OGH 4Ob10/95

OGH4Ob10/957.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert H*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Moringer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Knut K*****, vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung, Vernichtung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 400.000,-- S; Revisionsrekursinteresse:

80.000,-- S und 240.000,-- S), infolge Revisionsrekursen der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 2.Dezember 1994, GZ 3 R 241/94-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 15. September 1994, GZ 7 Cg 210/94f-4, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.086,40 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten 1.014,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Im übrigen haben die Parteien die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO, § 526 Abs 2, letzter Satz, ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gegen seinen teilweise abändernden Beschluß liegen die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO hier nicht vor:

Nur die zum "Kaufvertrag" vom 6.3.1992 über das vom Beklagten erworbene Atelier des Klägers samt Einrichtung, Formen, Spezialwerkzeugen, Vorrichtungen, Rohmaterial, Werbematerial, Lagerware und Verpackungsmaterial getroffene mündliche Zusatzvereinbarung der Parteien ist durch die vom Beklagten akzeptierte Auflösungserklärung des Klägers mit Ablauf des 31.1.1994 einvernehmlich aufgelöst worden. Die darin dem Beklagten vom Kläger eingeräumten namens-, kennzeichen- und immaterialgüterrechtlichen Lizenzen sind daher - mangels gegenteiliger Abmachung - ab 1.2.1994 ebenso erloschen wie der Anspruch des Klägers auf eine weitere Umsatzbeteiligung. Der Beklagte gesteht selbst zu, daß er seither nicht mehr den Namen und die Geschäftsbezeichnung des Klägers für sein Atelier führen darf; er tut dies aber doch dadurch, daß er dort weiterhin Waren in einem mit dem Namen des Klägers gekennzeichneten Verpackungsmaterial verkauft. Wenn das Rekursgericht daher insoweit einen Verstoß des Beklagten gegen §§ 43 ABGB, 9 UWG bejaht hat, kann darin jedenfalls keine im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage gesehen werden.

Die noch in Rede stehenden, vom Beklagten auch noch nach dem 1.2.1994

vertriebenen Waren, nämlich die Kerze "Mars" sowie die Kerzenständer

"Stufenpyramide", "Konus", "Flamingo", "210.101" und "210.401" sind

alle während der Laufzeit der mündlichen Zusatzvereinbarung über die

Designertätigkeit des Klägers für den Beklagten entwickelt und

kreiert worden. Nach den Bescheinigungsannahmen des Rekursgerichtes

sind aber die Kerze "Mars" und der Kerzenständer "Stufenpyramide" vom

Beklagten zumindest mitentwickelt, also nicht vom Kläger alleine

entwickelt worden. Die anderen Kerzenständer hat der Kläger allein

entworfen und gestaltet; sie sind vom Beklagten danach - allerdings

nur rein technisch - weiterentwickelt worden. Soweit das

Rekursgericht einen Urheberrechtsschutz des Klägers gemäß §§ 1, 3 Abs

1 UrhG für die Kerze "Mars" und den Kerzenständer "Stufenpyramide"

verneint, für die anderen vier Kerzenständer aber bejaht hat, liegt

dazu eine mittlerweile gefestigte neuere Rechtsprechung des Obersten

Gerichtshofes vor. Danach muß es sich auch bei Werken des

Kunstgewerbes ohne Rücksicht auf einen allfälligen praktischen

Gebrauchswert zunächst um ein objektiv als Kunst interpretierbares

Schaffensergebnis handeln, welches - wie hier - mit den

Darstellungsmitteln der bildenden Künste durch formgebende Tätigkeit

hervorgebracht und (auch) zum Anschauen bestimmt ist. Darüber hinaus

muß es sich aber auch noch um eine individuelle, eigentümliche

Leistung handeln, die sich vom Alltäglichen, Landläufigen,

üblicherweise Hervorgebrachten abhebt, wobei in diesem Zusammenhang

ästhetische oder künstlerische Bewertungen außer Betracht zu bleiben

haben (SZ 58/201; SZ 62/57; ÖBl 1992, 81 - Bundesheer-Formblatt = MR

1992, 199 = WBl 1992, 340 = EvBl 1993/36 = GRURInt 1993, 565; ÖBl

1992, 181 - Kalian Lindwurm = MR 1992, 201 = ecolex 1992, 712; MR

1993, 72 - Programmzeitschrift; ÖBl 1995, 81 = MR 1994, 204 -

Glasfenster uva). Die Frage, ob die Kerze und die Kerzenständer jeweils die nach diesen Grundsätzen maßgebende individuelle Eigenart aufweisen oder nicht, hängt demnach so sehr von deren konkreten Form und Ausgestaltung ab, daß ihre Beantwortung keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Beanwortung ähnlicher Fälle erwarten läßt. Schon aufgrund der vorliegenden konkreten Formgebungen kann aber auch in der teilweisen Bejahung und Verneinung dieser Frage durch das Rekursgericht keine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung gesehen werden.

Die Kerze "Mars" und der Kerzenständer "Stufenpyramide" sind für den Beklagten keine fremden Arbeitsergebnisse, hat er doch nach den Bescheinigungsannahmen des Rekursgerichtes an deren Entwicklung zumindest mitgewirkt. Die Auffassung der zweiten Instanz, daß aber dann in ihrem Nachbau und Vertrieb durch den Beklagten auch nach dem 1.2.1994 keine - sittenwidrige (§ 1 UWG) - unmittelbare Übernahme fremder Arbeitsergebnisse gelegen sein kann, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1994, 68 - Elektrodenproduktionsautomat).

Zu den Kerzen "Venus" und "Merkur" geht der Beklagte nicht von der als bescheinigt angenommenen Sachverhaltsgrundlage aus, wonach sie nach der technischen Lehre des Verfahrenspatentes des Klägers hergestellt sind. Auf das in diesem Zusammenhang in der Rechtsmittelschrift erstmals erstattete Sachvorbringen des Beklagten ist schon zufolge des Neuerungsverbotes nicht näher einzugehen.

Schließlich fehlt auch der Frage, ob aufgrund besonderer Umstände des vorliegenden Falles die einstweilige Verfügung gemäß § 390 Abs 2 EO nur gegen eine gleichzeitig zu bestimmende Sicherheitsleistung zu erlassen gewesen wäre, die nach § 528 Abs 1 ZPO erforderliche Qualifikation.

Aus diesen Erwägungen waren die Revisionsrekurse zurückzuweisen (§§ 78, 402 Abs 4 EO; §§ 510 Abs 3, letzter Satz, 528a ZPO).

Der Beklagte hat in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf diesen Zurückweisungsgrund hingewiesen; der Kläger hat ihm daher gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 Abs 1 ZPO die Kosten der Rechtsmittelgegenschrift zu ersetzen. Im übrigen beruht der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Das gilt auch für die Revisionsrekursbeantwortung des Klägers, welcher auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen hat, sodaß seine Rechtsmittelgegenschrift zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.

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