OGH 4Ob19/95

OGH4Ob19/957.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmH, ***** vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Rudolf K.Fiebinger und Dr.Peter M.Polak, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000,-) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 21. Oktober 1994, GZ 4 R 154/94-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 18.April 1994, GZ 37 Cg 125/94z-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 34.340,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 5.723,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Inhaberin der österreichischen Wort-Bild-Marke Nr. 144.508, welche von den mit ihr in Verbindung stehenden österreichischen Media-Märkten in Lizenz verwendet wird:

Am 16.1.1994 erschien in der "Neuen Kronen-Zeitung" ein Inserat der Beklagten, in dem sie ihre eigenen Preis und die Preise der Media-Märkte für das Fernsehgerät Telefunken FS 435 Color TV anhand der Abbildungen des - jeweils in derselben Tageszeitung erschienenen eigenen Inserates vom 13.1.1994 und des Inserates der Mediamärkte vom 7.1.1994 verglichen hat. Die Abbildung des Inserates der Mediamärkte enthält die Marke der Klägerin ohne das zum Bildbestandteil gehörende sogenannte "Sonnenrad" zwischen den Wörtern "Media" und "Markt". Die Gestaltung dieses Inserates hatte ingesamt folgendes Aussehen:

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr mit Fernsehapparaten die Wort-Bild-Marke der Klägerin Nr.144.508 zur Werbung und Ankündigung ihres eigenen - insbesondere auch vergleichenden - Angebotes zu verwenden. Die Marke der Klägerin werde von den österreichischen Media-Märkten in Lizenz verwendet; die Klägerin habe nicht nur für ihr Firmenschlagwort sondern auch für den Slogan "Willkommen im freien Markt" Verkehrsgeltung erlangt. Mit der Verwendung der Marke der Klägerin in ihren eigenen Inseraten führe die Beklagte die Gefahr von Verwechslungen herbei und verstoße damit gegen § 9 Abs 3 UWG. Durch die Abbildung der Marke der Klägerin in einem Inserat der Beklagten werde dem Verkehr aber auch eine Mitwirkung der Klägerin am Inserat der Beklagten vorgetäuscht, so daß damit auch ein Verstoß gegen § 2 UWG verbunden sei. Schließlich beute die Beklagte damit aber auch die überragende Kennzeichnungskraft der Marke der Klägerin für die eigene Warenwerbung dadurch sittenwidrig aus, daß sie die Marke der Klägerin zur Erlangung erhöhter Aufmerksamkeit des Publikums als besonderen Blickfang verwende. Die Beklagte verstoße damit auch gegen § 1 UWG.

Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Der beanstandete Preisvergleich sei zulässig gewesen. Damit habe die Beklagte auch nicht den Eindruck erweckt, daß die Klägerin an ihrer Werbung mitgewirkt habe. Von einer Ausbeutung des guten Rufes der Klägerin und der mit ihr verbundenen Media-Märkte könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil in dem Inserat nur auf das billigere Angebot der Beklagten hingewiesen worden sei. Gegen das Markenrecht der Klägerin habe die Beklagte nicht verstoßen, weil sie nur die nicht dem Kennzeichenschutz zugänglichen Markenbestandteile verwendet habe, die Marke im übrigen aber nicht rechtsbeständig sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagte habe in dem beanstandeten Inserat nur einen zulässigen Preisvergleich vorgenommen und mit dabei - mit den Worten "Vergleichen Sie unser Inserat ........." und dem Media Markt Angebot ............" - auf ihr günstigeres Angebot hingewiesen. Beim angesprochenen Publikum sei dadurch nicht der irreführende Eindruck erweckt worden, daß die Klägerin an der Werbung der Beklagten mitgewirkt habe. Ein Verstoß gegen § 9 UWG liege nicht vor, weil die Beklagte die Marke der Klägerin nicht kennzeichnungsmäßig gebraucht habe. Daß die Beklagte aber mit dem Inserat das Kennzeichen der Klägerin in sittenwidriger Weise ausgebeutet habe, sei ebenfalls nicht anzunehmen. Im Rahmen einer vergleichenden Werbung seien Hinweise auf konkrete Konkurrenten gestattet. Die Beklagte habe auch nicht erst durch den Gebrauch der Marke der Klägerin eine entsprechende Aufmerksamkeit des angesprochenen Publikums für ihr eigenes Angebot erlangt, weil die Unternehmen beider Streitteile sowie deren Kennzeichen im Verkehr annähernd gleich bekannt seien.

Das Rekursgericht verbot der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreits im geschäftlichen Verkehr mit Fernsehapparaten die Marke Nr.144.508 der Klägerin zur Werbung und zur Ankündigung ihres eigenen - insbesondere auch vergleichenden - Angebots zu verwenden. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht erachtete den - im Rekursverfahren allein noch verfolgten Verstoß gegen § 1 UWG für gegeben. Vergleichende Werbung sei nur dann zulässig, wenn sie sich im Rahmen der Sachlichkeit bewege und Konkurrenten nicht unnötig bloßstelle. Überflüssige Hinweise auf Mitbewerber, die mit der erforderlichen Information über die konkurrierenden Angebote nichts zu tun hätten, zielten meist auf eine unnötige Herabsetzung des Mitbewerbers ab. Die Beklagte habe sich in den beanstandeten Werbevergleich in aggressiver Weise auf die Media-Märkte bezogen und die Marke der Klägerin durch die überflüssige Abbildung unnötig bloßgestellt. Die Verwendung des Slogans der Klägerin "Willkommen im freien Markt", mit dem die Media-Märkte als Hinweis auf ihr preisgünstiges Angebot würben, ziele auf eine Herabsetzung und Bloßstellung dieser Mitbewerber ab. Ein sachliches Erfordernis, die Marke der Klägerin im Rahmen der vergleichenden Werbung zu verwenden, habe nicht bestanden. Das Interesse des verletzten Markenberechtigten sei um so schutzwürdiger, je höher die Werbekraft seines Kennzeichens sei.

Die Klägerin habe zwar nicht behauptet, in Österreich wirtschaftlich tätig zu sein. Sie habe aber Lizenzen an ihrer Marke den österreichischen Media-Märkten überlassen. Der Lizenzgeber einer Marke werde durch die Lizenzgebühren unmittelbar am Wettbewerb beteiligt. Daher sei auch ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen anzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der Beklagten ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, weil das Rekursgericht zur Begründung der Sittenwidrigkeit einen Umstand herangezogen hat, den die Klägerin nicht geltend gemacht, während es den tatsächlich geltend gemachten Anspruchsgrund nicht behandelt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Den allein noch strittigen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 1 UWG hat die Klägerin auf den bloß allgemein gehaltenen Vorwurf, daß dieser Preisvergleich unzulässig sei, sowie auf sittenwidrige Ausbeutung der überragenden Kennzeichnungskraft ihrer Marke und des Rufes der Media-Märkte gestützt. Die Beklagte habe diese Marke ohne zwingenden Grund als Blickfang für ihre eigene Werbung eingesetzt, um den Aufmerksamkeitswert ihrer eigenen Ankündigung zu erhöhen. Daß mit dieser Verwendung ihrer Marke für einen Preisvergleich auch eine Herabsetzung ihres Unternehmens oder der mit ihr in Verbindung stehenden Media-Märkte verbunden gewesen sei, hat hingegen die Klägerin nicht behauptet.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, (ÖBl 1989 - 152 - Bella Figura; ÖBl 1991, 71 - tele-Wien) wurde durch die neue Fassung des § 2 Abs 1 Satz 2 UWG durch die UWG-Nov 1988, wonach vergleichende Preiswerbung, die nicht gegen § 2 oder § 1 UWG verstößt, jedenfalls zulässig ist, die grundsätzliche Zulässigkeit vergleichender Preiswerbung normiert, sofern sie nicht irreführend im Sinne des § 2 UWG oder der sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist; damit wurde klargestellt, daß reine Preisgegenüberstellungen entgegen der bisherigen Rechtsprechung - welche darin bereits einen gegen § 1 UWG verstoßenden diskriminierenden Hinweis auf die Minderwertigkeit des Angebotes eines oder mehrerer bestimmter, namentlich genannter oder deutlich erkennbarer Mitbewerber (infolge "überhöhte Preise") erblickt hatte, mochte dieser Hinweis auch den Tatsachen entsprechen - seit 30.7.1988 jedenfalls zulässig sind.

Durch UWG-Nov 1988 ist aber insofern keine Änderung der Rechtslage eingetreten, als die vergleichende Preiswerbung auch weiterhin keine Elemente der Irreführung im Sinne des § 2 Abs 1 UWG enthalten darf. Im Hinblick auf die Unteilbarkeit der vom Gesetzgeber mit der grundsätzlichen Zulassung wahrheitsgemäßer vergleichender Preiswerbung durch die UWG-Nov 1988 zum Ausdruck gebrachten rechtspolitischen Wertung hat der Oberste Gerichtshof aber auch jedes andere wahrheitsgemäße Herausstellen der eigenen besseren Leistung durch Gegenüberstellung mit der schlechteren Leistung namentlich genannter Mitbewerber anhand objektiv überprüfbarer Daten als grundsätzlich zulässig angesehen, sofern es nicht im Sinne des § 2 UWG zur Irreführung geeignet ist oder - etwa durch Pauschalabwertungen, unnötige Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen - das Gebot der Sachlichkeit verletzt (SZ 63/108 = ÖBl 1990, 154 - Media Analyse 1988; ÖBl 1991, 160 - Druckauftritt; ÖBl 1991, 206 = ecolex 1991, 862 - Jopamidol; ÖBl 1993, 13 - Nissan-Kundendienst).

Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß der Preisvergleich wahr ist. Worin sonst Umstände liegen sollen, welche ihm nach den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung unzulässig machen könnten, ist nicht ersichtlich.

Soweit nicht der Markenschutz (§§ 14, 51 ff MSchG) oder (sonstige) Kennzeichenschutz (§ 9 UWG) eingreift, ist die Anlehnung an fremde Kennzeichen im allgemeinen Interesse frei. Es müssen deshalb besondere Umstände vorliegen, um neben den kennzeichenrechtlichen Schutzvorschriften einen ergänzenden Leistungsschutz nach § 1 UWG gegen Rufausbeutung durch Anlehnung zu rechtfertigen. Die Zubilligung eines solchen Schutzes darf weder den Grenzen des Sonderrechtschutzes noch dem Sinn der Nachahmungsfreiheit widersprechen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 609 Rz 559 zu § 1 dUWG). Unlauter ist es, den hohen Ruf einer fremden Marke als Werbevorspann für die eigene Ware zu verwenden; der wettbewerbsrechtliche Schutz gegen Rufausbeutung setzt voraus, daß das fremde Kennzeichen für die unter ihm vertriebenen Waren einen überragenden Ruf in Verkehr besitzt, der auch wirtschaftlich verwertbar ist (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 565, 565a, 565b, 566c, 567 zu § 1 dUWG). Zur Empfehlung der eigenen Ware kann eine "Anlehnung" auch dann wettbewerbswidrig sein, wenn ein Mitbewerber die Qualität seiner Waren oder Leistungen mit derjenigen besonders geschätzter Konkurrenzerzeugnisse in Beziehung setzt, um den guten Ruf dieser Waren oder Leistungen eines Mitbewerbers als Vorspann für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunützen. Von der kritisierenden vergleichenden Werbung unterscheidet sich diese Form der Werbung darin, daß nicht die Leistung des Mitbewerbers herabgesetzt wird, um den höheren Wert der eigenen Leistung darzutun, sondern im Gegenteil die Güte der eigenen Leistung durch eine Gleichstellung der fremden Leistung hervorgehoben wird (Baumbach-Hefermehl aaO 604 f Rz 547 f zu § 1 dUWG; ÖBl 1991, 206 = ecolex 1991, 862 - Jopamidol).

Eine solche Anlehnung an den hervorragenden Ruf des Kennzeichens der Klägerin oder an die Leistungen der mit ihr verbundenen Unternehmungen liegt hier aber schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte das Kennzeichen bzw Firmenschlagwort der Klägerin nur in einem Werbevergleich durch vollständiges Abbilden der Zeitungswerbung der Klägerin allein dazu verwendet hat, um die (schlechtere) Leistung ihrer Konkurrentin herauszustellen; die angesprochenen Verkehrskreise konnten diesen Werbevergleich nur dahin verstehen, daß die schlechtere Leistung von dem im Inserat genannten "Media-Markt" stammen müsse. Mangels sonstiger Hinweise konnte der Verkehr nicht zur Auffassung gelangen, daß damit eine Anlehnung an die Güte- und Wertvorstellungen, die das Publikum mit Waren oder Leistungen der Media-Märkte verbindet, beabsichtigt war. Durch einen Preisvergleich, mit dem die besonders günstigen eigenen Waren des Werbenden gegenüber dem ungünstigeren Angebot eines namentlich genannten Mitbewerbers hervorgehoben werden, kann eine solche Vorstellung mangels besonderer Anhaltspunkte nicht erzeugt werden.

Daher war dem Revisionsrekurs der Beklagten Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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