Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird in ihren Aussprüchen über die Abweisung der zu lit a) und c) gestellten Haupt- und Eventualsicherungsanträge sowie im Umfang der Abweisung des zu lit b) gestellten Hauptsicherungsantrages bestätigt, im übrigen - also in ihrem Ausspruch über die Abweisung auch des zu lit b) gestellten Eventualsicherungsantrages - dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten hat:
"Einstweiligen Verfügung
Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen der beklagten Partei wird der beklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreites bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Herausgabe, Verlag und/oder Vertrieb periodischer Druckschriften, insbesondere der Tageszeitung 't*****', Artikel in bzw für diese periodische(n) Druckschrift(en) anzukündigen und/oder zu veröffentlichen, wenn durch diese Ankündigung oder Veröffentlichung die Leser der betreffenden periodischen Druckschrift(en) dadurch getäuscht werden, daß der Eindruck erweckt wird, es handle sich um wahre Erlebnisse namentlich und/oder bildlich vorgestellter Personen, während die namentlich und/oder bildlich vorgestellten Personen mit den geschilderten Erlebnissen in Wahrheit nichts zu tun haben.
Die klagende Partei, welche in Ansehung dieser einstweiligen Verfügung die Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig selbst zu tragen hat, ist schuldig, der beklagten Partei, die mit 14.481,59 S bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens (darin enthalten 2.413,59 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."
Die klagende Partei, welche in Ansehung der erlassenen einstweiligen Verfügung die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen hat, ist schuldig, der beklagten Partei mit 39.842,36 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 6.640,38 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Verlegerin der Tageszeitungen "N*****" und "K*****", die sie auch herausgibt und In Verkehr bringt. Sie trägt hiefür das Unternehmerrisiko. Ihr kommen - zumindest teilweise - die Anzeigen- und Verkaufserlöse der beiden Tageszeitungen zu.
Die Beklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin der Tageszeitung "t*****".
Seit dem erstmaligen Erscheinen der Tageszeitung "t*****" am 5.4.1992
wird in jeder Sonntag-Ausgabe eine Serie zum Thema Gesundheit "Zum Herausschneiden und Sammeln" veröffentlicht. Die Veröffentlichungen tragen jeweils in der linken oberen Ecke die Überschrift: "Alles aus der Medizin". Auf jeweils einer Seite kommt in einem vierspaltigen Artikel eine Person, die lediglich mit ihrem Vornamen genannt wird, zu Wort. Von dieser Person wird jeweils ein Lichtbild veröffentlicht. Diese Person schildert, von welcher Krankheit sie befallen worden ist und wie sie damit fertig wurde. Auf der Rückseite desselben Blattes, welche gleichfalls in der linken oberen Ecke den Schriftzug "Alles aus der Medizin" trägt, findet sich eine Spalte, in welcher ein Arzt Ratschläge zur Behandlung der jeweiligen Leiden gibt. Daneben ist eine Darstellung der jeweiligen Krankheit; diese wird zuerst kurz beschrieben; dann werden die Ursachen und die Behandlung der Krankheit dargestellt. Darunter werden unter der Überschrift "Wir beantworten Ihre Fragen" Fragen beantwortet; es wird aber nicht ausdrücklich angeführt, wer diese Fragen gestellt und wer sie beantwortet hat. Darunter finden die Leser auf derselben Seite jeweils die Angabe, an wen sie sich um Hilfe wenden können, sowie den Hinweis, daß ihnen in jeder "A*****"-Sonntag-Ausgabe Informationen über häufige Krankheiten geboten werden. Die Beklagte kündigte dort an, daß insgesamt Sonntag für Sonntag rund 100 Krankheiten vorgestellt werden und beschrieben wird, wie man damit fertig wird.
Bei dieser Gesundheitsserie handelt es sich um Artikel, welche bereits von September 1988 bis Oktober 1989 in der englischen Frauenzeitschrift "W*****" unter dem Titel "Coping with .........."
erschienen sind. Die Beklagte hat die Artikel aus der englischen in die deutsche Sprache übersetzen lassen; dabei hat sie lediglich geringfügige Änderung vorgenommen. Insbesondere wurde die Person, die mit der jeweils beschriebenen Krankheit angeblich fertig geworden sei soll, ausgetauscht, indem in der deutschen Übersetzung ein anderer Vorname (und kein Familienname) verwendet wurde. Gleichzeitig wurde auch das Foto der betreffenden Person ausgetauscht. Im übrigen entsprechen aber die personenbezogenen Informationen der deutschen Übersetzung dem englischen Originaltext. Weiters wurden auch die Fragen, ebenso wie die Antworten, beinahe wortgleich übernommen. Inhaltlich verändert wurde lediglich die Spalte, in der ein Arzt Ratschläge zu den jeweiligen Krankheiten gibt und die Hinweise, an wen sich ein von der jeweiligen Krankheit Betroffener um Hilfe wenden kann. Der Umstand, daß diese Beiträge keine von der Beklagten recherchierten Berichte, sondern bloße Übersetzungen von Artikeln sind, die bereits vorher in der genannten englischen Zeitschrift erschienen waren, wurde der Klägerin erst Anfang Februar 1994 bekannt.
Die Beklagte hat von der S***** Ltd. in L***** mit Rechnung Nr.2823
vom 18.4.1990 100 Folgen der Medizinserie "Coping with ........." zu
deutsch: "Fertig werden mit", frei übersetzt: "So wurde ich mit
............. fertig", mit allen Rechten zur Übersetzung, Bearbeitung
und Veröffentlichung gekauft.
Es ist international durchaus üblich, daß Zeitungen sogenannte
syndizierte Kolumnen von einer Agentur, die Träger der
"Urheberrechte" ist, kaufen und abdrucken. Die englische Zeitschrift
"W*****" hat die Serie offenbar von derselben Agentur gekauft wie die
Beklagte.
Der erwähnte Arzt ist Dr.Rudolf J*****, der regelmäßig eine Kolumne
"Hausarzt Dr.Rudolf J***** zum Thema ....... (jeweilige Krankheit)"
verfaßt. Dieser Arzt existiert tatsächlich. Er beantwortet jeden Dienstag und jeden Donnerstag in der Zeitung der Beklagten Leserbriefe mit gesundheitsbezogenen Fragen. Diese sind so gestaltet, daß unter der Überschrift "Alles Gesundheit, jeden Dienstag und Donnerstag beantwortet Dr.med.Rolf J***** Fragen aus dem Leserkreis" in kursiver Schrift ein Leserbrief (eine Anfrage) abgedruckt ist und danach in gewohnten Lettern die Antwort folgt. Die Fragen sind jeweils namentlich gekennzeichnet.
In der hier beanstandeten Serie lautet die Überschrift "Wir beantworten Ihre Fragen", danach folgen ebenfalls Anfragen in kursivem Druck, die Antworten in normaler Schrift, die Fragen sind namentlich nicht gekennzeichnet.
Mit der Behauptung, daß die Veröffentlichung der Gesundheitsserie in dreifacher Hinsicht gegen die §§ 1, 2 UWG verstoße, beantragt die Klägerin zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Herausgabe, Verlag und/oder Vertrieb periodischer Druckschriften, insbesondere der Tageszeitung "t*****"
a) die Leser dieser periodischer Druckschrift(en) über die journalistischen Leistungen der Beklagten und/oder ihrer Mitarbeiter zu täuschen, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, daß Beiträge, insbesondere zu Fragen der Gesundheit, angekündigt und/oder veröffentlicht werden, die mangels anderslautenden Hinweises als selbst recherchierte oder selbst geschriebene Beiträge erscheinen, obwohl es sich in Wahrheit bloß um Übersetzungen früher erschienener Beiträge aus einer ausländischen Zeitschrift, zB der Zeitschrift "W*****" handelt, insbesondere, wenn die Ankündigung und/oder Veröffentlichung dieser Artikel mit Texten wie zB "Wir beantworten Ihre Fragen", "Insgesamt werden wir Ihnen Sonntag für Sonntag rund 100 Krankheiten vorstellen und beschreiben, wie man damit fertig wird", erfolgt;
in eventu
Artikel anzukündigen und/oder zu veröffentlichen, wenn die Leser der betreffenden periodischen Druckschrift(en) durch diese Ankündigung oder Veröffentlichung dadurch getäuscht werden, daß der Eindruck erweckt wird, es handle sich bei diesen Beiträgen um besondere journalistische Leistungen, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, daß Beiträge, insbesondere zu Fragen der Gesundheit, angekündigt und/oder veröffentlicht werden, die mangels anderslautenden Hinweises als selbst recherchierte oder selbst geschriebene Beiträge erscheinen, obwohl es sich in Wahrheit um bloße Übersetzungen früher erschienener Beiträge aus einer ausländischen Zeitschrift, zB der Zeitschrift "W*****", handelt, insbesondere, wenn die Ankündigung und/oder Veröffentlichung dieser Artikel mit Texten wie zB "Wir beantworten Ihre Fragen", "Insgesamt werden wird Ihnen Sonntag für Sonntag rund 100 Krankheiten vorstellen und beschreiben, wie man damit fertig wird", erfolgt;
b) die Leser dieser periodischen Druckschrift(en) dadurch irre zuführen bzw zu täuschen, daß Berichte über angeblich wahre Erlebnisse namentlich und/oder bildlich vorgestellter Personen veröffentlicht werden, die in bezug auf diese vorgestellten Personen unwahr sind, insbesondere aus der englischen Frauenzeitschrift "W*****" einfach übersetzte Berichte über Krankheiten von bestimmten Personen als Berichte über andere Personen wiederzugeben;
in eventu
Artikel in bzw für diese periodische(n) Druckschrift(en) anzukündigen und/oder zu veröffentlichen, wenn die Leser der betreffenden Druckschrift(en) durch diese Ankündigung und/oder Veröffentlichung dadurch getäuscht werden, daß der Eindruck erweckt wird, es handle sich um wahre Erlebnisse namentlich und/oder bildlich vorgestellter Personen, während die namentlich und/oder bildlich vorgestellten Personen mit den geschilderten Erlebnissen in Wahrheit nichts zu tun haben;
c) die Leser dieser periodischen Druckschrift(en) darüber bzw dadurch irrezuführen bzw zu täuschen, daß durch entsprechende Ankündigungen und/oder Veröffentlichungen der Eindruck erweckt wird, daß in diesen periodischen Druckschriften Fragen der Leser der betreffenden Druckschrift(en) beantwortet werden, obwohl es sich in Wahrheit nicht um Fragen der Leser dieser periodischen Druckschrift(en) handelt, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, daß Fragen und Antworten zu bestimmten, insbesondere zu Gesundheitsthemen, aus der englischen Zeitschrift "W*****" einfach übersetzt und unter der Bezeichnung "Wir beantworten Ihre Fragen" in der Tageszeitung "t*****" veröffentlicht werden, insbesondere wenn dies begleitet durch die Aufforderung wird Fragen an die Adresse der Beklagten einzusenden;
in eventu
eine Rubrik mit Leserfragen und Antworten darauf anzukündigen und/oder zu veröffentlichen, wenn die Leser der periodischen Druckschrift(en) durch die Ankündigung und/oder Veröffentlichung dadurch getäuscht werden, daß der Eindruck erweckt wird, daß in diesen periodischen Druckschrift(en) Fragen der Leser dieser betreffenden periodischen Druckschrift(en) beantwortet werden, owohl es sich in Wahrheit nicht um Fragen der Leser dieser periodischen Druckschrift(en) handelt, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, daß Fragen und Antworten zu bestimmen, insbesondere zu Gesundheitsthemen, aus der englischen Zeitschrift "W*****" übersetzt und einfach unter der Bezeichnung "Wir beantworten Ihre Fragen" in der Tageszeitung "t*****" veröffentlicht werden, insbesondere wenn dies begleitet durch die Aufforderung wird Fragen an die Adresse der Beklagten einzusenden.
Bei der Veröffentlichung ihrer Sonntag-Gesundheitsserie verschweige die Beklagte, daß es sich dabei nicht um eigene journalistische Leistungen handelt, sondern um eine beinahe wortgleiche Wiedergabe von Berichten, die bereits in einer ausländischen Zeitschrift erschienen sind. Dadurch entstehe beim Leser der - irrige - Eindruck, die Mitarbeiter der Beklagten hätten die Artikelserie selbst recherchiert und gestaltet. Der Eindruck, es handle sich um eigene journalistische Leistungen der Beklagten, entstehe aber nicht nur aus dem Verschweigen des Umstandes, daß die Artikelserie angekauft wurde, sondern insbesondere auch aus der Überschrift "Wir beantworten Ihre Fragen" auf der jeweils zweiten Seite der Serie über eine bestimmte Krankheit. Dadurch entstehe bei den Konsumenten überdies die irrige Meinung, sie könnten sich mit ihren Fragen zu Krankheiten an die Redaktion der Zeitung der Beklagten wenden und erhielten dort Antworten. Eine weitere Täuschung bestehe darin, daß die Beklagte erfundene Geschichten den Lesern gegenüber als wahre Berichte ausgebe, entsprächen doch weder die Namen noch die Abbildungen der Personen, die angeblich mit einer bestimmten Krankheit fertig wurden, der Wahrheit. Alle diese Irreführungen beträfen aber Umstände, die für den Kaufentschluß der Leser relevant seien.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Sicherungsbegehren. An ihrer Gesundheitsserie sei nichts unwahr. Eine relevante Irreführung der Leser werde nicht herbeigeführt. Die Beklagte habe die Serie - wie dies international üblich sei - von einer hiezu berechtigten Agentur zum Abdruck angekauft. Schon das englische Original der Medizinserie sei zwar personalisiert, dabei aber verfremdet gewesen, um die Persönlichkeitsrechte der Kranken zu schützen. Daher sei auch in der deutschen Übersetzung und Bearbeitung ein Kranker mit dem Vornamen genannt und ein Bild - nicht notwendig des Erkrankten - dazu gebracht worden. Die Personalisierung einer derartigen Medizinserie mit geänderten Namen sei ein legitimes journalistisches Mittel, um beim Leser ein höheres Interesse zu erwecken; dies diene aber gleichzeitig dem Persönlichkeitsschutz des Kranken.
Bei den Fragebeantwortungen handle es sich erkennbar nicht um individuelle Leserbriefe, sondern um allgemeine Fragen, wie sie in der medizinischen Praxis immer wieder auftreten. Die Serie sei von einem österreichischen Arzt bearbeitet und überprüft worden. Dieser sei auch Verfasser der jeweiligen Ärztekolumne. Der Arzt verfasse auch Kolumnen in Wochentag-Ausgaben der Tageszeitung der Beklagten und beantworte dort konkrete Leserbriefe. Hiefür und für seine Mitarbeit bei der Medizinserie werde er von der Beklagten entsprechend honoriert.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung in der Fassung des jeweiligen Hauptbegehrens. Mit der Veröffentlichung der beanstandeten Medizinserie ohne Quellenangabe habe die Beklagte gegen § 2 UWG verstoßen. Breiten Leserschichten sei es nicht bekannt, daß derartige Kolumnen zugekauft werden können und üblicherweise auch zugekauft werden. Es entstehe daher bei einem nicht unwesentlichen Teil der Leser die Meinung, daß die Redaktion der Beklagten selbst die der Serie zugrundeliegenden Fälle recherchiert, mit den Kranken Kontakt gehabt, sie kennengelernt, mit ihnen gesprochen und Interviews aufgenommen habe. Dieser Eindruck werde durch die Veröffentlichung eines bestimmten Lichtbildes noch verstärkt. Die Leser der Tageszeitung der Beklagten seien nicht nur an faktisch-medizinischen Informationen interessiert, sondern an lebensnahen Schilderungen menschlicher Schicksale. Einer Vortäuschung, daß es sich um ganz konkrete leidende Personen handelt, komme besonderes Gewicht zu, da bei den Lesern persönliche Betroffenheit, wie Mitleid oder Mitgefühl erweckt würden. Die Personalisierung der Krankheitsschilderungen in der Gesundheitsserie diene gerade dazu, solche Gefühle zu erzielen und damit den Artikeln erhöhte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Zeitungsleser könnten aber auch nicht erkennen, daß es sich bei den Anfragen nicht um wirkliche Fragestellungen von Lesern handelt.
Das Rekursgericht wies alle Haupt- und Eventualsicherungsanträge der Klägerin ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Durch das Unterlassen einer Quellenangabe zu ihrer Medizinserie habe die Beklagte keine Aufklärungspflichten verletzt. Anders als bei aktuellen Exklusiv-Interviews rechneten Zeitungsleser gar nicht damit, daß eine Gesundheitsserie von Redakteuren der Zeitung stamme. Die Leser könnten zwar auf Grund der Überschrift "Wir beantworten Ihre Fragen" dahin getäuscht werden, daß die Beklagte selbst medizinische Fragen aus dem speziellen Krankheitsbereich beantwortet, dadurch könne aber noch kein Irrtum darüber entstehen, daß auch die Artikel selbst von Journalisten der Beklagten verfaßt worden wären. Der Irrtum darüber, daß keine konkreten Leseranfragen beantwortet werden, sei aber nicht relevant, gehe es dem Publikum in einer allgemeinen Gesundheitsserie doch nur um die Beantwortung allgemein interessierender Fragen zu bestimmten Krankheiten, deren Auswirkungen oder Heilmethoden. Im übrigen würden konkrete Leseranfragen medizinischer Art sehr wohl von einem ärztlichen Mitarbeiter der Beklagten in zwei Wochentag-Ausgaben der Tageszeitung beantwortet.
Es sei auch keine Täuschung der Leser, wenn die Krankengeschichten dadurch personalisiert werden, daß sie mit einem Bildnis des vermeintlichen ehemaligen Kranken und dessen Vornamen versehen wurden. Das sei ein zulässiges, weit verbreitetes journalistisches Mittel, um Lesern Sachverhalte anschaulich zu schildern, die ansonsten nur in der trockenen Wiedergabe von Fachausdrücken bestünden. Damit strapaziere die Beklagte auch nicht unzulässigerweise die Gefühlswelt ihrer Leser. Zum einen existierten nämlich tatsächlich Personen, die an den beschriebenen Krankheiten leiden, zum anderen machten aber Rechtsvorschriften über den Personen- und Datenschutz eine Individualisierung der leidenden Personen unmöglich. In keinem der drei beanstandeten Fälle liege demnach eine relevante Irreführung des Leserpublikums der Tageszeitung der Beklagten vor, weshalb diese auch nicht gegen § 2 UWG verstoßen habe. Ein Verhalten der Beklagten, das über die beanstandete Irreführung hinaus gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verstoßen könnte, liege gleichfalls nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen der Meinung der Beklagten schon deshalb zulässig, weil dem Rekursgericht bei der Beurteilung des zweiten Sicherungsbegehrens ein Fehler unterlaufen ist; das Rechtsmittel ist daher auch teilweise berechtigt.
Gegen die zutreffende Begründung der Abweisung der Haupt- und Eventualsicherungsanträge zu lit a) und c) durch das Rekursgericht vermag allerdings die Klägerin nichts Stichhältiges vorzubringen (§§ 402 Abs 4, 78 EO; §§ 510 Abs 3 Satz 2, 528a ZPO). Für die Beantwortung der Frage, ob die beanstandeten, jeweils in den Sonntag-Ausgaben der Tageszeitung der Beklagten im Rahmen einer fortlaufenden "Gesundheitsserie" erscheinenden Beiträge über Ursachen, Symptome und die Behandlung rund 100 verschiedener Krankheiten bei den angesprochenen Lesern den unrichtigen Eindruck erwecken, daß die Beiträge zu dieser Serie (nur) von Mitarbeitern der eigenen Redaktion stammen, kann jedenfalls schon deshalb aus der Entscheidung ÖBl 1993, 82 = MR 1993, 114 - Exklusivinterview nichts gewonnen werden, weil es dort um ein in Wirklichkeit nur aus einer anderen Zeitschrift nachgedrucktes aktuelles Interview ging, welches aber ausdrücklich als ein einem Journalisten der eigenen Zeitung exklusiv für sie gewährtes Interview bezeichnet worden war. Demgegenüber hat das Rekursgericht hier eine entsprechende Gefahr der Irreführung des Publikums schon deshalb zutreffend verneint, weil die Leser einer Tageszeitung eine derartige allgemeine Gesundheitsserie, die nicht auf den aktuellen Zustand des Gesundheitswesens in Österreich zugeschnitten ist, von vornherein nur als Beitrag der Zeitung zur Verbreitung medizinischen Wissens und nicht als Bestandteil ihres redaktionellen Teiles ansehen werden. Die angesprochenen Verkehrskreise werden demnach davon ausgehen, daß eine solche Serie entweder von Ärzten oder sonst medizinisch fachkundigen Personen für die Zeitung gestaltet wurde oder daß sie von dieser als populärwissenschaftliche Darstellung zum Abdruck in Fortsetzungen erworben worden ist. Nur ein gänzlich unerheblicher, zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallender Teil der angesprochenen Leser kann demnach überhaupt glauben, daß die Gesundheitsserie ausschließlich von den Mitarbeitern der Tageszeitung selbst hergestellt worden ist.
Selbst wenn man aber eine solche Gefahr der Irreführung angesprochenen Verkehrskreise annehmen wollte, wären damit allein die behaupteten Tatbestände nach § 1, 2 UWG noch nicht hergestellt, beträfe ein solcher Irrtum doch jedenfalls einen Umstand, den die Leser - gleichgültig ob zu Recht oder zu Unrecht - nicht als wesentlich ansehen. Ein Irrtum über die Verfasser einer allgemeinen Gesundheitsserie in den Sonntag-Beilagen einer Tageszeitung ist nämlich zumindest dann nicht mehr relevant (vgl Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 844 Rz 129 zu § 3 dUWG; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 49; Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht 19; SZ 54/97 = ÖBl 1982, 37 - Marcus Bräu; ÖBl 1990, 162 - S Real-Service; ecolex 1992, 183 - AKT-System; ÖBl 1993, 66 - Impressum; ÖBl 1993, 226 - Tageszeitungsimpressum uva; zuletzt etwa 4 Ob 86/94), wenn die Serie - wie von der Klägerin gar nicht in Zweifel gezogen wurde - inhaltlich zutreffend (sachlich richtig) und auch nicht auf das aktuelle Gesundheitswesen in Österreich zugeschnitten ist, so daß sie schon deshalb keine Vorstellungen über eine besondere Güte der redaktionellen Berichterstattung der Tageszeitung auslösen und so den Kaufentschluß des Publikums beeinflussen konnte.
Mangels Relevanz einer allfälligen Irreführung im Sinne der
Behauptung der Klägerin hat die Beklagte demnach auch keine
Aufklärungspflicht in bezug auf eine Quellenangabe der
Gesundheitsserie getroffen (Baumbach-Hefermehl aaO 804 Rz 48 zu § 3 dUWG; ÖBl 1993, 237 - Reichenweitenvergleich mwN). Dasselbe gilt für die unter der Rubrik "Wir beantworten Ihre Fragen" abgedruckten allgemein interessierenden Fragen und Antworten, zumal die Leser doch tatsächlich konkrete Fragen an die Zeitung richten konnten, die von einem von der Beklagten beigezogenen Arzt auch beantwortet wurden, mögen einzelne Fragen und Antworten in ihrer Zeitung auch nur an zwei Wochentagen veröffentlicht werden.
Mit Recht wendet sich die Klägerin jedoch gegen die Auffassung des
Rekursgerichtes, daß auch der durch die Nennung - frei erfundener -
Namen und die Beigabe - irgendwelcher - Personenfotos zu den
Krankengeschichten beim Publikum ausgelöste - unrichtige - Eindruck,
daß diese Personen die ehemaligen Kranken sind, deren persönliche
Leidensgeschichten wiedergegeben werden, keinen für den Kaufentschluß
der Interessenten wesentlichen Umstand betreffe. Namens- und
Bildbeigaben zu Krankengeschichten, die in einer Gesundheitsserie
veröffentlicht werden, bewirken nämlich eine so starke
Personalisierung, daß dadurch überhaupt erst das Interesse der Leser
an den vermeintlich persönlichen Leidensberichten erweckt oder doch
jedenfalls gesteigert wird. Das hat die Beklagte in ihrer Äußerung
sogar zugegeben, wenngleich sie dort eine derartige irreführende
Praktik noch als "ein legitimes journalistisches Mittel" verteidigte.
Persönliche Leidensgeschichten namentlich genannter und fotografisch abgebildeter Menschen sind in hohem Maße geeignet, die Aufmerksamkeit von Lesern auf sich zu ziehen. Ein nicht ganz unerheblicher Teil der angesprochenen flüchtigen Durchschnittsleser wird erst dadurch veranlaßt werden, sich den Krankengeschichten aus der Gesundheitsserie zuzuwenden, weil damit die Neugierde des Publikums auf (weitere) persönliche Lebensschicksale geweckt wird und so auch die Gefühle der Leserschaft angesprochen werden. Demgegenüber fänden anonyme Krankengeschichten ohne Bildbeigaben nur ein wesentlich geringeres Interesse.
Abgesehen davon, daß flüchtige Durchschnittsleser gar nicht in Betracht ziehen werden, daß die abgebildeten und namentlich genannten Personen nicht diejenigen sein könnten, über deren Krankheitsverlauf berichtet wird, liegen ihnen auch datenschutzrechtliche Erwägungen oder solche des Bildnisschutzes (§ 78 UrhG) gänzlich fern. Selbst wenn es sich bei der Vorgangsweise der Beklagten im Sinne ihrer Behauptungen, denen das Rekursgericht gefolgt ist, um ein weitverbreitetes "journalistisches Hilfsmittel" handeln sollte, wäre dieses doch nicht zulässig, weil es jedenfalls eine relevante Täuschung des Publikums bewirkt, welches erst dadurch veranlaßt wird, sich der Gesundheitsserie und damit auch den folgenden Sonntag-Ausgaben der Tageszeitung der Beklagten mit erhöhtem Interesse zuzuwenden. Die Beklagte hat daher mit den von der Klägerin beanstandeten irreführenden Namensangaben und Bildnisveröffentlichungen gegen § 2 UWG verstoßen.
Da die hier bejahten Elemente der Irreführung nur in dem zu lit b) gestellten Eventualbegehren der Klägerin Deckung finden, hat es bei der Abweisung des Hauptbegehrens und der Eventualbegehren zu lit a) und c) zu verbleiben. Die einstweilige Verfügung war also im Sinne des Eventualbegehrens zu lit b zu erlassen.
Insoweit beruht der die Klägerin betreffende vorläufige Kostenvorbehalt in allen Instanzen auf § 393 Abs 1 EO. Im übrigen ist aber die Klägerin mit zwei Drittel ihrer Sicherungsanträge unterlegen. Sie hat daher der Beklagten gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO, §§ 41 (50 Abs 1) ZPO die auf der Bemessungsbasis von 633.333,33 S bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens und des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
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