OGH 5Ob23/95

OGH5Ob23/9521.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Roland H*****, vertreten durch Mag.Brigitte Wagner, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, 1230 Wien, Breitenfurterstraße 230, wider den Antragsgegner Eduard W*****, vertreten durch Dr.Wilfried Gussenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 25.800,-- (§§ 27, 37 Abs 1 Z 14 MRG), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20.September 1994, GZ 49 R 93/94-25, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 5. April 1994, GZ 6 MSch 4/93-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Sachbeschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat: Der Antragsgegner ist schuldig, dem Antragsteller den Betrag von S 25.800,-- samt 4 % Zinsen seit 24.8.1988 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner die Rückzahlung von S 25.800,-- sA mit dem Vorbringen, er habe mit diesem am 24.8.1988 einen Mietvertrag abgeschlossen, wobei der Antragsgegner die Bezahlung einer "Mietzinsvorauszahlung" in Höhe von 6 Monatsmieten im voraus verlangt habe. Da ab 1.9.1988 auch der reguläre Mietzins bezahlt worden sei, stelle die Zahlung eine verbotene Ablöse im Sinne des § 27 MRG dar, weil dafür keinerlei Gegenleistung erbracht worden sei. Dies gehe auch schon daraus hervor, daß die gegenständliche Wohnung in die Ausstattungskategorie C falle, bei der das gesetzliche Zinsausmaß bereits überschritten werde. Der Betrag von S 25.800,-- sei sohin aufgrund einer ungültigen und verbotenen Vereinbarung geleistet worden.

Der Antragsgegner wendete ein, daß der Betrag von S 25.800,-- eine echte Mietvorauszahlung, keinesfalls jedoch eine verbotene Ablöse gewesen sei. Vereinbart worden sei, daß der Antragsteller für die letzten 6 Monate, in denen er das Mietobjekt nutze, keine Miete zu bezahlen habe. Im übrigen sei der Betrag nachweislich mit Wissen und Wollen des Antragstellers aus Anlaß der Veräußerung des Objektes im Jahr 1990 dem neuen Hauseigentümer übergeben worden; infolge Veräußerung des Objektes sei der Antragsgegner jedenfalls nicht passiv legitimiert.

Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht wies den Antrag ab.

Es traf folgende Feststellungen:

Mit schriftlichem Mietvertrag vom 24.8.1988 mietete der Antragsteller vom Antragsgegner die gegenständliche Wohnung ab 1.9.1988 zu einem monatlichen Mietzins von S 4.300,-- inklusive Betriebskosten, wobei eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vereinbart wurde. Zwischen den Parteien wurde weiters vereinbart, daß der Antragsteller eine Mietvorauszahlung in Höhe von sechs Monatsmieten leisten solle, dafür werde für die letzten sechs Monate vor allfälliger Beendigung des Mietverhältnisses kein Mietzins verlangt. Es wurde jedoch nicht vereinbart, daß dieser Betrag auch eine Sicherstellungs- oder Kautionsfunktion für übergebenes Mobiliar hätte. Der Antragsteller händigte daraufhin dem Antragsgegner S 25.800,-- sowie die erste Miete für September 1988 von S 4.300,-- aus und bezahlte auch ab Oktober 1988 regelmäßig den monatlichen Mietzins. Mit Kaufvertrag vom 13.12.1990 veräußerte der Antragsgegner die Liegenschaft, wobei er dem Käufer jedoch den vom Antragsteller an ihn übergebenen Betrag von S 25.800,-- nicht aushändigte.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß der Antragsteller sein Begehren lediglich auf die Bezahlung einer verbotenen Leistung gemäß § 27 MRG gestützt habe, dessen Voraussetzungen jedoch nach den getroffenen Feststellungen nicht erfüllt seien. Das durchgeführte Beweisverfahren habe im Gegenteil eindeutig ergeben, daß zwischen den Parteien die Bezahlung als "Mietvorauszahlung" vereinbart worden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil es der ständigen Rechtsprechung auch des Höchstgerichtes gefolgt sei. Es führte folgendes aus:

Eine echte Mietzinsvorauszahlung, die vom Verbot von Einmalzahlungen des § 27 MRG nicht erfaßt werde, setze voraus, daß die Einmalzahlung von den Vertragsteilen von vornherein bestimmten Zeiten zugeordnet werde, um allenfalls die Angemessenheit des Mietzinses bzw Nichtüberschreitung gesetzlich festgestellter Grenzen überprüfen zu können (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 4 zu § 27; MietSlg 40.404/20, 38.404 uva). Im vorliegenden Fall sei allerdings diese Voraussetzung insoweit erfüllt, als vertraglich vereinbart worden sei, "daß die Mietzinsvorauszahlung von 6 Monaten vor Ablauf der Mietvereinbarung genutzt werde", was nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes von beiden Parteien übereinstimmend dahingehend verstanden worden sei, daß der Antragsteller während der letzten 6 Monate vor allfälliger Beendigung des Mietverhältnisses keinen Mietzins mehr zu bezahlen haben werde. Mit dieser Bestimmung im Zusammenhang stehe auch die Vertragsklausel, welche eine beiderseitige sechsmonatige Kündigungsfrist vorsehe. Die von der ständigen Rechtsprechung geforderte Möglichkeit, die Mietzinsvorauszahlung einem bestimmten Zeitraum zuzuordnen, sei daher erfüllt, zumal aufgrund dieser Parteienvereinbarung feststehe, daß die geleistete Mietzinsvorauszahlung die in den letzten 6 Monaten des Mietverhältnisses vom Antragsteller zu entrichtende Miete abdecken solle. Ob die vertraglich vereinbarte monatliche Pauschalmiete von S 4.300,-- das gesetzlich zulässige Ausmaß übersteige oder nicht, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß dahin abzuändern, daß dem Rückzahlungsantrag stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Der Antragsteller bestreitet, daß eine echte Mietzinsvorauszahlung vorliege; der Zeitraum, dem die Mietzinsvorauszahlung zuzuordnen sei, sei nicht ausreichend konkretisiert worden. Weiters hätte eine Entscheidung über die zulässige Höhe des Hauptmietzinses getroffen werden müssen, weil das Verfahren gemäß § 27 MRG bei einer Mietzinsvorauszahlung die Überprüfung der Höhe des gesetzlichen zulässigen Mietzinses impliziere.

Hiezu wurden erwogen:

Eine Einmalzahlung ist im Anwendungsbereich des § 16 MRG dann ausnahmsweise keine verbotene Ablöse, wenn es sich um eine echte Mietzinsvorauszahlung handelt; eine solche muß von den Vertragsparteien von vornherein bestimmten Zeiten zugeordnet werden (MietSlg 37.383 ff, 38.404, 40.404/20, 41.304; Würth in Rummel2 § 27 MRG Rz 4). Hiebei muß der Zeitraum, für den die Mietzinsvorauszahlung geleistet wird, von vornherein datumsmäßig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Die hier getroffene Vereinbarung, bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag den Mietzins der letzten 6 Monate vor allfälliger Beendigung des Mietverhältnisses mit der Vorauszahlung zu verrechnen, genügt dem Bestimmtheitserfordernis nicht. Eine solche Klausel würde es ermöglichen, den Verrechnungszeitraum unter Umständen - etwa im Falle der Ausübung von Eintrittsrechten - in eine unabsehbare zeitliche Ferne zu verlegen und solcherart das Ablöseverbot zu umgehen. Die vom Antragsteller an die Antragsgegner neben den laufenden Mietzinszahlungen geleistete Zahlung kann daher nicht als - ausnahmsweise zulässige - echte Mietzinsvorauszahlung aufgefaßt werden. Daß auch die Kündigungsfrist 6 Monate betragen soll, ändert hieran nicht.

Der Antragsteller ist somit berechtigt, seine Zahlung vom Antragsgegner als passivlegitimierte Empfänger (Würth aaO Rz 9 mwN) gemäß § 27 Abs 3 MRG samt den gesetzlichen Zinsen zurückzufordern.

Seinem diesbezüglichen Antrag war in Abänderung der angefochtenen Entscheidung stattzugeben. Auf die weiteren Rechtsmittelausführungen mußte damit nicht mehr eingegangen werden.

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