OGH 3Ob6/95

OGH3Ob6/9525.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Raiffeisenbank G***** reg.GenmbH, ***** vertreten durch Dr.Dieter Gorscheg, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wider die verpflichtete Partei Johann A*****vertreten durch Dipl.Ing.Dr.Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 497.763,30 sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 13.Dezember 1994, GZ 4 R 238/94-45, womit der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Gleisdorf vom 19.Mai 1994, GZ 1 E 849/93g-19, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 20.9.1993 (ON 2) bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 497.763,30 sA die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ ***** KG F***** gegen die (damalige) Liegenschaftseigentümerin Elisabeth A***** als verpflichtete Partei. Die Exekutionsbewilligung erwuchs in Rechtskraft, die Liegenschaft wurde geschätzt. Die betreibende Partei legte am 3.3.1994 die Versteigerungsbedingungen vor. Mit Beschluß vom 22.3.1994 (ON 15) genehmigte das Erstgericht die Versteigerungsbedingungen und beraumte die Versteigerung auf den 19.5.1994, 10 Uhr, an.

Bereits mit Übergabsvertrag vom 7.6.1993 hatte Elisabeth A*****die (später) in Zwangsversteigerung gezogene Liegenschaft dem Johann A*****(ihrem Enkel) überlassen, welcher am 4.3.1994 beim Erstgericht (Grundbuch) die Einverleibung seines Eigentumsrechtes beantragte. Die Einverleibung wurde antragsgemäß bewilligt und am 21.3.1994 vollzogen.

Im erstgerichtlichen Beschluß ON 15 wurde als verpflichtete Partei jedoch nach wie vor Elisabeth A*****angeführt, ihr wurde auch das Versteigerungsedikt (am 13.4.1994) zugestellt.

Am 2.5.1994 ordnete das Erstgericht die eigenhändige Zustellung des Beschlusses ON 15 an den ihm bekanntgewordenen neuen Eigentümer der zu versteigernden Liegenschaft Johann A*****an. Der Postzusteller nahm am 4.5.1994 den ersten und am 5.5.1994 den zweiten Zustellversuch sowie dann die postamtliche Hinterlegung der Sendung vor und ließ die Hinterlegungsanzeige am Zustellort (entweder durch Übergabe an die anwesende Mutter des Zustelladressaten oder durch Einwurf in den Briefkasten) zurück. Die Hinterlegungsanzeige wurde dem Johann A*****von seiner Mutter an den für seine Post bestimmten Platz gelegt. Johann A*****war am 4. und 5.5.1994 in Villach - daher von der Abgabestelle abwesend, kehrte jedoch bereits in der Nacht vom

5. auf den 6.5.1994 an diese zurück. Am 6.5.1994 (einem Freitag) arbeitete er an seiner gewohnten Arbeitsstelle und hatte am Nachmittag frei. Am Montag, dem 9.5.1994 war er ganztägig auf einer Baustelle in Graz; am 10., 11., 13.5.1994 (und weiteren Tagen) war er im Urlaub, den er zu den genannten Tagen zu Hause verbrachte. Er beachtete jedoch die Hinterlegungsanzeige nicht und behob auch die hinterlegte Sendung nicht. Obwohl er von seiner Großmutter (der vormaligen Verpflichteten) vom Versteigerungstermin 19.5.1994 Kenntnis hatte, besuchte er die Versteigerungstagsatzung nicht.

Das Erstgericht führte am 19.5.1994 die Versteigerung der Liegenschaft durch und erteilte mit Beschluß vom 19.5.1994 den Meistbietenden (einem Ehepaar) den Zuschlag.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht den Rekurs des Verpflichteten gegen die Erteilung des Zuschlags zurück, weil dieser trotz ordnungsgemäßer Ladung zur Versteigerungstagsatzung nicht erschienen und daher gemäß § 187 Abs 1 EO nicht rekursberechtigt sei. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Verpflichteten ist jedoch nicht berechtigt.

Vorerst ist darauf zu verweisen, daß der Revisionsrekurswerber mit der Einverleibung seines Eigentumsrechtes an der in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaft kraft Gesetzes (§ 135 EO) Verpflichteter des Exekutionsverfahrens wurde, wie dies das Rekursgericht zutreffend darlegte (Heller-Berger-Stix 1084; vgl auch SZ 59/75; EvBl 1958/309). Dies wird im Revisionsrekurs auch nicht mehr bekämpft.

Dem Rekursgericht ist auch beizupflichten, daß der Verpflichtete, der trotz gehöriger Ladung den Versteigerungstermin unbesucht läßt und daher dort wegen Erhebung eines Widerspruchs gegen die Erteilung des Zuschlags nicht befragt werden konnte, gemäß § 187 Abs 1 EO die Zuschlagserteilung nicht mit Rekurs anfechten kann. Dagegen finden sich im vorliegenden Revisionsrekurs keine stichhältigen Argumente (§ 510 Abs 3 ZPO, § 78 EO).

Die zentrale Frage, ob die Zustellung des Beschlusses ON 15 (Feststellung der Versteigerungsbedingungen und Versteigerungsedikt für 19.5.1994) an den Verpflichteten derart wirksam war, daß er für diesen Termin noch Vorsorge (durch Anwesenheit oder Vertretung) treffen hätte können, hat das Rekursgericht entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses jedoch ebenfalls zutreffend bejaht:

Gemäß § 21 Abs 2 ZustG ist der Empfänger einer zu eigenen Handen zuzustellenden Sendung, wenn diese beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden kann, unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre anzubringen. Bleibt auch der zweite Zustellversuch zur angegebenen Zeit erfolglos, ist gemäß § 17 ZustG zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs 2 ZustG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich - wie zu § 21 Abs 2 - zu verständigen. Die Verständigung hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben und auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Gemäß § 17 Abs 3 ZustG gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Hinterlegungsfrist, deren Lauf mit dem Tag beginnt, an dem Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Sie gelten jedoch nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Diese Bestimmungen des Zustellgesetzes führen angesichts der über Veranlassung des Rekursgerichtes ausführlich festgestellten Umstände des zu prüfenden Zustellvorganges zu dem Ergebnis, daß der Verpflichtete, der zwar an den beiden Tagen der versuchten Zustellung am 4. und 5.5.1994 ortsabwesend war, nach seiner Rückkehr an die Abgabestelle am 6.5.1994 (einem Freitag), jedenfalls ab 6.5., sowie am 10.5.1994 und weiteren Tagen die Möglichkeit hatte, die ihm durch die Hinterlegungsanzeige bekannte Sendung zu beheben, so daß die Zustellwirkung der Hinterlegung gemäß § 17 Abs 3 ZustG spätestens am 10.5.1994, sohin noch lange vor dem Versteigerungstermin eintrat. Ließ der Verpflichtete alle diese Möglichkeiten ungenutzt, konnte er damit die Wirksamkeit der Zustellung der Verständigung vom Versteigerungstermin nicht verhindern. Da er dort jedoch nicht anwesend oder vertreten war und daher zur Erhebung eines Widerspruchs gegen die Erteilung des Zuschlags an die Meistbietenden nicht befragt werden konnte, steht ihm ein Rekursrecht gegen die Erteilung des Zuschlags nicht zu.

Aus der Entscheidung SZ 60/132 ist für den Verpflichteten nur soviel zu gewinnen, daß die am 5.5.1994 erfolgte Hinterlegung keine Wirkung entfaltete, sondern erst am 10.5.1994 die Zustellung wirksam wurde. Wie der erkennende Senat vielmehr bereits in seiner Entscheidung EvBl 1994/10 ausführlich darlegte, ist die Vorschrift des § 17 Abs 3 ZustG auch bei Zustellung zu eigenen Handen und gerade auch dann anzuwenden, wenn der Empfänger sowohl beim ersten als auch beim zweiten Zustellversuch nicht ortsanwesend war, wenn nur, was hier nicht zur Debatte steht, durch die Abwesenheit die Wohnung nicht die Qualifikation als Abgabestelle verlor.

Zutreffend hat somit das Rekursgericht seinen Rekurs zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78 EO, 50, 40 ZPO.

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