OGH 15Os21/95

OGH15Os21/959.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.März 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohrböck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herwig P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. November 1994, GZ 7 Vr 3665/93-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde sowie die angemeldete Berufung wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herwig Josef P***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 8.Dezember 1993 in Graz außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Ingrid S***** mit Gewalt und durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er gegen ihren Widerstand ihren Unterkörper entblößte, sie am Genitale grob anfaßte, zunächst mit einem Finger und anschließend mit seinem Geschlechtsteil in ihre Scheide eindrang und einen Geschlechtsverkehr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit auf § 281 Abs 1 Z 5 a, 10 und 11 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, der in keinem Punkt Berechtigung zukommt.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) versucht vergeblich, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der auf Grund der Aussage der Zeugin S***** festgestellten und zum Schuldspruch führenden Konstantierungen aufzuzeigen. Denn dem Beschwerdevorbringen zuwider haben sich die Tatrichter ausreichend und umfassend einerseits mit der Aussage der Zeugin S***** und andererseits mit der Verantwortung des Angeklagten auseinandergesetzt und sind auf Grund freier, mit den Denkgesetzen in Einklang stehender und lebensnaher Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt, daß auf Grund der glaubwürdigen Aussage der erwähnten Zeugin die leugnende Verantwortung des Angeklagten widerlegt ist.

Zum zeitlichen Ablauf der Ereignisse rund um den Tatzeitpunkt hat das Erstgericht ausdrücklich festgehalten, daß insoweit keine genauen Konstatierungen getroffen werden konnten, solche aber die - die Tathandlungen an sich betreffenden - Feststellungen nicht berühren (US 13). Sofern der Beschwerdeführer auf seine Verantwortung und die Aussage der Zeugin K*****, der das Schöffengericht nicht gefolgt ist (US 16), verweist und solcherart versucht, die Richtigkeit der Aussage der Zeugin S***** in Zweifel zu ziehen und ihr unterstellt, in der Hoffnung auf Zuspruch von Schmerzengeld unwahre Angaben gemacht zu haben, unternimmt er insgesamt nur den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der der Sache nach bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) gelangt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie nicht den festgestellten Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht.

Indem der Angeklagte vermeint, seine Tathandlungen wären rechtsrichtig dem Tatbestand des § 202 Abs 1 StGB zu unterstellen gewesen, weil er das Tatopfer nicht widerstandsunfähig gemacht und die Tat keine schwere Körperverletzung oder Schwangerschaft und auch nicht den Tod der Zeugin S***** zur Folge hatte, geht er von einer obsoleten Gesetzeslage aus und übersieht, daß durch die Strafgesetznovelle 1989 (BGBl 1989/242) die Bestimmungen der §§ 201 bis 204 StGB aF vollkommen umgestaltet wurden. Nach dem zur Tatzeit in Geltung stehenden § 201 Abs 2 StGB nF sind weder Widerstandsunfähigkeit, noch schwere Körperverletzung, Schwangerschaft oder Tod des Opfers Tatbestandsmerkmale dieser Gesetzesbestimmung, sodaß - wie oben ausgeführt - dieser materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt wird.

Auch die Strafzumessungsrüge (Z 11 zweiter Fall) ist nicht im Recht. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Beschwerdeführer zunächst einen Finger in die Scheide der Zeugin S***** eingeführt, somit eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung ausgeführt, und anschließend mit der Genannten einen Geschlechtsverkehr vollzogen. Damit hat er zwei Handlungen gesetzt, die, jede für sich allein, geeignet sind, den Tatbestand des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB zu erfüllen. Diesen Umstand hat das Erstgericht zutreffend rechtlich als "verstärkte Tatbestandsmäßigkeit" und somit als Erschwerungsgrund behandelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 iVm § 285 a Z 1 StPO, teils jedoch als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Gleichfalls zurückzuweisen war die lediglich angemeldete "Berufung wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruches über die Schuld", weil derartige Rechtsmittel gegen kollegialgerichtliche Urteile in den österreichischen Prozeßgesetzen nicht vorgesehen sind.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) ist gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Graz zuständig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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