OGH 12Os1/95

OGH12Os1/9519.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander Z***** und andere Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG, teils im Entwicklungsstadium des Versuchs nach § 15 Abs 1 StGB, und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten G***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 24. Oktober 1994, GZ 39 Vr 1500/94-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die "Berufung wegen Schuld" werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch gerichteten Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Reinhard Josef G***** wurde (neben anderen Angeklagten) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG, teils im Entwicklungsstadiums des Versuchs nach § 15 (Abs 1) StGB (A 1 und 4), sowie der Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG (B 2) und § 16 Abs 2 Z 1 SGG (C), ferner der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (D 1) sowie der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (D 2) schuldig erkannt. Soweit im Rechtsmittelverfahren hier von Bedeutung hat er in Innsbruck, Zürich und an anderen Orten (A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (I) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit (dem rechtskräftig mitverurteilten) Erwin K***** als Mittäter (1) im Frühjahr 1994 durch den Schmuggel von 6 Gramm Heroin von Zürich nach Innsbruck aus der Schweiz aus- und nach Österreich eingeführt; (2) am 2.Juni 1994 durch 16,9 Gramm Heroin und 2,4 Gramm Kokain betreffende Schmuggelinitiativen via Eisenbahn von Zürich nach Innsbruck in analoger Weise aus- bzw einzuführen getrachtet; (IV) als Alleintäter im Juni 1994 durch den Schmuggel von ca 6 Gramm Heroin aus der Schweiz aus- und nach Österreich eingeführt; (C) im Jahre 1993 und in den ersten Monaten des Jahres 1994 außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich nicht mehr feststellbare Mengen Kokain erworben und besessen sowie durch Weitergabe an den gesondert verfolgten, am 1.Juni 1975 geborenen Marco T***** in Verkehr gesetzt und dadurch einem Minderjährigen den Gebrauch von Suchtgift ermöglicht, wobei er selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige war.

Rechtliche Beurteilung

Die allein aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO nur gegen die Schuldsprüche A I und IV sowie C gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G***** geht fehl.

Keine im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes entscheidende Tatsache berührt zunächst der zum Schuldspruchfaktum C (§ 16 Abs 2 Z 1 SGG) erhobene Einwand einer Unvollständigkeit der Urteilsgründe durch Nichterörterung der Verantwortung des Angeklagten, Marco T***** bloß einmal 0,2 Gramm Kokain überlassen zu haben. Mag es auch zutreffen, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung sein anfänglich umfassendes (90/III) Geständnis in der Folge im Sinne des Beschwerdevorbringens auf die bloß einmalige Weitergabe von Kokain an Marco T***** einschränkte (92/III), so konnte die relevierte Divergenz zu dessen (vom Erstgericht als glaubwürdig beurteilten) Angaben ohne Nachteil für den Angeklagten auf sich beruhen, weil einerseits die Anzahl derartiger Suchtgifttransaktionen kein wesentliches Kriterium der Tatbestandsverwirklichung nach § 16 Abs 2 Z 1 SGG darstellt und andererseits das angefochtene Urteil ohnedies davon ausgeht, daß sich die dazu tatverfangene Kokainmenge insgesamt nicht mehr quantifizieren läßt.

Entgegen dem weiteren Vorbringen zur Mängelrüge erweist sich aber auch die tatrichterliche Begründung der subjektiven Voraussetzungen der dem Faktum A I zugrundeliegenden Tatbestandsverwirklichung nach § 12 Abs 1 SGG als formell mängelfrei. Setzt doch § 12 Abs 1 SGG seit Inkrafttreten der Novelle 1985 (BGBl 184) auf der inneren Seite nur voraus, daß der Täter die Eignung der tatverfangenen Menge an sich, in großem Umfang eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, in seinen Vorsatz aufnahm, ohne daß die Suchtgiftmenge nach dem Tätervorsatz auch tatsächlich an einen größeren Personenkreis gelangen und solcherart ein Streueffekt erzielt werden sollte (SSt 57/29). Soweit die Beschwerde ein spezifisches Begründungssubstrat zum letzterwähnten Punkt vermißt, scheitert sie demnach bereits infolge Anknüpfung an gesetzesfremden Tatbestandsprämissen. Mit der Behauptung, der Vorsatz des Angeklagten sei ausschließlich auf Suchtgiftbeschaffung für den Eigenbedarf unter Ausklammerung jedweder Weitergabe an dritte Personen ausgerichtet gewesen, unterlegt die Beschwerde im übrigen einen urteilsfremden Sachverhalt zur inneren Tatseite und setzt sich zudem darüber hinweg, daß sich die gegenteiligen erstgerichtlichen Feststellungen in diesem Punkt aktenkonform sogar auf die eigenen Angaben des Angeklagten stützen konnten (139 iVm 90 f/III).

Die in bezug auf den Schuldspruch A IV als "offenbar unzureichend" tragfähig gerügte Passage der Urteilsgründe schließlich hat insgesamt unmißverständlich das zu B 2 inkriminierte Tatgeschehen zum Gegenstand (117 iVm 133, 135/III), während sich die tatrichterlichen Erwägungen zu A IV aus anderen Urteilspassagen ergeben (131, 139, 145/III). Lediglich vollständigkeitshalber ist festzuhalten, daß das angefochtene Urteil hinsichtlich der Begehungsform des Inverkehrsetzens von Suchtgift durch Verkauf in Ansehung des Beschwerdeführers ohnedies ausdrücklich davon ausgeht, daß das spezifisch dazu tatverfangene Suchtgiftquantum insgesamt nicht das Ausmaß einer nach § 12 Abs 1 SGG faßbaren "großen" Menge erreichte (Urteilsspruch iVm 145, 147 f, 151/III).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als teils offenbar unbegründet, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2, § 285 a Z 2 StPO).

Da eine - hier vom Verfahrenshilfeverteidiger des Angeklagten G***** angemeldete (170/III) - "Berufung wegen Schuld" zur Bekämpfung schöffengerichtlicher Urteile gesetzlich nicht vorgesehen ist, war auch sie zurückzuweisen.

Über die außerdem - sowohl von der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich des Angeklagten Z*****) als auch vom Angeklagten G***** - erhobenen Berufungen wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Innsbruck zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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