Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Walter G***** wurde (zugleich mit der Bestimmungstäterin - § 12 zweiter Fall StGB - Draga S*****, deren Urteil in Rechtskraft erwachsen ist) des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.
Ihm liegt zur Last, nach dem Feber 1992 in Wien als Beamter, nämlich als Vertragsbediensteter des Arbeitsamtes M*****, mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf (ordnungsgemäße) Zulassung von Ausländern zur Arbeit zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er für Stasa K*****, der die (gesetzlichen) Voraussetzungen nicht erfüllte, die Arbeitserlaubnis Serie A Nr ***** des Arbeitsamtes M*****ausstellte.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte G***** mit einer auf die Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Als nichtig (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 21. Juni 1994 gestellten Beweisantrages (237 f) auf "Einvernahme aller[n] im 3. Stock befindlichen Personals des Arbeitsamtes für M*****und Ch***** zur Befragung, ob sich der Beschuldigte im 3. Stockwerk im Feber 1992 aufgehalten hat".
Diesen Antrag wies das Schöffengericht "wegen völliger Unerheblichkeit" - im Ergebnis zu Recht - ab (238).
Abgesehen davon, daß die Beschwerdeausführungen von einem (nachträglich) geänderten und teilweise erweiterten Begehren ausgehen (vgl den ersten Absatz unter Punkt I.1. der Beschwerdeschrift) und damit die prozeßordnungsgemäße Darstellung des relevierten Nichtigkeitsgrundes verfehlen, handelt es sich nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls, dessen Berichtigung der Angeklagte nicht beantragt hat, gegenständlich um einen unzulässigen und demnach unbeachtlichen Erkundungsbeweis (vgl: "..., ob sich ..."), der überdies der gebotenen Spezifizierung entbehrt und nicht erkennen läßt, inwiefern die begehrte Beweisaufnahme für die Schuldfrage von Bedeutung sein soll. Sonach müssen die erst in der Beschwerdeschrift
- somit verspätet - vorgebrachten Gründe, die sich vorliegend ohnehin weitgehend bloß in Spekulationen und hypothetischen Annahmen ergehen
- auf sich beruhen (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 16 ff, 40 f, 88 ff).
Die Mängelrüge (Z 5) hinwider verkennt das Wesen dieses formalen Nichtigkeitsgrundes, indem sie sich nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung die Frage stellt, "ob die vom Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Darstellung der Mitbeschuldigten richtig ist (richtig sein kann)", und mit dem Resümee ("Das Erstgericht hätte somit schon auf Grund der gegebenen Beweislage zur Schlußfolgerung gelangen müssen, daß die mich belastenden Angaben der Mitbeschuldigten nicht richtig sein können") ganz unverhohlen die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft.
Entgegen der Beschwerdebehauptung hat sich das Schöffengericht in den Urteilsgründen mit allen maßgeblichen Verfahrensergebnissen ausführlich auseinandergesetzt und in einer kritischen Gesamtschau sowie unter Verwertung des persönlich gewonnenen Eindrucks mit zureichender (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), lebensnaher und nachvollziehbarer Begründung dargelegt, warum es den - in entscheidenden Punkten für glaubwürdig beurteilten - Angaben der Mitangeklagten Draga S***** folgte und aus welchen Gründen es die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers für widerlegt erachtete (US 9 ff), ohne wichtige Beweisergebnisse unerörtert zu lassen.
Der Beschwerde zuwider ist es weder für die Schuld noch für den anzuwendenden Strafsatz bedeutsam, somit nicht entscheidend, wann exakt das erste Zusammentreffen zwischen dem Angeklagten S*****und G***** erfolgte und in welchem Stock der Kontakt zwischen ihnen im Feber 1992 stattfand. Genug daran, daß das Erstgericht in den Urteilsgründen erschöpfend und im Einklang mit den Denkgesetzen, sohin mängelfrei darlegt, wann und wie es tatsächlich zur amtsmißbräuchlichen Ausstellung der in Rede stehenden Arbeitserlaubnis kam. Im übrigen hat es der Aussage der Zeugin Milesa T***** ohnedies (zutreffend) keinen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes beigemessen (US 11) und zu den Zeugenaussagen der "befragten Mitarbeiter" sowie zur (irrelevanten) Frage, wie die Angeklagte S***** in den Besitz der privaten Telefonnummer des Beschwerdeführers gelangt war, Stellung bezogen (US 12, 13; 6, 15).
Die behaupteten formellen Begründungsmängel haften daher dem bekämpften Urteil nicht an.
Der Tatsachenrüge (Z 5 a) schließlich genügt es zu erwidern, daß weder die unsubstantiierte Behauptung, dem vom Schriftsachverständigen P***** in seiner Expertise erstellten Kalkül, wonach die Textangaben in der inkriminierten Arbeitserlaubnis mit "sehr hoher Wahrscheinlichkeit" von der Hand des Angeklagten stammen (iVm US 13), stünden "objektivierte Tatsachen und Beweisergebnisse gegenüber", welche die dem Beschwerdeführer unterstellte Handlungsweise "im höchsten Grade unwahrscheinlich mache", noch die darin angestellten Wahrscheinlichkeitsüberlegungen sowie die Hinweise auf "Unwahrscheinlichkeiten" und auf mögliche "extreme Zufälle" im Zusammenhang mit dem Kontakt zwischen G*****und S***** im Februar 1992 im Arbeitsamt M***** gleichwie der weitere Hinweis auf ein (vom Erstgericht uhrzeitmäßig gar nicht fixiertes) Telefongespräch über ein notwendig gewordenes Treffen am Praterstern-Nord (US 6 und 7) geeignet sind, entweder unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder Bedenken erheblicher Art gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Vielmehr trachtet der Beschwerdeführer erneut und überdies unter Einführung einer durch keinerlei - auch noch so vager - Anhaltspunkte in den Verfahrensergebnissen indizierten hypothetischer Geschehensvariante, die sich somit nicht aus den Akten ergibt, auch mit diesem - unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihten und daher in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichkommenden - Anfechtungstatbestand (vgl Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 a E 1 und 4) die zu seinem Nachteil ausgefallene, auf der Basis stimmiger Beweisergebnisse plausibel begründete Beweiswürdigung der Tatrichter zu kritisieren.
Aus den dargelegten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (§ 285 i StPO).
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