OGH 9ObA246/94

OGH9ObA246/9425.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Elmar A.Peterlunger und Dr.Heinz Nagelreiter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Land Tirol, vertreten durch die Tiroler Landesregierung, Wilhelm-Kreil-Straße 17, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr.Jörg Lindpaintner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Betriebsrat der Angestellten in den Landesberufsschülerheimen Innsbruck, Mandelsbergerstraße 12a, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr.Gerald Hauska und Dr.Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Anfechtung einer Betriebsratswahl (Streitwert S 35.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.September 1994, GZ 3 Ra 37/94-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. April 1994, GZ 42 Cga 32/94s-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Land Tirol betreibt und erhält im Sinne des 7.Abschnittes des Tiroler Berufsschulorganisationsgesetzes, LGBl 1977/51, die Landesberufsschülerheime Mandelsbergerstraße 12a und Lohbachufer 6d in Innsbruck. Die beiden Heime werden in organisatorischer Einheit unabhängig von den Berufsschulen selbständig geführt und stehen unter der Leitung eines Direktors. Die in den Heimen beschäftigten Dienstnehmer sind Landesbedienstete. Diese wählten am 10.12.1993 einen Angestelltenbetriebsrat. Das Ergebnis der Betriebsratswahl wurde am 11.1.1994 sowohl dem Leiter der Berufsschülerheime als auch der Präsidialabteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung übermittelt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei, die Betriebsratswahl für ungültig zu erklären. Bei den Landesberufsschülerheimen, deren gesetzlicher Heimerhalter das Land Tirol sei, handle es sich aufgrund der ihnen übertragenen erzieherischen Aufgaben um öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten im Sinn des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG. Die Ausnahme vom Geltungsbereich des II.Teils des ArbVG sei auch dann anzunehmen, wenn zwar die Bestimmungen des Bundes-Personalvertretungsgesetzes nicht anzuwenden seien, aber an dessen Stelle ein Landes-Personalvertretungsgesetz getreten sei. Gemäß § 1 des Landes-Personalvertretungsgesetzes, LGBl 1981/61, seien vom Geltungsbereich dieses Gesetzes alle in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Personen (Bedienstete), die in einer Dienststelle tätig sind, erfaßt. Finde die Ausnahmebestimmung des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG Anwendung, sei nicht mehr zu prüfen, ob ein Betrieb im Sinne des § 34 ArbVG (§ 1 Abs 2 lit a Landes-Personalvertretungsgesetz) vorliege. Mit Verordnung der Zentralpersonalvertretung vom 5.2.1992 seien die Bediensteten von Schülerheimen, Berufsschülerheimen und Jugendheimen der Dienststellenpersonalvertretung I zugeordnet worden. Am 27. und 28. April 1992 hätten Wahlen zur Dienststellen- und Zentralpersonalvertretung stattgefunden, die auch in den beiden Berufsschülerheimen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien.

Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Gemäß § 1 des Tiroler Personal-Vertretungsgesetzes sei dieses nur für Bedienstete anzuwenden, welche in einer Dienststelle tätig sind. Vom Anwendungsbereich ausgenommen seien Bedienstete, die in Betrieben beschäftigt seien, so daß wiederum der Betriebsbegriff des § 33 Abs 1 ArbVG maßgeblich sei. Von einer öffentlichen Unterrichts- und Erziehungsanstalt gemäß § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG könne bei den beiden Berufsschülerheimen keine Rede sein. Es bestehe kein gesetzlicher Auftrag zur Erziehung der Lehrlinge. Der Betriebszweck bestehe lediglich in der Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von Berufsschülern gegen Entgelt. Es bestehe keine Pflicht, die Schülerheime zu benützen. Die Aufgabe der Erzieher beschränke sich darauf, für die Einhaltung der Hausordnung zu sorgen und im Fall der Erkrankung Betreuung zu leisten. Dieser Aufgabenkreis unterscheide sich nicht von dem wie er auch von privaten Vereinigungen wahrgenommen werde. Auch in den für die Lehrlinge sonst noch zur Verfügung stehenden privat geführten Heimen wie dem Kolpingheim oder dem Schwedenheim werde kein pädagogischer Auftrag verfolgt. Die Landesberufsschülerheime seien auch nicht als Dienststelle im Sinne des Landes-Personalvertretungsgesetzes anzusehen, zumal sie lediglich eine Pensions- oder Hotelfunktion hätten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

In den beiden Berufsschülerheimen sind unter der Leitung des Direktors insgesamt 59 Dienstnehmer beschäftigt. Insbesondere sind 24 Dienstnehmer als Erzieher, von denen ein Teil nur teilzeitbeschäftigt ist, angestellt. Die übrigen Dienstnehmer teilen sich auf das Wirtschaftspersonal (zwei Hausmeister, Küchenbedienstete und Putzpersonal) und das Verwaltungspersonal (vier Personen) auf, wobei drei der in der Verwaltung tätigen Personen ebenfalls nur teilzeitbeschäftigt sind. Die in der Verwaltung tätigen Dienstnehmer und die Erzieher sind Angestellte, die im Bereich des Wirtschaftspersonals Beschäftigten Arbeiter. Den gesamten Finanzbedarf für die Landesberufsschülerheime, darunter auch die Gehaltszahlungen für die Beschäftigten, trägt das Land Tirol, ohne daß eine Umlegung auf die einzelnen Schüler erfolgt.

Zugleich mit der Einberufung in die Berufsschule werden an die Eltern der Schüler Anmeldeformulare übersandt, mit denen um die Zuweisung eines Heimplatzes angesucht werden kann. Es besteht keine Verpflichtung, in den Heimen zu nächtigen. Die Direktion der Landesberufsschülerheime weist entweder einen Heimplatz in einem dieser Heime zu oder verfügt eine Zuweisung in ein privat geführtes Heim wie das Schwedenheim, Schloß Mentlberg oder Kolpingheim. Von allen Heimen wird unmittelbar ein Heimkostenbeitrag eingehoben, der für einen Lehrgang (9 1/3 Wochen) S 6.670 beträgt. Während die privat geführten Heime darüber hinaus noch einen fixen Betrag vom Land Tirol erhalten (etwa S 6.000 netto pro Kurs und Schüler), wodurch sie ausgeglichen abschließen können, besteht eine solche Vereinbarung hinsichtlich der Landesberufsschülerheime nicht. Diese können zwar durch die Zurverfügungstellung von Quartieren an Jugendgruppen oder andere Gruppen anläßlich sportlicher Veranstaltungen oder im Zusammenhang mit Fort- und Weiterbildung noch Mieteinnahmen erzielen, doch wird daraus einschließlich der Internatsbeiträge nur etwa 50 % des Gesamtaufwandes gedeckt.

Während des Heimbetriebs werden bis zu 700 Personen verköstigt. In der Anschaffung der Lebensmittel ist die Direktion im Rahmen einer "Pro-Kopf-Kostenberechnung" frei. Im übrigen muß bei einer über S 10.000 teuren Anschaffung eine Ausschreibung erfolgen und es müssen Kostenvoranschläge eingeholt werden. Über einen Betrag von S 200.000 ist überdies die Genehmigung der Landesregierung einzuholen. Neben der Verköstigung der Internatsschüler werden auch Mahlzeiten an auswärtige Berufsschüler und an Lehrer ausgegeben. Die Preise dafür werden vom Amt der Landesregierung festgesetzt.

Für 30 bis 56 Schüler steht je ein Erzieher zur Verfügung, der für die Einhaltung der Heimordnung sowie für allfällige Probleme, die für die Schüler auftauchen können, zuständig ist. Nach der Heimordnung ist es Zielsetzung der Heimleitung, lernwilligen Lehrlingen einen positiven Schulabschluß zu ermöglichen. Die Betreuung ist vorrangig dahin ausgerichtet, daß die Schüler in der täglichen Lernzeit jene Ruhe und schulische Unterstützung (Lernhilfe) finden, die für einen erfolgreichen Schulfortgang nötig sind. Neben der Lernbetreuung wird den Schülern auch ein reichhaltiges Freizeitprogramm (zB Tischtennis, Tischfußball, Schach, Kartenspiele, Erste-Hilfe-Kurs, Fernseh- und Videogerät) geboten. Fallweise kann freier Ausgang gewährt werden. Glücksspiele und andere Spiele, bei denen Geld oder Geldeswert eingesetzt wird, sind untersagt. Es wird tadellose Sauberkeit und Ordnung im Kasten, im Zimmer und in den Aufenthaltsräumen erwartet.

Bei Verstößen gegen die Heimordnung hat der Lehrling mit Ordnungsstrafen zu rechnen (Zurechtweisung, Verwarnung, Ausschluß durch die Heimleitung). Bei Verdacht einer strafbaren Handlung ist die Heimleitung verpflichtet, bei nicht eigenberechtigten Schülern die Eltern oder Erziehungsberechtigten zu verständigen. Hat der Schüler während der Woche nicht ausreichend Gelegenheit, die Studienzeit optimal zu nützen, besteht die Möglichkeit, das Versäumte am Samstag in der Zeit von 10 bis 14 Uhr nachzuholen. Bei der Einschreibung in das Heim erklären die Eltern oder die Erziehungsberechtigten ihr Einverständnis mit dieser Heimordnung.

In den Landesberufsschülerheimen sind feste Studierzeiten eingerichtet, die täglich um 19,15 Uhr beginnen und bis 21,30 Uhr dauern. In dieser Zeit kontrollieren die Erzieher, ob die Schüler, sofern sie sich nicht abgemeldet haben, auch tatsächlich im Heim anwesend sind. Gelernt wird großteils in den Zimmern, teilweise auch in dafür eigens eingerichteten Aufenthaltsräumen, die für das Studium adaptiert sind. Die Erzieher geben - soweit es ihnen möglich ist - Hilfestellung und sie versuchen, den Schülern, die sich an sie wenden, zu helfen. Sie sind auch sonst erste Ansprechperson für die Probleme der Schüler. Wenn ein Schüler den Schulbesuch verweigert, versucht der Erzieher, darauf einzuwirken, daß der Schulbesuch stattfindet. Darüber hinaus achten die Erzieher auf Ruhe und Ordnung im Speisesaal und auf die Einhaltung der "Patschenpflicht". Sie sorgen dafür, daß bei der Freizeitgestaltung im Heim kein Streit entsteht. Wenn ein Schüler einen negativen Schulerfolg aufweist, kommt eine entsprechende Nachricht von der Berufsschule; ansonsten besteht zu den Berufsschulen kein dienstlicher Kontakt. Im Falle einer solchen negativen Nachricht sind die Erzieher bestrebt, das Studium des betroffenen Schülers zu verstärken, um ihm einen positiven Schulabschluß zu sichern. An sonstigen Aktivitäten werden von den Erziehern auch in unregelmäßigen Abständen Erste-Hilfe-Kurse und Vorträge über Aids sowie die Gefahr des Rauchens angeboten.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß sich aus dem Zweck der Berufsschülerheime nach dem Berufsschulorganisationsgesetz, LGBl 1977/51, ergebe, daß die Landesberufsschülerheime zur Unterstützung des Schulbesuches eingerichtet worden seien, um auswärtigen Schülern den Besuch der Berufsschule zu ermöglichen. Diese Heime seien zum Unterschied zu den privaten Heimen öffentlich, weil sie von einer Gebietskörperschaft geführt würden. Es handle sich bei ihnen daher um öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten im Sinne des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG. Die Aufgabe der Erzieher bestehe nämlich in der Sorge für die Einhaltung der Heimordnung sowie der Unterstützung der Schüler in der Freizeit und wenngleich im eingeschränktem Ausmaß in der Förderung ihres schulischen Fortganges, der Beaufsichtigung der Lehrlinge während der Essenszeit und als Ansprechspersonen in den Heimen. Diese Aufgaben stellten zweifellos eine erzieherische Tätigkeit im weiteren Sinn dar. Erzieherische Maßnahmen im strengen Sinn (disziplinäre Maßnahmen) seien nur in krassen Fällen (Ausschluß aus dem Heim) möglich. Die erzieherische Tätigkeit werde jedoch in mildem Umfang (Gespräche unter Einbringung der Persönlichkeit) so weit wie möglich wahrgenommen.

Nach § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG sei der Ausnahmetatbestand aber noch davon abhängig, daß die öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten in den Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes fallen. Durch diesen Zusatz sollte gewährleistet sein, daß auch in jenen öffentlichen Unterrichts- und Erziehungsanstalten, die dem Bundespersonalvertretungsgesetz nicht unterlagen (etwa Konservatorium der Stadt Wien) eine Betriebsvertretung engerichtet werden kann. Es sei zwar nur das Bundespersonalvertretungsgesetz erwähnt, doch müßten die Landespersonalvertretungsgesetze sinngemäß als gleichgestellt angesehen werden. Nach § 1 des Tiroler Personalvertretungsgesetzes gelte dieses Gesetz für alle in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Personen (Bedienstete), die in einer Dienststelle tätig sind. Dienststellen seien Behörden, Ämter und sonstige Verwaltungsstellen des Landes, die nach ihrem organisatorischen Aufbau eine verwaltungsmäßige und betriebstechnische Einheit bilden. Da auch Verwaltungsstellen, Kanzleien, Anstalten, Stiftungen und Fonds unter den weiten Betriebsbegriff fielen, käme es zu einem Wertungswiderspruch, wenn man auch die sonstigen Verwaltungsstellen des Landes unter den Ausnahmetatbestand der "Bediensteten, die in Betrieben tätig sind", unterstellte. Die Gegenüberstellung zeige, daß das Landespersonalvertretungsgesetz von einem engeren Betriebsbegriff ausgehe, unter den gerade "sonstige Verwaltungsstellen des Landes" nicht fallen sollten. Nach den EB zum BRG seien Verwaltungsstellen unter anderen auch Museen, Sammlungen, Archive, Bibliotheken, Versuchsanstalten, Probieranstalten, Staatslotterien und der Flugsicherungsdienst, die geologische Bundesanstalt, die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik sowie der staatliche Gewerbeförderungsdienst. Es gebe auch Dienststellen, die keine hoheitliche Tätigkeit ausüben und dennoch als Verwaltungsstellen angesehen werden müßten, weil sie nicht rein wirtschaftliche Zwecke verfolgten.

Eine Naheverhältnis zu öffentlichen Interessen sei auch bei den Landesberufsschülerheimen gegeben. Die Einrichtung der Heime sei im Gesetz vorgechrieben. § 49 Abs 1 des Berufsschulorganisationsgesetzes ordne die "Betreuung" der Berufsschüler an. Die Heimerhaltungskosten habe das Land Tirol zu tragen; es sei festgelegt, daß darunter auch die Bestellung der erforderlichen Erzieher zu verstehen sei. Im Gegensatz zu privaten Heimen werde lediglich eine Kostendeckung zu etwa 50 % erreicht. Insgesamt gesehen sei daher vom Vorliegen einer sonstigen Verwaltungsstelle und somit von der Geltung des Landespersonalvertretungsgesetzes auszugehen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß bereits das Einigungsamt Innsbruck in den Jahren 1980 und 1983 entschieden habe, daß es sich bei den Tiroler Landesberufsschülerheimen um öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten im Sinne des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG handle. Die Errichtung, Erhaltung und die Zielvorgaben seien im 7.Abschnitt des Tiroler Berufsschulorganisationsgesetzes, LGBl 1977/51, geregelt. Da in Vorschriften mehrfach vorgesehen sei, daß in Berufsschülerheimen nur Personen mit einer bestimmten pädagogischen Ausbildung zu verwenden seien, müsse geschlossen werden, daß der Gesetzgeber keine reinen Unterbringungs- und Verpflegungseinrichtungen habe schaffen wollen, sondern auf die persönliche Betreuung und Entwicklung der Schüler Wert gelegt habe. Aus dem Umstand, daß diese persönliche Betreuung durch Erzieher oder ähnlich qualifizierte Personen erfolgen soll, sei weiters zu schließen, daß die Aufsichtspersonen auch in irgendeiner Form auf das Verhalten der Schüler, sei es zur Unterstützung beim Lernen oder in einer anderen pädagogischen Weise einwirken sollen.

Der Geltungsbereich des Landespersonalvertretungsgesetzes beziehe sich auf alle in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Personen, die in einer Dienststelle tätig sind. Es nehme unter anderem Bedienstete, die im Betrieb tätig sind, vom Geltungsbereich aus. Im Hinblick darauf, daß die Betriebsverfassung für öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten von vornherein nicht anwendbar sei, ergebe sich zwingend, daß die in diesen Anstalten Bediensteten nicht Angestellte eines Betriebes im Sinne des ArbVG sein können. Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 des Landespersonalvertretungsgesetzes, LGBl 1981/61, komme daher nicht zum Tragen. Abgesehen davon seien auch die Ausführungen des Erstgerichts über das Vorliegen einer "sonstigen Verwaltungsstelle des Landes" zutreffend. Die Landesberufsschülerheime seien kein Wirtschaftsbetrieb, der so auch von Privaten geführt werden könnte. Die Heime seien auf gesetzlicher Grundlage errichtet und nur zu 50 % kostendeckend. Die restlichen Kosten würden im Sinne des öffentlichen Interesses des Landes an einer Berufsschulausbildung von diesem getragen. Es seien daher die Ausnahmetatbestände sowohl nach § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG als auch nach § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG gegeben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei begehrt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

In seiner Revision macht der Revisionswerber im wesentlichen geltend, daß die Berufsschülerheime keine "sonstigen Verwaltungsstellen" im Sinnne des § 1 Abs 3 Tiroler Landespersonal-Vertretungsgesetz und im Sinne des § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG seien, und daß der weitere Ausnahmetatbestand des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG deshalb nicht zum Tragen komme, weil die Heime mangels Tätigkeit in Vollziehung der Gesetzes (imperium) auch nicht als öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten angesehen werden könnten. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten:

Im Rahmen des Tiroler Berufsschulorganisationsgesetzes, LGBl 1977/51, ist das Land als gesetzlicher Heimerhalter (Errichtung, Erhaltung, Auflassung, §§ 4 und 41) verpflichtet, sowohl den Sachaufwand zu erbringen als auch die erforderlichen Erzieher und das sonstige Personal beizustellen (§ 2 Abs 2 und 3). Die Heimerhaltungskosten (§ 44) hat das Land zu tragen (§ 45 Abs 1). Die selbständigen Schülerheime sind ausschließlich oder vorwiegend für die Aufnahme von Schülern lehrgangsmäßiger oder saisonmäßiger Berufsschulen bestimmt (§ 40). Gemäß § 49 Abs 1 und 2 leg cit hat das Land für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung der Berufsschüler einen Heimkostenbeitrag einzuheben, dessen Höhe die Landesregierung festsetzt. Unbeschadet der dem Bund nach Art 14 Abs 8 B-VG zustehenden Befugnis obliegt die Aufsicht über den gesetzlichen Heimerhalter, damit dieser die ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben auch erfülle, der Landesregierung (§§ 57 und 58).

Da nach der Generalklausel des § 33 Abs 1 ArbVG nur Betriebe im Sinne des § 34 ArbVG dem Geltungsbereich des II.Teils (Betriebsverfassung) unterliegen, setzen die Ausnahmebestimmungen des § 33 Abs 2 ArbVG bereits das Vorliegen eines Betriebes voraus. Dem Gesetzgeber kann nämlich nicht unterstellt werden, daß er Organisationseinheiten ausgenommen habe, die gemäß § 33 Abs 1 ArbVG von seinem Geltungsbereich ohnehin nicht erfaßt sind (vgl Müller in ZAS 1974, 21 ff, 22). Es ist daher davon auszugehen, daß die selbständigen Schülerheime in ihrer institutionellen Ausrichtung als Betrieb im Sinne des § 34 ArbVG anzusehen sind. Damit ist aber für den Revisionswerber entgegen seiner Ansicht noch nichts gewonnen, weil diesfalls noch das Vorliegen der Ausnahmetatbestände des § 33 Abs 2 ArbVG geprüft werden muß.

Aus der Aufzählung der sonstigen Verwaltungsstellen im Zusammenhang mit den Behörden und Ämtern in § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG ergibt sich, daß es sich dabei um Stellen handeln muß, die durch eine Nähe zur Hoheitsverwaltung charakterisiert sind (VfGHSlg 2302); sie müssen in näherer Beziehung zur öffentlichen Verwaltung stehen und ihr zu dienen berufen sein (Arb 5163). Dazu gehören nicht nur Einrichtungen, die mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet sind (Behörden). Entscheidend ist vielmehr, daß die betreffende Einrichtung einen engen Konnex mit Staatsaufgaben aufweist, die typischerweise in den Formen der Hoheitsverwaltung erbracht werden (Öhlinger, Das Arbeitsrecht in der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, FS Strasser (1983), 21 ff, 34; Schrammel, Das Sonderarbeitsrecht der Gebietskörperschaften auf dem Prüfstand, ZAS 1988, 187 ff, 192). Das ist dann der Fall, wenn die Verwaltungsstelle im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig ist, ohne daß sie unmittelbar einem besonderen Amtsträger oder einer Behörde zugeordnet werden kann. Ein wesentliches Kriterium der Abgrenzung ist der Umstand, ob die im Rahmen der Verwaltungsstelle ausgeübte Tätigkeit auch von einer Privatperson oder von einer privaten Institution ausgeübt werden könnte (Strasser in Floretta/Strasser, HandkommzArbVG 195; Arb 5389; 9 Ob A 68/94 mwH). Berufsschülerheime werden nach den Feststellungen auch von privaten Institutionen geführt, die für die Unterbringung der Schüler einen Beitrag vom Land erhalten. Insofern kann daher nicht davon gesprochen werden, daß die betreffenden Einrichtungen einen engen Konnex mit Staatsaufgaben aufweisen, die typischerweise in der Form der Hoheitsverwaltung geführt werden (vgl auch Schragel, Handkommentar zum Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) § 1 Rz 5; Arb 5163, 5389, 5583, 6803, 8173, 8243, 9820 ua).

Abgesehen vom nicht vorliegenden Ausnahmsfall des § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG sind gemäß Z 4 leg cit auch die öffentlichen Unterrichts- und Erziehungsanstalten vom Geltungsbereich des II.Teils des ArbVG ausgenommen, sofern für sie die Bestimmungen des Bundes-Personalvertretungsgesetzes gelten. Aus dem rechtssystematischen Zusammenhang zwischen diesen beiden Tatbeständen folgt, daß öffentliche Erziehungsanstalten unter der angeführten Bedingung jedenfalls und ohne Rücksicht darauf, ob sie ihrer rechtlichen oder organisatorischen Struktur nach auch Merkmale einer "sonstigen Verwaltungsstelle" aufweisen, allein aus dem Grund des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG vom Anwendungsbereich des II.Teils des ArbVG ausgenommen sind (VwGH Slg 9313 A = Arb 9584). Diese Ausnahme gilt sohin auch für Anstalten, die im Rahmen der Privatwirtschaft geführt werden. Hinsichtlich des Vorliegens einer Unterrichts- und Erziehungsanstalt ist von einem weiten Erziehungsbegriff auszugehen. Dieser erfaßt jegliche planmäßige Einwirkung auf die Entwicklung des Menschen im Sinne einer Unterstützung und Förderung, aber auch die Beeinflussung seiner Persönlichkeitsentwicklung, sowie jeglichen Unterricht oder jegliche Ausbildung, gleichgültig ob in allgemeiner oder fachlicher Hinsicht. Das Alter der Benützer ist unmaßgeblich (permanent education); desgleichen kommt es nicht auf die Dauer des jeweiligen Lehrgangs oder Ausbildungsturnusses an (Strasser aaO § 132 Erl 2.1.3.5). Den Vorinstanzen ist darin eizupflichten, daß die Berufsschülerheime diesen Voraussetzungen entsprechen; ihre Aufgabe beschränkt sich keineswegs auf eine bloße Unterbringungs- und Hotelfunktion. 24 Erzieher beaufsichtigen die internatsmäßig untergebrachten Berufsschüler und deren Betreuung ist vorrangig dahin ausgerichtet, daß ihnen ein postiver Schulabschluß ermöglicht wird. Dazu gehören auch die dafür erforderliche schulische Unterstützung (Lernhilfe) und das Eingreifen der Erzieher bei der Vernachlässigung des Schulbesuches sowie bei einem drohenden negativen Schulabschluß. Die Schüler werden zur Ordnung und Sauberkeit angehalten und die Erzieher nehmen dadurch und durch das gebotene Freizeitprogramm auch auf ihr soziales Verhalten Einfluß. Darüber hinaus werden Kurse angeboten. Bei Verstößen gegen die Heimordnung haben die Lehrlinge mit Ordnungsstrafen (Zurechtweisung, Verweis) zu rechnen; die Heimleitung kann auch den Ausschluß des Schülers verfügen. Damit ist aber das Erfordernis der planmäßigen Einwirkung auf die Entwicklung der Schüler im Sinne einer Unterstützung und Förderung sowohl in schulischen als auch außerschulischen Belangen gegeben; die Verfolgung pädagogischer und erzieherischer Zwecke ist evident (vgl Arb 9909, 10.300 = ZAS 1984, 1; auch Arb 8851; 14 Ob A 42/87 ua).

Eine Unterrichts- und Erziehungsanstalt ist im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn öffentlich, wenn sie von einer Gebietskörperschaft geführt wird (vgl Strasser aaO § 33 Erl 3.6; Schrammel aaO 193; Thienel, öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, 190; Schragel aaO § 1 Rz 6; Arb 8548; VwGHSlg 9313 A = Arb 9584; Arb 9647, 9982; ZAS 1978, 81 ua). Diese Voraussetzung ist ebenfalls gegeben. Abgesehen davon, daß die klagende Partei ohnehin auch gesetzlicher Heimerhalter im Sinne des Art 14 Abs 6 B-VG ist, kommt es auf die schulverfassungsrechtliche Zuordnung (so etwa Kulka, öffentliche und private Unterrichts- und Erziehungsanstalten im Arbeitsrecht, RZ 1974, 158 ff) nicht an.

Öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten sind nur dann vom Geltungsbereich des ArbVG ausgenommen, wenn sie der Geltung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes unterliegen. Das ArbVG statuiert damit den Vorrang dieses Gesetzes als lex specialis. Diese umfassende Bundeskompetenz ist allerdings seit dem Inkrafttreten der Bundes-Verfassungsgesetznovellen 1974 und 1981 und der Schulverfassungsnovelle 1975 nicht mehr gegeben. Die betriebliche Vertretung der in landeseigenen Unterrichts- und Erziehungsanstalten beschäftigten Personen obliegt nur mehr im Rahmen der Art 14 und 14a B-VG dem Bund. Nur für diese landeseigenen Anstalten kann der Bund daher den Vorrang des Bundes-Personalvertretungsrechts statuieren. Alle anderen Landes- und gemeindeeigenen Anstalten würden damit dem ArbVG unterliegen. Dies wäre aber mit der gegebenen Kompetenzverteilung auf dem Gebiet des Betriebs- und Personalvertretungsrechts nicht vereinbar (vgl Schrammel aaO 193; Cerny in Cerny/Haas-Laßnigg/B.Schwarz, ArbVG Band 2 § 33 Erl 1). Unterrichts- und Erziehungsanstalten der Länder und Gemeinden können daher dann nicht mehr in den Geltungsbereich des ArbVG fallen, wenn das Land entsprechende Personalvertretungsvorschriften erlassen hat (vgl Schragel aaO § 1 Rz 6, der darauf hinweist, daß diese Bedingung als überflüssig überhaupt entfallen sollte; VwGHSlg 9313 A = Arb 9584; differenzierend Thienel aaO 192). Nach § 1 Abs 1 des Tiroler Landes-Personalvertretungsgesetzes, LGBl 1981/61, gilt dieses Gesetz für alle in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land stehenden Personen (Bediensteten), die in einer Dienststelle tätig sind. Gemäß § 1 Abs 2 gilt dieses Gesetz nicht für Bedienstete, die in Betrieben tätig sind (vgl § 1 Abs 1 PVG) und für Lehrer für öffentliche Pflichtschulen und für öffentliche Land- und forstwirtschaftliche Berufs- und Fachschulen. Soweit also das ArbVG, auf das § 1 Abs 1 PVG verweist, auf das PVG zurückverweist und sich damit wiederum gerade auf § 1 Abs 1 PVG bezieht (vgl Schragel aaO § 1 Rz 3), muß dies sinngemäß auch im Verhältnis der Absätze 1 und 2 des § 1 des Tiroler L-PVG gelten. Andernfalls wären zufolge § 1 Abs 3 Tiroler L-PVG die Ausnahmetatbestände des § 33 Abs 2 ArbVG auf § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG reduziert. Liegt daher der Ausnahmetatbestand des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG vor, kann dem nicht entgegengehalten werden, es handle sich dennoch um einen Betrieb im Sinne des § 33 Abs 1 und § 34 ArbVG bzw des § 1 Abs 2 lit a des Tiroler L-PVG (in diesem Sinn auch VwGHSlg 9313 A = Arb 9584; Arb 9909, 10.300).

Die Kostenentscheidung ist in § 58 Abs 1 ASGG iVm §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

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