OGH 7Ob508/95

OGH7Ob508/958.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna Maria W*****, vertreten durch Dr.Christian Puchner, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Mag.Walter W*****, vertreten durch Dr.Gudrun Petsch-Lindmayr, Rechtsanwältin in Kapfenberg, wegen Unterhalts (Streitwert S 146.160 sA) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 18. Oktober 1994, GZ R 841/94-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 21.April 1994, GZ 1 C 46/93z-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 15.11.1982 gemäß § 55a EheG einvernehmlich geschieden. Der Beklagte verpflichtete sich mit Vergleich, an die Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.000 wertgesichert zu zahlen. Sollte die Klägerin - nach dem tatsächlich bereits eingetretenen Wegfall der Sorgepflichten für die beiden ehelichen Kinder - nicht mindestens S 5.000 (wertgesichert) im Monat verdienen, sollte es ihr freistehen, eine Erhöhung ihrer Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten insoweit geltend zu machen, als sie neben dem fixen Unterhaltsbetrag von S 3.000 durch eigenes Einkommen oder Vermögen einschließlich jenes aus Untervermietung nicht mindestens S 5.000 im Monat verdient, wobei dieser weitere Unterhaltsanspruch aber von den beiderseitigen jeweiligen wirtschaftlichen und sonstigen Verhältnissen abhängen sollte. Darüber hinaus verzichteten beide Parteien wechselseitig auf jedweden Unterhalt, dies auch für den Fall der Not und einer Änderung der Gesetzeslage, nicht aber für den Fall geänderter Verhältnisse.

Dieser Scheidungsvergleich wurde - nach den ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichtes - bereits vor seinem Abschluß in der Kanzlei des damaligen Vertreters der Klägerin besprochen. Der Beklagte hatte damals den Vorschlag des Vertreters der Klägerin abgelehnt, einen Prozenttitel zu schaffen. Grundlage des Vergleichs war der beiderseitige Vertragswille, daß der Klägerin insgesamt S 8.000 (wertgesichert) zufließen sollten. An die Möglichkeit, daß die Klägerin einen höheren Unterhaltsanspruch haben sollte, wurde nciht gedacht. Über Anregung des Familienrichters, was geschehen sollte, wenn der Beklagte seinen Arbeitsplatz verliert, wurde der vorbereitete Vergleichstext dahin ergänzt, daß der Verzicht "nicht für den Fall geänderter Verhältnisse" gelten soll. Nach dem Willen der Vertragsteile sollte die Umstandsklausel nur zum Vorteil des Beklagten wirksam sein.

Dem Unterhaltsvergleich lag eine monatliche Bemessungsgrundlage des Beklagten von S 17.000 zugrunde. Nach der Scheidung absolvierte der Beklagte ein Studium. Er verdient nunmehr S 43.976 durchschnittlich netto im Monat und bezieht aus der Vermietung eines Geschäftslokals monatlich S 2.500.

Die Klägerin verdient zwischen S 6.500 und S 7.000 durchschnittlich im Monat. Der im Vergleich wertgesicherte Gesamtbetrag von S 8.000 ergibt nunmehr S 10.896.

Rechtliche Beurteilung

Für die Beurteilung des geltend gemachten, im wesentlichen auf die Steigerung der Bemessungsgrundlage gestützten Erhöhungsbegehrens ist die Beantwortung der Frage entscheidend, ob die Parteien im Unterhaltsvergleich eine solche Erhöhung ausgeschlossen haben oder nicht. Nach dem Wortlaut des schriftlichen Vergleichstextes sollte die Klägerin zu einem Unterhaltserhöhungsbegehren nur berechtigt sein, wenn sie nicht mindestens S 5.000 (wertgesichert) im Monat verdient. Darüberhinaus verzichtete die Klägerin auf Unterhalt. Damit bedarf aber der weitere Passus im Unterhaltsvergleich, daß der Unterhaltsverzicht nicht für den Fall geänderter Verhältnisse gilt, der Auslegung. Nach dem Gesamtwortlaut des Vergleiches wäre eien Auslegung dahin möglich, daß die Klägerin auf einen höheren Unterhaltsbetrag als S 3.000 (wertgesichert) im Falle einer wesentlichen Erhöhung des Einkommens des Beklagten nicht verzichtet hat. Das Berufungsgericht hat aber über den Parteiwillen die Parteien und einen Zeugen vernommen und ist danach zu der weiteren Tatsachenfeststellung gelangt, daß die Umstandsklausel nur zum Vorteil des Beklagten wirken soll.

Wohl gehört die Auslegung einer nach Inhalt und Form unbestrittenen Urkunde in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung; wurden aber zur Ermittlung der zugrundeliegenden Absicht der Parteien andere Beweismittel, insbesondere Zeugen und Parteien, herangezogen, so werden damit im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbare Tatsachen festgestellt (EvBl 1959/184; EvBl 1967/152; SZ 58/199; SZ 60/37; RZ 1990/30; Fasching, LB2 Rz 1926; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 279). Dem Obersten Gerichtshof ist es daher im vorliegenden Fall verwehrt, im Wege der Auslegung einen anderen, vom festgestellten Sachverhalt abweichenden Vertragsinhalt zu ermitteln.

Daß der den Scheidungsvergleich protokollierende Familienrichter vom Berufungsgericht nicht vernommen wurde, kann schon deshalb keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bilden, weil die Klägerin einen darauf gerichteten Beweisantrag gar nicht gestellt hat.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher - ungeachtet des nicht bindenden Ausspruches, daß die ordentliche Revision zulässig sei - zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.

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