner als weitere Senatsmitglieder in der Kartellrechtssache der Anzeigerin D*****, vertreten durch Binder, Größwang & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anzeige einer vertikalen Vertriebsbindung, infolge Rekurses der Anzeigerin gegen den Beschluß des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien, vom 2. November 1994, GZ 2 Kt 794/94-5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Rechtsmittelwerberin zeigt am 1.7.1994 dem Kartellgericht unter Anschluß von in englischer Sprache verfaßten Urkunden eine Alleinvertriebsvereinbarung "und damit eine vertikale Vertriebsbindung" an.

Mit Beschluß vom 28.7.1994 verständigte das Kartellgericht die Amtsparteien und den Paritätischen Ausschuß für Kartellangelegenheiten von der Anzeige und ordnete gleichzeitig gemäß § 75 Abs 4 KartG 1988 die Aufnahme einer Gleichschrift der Anzeige und der beiden beigeschlossenen Vereinbarungen in die Urkundensammlung an.

Am 27.10.1994 regte die Bundesarbeitskammer an, das Kartellgericht möge der Vertriebsbinderin die Vorlage einer beglaubigten Übersetzung der "Vertriebsbindung" in die deutsche Sprache auftragen.

Mit dem angefochtenen Beschluß forderte das Kartellgericht die Anzeigerin auf, binnen vier Wochen eine beglaubigte Übersetzung der "angezeigten Urkunde" vorzulegen; zur Begründung berief sich das Gericht darauf, daß die deutsche Sprache Gerichtssprache sei und die Übersetzung eine "eingehende Prüfung" ermöglichen solle.

Der von der Anzeigerin dagegen erhobene Rekurs ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach der gemäß § 43 KartG 1988 auch im kartellgerichtlichen Verfahren anzuwendenden Bestimmung des § 9 Abs 1 AußStrG steht das Rekursrecht jedermann zu, der sich durch die erstinstanzliche Verfügung beschwert erachtet. Von diesem Grundsatz sind aber jene Fälle auszunehmen, in welchem die Mißachtung gerichtlicher Aufträge Rechtswirkungen erst in einer ohnehin anfechtbaren späteren Verfügung zeitigen kann (SZ 50/41 ua). Ist die Rechtsstellung des Beteiligten durch die verfahrensrechtliche Verfügung nicht gefährdet, bleibt diesem auch deren Bekämpfung verwehrt (KOG in ÖBl 1991, 271); in diesem Sinne sind bloße Verbesserungsaufträge daher auch im Zivilprozeß nicht (abgesondert) anfechtbar (§ 85 Abs 3 ZPO).

Es kann nun nicht zweifelhaft sein, daß es sich bei der von der Anzeigerin bekämpften Verfügung des Kartellgerichts um einen solchen Verbesserungsauftrag handelt, den das Kartellgericht - über Anregung durch eine Amtspartei - überdies erst erteilte, nachdem es die aus Anlaß der Anzeige einer vertikalen Vertriebsbindung von Amts wegen zu treffenden Verfügungen - die Verständigung der Amtsparteien und des Paritätischen Ausschusses von der Anzeige (§ 47 KartG 1988) und deren Aufnahme in die Urkundensammlung (§ 75 Abs 4 KartG 1988) - bereits getroffen hatte. Jedes weitere Einschreiten des Kartellgerichts aus Anlaß der Anzeige einer vertikalen Vertriebsbindung ist vom Antrag einer nach § 30c Abs 2 dazu legitimierten Partei (Person) abhängig (§ 30c Abs 1 KartG 1988). Durch die Mißachtung dieses Auftrags allein kann daher die Rechtsstellung der Anzeigerin, deren Anzeige in die Urkundensammlung ohnehin bereits aufgenommen ist, weder beeinträchtigt noch wenigstens gefährdet werden; solange das Kartellgericht von seiner - von einem berechtigten Antrag abhängigen - Befugnis nach § 30c KartG 1988 keinen Gebrauch macht, ist daher von der Wirksamkeit dieser Verträge auszugehen (§ 30d Abs 1 KartG 1988; Gugerbauer, KartG2 Rz 1 hiezu). Soweit das Kartellgericht aus Anlaß der nicht fristgerechten Entsprechung dieses Verbesserungsauftrags in die Rechtsstellung der Rekurswerberin eingreifende Verfügungen treffen sollte, wird der Anzeigerin deren Bekämpfung im Rechtsmittelweg unbenommen bleiben.

Da durch den Verbesserungsauftrag die Rechtsstellung der Rechtsmittelwerberin nicht gefährdet wird, ist der Rekurs als nicht zulässig zurückzuweisen.

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