OGH 5Ob24/95(5Ob25/95, 5Ob26/95, 5Ob27/95, 5Ob28/95, 5Ob29/95, 5Ob30/95, 5Ob31/95, 5Ob32/95, 5Ob33/95)

OGH5Ob24/95(5Ob25/95, 5Ob26/95, 5Ob27/95, 5Ob28/95, 5Ob29/95, 5Ob30/95, 5Ob31/95, 5Ob32/95, 5Ob33/95)21.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen außerstreitigen Mietrechtssachen der in ***** wohnhaften Antragsteller 1.) Fa.A***** Gesellschaft mbH, top 2,

  1. 2.) Marijan B*****, Desanka B***** und Momcilo B*****, alle top 5,
  2. 3.) Mijo N*****, top 4, 4.) Jasar R*****, top 9, 5.) Zoran P*****, top 6, 6.) Istvan E***** und Neuenka R*****, beide top 8, 7.) Stojanca A*****, top 13, 8.) Ruzdi A*****, top 3, und 9.) Lubica M*****, top 10, alle vertreten durch Dr.Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) S*****- gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Thomas Mondl, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Karl M*****, wegen § 37 Abs 1 Z 1 MRG iVm § 2 Abs 3 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. März 1994, GZ 48 R 762/93-42, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11.März 1993, GZ 20 Msch 18/92-(richtig) 34 (verbunden mit 20 Msch 20/92, 30/92, 21/92, 22/92, 23/92, 24/92, 25/92, 26/92 und 27/92) abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird der erstinstanzliche Sachbeschluß wiederhergestellt.

Text

Begründung

Die Erstantragsgegnerin ist Eigentümerin des zweistöckigen Hauses S*****gasse 28 in W*****. Sie hat es am 18.3.1991 von der V***** reg. Gen.mbH gekauft, die das Haus als Lager und Büro verwendet hatte. Weder im ersten noch im zweiten Stock des Hauses gab es damals Zwischenwände, sieht man - wie den Umbauplänen entnommen werden kann - von einer Wohnung im Obergeschoß ab.

Die Erstantragsgegnerin wollte das Haus zunächst umbauen und erstellte im Juli 1991 auch einen entsprechenden Einreichplan, der die Schaffung von Büroräumen und den Ausbau des Dachgeschoßes vorsah; wegen der hohen Kosten dieses Bauvorhabens entschloß sie sich jedoch zur Vermietung des Hauses und beauftragte einen Immobilienmakler mit der Vermietung des Objektes im ursprünglichen Zustand. Als Mietzins für das gesamte Objekt sollten S 70.000,-- bis S 80.000,-- monatlich verlangt werden.

Der Immobilienmakler zeigte das Haus dem ihm bekannten Zweitantragsgegner, von dem er wußte, daß dieser "gewerblich" umbaut und vermietet. Er sagte dem Zweitantragsgegner, daß er mit dem Haus machen könne, was er wolle, es werde ihm im Mietvertrag auch das Recht zur Untervermietung zugesichert.

Der Zweitantragsgegner trug sich mit der Absicht, das Haus zu adaptieren und weiterzuvermieten. Er plante zunächst, einen "Beherbergungsbetrieb für Ausländer" zu errichten, wobei im Parterre des Hauses Küche und Aufenthaltsräume, im ersten und zweiten Stock Schlafräume samt WC und Duschen untergebracht werden sollten. Daß der Zweitantragsgegner Wohnungen baut und diese untervermietet, war vorerst nicht vorgesehen und wurde auch nicht besprochen. Nach dem Einreichplan sollte es im ersten und zweiten Stock des Hauses bloß Einzelzimmer sowie je eine Küche, einen Waschraum und mehrere WCs geben; die im zweiten Stock vorhandene Wohnung sollte unverändert bleiben.

Der Immobilienmakler verständigte die Erstantragsgegnerin, daß er im Zweitantragsgegner einen Mietinteressenten für das Haus gefunden habe. Er kontaktierte dabei Wolfgang W*****, einen Angestellten und Handlungsbevollmächtigten der Erstantragsgegnerin, der wegen der Karenz seiner Frau, der Geschäftsführerin der Gesellschaft, seit 1990 die Geschäfte der Erstantragsgegnerin besorgte. Dieser war damit einverstanden, daß das Haus an den Zweitantragsgegner vermietet und ein Massenquartier für Ausländer werden sollte. Ohne selbst mit dem Zweitantragsgegner zu verhandeln, beauftragte Wolfgang W***** den Rechtsanwalt Dr.Thomas M***** mit der Errichtung eines Mietvertrages, wobei er diesem mitteilte, daß der Zweitantragsgegner das Haus im Istzustand zu gewerblichen Zwecken miete, um eine Art Flüchtlingsquartier zu betreiben; dem Zweitantragsgegner werde das Recht zur Untervermietung eingeräumt. Der entsprechend diesen Angaben entworfene Mietvertrag (der auch als solcher bezeichnet wurde) wurde schließlich am 25.7.1991 vom Zweitantragsgegner und am 27.7.1991 von der Erstantragsgsgegnerin (vertreten durch den Vertragsverfasser) unterschrieben. Demnach mietete der Zweitantragsgegner ab 1.9.1991 sämtliche auf der Liegenschaft befindlichen Bestandobjekte "in Bausch und Bogen" um einen wertgesicherten monatlichen Hauptmietzins von S 70.000,--; dies "zu Geschäftszwecken, nämlich zur gewerblichen Untervermietung, nicht jedoch zu Wohnzwecken".

Der Zweitantragsgegner durfte mit Billigung der Erstantragsgegnerin sofort (also noch vor Beginn des Mietverhältnisses) mit dem Umbau des Hauses beginnen. Er errichtete im ersten und zweiten Stock des Hauses jeweils fünf Zimmer, je einen Waschraum mit vier Duschen und drei WCs. Als er erfuhrt, daß es Schwierigkeiten geben könnte, eine Bewilligung für einen Beherbergungsbetrieb zu erhalten, begann er, im ersten Stock vier Garconnieren und eine Zimmer-Küche-Kabinett-Wohnung zu errichten. Da ihm für den kompletten Umbau die Mittel fehlten, ließ er einen entsprechenden Plan erstellen und vermietete die Wohnung(en) an Hand des Planes, wobei er sich (jeweils) eine Anzahlung von S 60.000,-- bis S 80.000,-- geben ließ und von den Bestandnehmern - mit Ausnahme der Erstantragstellerin - nach deren Einzug eine "Kaution" in ähnlicher Höhe kassierte. Die "Mietverträge" wurden (sieht man von jenem mit der Viertantragstellerin ab, der bis 1.2.1992 befristet war, aber offenbar verlängert wurde) auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; die Mietzinsvereinbarungen sahen idR einen "Hauptmietzins inklusive Betriebs- und Heizkosten" vor.

Der erste Mietvertrag (mit dem Siebtantragsteller über top 13) wurde bereits am 22.7.1991 abgeschlossen und sah einen monatlichen Mietzins von S 2.200,-- (in diesem Fall zuzüglich Betriebskosten) sowie eine "Kaution" von S 155.000,-- vor; die Daten der übrigen Mietverträge mit den Antragstellern lauten (in chronologischer Reihenfolge) wie folgt:

top Vertragsabschluß monatl.Mietzins Kaution

9 29.10.1991 S 2.000,-- S 100.000,--

4 6.11.1991 S 1.978,-- S 152.000,--

6 6.11.1991 S 1.924,-- S 148.000,--

10 6.11.1991 S 2.652,-- zzgl BK

S 200.000,--

5 8.11.1991 S 2.392,-- S 184.000,--

3 8.11.1991 S 2.440,-- S 220.000,--

8 28.11.1991 S 1.520,-- S 152.000,--

2 1.12.1991 S 13.000,-- zzgl BK und USt.

Bei top 2 handelt es sich um das einzige Geschäftslokal im Erdgeschoß des Hauses; dazu gehören sechs Kfz-Abstellplätze im Hof.

Die Erstantragsgegnerin hat den Umbau des Zweitantragsgegners weder mitgeplant noch mitfinanziert. Den bereits am 25.7.1991 bei der Baubehörde eingereichten, aber bisher nicht bewilligten Bauplan des Zweitantragsgegners hat sie (vertreten durch Wolfgang W*****) am 21.8.1991 unterzeichnet.

Sonstige vertragliche Beziehungen zwischen den Antragsgegnern sind nicht erwiesen. Schon vor Abschluß des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages vom 25./27.7.1991 hatte allerdings Wolfgang W*****, der "de-facto-Geschäftsführer" der Erstantragsgegnerin, mit dem Zweitantragsgegner Untermietverträge über neun Wohnungen abgeschlossen, die Wolfgang W***** von der Erstantragsgegnerin gemietet hatte. Auch diese Vertragsabschlüsse waren von jenem Immobilienmakler vermittelt worden, der beim Abschluß des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages der Antragsgegner tätig wurde.

Auf Grund dieses Sachverhaltes begehrten die Antragsteller (zunächst bei der Schlichtungsstelle, dann gemäß § 40 Abs 2 MRG bei Gericht), als Hauptmieter der von ihnen gemieteten Wohnungen anerkannt zu werden. Sie brachten dazu vor, daß der Zweitantragsgegner in Wahrheit nicht (General-)Mieter, sondern Fruchtnießer des Hauses S*****gasse 28 sei, beriefen sich aber auch auf die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs 3 MRG. Dem hielt die Erstantragsgegnerin - dem nur als Zeugen einvernommenen Zweitantragsgegner wurde erst im Rekursverfahren die Möglichkeit der Verfahrensteilnahme eröffnet, ohne daß er sich wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beschwert oder als Partei zur Sache selbst geäußert hätte - entgegen, daß es an der nach § 2 Abs 3 MRG erforderlichen Umgehungsabsicht schon deshalb fehle, weil dem Zweitantragsgegner durch die gewählte Vertragskonstruktion lediglich ermöglicht werden sollte, das für eine Standardanhebung aufgewendete Kapital samt angemessenem Gewinn wieder hereinzubringen. Im übrigen habe sich der Zweitantragsgegner über die Vereinbarung hinweggesetzt, im Haus lediglich Schlafstätten zur Untervermietung an Flüchtlinge einzurichten und keine Wohnungen.

Das Erstgericht gab dem Begehren sämtlicher Antragsteller statt und stellte fest, daß sie Hauptmieter der von ihnen gemieteten Objekte seien. Die für eine solche Anerkennung nach § 2 Abs 3 MRG erforderliche Umgehungsabsicht der Antragsgegner sei nämlich durch die uneingeschränkte Gestattung der "gewerblichen" Untervermietung ausreichend indiziert. Derartige Umgehungsgeschäfte seien den Antragsgegnern bzw den für sie handelnden Personen offenbar auch gar nicht fremd. Eine von der Judikatur gebilligte Sanierungshauptmiete liege nicht vor, weil in dem von den Antragsgegnern abgeschlossenen Mietvertrag über das verfahrensgegenständliche Haus gar keine Standardanhebung der vermieteten Objekte vereinbart worden sei. Es stehe gar nicht fest, Zweck der gestatteten Untervermietung sei die Kapitalaufbringung zur Standardanhebung gewesen.

Das von der Erstantragsgegnerin angerufene Rekursgericht wies die Sachanträge ab. Es führte aus:

Entscheidende Bedeutung komme dem Umstand zu, daß das seinerzeit als Lager und Büro verwendete zweistöckige Gebäude weder im ersten noch im zweiten Stockwerk Zwischenwände aufgewiesen habe und der Erstantragsgegnerin ein Umbau zur Schaffung von Büroräumen zu kostspielig gewesen sei. Deshalb habe sie sich zur Vermietung des Hauses an den Zweitantragsgegner entschlossen und sei mit dessen Plänen einverstanden gewesen, nach entsprechenden Umbauten einen Beherbergungsbetrieb für Ausländer einzurichten, habe sich aber an der Finanzierung des Umbaus nicht beteiligt. In der Folge habe der Zweitantragsgegner seinen Plan geändert und begonnen, die verfahrensgegenständlichen Bestandobjekte zu errichten, als er erfuhr, daß es Schwierigkeiten geben könnte, eine Bewilligung für einen Beherbergungsbetrieb zu erhalten. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, die Vermietung des Hauses an den Zweitantragsgegner sei nur zu dem Zweck erfolgt, die Antragsteller in die schwächere Position von Untermietern zu drängen, um die einem Hauptmieter zustehenden Rechte zu umgehen. Der Ansicht, es wäre Sache der Antragsgegner gewesen, den Nachweis zu erbringen, daß der durch die Indizien geschaffene Schein einer Umgehungsabsicht trügt, sei zwar zuzustimmen, doch seien im konkreten Fall anerkennenswerte Interessen des Vermieters hervorgekommen und auch festgestellt worden, sodaß von einer Umgehungsabsicht keine Rede mehr sein könne.

Ein Tatbestand iSd § 2 Abs 3 MRG werde verwirklicht, wenn es dem Vermieter und/oder dem Hauptmieter darum gehe, die für die Hauptmiete geltenden Vorschriften des MRG zu unterlaufen, meist durch die Erzielung eines den höchstzulässigen Kategoriebetrag übersteigenden Mietzinses oder durch die Schwächung des Kündigungsschutzes. Die Umgehungsabsicht fehle allerdings bei anderen anerkennenswerten Interessen des Hauptmieters an der Untervermietung, etwa dann, wenn eine Wohnung zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Hauptmieters oder naher Angehöriger reserviert (vgl MietSlg 38.272; MietSlg 38.271/37), wenn eine vom Hauptmieter vorgenommene Standardanhebung finanziert (MietSlg 39.228/3) oder eigenen Mietern eine Ersatzwohnung zur Verfügung gestellt werden solle (MietSlg 42.189). Gleiches habe zu gelten, wenn anerkennenswerte Interessen des Vermieters vorliegen.

Im konkreten Fall sei das Haus der Erstantragsgegnerin ohne kostspielige Umbauten kaum verwertbar gewesen. Eine Vermietung einzelner Bestandobjekte wäre, da solche mit einer Ausnahme nicht vorhanden gewesen seien, nicht in Betracht gekommen. Da die Umbaukosten für die Erstantragsgegnerin zu hoch gewesen seien, habe sie ein eminentes Interesse daran gehabt, einen Generalmieter zu finden, der nicht nur bereit ist, einen hohen Mietzins zu zahlen, sondern auch die für eine weitere Verwertung des Objektes notwendigen Umbauarbeiten vorzunehmen. Auch wenn die Schaffung von Wohnungen nicht vereinbart worden sei, habe doch als selbstverständlich vorausgesetzt werden müssen, daß der Mieter Umbauarbeiten vornimmt, um seinerseits Einkünfte aus einer Untervermietung erzielen zu können. Daß damit auch die Investitionen des Hauptmieters abgegolten werden sollten, liege auf der Hand.

Anders als bei der "Sanierungshauptmiete" sei es im konkreten Fall nicht nur dem Hauptmieter darum gegangen, die Umbauarbeiten durch den begehrten Mietzins zu finanzieren, sondern es sei auch dem Hauseigentümer ganz wesentlich damit gedient gewesen, aus dem Gebäude einen Nutzen zu ziehen, ohne den Unannehmlichkeiten der Schaffung einzelner Bestandobjekte und einer Vermietung an einzelne Bestandnehmer ausgesetzt zu sein. Bei einer solchen Sachlage könne nicht unterstellt werden, den Antragsgegnern sei es nur darum gegangen, eine Untervermietung an die Antragsteller zu ermöglichen, um ihnen die Rechte von Hauptmietern vorzuenthalten. Selbst wenn es einem der beiden Antragsgegner auch darum gegangen sein sollte, durch die Untervermietung einen den höchstzulässigen Kategoriebetrag übersteigenden Mietzins zu erzielen und den Kündigungsschutz zu schwächen, reiche dies für die Annahme einer Umgehungsabsicht nicht aus, weil eben ein anderer anerkennenswerter Grund für den Abschluß des Hauptmietvertrages vorgelegen sei (vgl MietSlg 42.189). Der später geänderten Absicht des Zweitantragsgegners, Wohnungen zu schaffen und hohe Mietzinseinnahmen zu erzielen, komme keine Bedeutung zu.

Unabhängig davon fehle dem Antragsteller Marijan B***** die Antragslegitimation für die Anerkennung als Hauptmieter; ihre Mitmieter (Desanka B***** und Momcilo B*****) hätten es nämlich verabsäumt, die Schlichtungsstelle anzurufen. Hingegen sei die dem Erstgericht unterlaufene Ausschließung des Zweitantragsgegners vom Verfahren mittlerweile geheilt (vgl WoBl 1990/84).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Hinweis auf die verwertete Judikatur.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragsteller (neben anderen, hier nicht weiter zu verfolgenden Argumenten) geltend, daß das Rekursgericht die Erfüllung des Umgehungstatbestandes des § 2 Abs 3 MRG zu Unrecht verneint habe. Wesentliche Tatsachen, nämlich die Vermietung zumindest einer der Wohnungen schon vor dem Zustandekommen des Generalmietvertrages, die Finanzierung des Umbaues durch "Kautionen" der Antragsteller in Millionenhöhe und daß die Antragsteller jeweils "Hauptmietzinse" mit Betriebs- und Heizkosten zu entrichten hatten, seien unberücksichtigt geblieben. Die von Anfang an vorliegende Umgehungsabsicht beider Antragsgegner sei bei Würdigung aller Begleitumstände der Vertragskonstruktion ausreichend indiziert; ein Fall der Sanierungshauptmiete liege schon deshalb nicht vor, weil die Erstantragsgegnerin mit S 70.000,-- monatlich weit mehr erhalten habe, als sie im Falle einer normalen Vermietung des Objektes - ohne Ausbeutung der mit hohen Mieten und "Kautionen" belasteten Antragsteller - hätte erzielen können. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Den Antragsgegnern wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Die Erstantragsgegnerin hat von dieser Möglichkeit (bereits vor dem Freistellungsbeschluß) auch Gebrauch gemacht und die Zurückweisung des Revisionsrekurses mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG), hilfsweise die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung begehrt. In rechtlicher Hinsicht hält sie dem auf § 2 Abs 3 MRG gestützten Rechtsschutzanspruch der Antragsteller vor allem entgegen, vom Zweitantragsgegner - wie sich aus dem Akt 5b Vr 779/92 des Landesgericht für Strafsachen Wien ergebe - selbst betrogen worden zu sein; außerdem sei eine Anerkennung der Antragsteller als Hauptmieter rechtlich unmöglich, seitdem der von den Antragsgegnern abgeschlossene Hauptmietvertrag mit rechtskräftigem Teilanerkenntnisurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 26.11.1993, 47 C 549/93, ex tunc aufgehoben worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig und im Sinne ihres Abänderungsbegehrens auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß das vom Rekursgericht gegen die Aktivlegitimation des Antragstellers Marijan B***** ins Treffen geführte Argument, seine Mitmieter D***** und Momcilo B***** hätten die Anrufung der Schlichtungsstelle (und damit die notwendige Mit-Antragstellung) verabsäumt, nicht stichhältig ist. Desanka und Momcilo B***** haben nämlich - zu SL/5/3320/92 der Schlichtungsstelle des Magistratischen Bezirksamtes für den ***** Bezirk der Stadt Wien - sehr wohl einen Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter eingebracht, der mit dem Begehren des Marijan B***** (zu SL/5/2247/92 der Schlichtungsstelle) verbunden wurde.

Andere Argumente der Rechtsmittelwerber - so die Ausführungen zur vermeintlichen Fruchtnießerstellung des Zweitantragsgegners oder zur Verletzung seines rechtlichen Gehörs - bedürfen keiner Erörterung, weil sie einerseits im Hinblick auf den Rechtsmittelerfolg unwesentlich, andererseits durch die schon vom Rekursgericht zutreffend dargelegte Heilung des Verfahrensmangels (WoBl 1990, 165/84 ua) überholt, ja sogar gänzlich unbeachtlich sind (vgl WoBl 1993, 35/31 ua). Auch auf das Vorbringen der Erstantragsgegnerin, mit der rückwirkenden Aufhebung des Hauptmietvertrages vom 25./27.7.1991 sei die Anerkennung der Antragsteller als Hauptmieter rechtlich unmöglich geworden, ist nicht weiter einzugehen, weil es dem im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG geltenden Neuerungsverbot (WoBl 1990, 163/83 ua) widerspricht. Zu prüfen bleibt allein, ob der Umgehungstatbestand des § 2 Abs 3 MRG durch den festgestellten Sachverhalt verwirklicht ist, genauer gesagt, ob den Antragsgegnern angelastet werden kann, in Umgehungsabsicht gehandelt zu haben. Dabei greifen die Tatbestandselemente "nur zur Untervermietung" und "zur Umgehung der einem Hauptmieter (nach dem MRG) zustehenden Rechte" ineinander, weil nur anerkennenswerte zusätzliche Motive der Vertragsparteien den an sich mit jeder Untervermietung verbundenen (und damit automatisch einzukalkulierenden) Effekt relativieren können, daß dem Mieter Rechte vorenthalten werden, die er in einem Hauptmietverhältnis hätte.

Nach dem (schon vor dem 3. WÄG geltenden) Wortlaut des § 2 Abs 3 MRG ist die Umgehungsabsicht iSd § 2 Abs 3 MRG bereits dann erfüllt, wenn "bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund besteht, daran zu zweifeln". Der betreffende Umgehungstatbestand kann daher schon dann vorliegen, wenn die letzte Gewißheit über die vom Gesetzgeber verpönte Absicht der Parteien eines formellen Hauptmietvertrages fehlt; es reicht aus, wenn die festgestellten äußeren Umstände genügend Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Absicht bieten. Ob diese Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, ein Hauptmietvertrag sei "nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte" geschlossen worden, ist dann im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu entscheiden (WoBl 1992, 241/161; WoBl 1994, 181/40).

Im gegenständlichen Fall indiziert schon allein die Generalvermietung des Hauses an den Zweitantragsgegner zu Zwecken der "gewerblichen Untervermietung" eine dem § 2 Abs 3 MRG entsprechende Umgehungsabsicht der Parteien. Die Generalmiete ist nämlich ein an sich "verdächtiges", oft als Umgehungsgeschäft mißbrauchtes Rechtsinstitut und legt besonders dann den Verdacht einer (mit der Regelung des § 2 Abs 3 MRG bewußt bekämpften) Zwischenschaltung eines "Strohmannes" nahe, wenn der Generalmieter - so wie hier - das Objekt selbst nicht benützt, sondern gewinnbringend weiterverwertet (daß dies auch der Gesetzgeber so sieht, ergibt sich aus der Rückkehr zu jener Rechtslage, wonach die mit dem Mieter eines ganzen Hauses abgeschlossenen Mietverträge Hauptmietrechte vermitteln [§ 2 Abs 1 MRG idF des 3. WÄG], vor allem aber auch aus der nunmehr durch § 2 Abs 3 Satz 2 idF des 3. WÄG anerkannten Indizierung der Umgehungsabsicht, wenn der Hauptmieter mehr als eine Wohnung im selben Gebäude zur Gänze untervermietet). Dazu kommt, daß dem Zweitantragsgegner die gewerbliche Untervermietung gestattet wurde. Auch wenn die Erstantragsgegnerin den angeblichen Unterschied zwischen "gewerblich" (aus ihrer Sicht: nur zu Geschäftszwecken) und "gewerbsmäßig" (auf Gewinn ausgerichtet) betont, ist damit doch klargestellt, daß die gewählte Vertragskonstruktion vor allem dazu dienen sollte, das verfahrensgegenständliche Haus - für beide Teile - möglichst gewinnbringend zu verwerten. Der Zweitantragsgegner, der immerhin S 70.000,-- monatlich (wertgesichert) an die Erstantragsgegnerin zahlen mußte, hatte es mit deren Wissen und Billigung von vorne herein darauf angelegt, nicht nur vorübergehend (etwa zur Zwischenfinanzierung eines Umbaus), sondern auf Dauer Einnahmen zu erzielen, die er sich nur oder zumindest leichter von schlecht geschützten Untermietern verschaffen konnte.

Um den dadurch verwirklichten Anschein eines Umgehungsgeschäftes iSd

§ 2 Abs 3 MRG zu entkräften, hätten die Antragsgegner dartun müssen,

mit der Zwischenschaltung eines Generalmieters bei der Vermietung des

verfahrensgegenständlichen Objektes einen vom Gesetz gebilligten

Nebenzweck zu verfolgen. Der vordergründig naheliegende Fall einer

Sanierungshauptmiete kommt jedoch nicht in Betracht. Abgesehen davon,

daß die Erstantragsgegnerin in Billigung der diesbezüglichen

Rechtsansicht des Rekursgerichtes nunmehr selbst zugesteht, die

Voraussetzungen einer Sanierungshauptmiete seien nicht erfüllt (S 9

der Revisionsrekursbeantwortung), ist eine solche schon deshalb

auszuschließen, weil die Antragsteller gar nicht in den Genuß einer

vom Zweitantragsgegner vorfinanzierten Sanierung ihrer Mietobjekte

gekommen sind (vgl WoBl 1992, 14/8 ua). Um überhaupt die versprochene

Wohnung zu erhalten, mußten sie hohe "Kautionen" leisten, über deren

Anrechnung auf den laufenden Mietzins oder Rückzahlung offensichtlich

nichts vereinbart wurde, sodaß vom üblichen Finanzierungsmodell einer

Sanierungshauptmiete, bei dem sich der Hauptmieter (Untervermieter)

lediglich die selbst aufgewendeten Investitionskosten durch die

Differenz zwischen Haupt- und Untermietzins zurückholt, keine Rede

sein kann. In Ansehung des Geschäftslokals der Erstantragstellerin,

die keine solche "Kaution" leistete, ist überhaupt nicht erkennbar, worin die Sanierung des Objektes bestanden haben soll, da es von den Umbauplänen kaum berührt war.

Daß unter diesen Aspekten zumindest der Zweitantragsgegner in Umgehungsabsicht handelte, bedarf keiner weiteren Erörterung. Nach der vom erkennenden Senat vertretenen Ansicht müssen freilich beide Parteien des formellen Hauptmietvertrages in Umgehungsabsicht gehandelt haben, um den Umgehungstatbestand des § 2 Abs 3 MRG zu verwirklichen (WoBl 1992, 241/161; WoBl 1994, 181/40 ua, zuletzt 5 Ob 110 - 124/94; aA 3 Ob 552/91 = SZ 64/66 = WoBl 1992, 238/160), sodaß noch auf die Frage einzugehen ist, ob auch die Erstantragsgegnerin an der Widerlegung der geschilderten Indizien für eine Umgehungshandlung gescheitert ist. Der Wunsch, sich das nur mit hohen Investitionen verwertbare Objekt vom Hals zu schaffen und jemanden zu finden, der möglichst viel Geld zahlt und sich dazu noch der Mühe einer Sanierung und Vermietung unterzieht, entlastet sie jedenfalls nicht, weil die Überwälzung des wirtschaftlichen Risikos einer Immobilienverwertung auf Generalmieter für sich allein kein anerkennenswertes Motiv iSd Judikatur zu § 2 Abs 3 MRG ist. Das einzige in diesem Zusammenhang sonst noch vorgebrachte Argument der Erstantragsgegnerin, auf die Verwirklichung der vom Zweitantragsgegner vorgegebenen Absicht vertraut zu haben, im verfahrensgegenständlichen Objekt lediglich Schlafstellen für Ausländer zu schaffen und einen Beherbergungsbetrieb zu führen, der von Problemen des Mieterschutzes nicht behelligt wird (offensichtlich war an den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 1 MRG gedacht), ist wiederum damit zu entkräften, daß für die Erfüllung des in § 2 Abs 3 MRG normierten Tatbestandsmerkmals der Umgehungsabsicht dolus eventualis genügt (WoBl 1994, 181/40; 5 Ob 110 - 124/94). Auch wenn die Erstantragsgegnerin nur in Kauf genommen hat, die Antragsteller um die einem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte zu bringen, ohne gleichzeitig den zu billigenden Nebenzweck der besonderen Vertragskonstruktion zu verwirklichen, hat sie die in § 2 Abs 3 MRG umschriebene Umgehungshandlung gesetzt.

Im konkreten Fall ist der Erstantragsgegnerin eine billigende Inkaufnahme der letztlich eingetretenen Entwicklung zu unterstellen. Abgesehen davon, daß die Aussicht des Zweitantragsgegners, allein für die Errichtung von Schlafstellen in einem ehemaligen Büro- und Lagerhaus eine Gewerbeberechtigung zur Beherbergung von Flüchtlingen, Asylanten und Gastarbeitern zu erhalten, als so minimal einzustufen war, daß die Erstantragsgegnerin mit einer davon abweichenden Verwendung ihres Hauses rechnen mußte (und wohl auch gerechnet hat), hat sie den Zweitantragsgegner mit Umbauarbeiten beginnen lassen, noch bevor das Mietverhältnis begonnen hatte und ehe überhaupt bewilligte Baupläne vorlagen. Schon das läßt den Schluß zu, die Erstantragsgegnerin habe sich von Anfang an damit abgefunden, der Zweitantragsgegner werde mit dem Haus - wie ihm ja vom Immobilienmakler zunächst freigestellt worden war - "machen, was er wolle". Von einer Festlegung bestimmter Umbauarbeiten, die den angeblichen Vertragszweck hätten sicherstellen können, war offenbar keine Rede. Schließlich kann nicht darüber hinweggesehen werden, daß nach den von der Erstantragsgegnerin gebilligten (ursprünglichen) Umbauplänen das Geschäftslokal im Erdgeschoß und die Wohnung im zweiten Stock weitgehend unverändert bleiben sollten, was zumindest hinsichtlich des Geschäftslokals eine Widmung zur Beherbergung von Flüchtlingen etc ausschloß. Das Objekt top 13 ist vom Zweitantragsgegner sogar schon vermietet worden, ehe überhaupt der Generalmietvertrag abgeschlossen war. Die nach der Sachlage indizierte Umgehungsabsicht beider Parteien des Generalmietvertrages ist daher durch die völlig unplausibel gebliebene Behauptung der Erstantragsgegnerin, auf die Errichtung eines Beherbergungsbetriebes des Zweitantragsgegners vertraut zu haben, keineswegs widerlegt.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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