Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 10 (zehn) Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Martin H***** wurde des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (richtig:) Satz 1 zweiter Fall StGB und (richtig) der Vergehen nach § 36 Abs 1 Z 2 und 4 WaffenG schuldig erkannt. Demnach hat er in S***** (A) am 30.Mai 1994 anderen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich 145.830 S und 27.140 DM Bargeld mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung abgenötigt, indem er in der H*****filiale ***** eine Maschinenpistole vorerst gegen die Bankangestellte Johanna V***** und in der Folge gegen den Kassier Franz B***** richtete, wobei er mit den Worten: "Alles hinein, kein Alarm" die Ausfolgung der Geldbeträge erzwang;
(B) von Mitte Mai bis 30.Mai 1994 unbefugt eine Maschinenpistole der Marke "Scorpion" samt Schalldämpfer, sohin Kriegsmaterial und eine verbotene Waffe unbefugt besessen und geführt.
Die Geschworenen bejahten die beiden (anklage- und schuldspruchkonformen) Hauptfragen jeweils stimmeneinhellig und ließen demzufolge die Eventualfrage nach Begehung des schweren Raubes im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen (sachlich) aus § 345 Abs 1 Z 4, 5, 8 und 10 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Da ein - von den Prozeßparteien widerspruchslos zur Kenntnis genommenes - Hauptverhandlungsprotokoll über den darin beurkundeten Verhandlungsverlauf und die prozessualen Vorgänge vollen Beweis macht und eine Berichtigung des Protokolls über die Hauptverhandlung vom 13. September 1994 im vorliegenden Strafverfahren nicht beantragt wurde, ist im konkreten Fall entgegen dem Einwand zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund, die Verlesung der im Protokoll bezeichneten "diversen Aktenstücke, insbesondere Vorstrafakten" habe "tatsächlich nicht stattgefunden", davon auszugehen, daß die problematisierten Verlesungsvorgänge im beurkundeten Umfang stattfanden (205, 207/II). Überdies unterblieb eine Konkretisierung jener "wichtigen Aktenstücke", deren Kenntnis den Geschworenen verwehrt geblieben sein soll, sowohl in der Hauptverhandlung mangels einer entsprechenden Antragstellung noch in der Rechtsmittelausführung, zu deren Substantiierung sich der Beschwerdeführer im relevierten Zusammenhang nicht veranlaßt sah.
Dem Beschwerdestandpunkt zuwider bedeutete aber auch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Durchführung einer DNA-Analyse des dem Angeklagten nach seiner Festnahme abgenommenen Blutes mit einer attestierten Alkoholkonzentration von (bloß) 1 Promille keine Beeinträchtigung entscheidender Verteidigungsrechte (Z 5). Der damit angestrebte Nachweis dafür, daß "es sich bei dem untersuchten Blut nicht um das Blut des Angeklagten gehandelt habe" (155/II), lag zwar auf der Linie der Veranwortung des Angeklagten in Richtung Volltrunkenheit, ließ allerdings im Sinne der tatrichterlichen Erwägungen zu dem gerügten Zwischenerkenntnis jene für die Bejahung im Tatzeitpunkt intakter Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten entscheidend tragfähigen Beurteilungsgrundlagen unberührt, die der hier beigezogene gerichtspsychiatrische Sachverständige Univ.Prof. Dr.M***** aus dem Verhalten des Angeklagten vor, während und nach der Tatausführung ableitete (167 ff/II). Daß überdies die Beschwerdespekulationen über das angeblich "rüpelhafte" Benehmen des Angeklagten gegenüber dem Amtsarzt als Beweggrund für die diesem unterstellte Vertauschung der Blutprobe im Akteninhalt nicht einmal ansatzweise realistischen Niederschlag fand, sei lediglich der Vollständigkeit halber festgehalten.
Im Ergebnis nicht anders verhält es sich mit der Abweisung des Antrages auf Vernehmung der Zeugin Manuela S***** als Lebensgefährtin des Angeklagten zum Beweis dafür, daß dieser am Tag der Tat vor Verlassen der Wohnung eine halbe Flasche Whisky getrunken habe (157/II). Abgesehen davon, daß die beantragte Zeugin vor der Polizei den Angeklagten als bei Verlassen der Wohnung "sicherlich vollkommen nüchtern" bzw ohne "Besonderheiten an seinem Verhalten" beschrieb (117 ff/I), es sohin bei Stellung des in Rede stehenden Beweisantrages der Darlegung "besonderer Gründe" bedurft hätte, aus denen die Durchführung dieser Beweisaufnahme das angestrebte abweichende Ergebnis erwarten lassen konnte, blieben auch in diesem Zusammenhang die vorerwähnten primär maßgebenden Beurteilungsgrundlagen für die Täterverfassung während der Raubausführung unberührt.
Der Instruktionsrüge (Z 8) zuwider trifft es auch nicht zu, daß die Erläuterung der vollen Berauschung im Sinne des § 287 StGB als Zustand, in dem der Betroffene nicht in der Lage ist, "das Unrechtmäßige einer Handlung einzusehen bzw sich dieser Einsicht entsprechend zu verhalten" geeignet gewesen wäre, die Geschworenen in der Beurteilung der dazu wesentlichen Tatbestandskriterien zu beirren. Eine illustrative Darstellung nach forensischer Erfahrung typischer äußerlicher Verhaltensindikatoren einer derartig profunden Bewußtseinsstörung stellt - nicht nur aus der Sicht des § 323 Abs 2 StPO - kein grundsätzlich zwingendes schriftliches Belehrungserfordernis dar.
Hier gleichfalls nicht unabdingbar geboten war auch die von der Beschwerde vermißte Erläuterung des - über Alkohol hinausgehenden - Begriffsumfanges berauschender Mittel, weil bei der vorliegenden Fallkonstellation eine vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichende spezifisch strafrechtliche Eigenständigkeit dieser Begriffsbedeutung vorweg ausschied. Dies umsomehr, als der Sachverständige Univ.Prof. Dr.M***** der angeblichen Rauschwirkung des vom Angeklagten behaupteten Alkoholkonsums in Verbindung mit Valium und Kokain ohnedies in seinen gutächtlichen Ausführungen breiten Raum widmete.
Soweit der Angeklagte schließlich einzelne seiner vorgebrachten Argumente auch als Tatsachenrüge (Z 10 a) verstanden wissen will, erweist sich sein Vorbringen als nicht geeignet, Bedenken - geschweige denn solche erheblichen Gewichtes - gegen die Richtigkeit der dem Wahrspruch zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Dazu genügt der Hinweis auf das durchwegs zielorientierte und situationsangepaßte Täterverhalten vor, während und nach der Deliktsausführung und das nach seiner Festnahme intakte Erinnerungsvermögen des Angeklagten, der sich zu einer im wesentlichen schlüssigen und mit den sonst verifizierten Beweisergebnissen konformen Wiedergabe des Tatablaufs fähig zeigte.
Die insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB dreizehn Jahre Freiheitsstrafe. Dabei wertete es die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen (wegen Vermögens- und Aggressionsdelikten sowie nach dem Waffengesetz), den raschen Rückfall nach der letzten Enthaftung am 11.Februar 1994 sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit "einem" Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen das Tatsachengeständnis, die vollständige Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Raubbeute, die verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten infolge seiner labilen Persönlichkeitsstruktur, der Suchtgiftkrankheit in Form der Polytoxikomanie und des geringen Intelligenzquotienten sowie die Entschuldigung bei den tatbetroffenen Bankangestellten.
Der dagegen erhobenen Berufung des Angeklagten, mit der er eine möglichst weitgehende Strafreduktion anstrebt, kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Zwar erfahren die vom Erstgericht ohnedies vollzählig angeführten Milderungsgründe durch die Berufungshinweise auf die angebliche Spontaneität des Tatentschlusses, die aus einzelnen Ausführungsmodalitäten (Fehlen einer Gesichtsmaskierung, Verwendung einer ungeladenen Schußwaffe) abgeleitete vermeintliche Mindergefährlichkeit der Tat, die tristen familiären Verhältnisse in der Jugend des Angeklagten und eine im Jahre 1978 erlittene Kopfverletzung keine entscheidende Akzentuierung, weil vor dem Hintergrund der außergewöhnlich belasteten bisherigen Lebensführung des Angeklagten - seine Strafregisterauskunft weist insgesamt 20 strafgerichtliche Verurteilungen (davon vier zu Zusatzstrafen) auf, Vollzüge (ua) von vier bzw fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen Eigentums- und Gewaltdelikten erwiesen sich als völlig wirkungslos - bei der Strafbemessung neben den solcherart verdeutlichten spezialpräventiven Straferfordernissen insbesondere auch das bewaffneten Überfällen auf Geldinstitute inhärente kapitale Tatunrecht und jene mit Rücksicht auf die gerade im hier aktuellen Bereich öffentlicher Sicherheit betont wichtigen generalpräventiven Aspekte maßgebend ins Gewicht fallen, die sich aus der Vollendung derartig gravierender Raubüberfälle ergeben. Unter Bedachtnahme auf die für ähnlich gelagerte Fallkonstellationen übliche Gewichtung strafrechtlicher Sanktionen erweist sich jedoch dessenungeachtet eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren als dem Tatunrecht und der Täterschuld angemessen und aus spezial- wie auch generalpräventiver Sicht zur Realisierung des Strafzwecks ausreichend. Es war daher mit entsprechender Strafreduktion vorzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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