OGH 11Os10/95

OGH11Os10/9528.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Februar 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Braunwieser als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roland R***** und andere wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 erster Fall, Abs 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Roland R***** und Stefan G***** sowie die Berufung des Angeklagten Markus P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Oktober 1994, GZ 22 Vr 813/94-312, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.

Den Angeklagten Roland R***** und Stefan G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, wurden (ua) Markus P***** (zu A/I/1) und Roland R***** (zu A/I/2) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3, R***** auch nach Abs 2 erster Fall SGG, (zu C/1 und 2) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG und (zu F/1 und 2) des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG; Stefan G***** (zu A/I/6 und A/II/2) des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und § 15 StGB und (zu C/6) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Nach dem von der Rechtsmittelanfechtung betroffenen Teil des Schuldspruches haben sie in Innsbruck, Zürich und anderen Orten

(A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen bzw übergroßen Menge von der Schweiz aus- und nach Österreich

(I.) eingeführt und in Verkehr gesetzt, und zwar:

(2.) Roland R***** zwischen Frühjahr 1993 und Frühjahr 1994 teilweise im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Markus P*****, Michaela R***** und Marina P***** als Mittäter durch "gewerbsmäßigen Schmuggel" von zumindest 350 Gramm Heroin im Verlauf zahlreicher Schmuggelfahrten, wobei er das Suchtgift teilweise durch gewerbsmäßigen Verkauf und kostenlose Weitergabe an Robert S*****, Marina P*****, Stefan G*****, Michaela R*****, Monika H*****, Lydia H*****, Markus H*****, Markus P***** sowie 17 weitere - abgesondert verfolgte (im Ersturteil namentlich aufgeführte) - Personen auch in Verkehr setzte, und die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im Abs 1 angeführten Menge ausmachte;

(6.) Stefan G***** zwischen Anfang 1993 und Frühjahr 1994 teilweise im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Markus H*****, Michaela R***** und der abgesondert verfolgten Ermina S***** als Mittäter durch "Schmuggel" von zumindest 115 Gramm Heroin, wobei er dieses teilweise durch Verkauf und kostenlose Weitergabe an Roland R*****, Robert S*****, Michaela R***** sowie an den abgesondert verfolgten Marco T***** auch in Verkehr setzte;

(C) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte erworben und/oder besessen bzw anderen überlassen, nämlich

(2.) Roland R***** zwischen 1989 und Frühjahr 1994 durch Ankauf bzw Erwerb insgesamt nicht mehr feststellbarer Mengen Cannabisharz und Heroin von im Ersturteil namentlich angeführten Personen für den Eigengebrauch;

(6.) Stefan G***** zwischen Frühjahr 1991 und März 1994 durch Erwerb nicht mehr feststellbarer Mengen Heroin und Cannabisharz von verschiedenen Drogenlieferanten für den Eigenbedarf;

(F/2.) Roland R***** zwischen Frühjahr 1993 und Frühjahr 1994 teilweise im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Markus P*****, Michaela R***** und Marina P***** als Mittäter anläßlich mehrerer Einreisen nach Österreich zumindest 350 Gramm Heroin ausländischer Herkunft im Wert von 175.000 S, auf das Eingangsabgaben in Höhe von 77.525 S entfallen, vorsätzlich und gewerbsmäßig unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht (§ 48 ZollG 1988, BGBl 644/1988 idgF) dem Zollverfahren entzogen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Roland R*****, während der Angeklagte Stefan G***** nur den Schuldspruch zu Punkt A/I/6 mit einer allein auf die Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft; beiden Beschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Roland R*****:

Entgegen dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (5 a), womit der Beschwerdeführer sowohl die erstgerichtlichen Urteilsannahmen zur jeweiligen Menge des aus der Schweiz nach Österreich geschmuggelten Heroins (A/2.) bzw des sonst von ihm gekauften bzw erworbenen Heroins und Cannabisharzes (C/2.) als überhöht moniert als auch die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung beim Schmuggel und Inverkehrsetzen von 350 Gramm Heroin (A/2. und F/2.) bekämpft, ergeben sich aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten Tatsachen. Denn entgegen dem Beschwerdevorwurf einer einseitigen Verwertung von Verfahrensergebnissen zum Nachteil des Angeklagten hat sich das Erstgericht mit den bezüglich der Mengenangaben voneinander abweichenden Depositionen der Mitangeklagten und der Zeugen vor der Sicherheitsbehörde und in der Hauptverhandlung, aber auch mit dem Geständnis des Angeklagten vor der Sicherheitsbehörde und der davon abweichenden Einschränkung in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt und im Einklang mit den Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung dargelegt, warum es den jeweiligen Angaben vor der Sicherheitsbehörde mehr Glauben schenkte (US 50 f); dabei konnte es sich auch auf die diese Darstellungen bekräftigende Aussage des Zeugen Insp. L***** stützen (115/ON 269).

Insgesamt erschöpfen sich die Ausführungen des Beschwerdeführers - auch soweit die Beschwerde unter Hinweis auf aus dem Zusammenhang gelöste Teile der Angaben des Angeklagten die erstgerichtlichen Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit zu erschüttern sucht - im Versuch, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.

Das Vorbringen in der Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (beim Suchtgiftdelikt und beim Schmuggel) mit dem Hinweis wendet, es wäre hiefür die Bestreitung des Lebensunterhaltes Voraussetzung, setzt sich über die - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung zur Gewerbsmäßigkeit (siehe Leukauf-Steininger Komm3 § 70 StGB RN 5 mwN) und der eigenen Verantwortung des Angeklagten stehenden - erstgerichtlichen Urteilsannahmen hinweg, wonach er sowohl die Schmuggeltaten als auch den Heroinverkauf in der Absicht durchführte, sich durch die wiederkehrende Begehung der in Rede stehenden Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, indem er durch den Verkauf nicht nur weitere Fahrten in die Schweiz zum Zweck des Heroinankaufes finanzierte, sondern auch ca. 100.000 S zur Deckung seines Lebensunterhaltes verwendete (US 49). Solcherart wird der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten am Urteilssachverhalt erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G*****:

Seine in der Tatsachenrüge (5 a) angeführten Argumente sind ebenfalls nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Mit sämtlichen von der Beschwerde aufgezeigten Divergenzen in den Aussagen der Zeugen Ermina S***** und Insp. L***** hat sich der erkennende Schöffensenat im übrigen ausdrücklich auseinandergesetzt. Das Erstgericht hat dabei die Widersprüche in den Aussagen der Zeugin S***** vor Gericht und der Sicherheitsbehörde erörtert, in Relation zu den Angaben des Angeklagten G***** gesetzt und dargelegt, wodurch es den bezüglichen Schuldnachweis beim Angeklagten als erbracht ansah. Insoweit liegt daher auch kein Begründungsmangel vor.

Der sich ausschließlich gegen beweiswürdigende Überlegungen der Tatrichter wendenden und damit unzulässigerweise deren Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung bekämpfenden Beschwerde gelingt es sohin nicht, die vom Gesetz für eine Urteilsnichtigkeit in der Bedeutung des (nominell) angezogenen Nichtigkeitsgrundes verlangten erheblichen Bedenken aus den Akten aufzuzeigen.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen der Angeklagten Markus P*****, Roland R***** und Stefan G***** wird demnach der hiefür gemäß § 285 i StPO zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.

Der Vollständigkeit halber sei zu den im Ersturteil angeführten Strafzumessungsgründen noch bemerkt, daß das vom Schöffengericht als Erschwerungsgrund herangezogene Zusammentreffen eines Verbrechens mit "zwei" Vergehen zwar insoweit verfehlt ist, als davon auch der Schuldspruch wegen Schmuggels erfaßt wird, obwohl nach § 22 Abs 1 FinStrG die Strafen für Finanzvergehen gesondert von den Strafen für strafbare Handlungen anderer Art zu verhängen sind und demzufolge in derartigen Fällen nicht das in § 28 Abs 1 StGB statuierte Absorptionsprinzip, sondern das Kumulationsprinzip (§ 28 Abs 2 StGB) zum Tragen kommt. Dieser - von keiner Seite gerügte - Verstoß gibt aber schon deshalb zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO keinen Anlaß, weil er sich nach Lage des Falles nicht zum Nachteil der davon betroffenen Angeklagten auswirkt (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 290 E 32). Der in Rede stehende Erschwerungsgrund (§ 33 Z 1 StGB) wurde nämlich schon wegen der jedenfalls gegebenen ungleichartigen Deliktskonkurrenz bei den Suchtgiftdelikten (Zusammentreffen des Verbrechens nach § 12 SGG mit dem Vergehen nach § 16 SGG) zu Recht herangezogen. Demzufolge betrifft der dem Erstgericht unterlaufene Fehler bloß die Gewichtung dieses zutreffend angewendeten Erschwerungsgrundes. Im übrigen wäre bei sämtlichen von den Schuldsprüchen erfaßten Delikten außerdem auch noch die ebenfalls in § 33 Z 1 StGB verankerte gleichartige Deliktskonkurrenz als erschwerend zu berücksichtigen gewesen (vgl hiezu 15 Os 69/91; Dorazil-Harbich FinStrG § 22 E 9 b).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte